Gesundheitsversorgung NEU denken

 

erstellt am
01. 04. 14
11.30 MEZ

Wien (bmg) - Das Bundesministerium für Gesundheit lud am 31.03. zu einer groß angelegten Bundesgesundheitskonferenz, um mit den VerantwortungsträgerInnen aus sämtlichen Bereichen des Gesundheitswesens über die Neugestaltung der Primärversorgung in Österreich zu diskutieren. "Heute ist der Auftakt zu einem breiten Dialog", so Gesundheitsminister Alois Stöger, im Zuge einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Gesundheitsstadträtin Sonja Wehsely, dem Vorsitzenden des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger, Hans Jörg Schelling, dem Präsidenten der Österreichischen Ärztekammer Artur Wechselberger sowie der Präsidentin des Österreichischen Gesundheits- und Krankenpflegeverbands, Ursula Frohner. Stöger verdeutlicht seine Intention der Konferenz: "Wir müssen uns gemeinsam die Fragen stellen, wie die gesundheitliche Versorgung der Zukunft aussehen kann und was vor allem die Patientinnen und Patienten brauchen, um optimal betreut zu werden. Eine solche Reform lässt sich nicht von oben herab verordnen und daher holen wir alle an einen Tisch. Ich bin zuversichtlich, gemeinsam werden wir die Primärversorgung in Österreich zum Wohle der Menschen neu denken und gestalten."

Die von den Systempartnern, Bund, Länder und Sozialversicherungsträger, beschlossene Gesundheitsreform liefert den strukturellen Rahmen, legt den Grundsatz der Gemeinsamkeit von Entscheidungen im Gesundheitswesen fest und richtet den Fokus erstmals auf die Interessen der Patientinnen und Patienten. Mit dem Bundes- und den Landeszielsteuerungsverträgen hat die Arbeit der Abstimmung und der Planung in allen Regionen Österreichs begonnen. "Wien war von Anfang an Vorreiter bei der Umsetzung der Gesundheitsreform, ein Schwerpunkt der bereits im September 2013 gemeinsam mit der WGKK beschlossenen Landeszielsteuerung sind Versorgungsstrukturen. Daher ist mir die heutige Bundesgesundheitskonferenz ein besonderes Anliegen. Eine verbesserte Primärversorgung bringt den Patientinnen und Patienten mehr Service und höhere Qualität, was ihr Vertrauen in das Gesundheitssystem erhöht. Die Verbesserung der Primärversorgung ist für das Gesundheitssystem auch essentiell, weil dadurch größere Effizienz gewährleistet wird", so Gesundheitsstadträtin Sonja Wehsely. Sie erwartet sich von der heutigen Konferenz den Start eines gemeinsamen und partnerschaftlichen Prozesses mit allen Beteiligten: "Ich bin zuversichtlich, dass wir in einer gemeinsamen Anstrengung bis Juni konkrete Ergebnisse erzielen werden, die wir dann im Interesse der Patientinnen und Patienten rasch umsetzen können."

"Die Systempartner Bund, Länder und Sozialversicherung haben sich einen straffen Zeitplan vorgenommen, damit die Bevölkerung rasch die positiven Auswirkungen der Gesundheitsreform erkennt und erlebt", betont Hans Jörg Schelling, Vorstandsvorsitzender im Hauptverband der Sozialversicherungsträger. Das "erste Erlebnis" bringt meist der niedergelassene Bereich, der nun nach dem Reformmotto "der Patient im Mittelpunkt" unter der Führung der Sozialversicherung neu gestaltet wird. Die klare Stärke des System ist, dass fast jeder Österreicher - wie Umfragen belegen - einen Haus- oder Vertrauensarzt hat. Ein "Neu-Denken" des niedergelassenen Bereichs ohne Hausarzt ist daher unmöglich. Gleichzeitig müssen allerdings die von der Bevölkerung alltäglich erlebten Schwächen des Systems beseitigt werden: übervolle Wartezimmer, verschlossene Ordinationen, das Hin- und Hergeschickt werden oder noch schlimmer, die Vermittlung des Gefühls, dass niemand für den Einzelnen zuständig ist. Das heißt, eine moderne medizinische Primärversorgung wird mehr bieten: Von der ersten Akutversorgung rund um die Uhr, über die Gesundheitsförderung und Prävention oder die Betreuung chronisch Kranker bis hin zum Lotsen durch das System und die Gesundheitskoordination. Diesbezüglich ist, so der Vorstandsvorsitzende, der traditionelle Hausarzt in Form des Einzelkämpfers völlig überfordert. Er benötigt um sich ein vielseitiges Team, dessen Mitglieder partnerschaftlich und auf gleicher Augenhöhe zusammenwirken. "Dieses Modell wird die Sozialversicherung im Interesse der Bevölkerung diskutieren und zügig umsetzen", so Schelling.

Der Präsident der Österreichischen Ärztekammer, Artur Wechselberger, begrüßt den Diskussions- und Meinungsbildungsprozess über den in der Gesundheitsreform vorgesehenen Ausbau der Primärversorgung. Wechselberger: "Die gesundheitspolitisch erwünschte und ökonomisch sinnvolle Entlastung der Spitäler kann nur über eine verstärkte Verfügbarkeit versorgungswirksamer Arztpraxen im unmittelbaren Lebensumfeld der Menschen erfolgen." Damit werde auch einer langjährigen Forderung der österreichischen Ärzteschaft nach Stärkung der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte Rechnung getragen. Die optimale Primärversorgung bedeute aus Sicht der Ärzteschaft erste Diagnostik und Behandlung, Koordinierung, Sicherstellung der Versorgungskontinuität sowie gezielte Zuweisung. Primary Health Care hänge allerdings von der Zusammenarbeit der Ärzte mit den nichtärztlichen Gesundheits- und Sozialberufen unter Einbindung der Angehörigen ab. "Eine wirksame Kommunikation und Koordination aller, die sich um den Patienten bemühen, ist Grundlage einer funktionierenden integrierten Gesundheitsversorgung in Netzwerken und zeitgemäßen Zusammenarbeitsformen", so Wechselberger.

Ähnlich argumentiert die Präsidentin des Österreichischen Gesundheits- und Krankenpflegeverbands, Ursula Frohner. Für sie liegt der Fokus der Primärversorgung derzeit auf der Erstellung medizinischer Diagnostik sowie medizinischer Therapien. Die Verankerung der Gesundheits- und Krankenpflege in der Primärversorgung, insbesondere im Bereich der Allgemeinmedizin, fehle hingegen völlig. Frohner gibt zu bedenken: "Für die Alltagsbewältigung mit krankheitsbedingten Einschränkungen wird es immer dringender notwendig, den Patientinnen und Patienten bedarfsorientierte Versorgungsmodelle anzubieten. Die Abbildung und die vermehrte Einbindung der Gesundheits- und Krankenpflege in diese Versorgungskonzepte sind daher unbedingt notwendig, da Primärversorgung auch soziologische Aspekte, wie beispielsweise das familiäre Umfeld, mit einzubeziehen hat."

 

 

 

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