Herausforderungen an Infrastruktur und Verkehr
 durch den Binnenmarkt

 

erstellt am
11. 03. 14
11.30 MEZ

Bericht des BMVIT über EU-Vorhaben 2014
Wien (pk) - Die Europäische Kommission (EK) stellt in ihrem Arbeitsprogramm 2014 die Förderung von Wachstum und Beschäftigung in den Mittelpunkt. Die Herausforderung der nächsten Jahre werde es sein, intelligentes, nachhaltiges und integratives Wachstum in Europa zu erzielen, unterstreicht Verkehrsministerin Doris Bures in der Einleitung der Jahresvorschau des BMVIT über EU-Vorhaben in den Bereichen Verkehr und Infrastruktur. Der Bericht bietet einen Überblick über das Legislativ- und Arbeitsprogramms der EK und das operative Jahresprogramm des EU-Rats.

Auf den Weg zum vollständig integrierten und vernetzten Binnenmarkt
Mit der Umsetzung des Rahmenprogramms "Horizont 2020" sollen Investitionen in Innovation und Forschung gefördert, die richtigen Markt- und Wirtschaftsbedingungen geschaffen und die nationalen Anstrengungen besser aufeinander abgestimmt werden. Im Verkehrsbereich bedeutet das für die EU-BürgerInnen eine effizientere Nutzung der Netze und den erleichterten Wechsel zwischen den verschiedenen Beförderungsarten. Die EK wolle dazu Vorschläge in den Bereichen Schienenverkehr, Flughäfen, Flugverkehrsmanagement und Häfen verabschieden. Ein vollständig integrierter und vernetzter Binnenmarkt, der auch die Bereiche Telekommunikation, Energie und Verkehr umfasst, erfordere eine erschwingliche, zugängliche, effiziente und sichere Netzinfrastruktur, stellt das Verkehrsministerium grundsätzlich fest.

Die Fazilität "Connecting Europe" (CEF) - das Finanzierunginstrument für die Umsetzung der Transeuropäischen Netze (TEN) Verkehr, Energie sowie Kommunikation für den Zeitraum 2014-2020 – ist eng mit dem mehrjährigen Finanzrahmen verknüpft. Der EU-Haushalt diene damit als Katalysator für private Investitionen in strategische Netzinfrastrukturen, heißt es dazu im Bericht. Seit September 2013 gibt es einen Vorschlag zur Errichtung eines Binnenmarkts für die Telekommunikation bis 2015. Die EK sieht darin einen wichtigen Schritt in Richtung eines tatsächlichen digitalen Binnenmarkts.

Viertes Eisenbahn-Paket: mehr Kompetenzen für Europäische Eisenbahnagentur
Unter den als vorrangig bezeichneten Initiativen des europäischen Gesetzgebers kommt dem Vierten Eisenbahn-Paket eine besondere Bedeutung zu. Damit soll das Projekt eines einheitlichen europäischen Eisenbahnraums vollendet werden. Seit 2013 liegen zwei wichtige Richtlinienvorschläge zur Übertragung von Kompetenzen an die Europäische Eisenbahnagentur vor. Bei der Neufassung der Vorschriften zur Interoperabilität des Eisenbahnsystems handelt es sich um Fragen der Marktzulassung von Eisenbahnfahrzeugen, während die Neufassung der Vorschriften der Eisenbahnsicherheit die Ausstellung von Sicherheitsbescheinigungen für Eisenbahnunternehmungen, die diese für den Netzzugang benötigen, betrifft. Bei beiden Vorschlägen stimmt Österreich mit der Position des Rats überein und sieht europaweit einheitliche Regelungen als unerlässlich für den gemeinsamen Eisenbahnraum.

Kritisch wird von Österreich hingegen der Entwurf bezüglich der Öffnung des Marktes für einheimische Schienenpersonenverkehrsdienste und der Verwaltung der Eisenbahninfrastruktur gesehen. Grundsätzlich geht es dabei um die Trennung der Infrastruktur vom Eisenbahnbetrieb. Nach österreichischer Auffassung sind die vorgesehenen Bedingungen zu strikt und könnten Holdingsysteme in Frage stellen. Gerade Österreich sei einer der Staaten, in denen die Netzöffnung am weitesten fortgeschritten ist, gleichzeitig habe man bewiesen, dass auch ein Holdingmodell einen funktionierenden Wettbewerb auf dem Netz ermöglicht, argumentiert das Verkehrsressort. Es gebe hierzulande auch keine Diskriminierung im Netzzugang. Österreich werde in den Verhandlungen daher für die Beibehaltung eines integrierten Eisenbahnunternehmens plädieren, so die Verkehrsministerin.

Österreich kritisch bis ablehnend zum Vorschlag im Bereich IKT –Telekommunikation, Post, Innovation, Patentwesen
Der Bericht führt auch zwei Initiativen an, die der Vereinfachung und Verringerung des Verwaltungsaufwands dienen sollen. Die erste der genannten REFIT-Maßnahmen betrifft Vereinfachungen der Regelungen für den Zugang zum Markt des grenzüberschreitenden Güterverkehrs. Österreich begrüßt diese Regelung, wünscht sich aber Detaillierungen zur Frage der Kabotage, wobei grundsätzlich Österreich negative Auswirkungen einer weiteren Liberalisierung des Kabotagemarktes befürchtet.

Überwiegend kritisch bis ablehnend verhält sich Österreich zum Vorschlag für eine Verordnung zum Bereich IKT –Telekommunikation, Post, Innovation, Patentwesen über Maßnahmen zum europäischen Binnenmarkt der elektronischen Kommunikation. Im Vorschlag geht es darum, dass BürgerInnen und Unternehmen ohne grenzbedingte Beschränkungen und ungerechtfertigte Zusatzkosten Zugang zu elektronischen Kommunikationsdiensten haben sollen, wo immer diese in der EU angeboten werden.

Österreichs wendet unter anderem ein, dass der Vorschlag durch seine komplexe Struktur, die neben einer Verordnung auch die Abänderung von Richtlinien vorsieht, Rechtsunsicherheit schaffe. Eine Vollharmonisierung in manchen Bereichen erscheint aus heimischer Sicht fraglich. Das betreffe etwa den Konsumentenschutz, wo es zu keiner Verringerung des hohen Schutzniveaus kommen dürfe. Der Vorschlag würde auch den Aufwand für die nationalen Regulierungsbehörden erhöhen, der Nutzen für die Unternehmen sei hingegen zweifelhaft, da die bürokratischen Hürden für sie nicht in der Frage der EU-weiten Genehmigung, sondern in nicht voll harmonisierten Bereichen wie Wettbewerbs-, Steuer- Unternehmens-, Arbeits- und Sozialrecht liegen, so der österreichische Standpunkt.

Grundsätzlich begrüßt wird von Österreich der im Vorschlag enthaltene Ansatz zu einer europaweiten Regelung für ein offenes Internet. Der von der Kommission vorgeschlagene Text wird aber als zu weitgehend erachtet, da er Eingriffsmöglichkeiten zu sehr dem vertraglichen Belieben von Betreibern und Content Anbietern anheimstelle, wird im Bericht angemerkt. Im Ergebnis scheine der Vorschlag damit auf ein Zwei-Klassen-Regime im Internet hinauszulaufen. Das gefährde einerseits das vom Internet ausgehende Innovations- und Wachstumspotenzial und andererseits die vom Nutzer erwarteten Rechte in Bezug auf das "offene Internet".

TEN-Leitlinien Verkehr kommen Österreich entgegen
Das operative Arbeitsprogramm während der achtzehn Monate der Ratsvorsitze Irlands, Litauens und Griechenlands, das bis Mitte 2014 läuft, führt unter den verkehrspolitischen Prioritäten Themen wie nachhaltige Vernetzung, Sicherheit und Gefahrenabwehr bei Verkehrsträgern, fairen Wettbewerb und Marktzugang sowie neue Technologien und Mobilität an. Die drei Ratsvorsitze haben die Beratungen über das Flughafenpaket, das Seeverkehrspaket, das Verkehrssicherheitspaket, die Vorschläge zum Schienen- und Güterverkehr, zur Frachtgutbeförderung zwischen EU-Häfen und zum einheitlichen europäischen Luftraum aktiv vorangebracht.

Besonders Augenmerk lag auf dem Vorschlag für eine Verordnung über die Leitlinien für Transeuropäische Verkehrsnetze (TEN-V) und über die Fazilität "Connecting Europe" (CEF), in der die Finanzierungsbeiträge für TEN-Verkehrsprojekte festgelegt sind. Mit Jahresbeginn 2014 sind beide Verordnungen in Kraft getreten. Die für die TEN-V in der Periode 2014-2020 zur Verfügung stehenden EU-Finanzmittel betragen nach laufenden Preisen rund 14,95 Mrd. €. Als EU-Kofinanzierungsbeitrag für die TEN-V ist im Rahmen von CEF ein Maximalsatz von 40 % vorgesehen, wenn es sich um grenzüberschreitende Schienen- und Binnenwasserstraßenprojekte und die Beseitigung von Engstellen bei Binnenwasserstraßen handelt. Die EU-Finanzmittel müssen im Rahmen von Ausschreibungen beantragt werden.

Der Vorschlag sei hinsichtlich der Definition der Netze und insbesondere des Kernnetzes für Österreich günstig, hält das Verkehrsministerium dabei fest. Es bestehe auch kein Erfordernis, die nationalen Ausbaupläne für Infrastruktur, etwa das Zielnetz der ÖBB, anzupassen. Österreich begrüßt die CEF-Verordnung, da hier ein Schwerpunkt für umweltfreundliche Verkehrsträger gesetzt wird.

Zulassung von "Gigalinern": Österreich befürchtet Druck durch Richtlinienänderung

Im Straßenverkehr gebe es nach wie seitens mehrerer EU-Mitgliedsstaaten Bestrebungen, überlange und überschwere LKW; so genannte "Gigaliner", europaweit zuzulassen, ist dem Bericht des Verkehrsministeriums zu entnehmen. Die EK versuche, mit einem Legislativvorschlag zur Änderung der Richtlinie RL 96/53/EG (über Maße und Gewichte) unter gewissen Voraussetzungen grenzüberschreitende Fahrten von Gigalinern zu ermöglichen. Aus österreichischer Sicht liegt darin die Gefahr, dass mit dem Argument des Binnenmarktes bzw. Diskriminierungsverbots politischer und wirtschaftlicher Druck ausgeübt werden könnte, ebenfalls höhere Abmessungen zuzulassen. Gigaliner würden aber den die Wettbewerbsbedingungen umweltfreundlicher Verkehrsträger verschlechtern, und das hochrangige Straßennetz stark belasten. Österreich habe sich daher immer vehement und mit Nachdruck bei sämtlichen Gelegenheiten sowohl national als auch auf EU-Ebene gegen die Einführung von Gigalinern und die Überarbeitung der Richtlinie ausgesprochen.

 

 

 

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