Untersuchungsausschuss-Reform: Prammer
 rechnet mit Einigung

 

erstellt am
29. 04. 14
11.30 MEZ

Twittern aus Ausschüssen derzeit nicht erlaubt
Wien (pk) – Nationalratspräsidentin Barbara Prammer ist überzeugt, dass die Einsetzung von Untersuchungsausschüssen schon bald ein parlamentarisches Minderheitsrecht sein wird. Weder die Koalitions- noch die Oppositionsparteien könnten es sich leisten, unbeweglich zu bleiben und auf den eingeschlagenen Pflöcken zu beharren, betonte sie bei einem Pressegespräch im Parlament. "Das hält niemand mehr durch." Die Diskussion müsse ein Ende finden. Prammer selbst geht es in erster Linie um praktikable Spielregeln, einzige "Glaubensfrage" für sie ist, dass der U-Ausschuss-Vorsitz im Parlament, also in der Hand der Abgeordneten, bleiben muss.

Am liebsten wäre es Prammer, würde sich der bzw. die Ausschussvorsitzende künftig ausschließlich auf die Verhandlungsführung konzentrieren können. Sie glaubt, dass das den U-Ausschüssen gut tun würde. Die Vorsitzenden hätten demnach weder Stimm- noch Fragerecht und würden auch nicht in die Zahl der Ausschussmitglieder eingerechnet. Könnte man sich auf dieses Modell einigen, wäre es ihrer Meinung nach auch völlig egal, ob die Sitzungen von einem bzw. einer Abgeordneten der Koalition oder der Opposition geleitet werden.

Für durchaus überlegenswert hält Prammer in diesem Zusammenhang den Vorschlag, am Beginn einer Legislaturperiode ein paar Abgeordnete als potentielle Vorsitzende auszuwählen, auf die man dann bei Bedarf zurückgreift. Die Vorsitzführung den drei NationalratspräsidentInnen zu übertragen, wie dies die SPÖ vorgeschlagen hat, ist für sie unter der Voraussetzung bewerkstelligbar, dass sich diese in der Vorsitzführung abwechseln können.

Die Leitung parlamentarischer Untersuchungsausschüsse künftig einem Richter bzw. einer Richterin zu übertragen, lehnt Prammer hingegen dezidiert ab. Sie wolle weiter strikt zwischen Untersuchungsausschüssen und Gerichtsverfahren trennen, bekräftigte sie. Auskunftspersonen seien keine Angeklagten und Abgeordnete keine Ankläger. Vielmehr gehe es darum, Fragen zu stellen und Antworten zu bekommen.

Im Falle von Streitfällen würde Prammer auf ein zweigeteiltes Verfahren setzen: einen im Parlament angesiedelten "Ältestenrat" mit zum Beispiel erfahrenen ParlamentarierInnen als "schnelle Eingreiftruppe" sowie Entscheidungen des Verfassungsgerichtshofs bei gravierenden Streitfragen. Inwieweit sich die neue Verfahrensordnung für U-Ausschüsse am deutschen Modell orientieren wird, ist für Prammer keine vorrangige Frage, auch in Deutschland gebe es "einige Absurditäten". Dass die Koalitionsparteien mit den vereinbarten wöchentlichen Sitzungen bis Juli auf Zeit spielen, glaubt Prammer nicht, zumindest bei der SPÖ wisse sie sicher, dass das nicht der Fall sei.

Datenschutz und Twitter: Etliche Fragen offen
Was den Umgang mit neuen Medien im Parlament betrifft, ist laut Prammer derzeit eine Diskussion im Gang. Die Parlamentsdirektion hat einen umfangreichen Problemaufriss gemacht, der nun von den Fraktionen analysiert wird.

Ein zentrales Problem ist etwa die Frage des Datenschutzes, da das Datenschutzrecht im Parlament nicht greift. Wie die Nationalratspräsidentin berichtete, hat es allein in der vergangenen Gesetzgebungsperiode 60 Fälle gegeben, wo sich Privatpersonen über schriftliche Anfragen von Abgeordneten beschwert und verlangt haben, ihre Namen im Internet zu anonymisieren. Derzeit müsse mangels gesetzlicher Bestimmungen stets im Einzelfall entschieden werden. Für die Zukunft kann sich Prammer etwa die Einrichtung eines Datenschutzrats im Parlament vorstellen.

Zur aktuellen Twitter-Diskussion hielt Prammer fest, Twittern im Plenum sei derzeit legitim, Twittern aus Ausschüssen aufgrund der Geschäftsordnung allerdings nicht erlaubt, da Ausschusssitzungen in der Regel nicht öffentlich sind. Prammer hält das für "fast lächerlich" und will auch hier eine Lösung suchen. Sie persönlich würde überhaupt einen großen Schritt gehen und die Ausschussberatungen öffentlich machen.

Parlamentssanierung: Kommission hat Projekt ausgewählt
Was die Sanierung des Parlamentsgebäudes betrifft, hat die Kommission Prammer zufolge nach fünftägigen Sitzungen am Freitag Abend ein Siegerprojekt ausgewählt. Damit habe man "eine wichtige Etappe genommen". Wer hinter dem erstgereihten Projekt steckt, wisse sie allerdings selbst nicht, betonte die Nationalratspräsidentin. Erst wenn die nun startenden Verhandlungen erfolgreich abgeschlossen und Einspruchsfristen abgelaufen sind, soll das Projekt öffentlich vorgestellt werden. Das könnte noch bis zum Herbst dauern. Prammer appellierte an die JournalistInnen, die Vertraulichkeit im gesamten Verfahren zu respektieren, sonst könnte das Vergabeverfahren zum Platzen gebracht und damit der Sanierungsprozess um zwei Jahre zurückworfen werden.

Die Kommission habe jedenfalls gut gearbeitet, bekräftigte Prammer. Die Sitzungen seien gut über die Bühne gegangen, man könne mit dem Ergebnis zufrieden sein.

In Bezug auf die bevorstehende Budgetrede informierte die Nationalratspräsidentin darüber, dass Finanzminister Michael Spindelegger, abweichend von den bisherigen Usancen, frei sprechen und sich nicht an die schriftlich verteilte Budgetrede halten werde. Der neue Budgetdienst des Parlaments, der Dokumente analysiert und dem Budgetausschuss permanent zur Seite steht, hat sich, wie Prammer hervorhob, bewährt, sie höre jedenfalls "nur Gutes". Prammer überlegt in diesem Zusammenhang, den Abgeordneten auch in anderen Bereichen mehr fachliche Expertise anzubieten und denkt etwa an eine Fortführung der Kooperation mit der Akademie der Wissenschaften.

 

 

 

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