Minderheitsregierung oder Neuwahl?

 

erstellt am
12. 11. 13
10.30 MEZ

Wien (öj) - Seit geraumer Zeit ist es innenpolitisch sehr ruhig geworden, befinden sich doch SPÖ und ÖPV in Koalitionsverhandlungen, Stillschweigen über die Ergebnisse der einzelnen Untergruppen ist vereinbart und wird, großteils, auch eingehalten.

Nun ist aber mit der Äußerung von Wirtschaftsforschern ein massives Problem auf dem Tisch: Im Bundesbudget, in dem Finanzmministerin Maria Fekter jüngst noch 2016 ein Nulldefizit erreichen wollte, soll sich nun ein Loch von 30 bis 40 Milliarden Euro aufgetan haben. Dies setzte sich, so verlautete, aus geringeren Steuereinnahmen, höheren Anteilen zu Pensionszahlungen und schließlich aus notwendigen Kapitalspritzen vor allem für die Hype Alpe Adria Bank zusammen.

Nun fordert die Opposition heftig eine Aufklärung dieser Malaise unter dem Aspekt, daß die Regierungsparteien dieses Desaster vor der Nationalratswahl bewußt verschwiegen hätten und spricht von gefälschten Budgetzahlen - was von SPÖ und ÖVP zurückgewiesen wird.

Während nun ÖVP-Chef Michael Spindelegger auf den Standpunkt steht, es müsse den aktuellen Zahlen entsprechend massiv gespart werden, sieht SPÖ-Chef Werner Faymann derzeit keinen Bedarf für ein Sparpaket. Wenn die SPÖ weiterhin die Sparpläne der ÖVP bremse, bestünde die Möglichkeit, daß die ÖVP die Verhandlungen zur Regierungsbildung abbrechen könnte.

Dies würde zu dem Szenario führen, daß Werner Faymann gezwungen wäre, entweder dem Bundespräsidenten eine Minderheitsregierung der SPÖ vorzuschlagen (hat es in Österreich erst einmal unter Bruno Kreisky gegeben, und zwar von 21. April 1970 bis 4. November 1971) oder das Scheitern der Regierungsbildung einzugestehen.

Die Nationalratswahl vom 29. September ließe andere Koalitionsvarianten zu, die jedoch ohne Beteiligung der FPÖ unter Heinz-Christian Strache rein schon rechnerisch nicht umsetzbar sind. Die nach "rechts-links"-Begriffen naheliegenden Varianten stehen nicht zur Verfügung, denn SPÖ und Grüne sind mit 39,2 %, ÖVP und FPÖ mit 44,5 % weit von einer einfachen Mehrheit entfernt. Diese können also nur unter Mitwirkung zumindest vom Team Stronach bei ÖVP-FPÖ, ja sogar notwendigerweise Team Stronach und NEOS bei SPÖ-Grünen zustandekommen. Wie gesagt, rein rechnerisch. Denn bis auf die ÖVP hat sich jede der anderen Parteien zwar für eine Zusammenarbeit mit der FPÖ ausgesprochen, eine Regierung unter Beteiligung der FPÖ kategorisch ausgeschlossen.

Ob es sich die ÖVP leisten kann oder will - man erinnere sich zurück an das Jahr 2000 - mit der FPÖ Koalitionsgespräche zu führen oder nicht, ist also nicht entscheidend, wenn das Team Stronach nicht mitmacht. Denn NEOS-Chef Matthias Strolz hat definitiv die Beteiligung an einer Regierung mit der FPÖ ausgeschlossen. Und ob das Team Stronach, das vor der Wahl einen gewissen Rückzug Österreichs aus der EU und eine Veränderung des Euro zu einer Landeswährung gefordert hatte, mit dem eindeutigen Pro-EU-Kurs der ÖVP vereinbar ist, ist unwahrscheinlich.

Am Mittwoch wollen sich Bundeskanzler Werner Faymann und Vizekanzler Michael Spindelegger jedenfalls die Ergebisse der Wirtschaftsforscher noch einmal persönlich darstellen lassen. Ob es gleich danach eine Entscheidung geben wird, bleibt abzuwarten.

 

 

 

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