Prammer: Aus der Geschichte für Gegenwart
 und Zukunft lernen

 

erstellt am
08. 11. 13
10.30 MEZ

Gedenkkonzert mit Theodore Bikel und Merima Kljuco im Hohen Haus
Wien (pk) - Das Hohe Haus stand am Abend des 07.11. im Zeichen des Gedenkens an die Opfer der Novemberpogrome vor 75 Jahren. Der November 1938 markiert den Übergang von der Diskriminierung und Demütigung jüdischer Bürgerinnen und Bürger hin zur systematischen Verfolgung und Vernichtung, erinnerte Nationalratspräsidentin Barbara Prammer in ihrer Eröffnungsrede und hielt fest, es gelte auch heute wachsam gegenüber Antisemitismus und Rassismus zu bleiben.

Das Konzert im Nationalratssitzungssaal ist ein Höhepunkt der vielen Gedenkveranstaltungen, die heuer an die Ereignisse des Jahres 1938 erinnern. Prammer zeigte sich dabei beeindruckt vom Erfolg des vom Parlament initiierten Projekts "Gedenken – 75 Jahre Novemberpogrom". Dieses Projekt sei zum Statement einer gelebten Erinnerungskultur in Österreich geworden, meinte sie. Dies zeige, wie selbstverständlich es geworden sei, der Opfer des Nationalsozialismus zu gedenken.

Prammer freute sich, dass der vielseitige Künstler Theodore Bikel und die renommierte Akkordeonistin und Komponistin Merima Kljuco für die künstlerische Gestaltung des Abends gewonnen werden konnten. Prammer hielt fest: "Theodore Bikel ist eine Persönlichkeit mit einer ungemein großen Vielfalt an Talenten und Fähigkeiten. Er verkörpert für mich den großen Verlust, den unsere Gesellschaft auch heute noch aufgrund des Terrors des Nationalsozialismus hinnehmen muss." Sie wies in diesem Zusammenhang auch darauf hin, dass Bikel 2011 die österreichische Staatsbürgerschaft wieder angenommen hat.

Prammer sieht weiter Bedarf für ein Verbotsgesetz
Die Nationalratspräsidentin hielt weiters fest, dass Österreich nach wie vor ein Verbotsgesetz brauche. Gerade jüngste Ereignisse hätten wieder einmal gezeigt, dass es nach wie vor Unbelehrbare gebe. Die Europäische Union sei als Antithese zu Faschismus, Nationalsozialismus und Krieg gegründet worden. Es reiche jedoch nicht, nur in die Vergangenheit zu blicken, sagte Prammer. "Wir müssen aus der Geschichte für unsere Gegenwart und Zukunft lernen", so Prammer. Auch heute gelte es, stets wachsam zu bleiben und antisemitische oder rassistische Äußerungen und Handlungen mit gebotener Eindeutigkeit zu verurteilen.

Eisenberg: Gedenken ist ein allgemein menschliches Gebot
Der Oberrabbiner der Israelitischen Kultusgemeinde Wien Paul Chaim Eisenberg erinnerte daran, dass nach den Ereignissen des Novemberpogroms den Zeitgenossen noch nicht vorstellbar war, was noch folgen würde. Was damals geschah, wurde zwar "von oben" organisiert, wäre aber in dieser Weise ohne die weit verbreiteten antisemitischen Stimmungen in der Bevölkerung nicht möglich gewesen. Doch nicht nur eine Ideologie, sondern auch niedrige menschliche Regungen wie Hass und Neid brachen sich damals als so genannter "Volkszorn" Bahn.

Eisenberg konstatierte, dass es nach dem Zweiten Weltkrieg zu lange gedauert habe, bis das offizielle Österreich von der Sichtweise, das Land sei das ersten Opfer des Nationalsozialismus gewesen, abgerückt sei. Wie viel sich verändert hat, zeige sich nicht nur an den Veranstaltungen des offiziellen Österreich, sondern auch an vielen Privatinitiativen. Gedenken sei nicht nur Anliegen jüdischer Gemeinden und Organisationen, sondern ein allgemein menschliches Gebot. Daher freue ihn die Vielzahl von Veranstaltungen und die Initiative des Parlaments besonders.

Der Oberrabbiner stellte dann die KünstlerInnen des Abends vor. Theodore Bikel wurde 1924 in Wien geboren und floh 1938 mit seinen Eltern nach Palästina. Er studierte Schauspiel in London und war neben einer internationalen musikalischen und schauspielerischen Karriere auch politisch tätig. Seine musikalische Begleiterin war die aus Bosnien stammende renommierte Akkordeonistin und Komponistin Merima Kljuco. Gemeinsam boten sie eine breite Auswahl internationaler Volkslieder dar.

Die Veranstaltung im Nationalratssitzungssaal war mit Bundeskanzler Werner Faymann und Vizekanzler Michael Spindelegger und zahlreichen Regierungsmitgliedern prominent besucht. Unter den internationalen Gästen waren der israelische Botschafter Zvi Heifetz sowie Rabbi Marc Schneier und Imam Shamsi Ali aus New York, die sich besonders für den Dialog zwischen Judentum und Islam einsetzen.

 

 

 

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