Mechanismus der Wächterzellen entschlüsselt

 

erstellt am
05. 11. 13
14.00 MEZ

Erfolgreiche Erforschung des Immunsystems
Graz (universität) - Eine Vielzahl von Kleinstlebewesen besiedelt den menschlichen Körper. Diese Mikroorganismen erfüllen im menschlichen Körper eine Vielzahl von Aufgaben, die zum Teil noch unbekannt sind. Das menschliche Immunsystem besitzt jedoch eine Reihe von Rezeptoren für Mikroben. Eine feinabgestimmte Unterscheidung zwischen gefährlichen bzw. nützlichen Mikroorganismen ist von grosser Bedeutung hinsichtlich der Vermeidung von Krankheiten. Forschern der Medizinischen Universitäten Graz und Wien rund um Univ.-Prof. Dr. Herbert Strobl, Institut für Pathophysiologie und Immunologie, Med Uni Graz, ist es nun in Zusammenarbeit mit internationalen KollegInnen gelungen, einen Mechanismus zu erforschen wie Immunantworten gegen gefährliche Mikroben geleitet bzw. Immunantworten gegen nützliche Mikroben unterdrückt werden.

Dendritische Zellen steuern die körpereigenen Immunantworten
Die obersten Zellschichten der Haut und der Schleimhäute besitzen ein engmaschiges zelluläres Netzwerk an Wächterzellen. Diese sogenannten dendritischen Zellen steuern die Immunantworten auf Mikroben, indem Sie Mikroben mittels spezieller Rezeptoren identifizieren. Sobald ein Krankheitserreger erkannt wird, wandern die dendritischen Zellen mit Fragmenten des Eindringlings in die Lymphknoten, wo sie weitere Immunzellen – vor allem die sogenannten T-Zellen – erreichen. Aus der Vielzahl von T-Zellen werden nun jene zur Vermehrung angeregt, welche einen passenden Antigen-Rezeptor gegen das präsentierte Fragment an ihrer Zelloberfläche tragen. „Die Antigen-reaktiven T-Zellen wandern nach erfolgter Vermehrung an den Ort der Infektion um die Eindringlinge zu bekämpfen bzw. um weitere Immunzellen anzulocken und zu stimulieren“. Ein Teil dieser T-Zellen wandelt sich danach in sogenannte Gedächtniszellen um, welche sehr lange im Körper überleben“, erklärt Herbert Strobl. Diese Gedächtniszellen können im Körper rasch aktiviert werden, wodurch beispielsweise ein Schutz vor Krankheiten durch Impfungen gewährleistet wird.

Steuerung dendritischer Zellen ermöglicht verbesserten Impfschutz

Das Wissen über die Funktion dendritischer Zellen hängt im hohen Maße mit der Verbesserung von Impfungen zusammen, da diese Zellen zwischen harmlosen und gefährlichen Mikroben unterscheiden müssen. „Eine Fehlfunktion dieser Mechanismen könnte einerseits überschießende Immunreaktionen hervorrufen, wie zB. bei Allergien oder Autoimmunerkrankungen, andererseits könnte das Nichterkennen von Tumorzellen im Körper durch eine Fehlfunktion dendritischer Zellen bedingt sein, da sich Tumorzellen der körpereigenen Kontrolle durch das Immunsystem entziehen“, erklärt Herbert Strobl. Die aktuelle Forschung an der Med Uni Graz geht der Frage nach, wie man diese Mechanismen in die gewünschte Richtung beeinflussen kann. Da das Netzwerk an dendritischen Zellen bereits vor der Geburt im Mutterleib gebildet wird, sind diese Schutzmechanismen bei der Geburt bereits vollständig angelegt.

Mechanismus dendritischer Zellen entschlüsselt
Gemeinsam mit WissenschafterInnen aus Wien und Zürich hat die Arbeitsgruppe von Herbert Strobl entschlüsselt, wie sich das Netzwerk dendritischer Zellen bereits vor der Geburt ausbildet und welcher Mechanismus dem Nicht-Erkennen von ungefährlichen Mikroben zu Grunde liegt. Bereits im Mutterleib werden in der Oberhaut Moleküle der BMP Familie gebildet, welche Stammzellen dazu anregen, sich in dendritische Zellen zu verwandeln sowie sich zu vermehren und ein engmaschiges Netzwerk zu bilden. Nach der Geburt wird in hohem Maße das Molekül TGF-beta 1 in den äußeren Hautschichten produziert. „Dieses TGF-beta 1 Molekül sorgt dafür, dass bereits gebildete Netzwerke nach Kontakt mit Mikroben nicht verloren gehen“, erläutert Herbert Strobl.

Eine zeitlich koordinierte Zugabe von TGF-beta 1 zu BMP haltigen Kulturen blutbildender Stammzellen erlaubt die Herstellung grosser Mengen von dendritischer Zellen, die nur sehr geringfügig auf Mikroben der normalen Hautflora reagieren. Eine Unterdrückung dieses Effekts könnte in weiterer Folge verstärkte Immunantworten auf Tumorzellen erlauben. „Eine gezielte Beeinflussung der durch TGF-beta 1 geleiteten Signale in dendritischen Zellen könnte in Zukunft der Schlüssel sein, Immunantworten gezielt zu steuern“, so die Wissenschafter unisono. Eine Reihe schwerer Erkrankungen wie etwa mikrobielle Infektionen, Autoimmunerkrankungen und Tumoren, könnten durch die vom FWF maßgeblich geförderte Arbeit in Zukunft therapeutisch besser kontrollierbar werden, was die Herausforderung an künftige Studien darstellt.

 

 

 

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