PIAAC 2011/12

 

erstellt am
08. 10. 13
15.00 MEZ

OECD-Studie "Programme for the International Assessment of Adult Competencies"
Lesekompetenz unter, Alltagsmathematik über OECD-Durchschnitt
Wien (statistik austria) - Anlässlich der in 24 Ländern durchgeführten OECD-Studie "Programme for the International Assessment of Adult Competencies" (PIAAC 2011/12) erhob Statistik Austria erstmals Daten über Schlüsselkompetenzen bei österreichischen Erwachsenen. Den Ergebnissen zufolge liegt die Lesekompetenz in Österreich unter dem OECD-Durchschnitt, bei der alltagsmathematischen Kompetenz erreichen die 16- bis 65-Jährigen in Österreich hingegen überdurchschnittliche Leistungen. Bei der Problemlösekompetenz im Kontext neuer Technologien liegt das österreichische Niveau im Durchschnitt.

Internationaler Vergleich: skandinavische Länder im Spitzenfeld, Österreich durchschnittlich
Finnland, Schweden, Norwegen und die Niederlande bilden eine Spitzengruppe von Ländern, die in allen drei Kompetenzbereichen signifikant über dem OECD-Durchschnitt liegen. Österreich befindet sich gemeinsam mit Deutschland, Tschechien, Slowakei und Kanada in der Gruppe jener Länder, die in einem Kompetenzbereich über dem OECD-Durchschnitt abschneiden. In allen drei Kompetenzbereichen unter dem OECD-Durchschnitt liegen die USA, das Vereinigte Königreich (England und Nordirland), Irland, Korea, Zypern, Polen, Frankreich, Italien und Spanien.

8,4% der 16- bis 65-Jährigen in Österreich verfügen über hohe Lesekompetenz
8,4% der Österreicherinnen und Österreicher erreichen die höchsten Kompetenzstufen (Stufen 4 und 5) der Lesekompetenz. Diese Personen sind in der Lage, sehr komplexe Aufgaben zu lösen, in denen Informationen aus unterschiedlichen, sehr dichten Texten mit widersprüchlicher Information gesucht und zusammengeführt werden müssen. Der Anteil an Personen mit hoher Lesekompetenz liegt in Österreich signifikant unter dem Durchschnitt aller teilnehmenden OECD-Länder (11,8%)

17,1% der Erwachsenen in Österreich verfügen über nur niedrige Lesekompetenz
17,1% der 16- bis 65-Jährigen in Österreich, alsfast eine Million Menschen, verfügen über nur niedrige Lesekompetenz und sind dadurch mit möglichen Benachteiligungen im Beruf und Alltag konfrontiert. Mit diesem Anteil liegt Österreich im OECD-Durchschnitt.

Die Gruppe der Personen mit niedriger Lesekompetenz lässt sich weiter differenzieren:

  • 1,8% der 16- bis 65-Jährigen in Österreich verfügen über zu geringe Lese- bzw. Sprachfähigkeiten (in Deutsch), um überhaupt in der Lage zu sein, an der PIAAC-Erhebung teilzunehmen.
  • 2,5% können höchstens konkrete einzelne Informationen in kurzen Texten identifizieren. Das Verständnis für Satzstrukturen ist nur in geringem Ausmaß vorhanden (Lesekompetenzstufe unter 1).
  • 12,8% verstehen kurze Texte in unterschiedlichen Textformaten (z. B. digital oder gedruckt) mit etwas ablenkender Information. Das Verständnis für Satzstrukturen ist vorhanden, jedoch haben diese Personen Probleme, etwas längere Texte mit widersprüchlicher Information zu verstehen (Lesekompetenzstufe 1).

Junge Erwachsene holen im internationalen Vergleich auf
Die Analyse der jüngsten Alterskohorte (16- bis 24-Jährige) ist von besonderem Interesse, da diese Personengruppe erst am Anfang ihres Erwerbslebens steht bzw. sich zum Teil noch in Ausbildung befindet und dementsprechend für das wirtschaftliche Entwicklungspotential eines Landes von großer Bedeutung ist. Im internationalen Vergleich zeigen Österreichs 16- bis 24-Jährige sehr gute Leistungen in Alltagsmathematik und erzielen in den beiden anderen Kompetenzbereichen Lesen sowie Problemlösen im Kontext neuer Technologien durchschnittliche Ergebnisse.

Deutliche Kompetenzunterschiede nach Geschlecht und Bildung bei österreichischen Erwachsenen im Alter von 16 bis 65 Jahren
Die Schlüsselkompetenzen Lesen, Alltagsmathematik und Problemlösen im Kontext neuer Technologien sind in Österreich nach soziodemographischen Merkmalen (Geschlecht, höchster Bildungsabschluss und soziale Herkunft) in erheblichem Ausmaß ungleich verteilt. Serreichen Männer in allen Kompetenzbereichen signifikant bessere Ergebnisse als Frauen, und auch Menschen mit Matura oder einem höheren Bildungsabschluss schneiden im Durchschnitt besser ab. Zu diesem Ergebnis kommt Statistik Austria auf Basis der in insgesamt 24 Ländern durchgeführten OECD-Studie über Schlüsselkompetenzen bei Erwachsenen "Programme for the International Assessment of Adult Competencies" (PIAAC 2011/12).

Männer bei Alltagsmathematik und beim Problemlösen deutlich kompetenter als Frauen
Männer erreichen in allen Kompetenzbereichen signifikant bessere Ergebnisse als Frauen. Diese Unterschiede sind bei der Lesekompetenz in Österreich zwar höher als im OECD-Durchschnitt, aber dennoch sehr gering (kaum vier Punkte). Bei der alltagsmathematischen Kompetenz hingegen zeigt sich ein deutlicher Unterschied von rund 13 Punkten (das entspricht in etwa zwei Bildungsjahren), der auch mit dem geschlechtsspezifischen Unterschied im OECD-Durchschnitt vergleichbar ist.

74,9% der Männer zeigten im Rahmen der PIAAC-Erhebung ausreichende Computerkenntnisse um am Kompetenzbereich Problemlösen im Kontext neuer Technologien teilzunehmen. Der Anteil bei den Frauen lag etwas darunter (71,6%). Von den an diesem Kompetenzbereich teilnehmenden Männern sind 49,0% auf den höchsten Problemlösekompetenzstufen (Stufen 2 und 3) zu finden, im Vergleich dazu beträgt der entsprechende Anteil bei den teilnehmenden Frauen nur 39,5%.

Personen mit Matura oder höherem Bildungsabschluss erreichen deutlich höheres Kompetenzniveau
Die Unterschiede im Kompetenzniveau treten in Österreich zwischen Personen mit Matura bzw. Hochschulabschluss und Personen mit niedrigeren Abschlüssen deutlich hervor. Personen mit maximal Pflichtschulabschluss befinden sich besonders häufig in den niedrigsten Lesekompetenzstufen (unter 1 und 1) und sind dadurch mit Benachteiligungen in Beruf und Alltag konfrontiert. Sliegt dieser Anteil bei den Personen mit maximal Pflichtschulabschluss bei 25,2%. Personen mit Matura oder einem Hochschulabschluss finden sich jedoch sehr selten in den niedrigsten Lesekompetenzstufen (z. B. 1,5% bei den Personen mit Hochschulabschluss).

Das Ausmaß, in dem die Kompetenzverteilungen der einzelnen Bildungsabschlussgruppen überlappen, ist jedoch bemerkenswert. Serreicht rund ein Viertel der Personen mit maximal Pflichtschulabschluss höhere Lesekompetenzleistungen als jenes Viertel, das in der Gruppe der Hochschulabsolventinnen und Hochschulabsolventen die geringsten Leistungen erzielt hat.

Starke Unterschiede nach sozialer Herkunft
Die Analyse des sozioökonomischen Hintergrunds (Bildung und Beruf der Eltern) zeigt einen starken Zusammenhang zwischen der Lesekompetenz und dem sozialen Kontext. Ssinkt der Anteil der Personen in den niedrigsten Lesekompetenzstufen (unter 1 und 1) über die verschiedenen Bildungsniveaus der Eltern hinweg von 27,5% (Personen mit Eltern mit maximal Pflichtschulabschluss) auf 5,8% (Personen, deren Eltern eine Universität oder Hochschule absolviert haben). Das Ausmaß des Zusammenhangs liegt in Österreich aber im Bereich des OECD-Durchschnitts.

Kompetenzunterschiede nach Erwerbsstatus, Beruf, Einkommen und Gesundheitszustand
Erwerbstätige Personen im Alter von 16 bis 65 Jahren zeigen nach Berechnungen von Statistik Austria (PIAAC-Erhebung 2011/12) bessere Leseleistungen als Arbeitslose bzw. Nicht-Erwerbspersonen. Gleichzeitig finden sich aber auch in der Personengruppe mit niedriger Lesekompetenz im Vergleich zum OECD-Durchschnitt überproportional viele Erwerbstätige. Die Lese- und alltagsmathematischen Leistungen der Erwerbstätigen in Österreich variieren zwischen den hoch und gering qualifizierten Berufen stärker als im internationalen Vergleich. Weiters zeigt sich ein Zusammenhang zwischen dem Kompetenzniveau und Einkommen bzw. Gesundheitszustand.

Erwerbstätigkeit und Kompetenz
Erwerbstätige (73,5% der 16- bis 65-jährigen) erzielen gegenüber Arbeitslosen und Nicht-Erwerbspersonen ein besseres Ergebnis: In der Gruppe der Personen mit hoher Lesekompetenz (Stufen 4 und 5) sind die Erwerbstätigen mit einem überdurchschnittlichen Anteil von 81% vertreten. Allerdings zeigt sich auch in den niedrigsten Lesekompetenzstufen (Stufen unter 1 und 1) eine hohe Arbeitsmarktbeteiligung von 62%. Dieser Anteil liegt damit signifikant über dem entsprechenden Anteilswert im OECD-Durchschnitt (56%).

Große Leistungsunterschiede zwischen den einzelnen Berufsgruppen
Die Unterschiede bezüglich Lese- und alltagsmathematischer Kompetenz zwischen den verschiedenen Berufsgruppen sind in Österreich im Vergleich zum OECD-Durchschnitt überproportional groß: Der größte Unterschied zwischen der Spitzengruppe (akademische Berufe) und der Gruppe mit den durchschnittlich schlechtesten Leistungen (Hilfsarbeitskräfte) beträgt in Österreich für den Kompetenzbereich Lesen rund 62 Kompetenzpunkte und für den Bereich Alltagsmathematik 74 Kompetenzpunkte, während dieser Unterschied im OECD-Durchschnitt nur 52 bzw. 59 Kompetenzpunkte aufweist.

In Österreich zeigen drei Berufsgruppen beim Vergleich mit der jeweiligen Gruppe im OECD-Durchschnitt signifikant schlechtere Leseleistungen: 1) Dienstleistungsberufe sowie Verkäuferinnen und Verkäufer, 2) Bedienerinnen und Bediener von Anlagen und Maschinen sowie Montageberufe und 3) Hilfsarbeitskräfte. Im Kompetenzbereich Alltagsmathematik zeigt die letztgenannte Berufsgruppe sowohl innerhalb Österreichs als auch bezogen auf die Vergleichsgruppe im OECD-Durchschnitt eine signifikant schlechtere Leistung. Vier Berufsgruppen erzielen signifikant bessere Leistungen in Alltagsmathematik als ihre entsprechenden Vergleichsgruppen im OECD-Durchschnitt: 1) Personen in akademischen Berufen, 2) Technikerinnen und Techniker sowie gleichrangige nichttechnische Berufe, 3) Bürokräfte und verwandte Berufe sowie 4) Handwerks- und -verwandte Berufe.
Zusammenhang zwischen Kompetenzniveau und Einkommen bzw. Gesundheitszustand

Auf Basis der PIAAC-Daten konnte ein Zusammenhang zwischen dem Kompetenzniveau und dem Einkommen einer Person (unselbständige Erwerbstätige) festgestellt werden. Dies gilt für alle Kompetenzbereiche, die im Zuge der PIAAC-Erhebung getestet wurden. Die stärkste Einkommensrelevanz weisen hierbei die alltagsmathematischen Kompetenzen auf.

In Österreich steigt der durchschnittlich erreichte Punktwert von 256 Punkten im ersten Einkommensquintil (20% der Personen mit dem niedrigsten Einkommen) auf 304 Punkte im obersten Quintil (20% der Personen mit dem höchsten Einkommen).

Weiters zeigt sich sowohl in Österreich als auch in den anderen Teilnehmerländern ein positiver Zusammenhang zwischen der Lesekompetenz und dem subjektiven Gesundheitszustand. Die Gruppe der Personen, die ihren Gesundheitszustand als "ausgezeichnet" oder "sehr gut" beschreiben, erreicht im Durchschnitt eine hohe Lesekompetenz (279 Punkte), während Personen mit mittelmäßigem bis schlechtem Gesundheitszustand durchschnittlich einen Wert von 248 Punkten erzielen.


 

 Schmied: PIAAC zeigt: Bildungsreform entschlossen fortsetzen
Bildungsministerin Dr. Claudia Schmied: "Es muss weiterhin verstärkt in Bildung investiert werden. Wir sind auf einem guten Weg."
Wien (bmukk) - Anlässlich der Präsentation von PIAAC stellt Bildungsministerin Dr. Claudia Schmied fest: "Auch diese Studie zeigt, dass die Bildungsreform fortgesetzt werden muss. Wir sind auf einem guten Weg. Es muss aber weiterhin verstärkt in Bildung investiert werden, da diese Studie einmal mehr aufzeigt, wneben den Stärken auch die Schwächen des österreichischen Bildungssystems liegen."

Erwachsene in Österreich (16- bis 65-jährige Bevölkerung) zeigen eine überdurchschnittliche Leistungsfähigkeit in Mathematik, eine im Durchschnitt liegende Leistung in Problemlösen im Kontext neuer Technologien und eine geringfügig niedrigere Lesekompetenz als der Durchschnitt der Länder, die an der Studie teilgenommen haben. Die Lesekompetenz der Altersgruppe der 16- bis 24-Jährigen ist besser als jene der Älteren und liegt im Durchschnitt.

Das Niveau der bei PIAAC gemessenen Schlüsselkompetenzen sinkt generell mit zunehmendem Alter. Dieser Effekt ist im Durchschnitt aller Länder zu beobachten, in Österreich jedoch stärker ausgeprägt und erfordert vor dem Hintergrund alternder Gesellschaften Maßnahmen, den Erhalt von Kompetenzen zu fördern.

Wie in den meisten Ländern unterscheiden sich die Leistungen von Frauen und Männern. In Österreich ist der Unterschied zugunsten der Männer, vor allem in der Alltagsmathematik, deutlich größer als im Durchschnitt der anderen teilnehmenden Länder.

Wie in vielen europäischen Staaten weisen auch in Österreich Personen mit einer anderen Erstsprache als die Sprache, in welcher der PIAAC-Test durchgeführt wurde (in Österreich in deutscher Sprache), eine sehr schwache Leseleistung auf. Die österreichischen PIAAC-Ergebnisse zeigen, dass die bildungspolitischen Maßnahmen der letzten Jahre erforderlich sind und fortgeführt werden müssen.

Die Schlussfolgerung von Bildungsministerin Dr. Claudia Schmied: "Es müssen qualitativ hochwertige Bildungsangebote von der frühkindlichen Bildung über die schulische Bildung bis zur Erwachsenenbildung lebensbegleitend ausgebaut werden. Dabei muss das Temperhöht werden."

"Grundkompetenzen absichern, Menschen mit Migrationshintergrund fördern, Chancengerechtigkeit und Leistung verbessern, Berufsbildung bei gleichzeitiger umfassender Allgemeinbildung weiterentwickeln und Erwachsenenbildung stärken sind zentrale Aufgabenstellungen der Bildungspolitik in den nächsten Jahren", erklärt Schmied.

Für die Bildungsministerin ergeben sich aus dieser Studie folgende Eckpunkte für die Zukunft: Dem Ausbau der Sprachförderung im Kindergarten und in der Volksschule sowie für QuereinsteigerInnen ins Bildungssystem ist mit einer umfassenden Sprach- und Leseförderungsoffensive Rechnung zu tragen. Die sprachliche Bildung und eine nachhaltige Sprach- und Lesekultur sind zentrale Aufgaben eines Bildungssystems.

Die implementierten Bildungsstandards in der 4. und 8. Schulstufe mit externer Leistungsüberprüfung sowie die neue Reife- bzw. Reife- und Diplomprüfung am Ende der schulischen Ausbildung sind ein wichtige Instrumente zur Qualitätssicherung der Grundkompetenzen.

Der Ausbau der Ganztagsschulen, insbesondere in der verschränkten Form, ist wichtig, um den Eltern die Vereinbarkeit von Beruf und Familie sowie den Kindern und Jugendlichen ein umfassendes Bildungsangebot zur Förderung der Grundkompetenzen zu ermöglichen. Dadurch wird Chancengerechtigkeit und Leistung ermöglicht.

Das neue Kurssystem in der Oberstufe mit seinen kompetenzorientierten Lehrplänen sichert eine umfassende Allgemeinbildung und die Kompetenzentwicklung aller SchülerInnen.

In der Erwachsenenbildung ermöglichen die vor kurzem eingeführten kostenfreien Angebote zum Nachholen von Bildungsabschlüssen (Basisbildung, Pflichtschulabschluss, Berufsschulabschluss) den Erwerb der Grundkompetenzen und bieten eine 2. Chance.

Auch "Lehre mit Matura" und das Erwerben der Matura durch den Besuch der neu konzipierten modularen Schule für Berufstätige ist ein Schritt im Sinne der Up-Skilling-Strategie.

Österreich verfolgt mit der Strategie zum lebensbegleitenden Lernen "LLL:2020" einen ganzheitlichen Ansatz, bei dem alle Lernbereiche von Kindergarten über Schule, Hochschule bis hin zu Erwachsenenbildung und betrieblicher Weiterbildung berücksichtigt werden. Dabei werden bildungspolitische, arbeitsmarktpolitische und sozialpolitische Instrumente gebündelt, um Bildungsangebote weiter zu entwickeln sowie besser nutzbar zu machen, und die Bildungsbeteiligung insgesamt zu erhöhen.

Zudem beteiligt sich Österreich seit April dieses Jahres an der OECD-Kompetenzstrategie (Skills Strategy). Im Rahmen dieses Strategieprozesses werden Stärken und Schwächen des österreichischen Bildungssystems untersucht und darauf aufbauend zielgenaue Maßnahmen zur Kompetenzentwicklung der Bevölkerung erarbeitet, um mehr Wachstum und Beschäftigung sowie ein "besseres Leben" zu ermöglichen.


 

 Becker: Österreichs Erwachsene hinken beim Lesen hinterher
EU-Kommission und OECD präsentieren "Erwachsenen-PISA" zur Messung alltäglicher und beruflicher Fähigkeiten
Straßburg (övp-pd) - "Österreichs Erwachsene hinken in Europa beim Lesen hinterher. Das bedeutet Benachteiligung im Alltag und Beruf. Hier muss, wie schon soft vom EU-Parlament gefordert, konkret bei der frühkindlichen Bildung angesetzt werden", sHeinz K. Becker, Bildungssprecher der ÖVP im EU- Parlament. Die OECD präsentierte heute gemeinsam mit der EU- Kommission erstmals die Vergleichsstudie PIAAC (Programme for the International Assessment of Adult Competencies) zur Untersuchung allgemeiner Fähigkeiten, die im Alltag und Beruf nötig sind. Dazu zählen Lesekompetenzen, alltagsmathematische Fähigkeiten und das Problemlösen im Umgang mit neuen Technologien.

"Hier zeigt die Studie teilweise gravierende Unterschiede in den 24 teilnehmenden Ländern – auch innerhalb der 20 teilnehmenden EU-Länder. Sführen etwa die skandinavischen Länder alle Ranglisten an. Italien und Spanien sind Schlusslichter sowohl beim Lesen als auch bei den mathematischen Fähigkeiten. Hier müssen Konsequenzen gezogen werden", sBecker Das "Erwachsenen-PISA" PIAAC soll wissenschaftlich fundierte Informationen darüber liefern, ob die Schul-, Aus- und Weiterbildungssysteme der einzelnen Länder in der Lage sind, die erforderlichen Kompetenzen für eine gesicherte Beschäftigungsfähigkeit am Arbeitsmarkt und die erfolgreiche Teilnahme an eine Gesellschaft zu vermitteln.

"Selbst in Ländern mit erfolgreichen Bildungssystemen kommt die Erwachsenenbildung oft zu kurz. Dabei könnte gerade hier die Produktivität Europas gesteigert werden. Hier muss mehr passieren", sder EU-Abgeordnete. "Durch die Herausforderungen am Arbeitsmarkt und den demographischen Wandel müssen individuelle Kompetenzen gestärkt werden. Die Regierungsverantwortlichen der Mitgliedstaaten und speziell auch die Sozialpartner sind gefordert, sich offensiv und proaktiv einzubringen", sBecker abschließend.


 

 Walser: Bildung wird zu stark vererbt und zu wenig vermittelt
Grüne sehen ihre Kritik durch PIAAC-Studie bestätigt
Wien (grüne) - Die PIAAC-Studie bestätigt die bisherigen Befunde über das österreichische Schulsystem: "Bildung wird zu stark vererbt und im Schulsystem zu wenig vermittelt," fasst Harald Walser, Bildungssprecher der Grünen, die Ergebnisse der PIAAC-Studie für Österreich zusammen.

"Einzig das duale Ausbildungssystem mit betrieblicher Lehre und Berufsschule rettet das österreichische Ergebnis in einem Teilbereich", sWalser. "Fast eine Million Menschen in Österreich, die nicht ausreichend lesen können und eine im internationalen Vergleich kleine Gruppe an SpitzenleserInnen sind ein Auftrag an die Bildungspolitik, die Weichen neu zu stellen", sWalser weiter. "Wir müssen weg von einem selektiven Schulsystem, hin zu einer Bildungslandschaft, in der kein Kind, kein/e Jugendliche/r und auch kein/e Erwachsene/r zurückgelassen wird", präzisiert Walser seine Forderungen an die nächste Regierung.


 

 Kaske: Jetzt Initiative Erwachsenenbildung ausbauen
Eine Million Betroffene sind zentraler Handlungsauftrag an die neue Regierung
Wien (ak) - „Die schlechten Ergebnisse bei der Lesekompetenz der Erwachsenen müssen ein Weckruf sein. Wir müssen jetzt effektiv und zielgerichtet reagieren“, sagt AK AK Präsident Rudi Kaske anlässlich der Veröffentlichung der PIAAC-Studie. Kaske fordert eine Verlängerung der Initiative Erwachsenenbildung: „Wir brauchen auch in Zukunft ein flächendeckendes Angebot an Kursen und Lehrgängen für Alphabetisierung und Basisbildung. Lesen und Schreiben sind wichtig für Arbeit, Privatleben und Teilnahme an der Demokratie. " Die AK fordert:

1. Initiative Erwachsenenbildung verlängern und ausbauen: Die Initiative Erwachsenenbildung ermöglicht es, grundlegende Kompetenzen wie Lesen und Schreiben nach Schulabschluss im Erwachsenenalter kostenlos zu erwerben. Rund eine Million ÖsterreicherInnen können nicht sinnerfassend lesen, ArbeitnehmerInnen sind damit in Beruf und Lebensgestaltung massiv benachteiligt. „Daher soll die Initiative Erwachsenenbildung ab 2015 für fünf Jahre, statt wie bisher nur für drei Jahre verlängert und ausgebaut werden - denn der Bedarf ist weit höher als das Angebot“, sKaske.

2. Engagement der Betriebe: Viele, die nur schlecht lesen können, sind erwerbstätig. Für Betriebe ist Probleme lösen und daher lesen können jedoch elementar. Das bedeutet für Kaske: „Besonders das Engagement der Betriebe, die ja mehr Fachkräfte wollen, ist gefordert. Wir brauchen ,workplace learning‘, Lernen am Arbeitsplatz, es braucht neue, zusätzliche Instrumente der Finanzierung für die Weiterbildung.“

3. Hauptschulabschluss erleichtern und in die Initiative Erwachsenenbildung integrieren: In der Praxis zeigt sich, dass viele Menschen, die erfolgreich Lesen und Schreiben als Erwachsener gelernt haben, diese nächste Hürde nicht schaffen. „Neue Kurse als Übergang zwischen Basisbildung und Nachholen des Hauptschulabschlusses müssen daher entwickelt und in die Initiative aufgenommen werden, kostenfrei für die TeilnehmerInnen“, fordert Kaske.

4. Nationale Strategie: Österreich muss auf die PIAAC-Ergebnisse auch in seiner Nationalen Strategie zum lebensbegleitenden Lernen („LLL:2020“) reagieren. Ziel muss sein, die Anzahl der ÖsterreicherInnen mit niedriger Lesekompetenz signifikant zu verringern.

5. In Frühpädagogik und Volksschulen investieren: Laut PISA-Studie gehören 28 Prozent der Schülerinnen und Schüler bei der Lesekompetenz zur Risikogruppe. Das Problem beginnt alsbereits hier, es braucht vorbeugende Maßnahmen. Daher fordert die AK, Kinderkrippen und Kindergärten endlich als Bildungseinrichtung zu begreifen:

  • Bundesrahmengesetz mit einheitlichen Qualitätsstandards zu Gruppengrößen, Betreuungsschlüssel und Ausstattung.
  • verpflichtenden Kindergartenbesuch verlängern


In den Volksschulen fordert die AK folgende Maßnahmen:

  • verstärkt Lehrerfortbildung im Bereich der Leseförderung


 

 Oberhauser: Lebenslanges Lernen ist notwendig
Die Schule legt den Grundstein für die spätere Weiterbildung
Wien (ögb) - "Lebenslanges Lernen ist eine Notwendigkeit, der Grundstein dazu wird in der Schule gelegt. Der ÖGB hat daher bei seinem Bundeskongress im Juni dieses Jahres ein Grundsatzprogramm beschlossen und dem Bereich Bildung besonderes Augenmerk gewidmet", stellt ÖGB-Vizepräsidentin Sabine Oberhauser zu den Ergebnissen der PIAAC-Studie fest. Oberhauser: "Bildung muss aber für alle Bevölkerungsgruppen leistbar sein."

Auszug aus dem ÖGB-Grundsatzprogramm Bereich Bildung

  • Jene Zielgruppen gewinnen, die bisher in der Weiterbildung nicht das Potenzial zur persönlichen Entfaltung und zur Erhöhung ihrer individuellen Chancen in Gesellschaft und Arbeitswelt sehen.
  • Maßnahmen, um die Bildungsbeteiligung und Höherqualifizierung anzuheben.
  • Förderungen, die die Geschlechtersegregation und Diskriminierung aufgrund der sozialen oder ethnischen Herkunft aufheben. Hier kommt der Berufsorientierung und Bildungsberatung ein hoher Stellenwert zu, wodurch die traditionellen Rollenbilder aufzubrechen sind. Mädchen und Frauen für technische und naturwissenschaftliche Bereiche oder Burschen und Männer für soziale Bereiche zu interessieren, muss das Ziel sein.
  • Kostenloses nachholen von Bildungsabschlüssen.
  • Optimale individuelle Förderung nach Stärken und Fähigkeiten. Der Entstehung von Schwächen soll vorgebeugt bzw. sollen mögliche Defizite frühzeitig ausgeglichen werden. Dadurch wäre das Wiederholen einer ganzen Schulstufe nicht mehr notwendig.
  • Schülerinnen und Schülern muss ein positives Lernerlebnis ermöglicht werden. Selektionsdruck und die damit verbundene Angst vor schlechten Noten verhindern oft schon im Kindesalter positive Lernerlebnisse. Nur durch Freude am Lernen wird auch der Begriff des lebenslangen Lernens nicht zu einer Drohung, sondern zu einer Selbstverständlichkeit.
  • Bildungschancen unabhängig von Geschlecht und soziokulturellem Hintergrund.
  • Flächendeckendes Angebot an anbieterübergreifender Bildungsberatung. Der Bund soll Sorge tragen, dass die bestehenden Ansätze eines regional ausgewogenen und qualitätsgesicherten Angebots an Beratungs- und Informationsleistung ausgeweitet werden. Eine Vernetzung von bestehenden Angeboten sollte der Nutzung von Synergien und der Qualitätssicherung dienen.
  • Auf betrieblicher Ebene sind ArbeitnehmervertreterInnen oft erste Anlaufstelle für Beschäftigte in Bildungsfragen. Deshalb ist für sie ein guter Überblick über die Weiterbildungslandschaft und deren Angebote notwendig.
  • Das Thema Migration muss verstärkt behandelt werden, sowohl aus demokratiepolitischer Sicht als auch, weil Diversität als Chance zu nutzen ist.

 

 

 

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