Finanzausschuss: Minister zur Einigung
 über Finanztransaktionssteuer

 

erstellt am
08. 05. 14
11.30 MEZ

Spindelegger: Wichtiges Signal - Opposition: Mehr Löcher als Käse
Wien (pk) - Berichte von Finanzminister Michael Spindelegger über die aktuelle Finanzpolitik der EU, über den Katastrophenfonds in den Jahren 2012 und 2013 und über Produktpiraterie sowie über Erfolge im Kampf gegen Markenfälschungen standen am 07.05. an der Spitze der Tagesordnung im Finanzausschuss. Nach einer lebhaften öffentlichen Debatte nahmen die Abgeordneten die Berichte zur Kenntnis. Das Thema "Produktpiraterie" wird auch im Plenum behandelt. Dann befürwortete der Ausschuss Änderungen im Betrieblichen Mitarbeiter- und Selbständigenvorsorgegesetz und im Versicherungsaufsichtsgesetz: Die Finanzmarktaufsicht soll im Konkursfall eine Veranlagungsgemeinschaft an eine andere Vorsorgekasse übertragen können. Zugleich empfahlen die Ausschussmitglieder dem Plenum, die Vorbereitungsarbeiten für die neue risikoorientierte Versicherungsaufsicht ab 2016 gesetzlich zu regeln. Konkret geht es um die Einrichtung neuer Aufsichtskollegien, um Koordinierungsvereinbarungen und Notfallpläne. Eine Lohnsteuersenkung zur Stärkung von Einkommen, Kaufkraft und Konjunktur sowie Steuer- und Abgabenerleichterungen für Klein- und Mittelbetriebe verlangte die FPÖ. Ihre beiden Anträge wurden von SPÖ und ÖVP jeweils vertagt. In einer weiteren Sitzung berichteten die Vorstände der Finanzmarktaufsicht, Harald Ettl und Klaus Kumpfmüller, dem Finanzausschuss über aktuelle Arbeitsschwerpunkte ihrer Behörde.

Spindelegger berichtet über Durchbruch zur Finanztransaktionssteuer
Die Debatte über die EU-Jahresvorschau 2014 zum jährlichen Arbeitsprogramm von Kommission und Rat leitete Finanzminister Michael Spindelegger mit Informationen über die jüngste Festlegung von 10 EU-Ländern auf Einführung der Finanztransaktionssteuer in vier Schritten ein. Zunächst sollen Aktien und einige Derivate besteuert werden und in weiterer Folge alle Derivate und auch Anleihen. Die neue EU-Kommission soll einen Richtlinienentwurf bis Ende 2014 vorlegen, der am 1.1.2016 in Kraft treten soll. Länder, die darüber hinaus Maßnahmen setzen wollen, sollen dies tun können, berichtete Spindelegger.

Opposition sieht bei Finanztransaktionssteuer mehr Löcher als Käse
Abgeordneter Robert Lugar (T) vermisste ein Verbot des Hochfrequenzhandels mit Finanzprodukten und von Credit Default Swaps (CDS), wo doch klar sei, dass diese Derivate zu den Ursachen der Finanzkrise zählten. Demgegenüber begrüßte es Abgeordneter Werner Groiß (V), dass bei der Finanztransaktionssteuer nun etwas weitergehe. Groiß sprach sich dafür aus, Crowdfunding für KMU zu erleichtern, um die Realwirtschaft anzukurbeln.

Abgeordneter Hubert Fuchs (F) begrüßte Maßnahmen gegen Steuerbetrug und Steuerhinterziehung, sah Österreich im Steuerwettbewerb mit Deutschland aber in der Defensive und machte darauf aufmerksam, dass die angekündigten 550 SteuerprüferInnen kein zusätzliches Personal darstellten, sondern Nachbesetzungen. Mehr Experten brauche das Ressort nicht nur bei Großbetriebsprüfungen, sondern auch in der Legistik, sagte Fuchs.

Abgeordneter Bruno Rossmann (G) fragte, ob die von Spindelegger genannten zusätzlichen Maßnahmen zur Einhaltung des Stabilitätspfades als Ankündigung eines weiteren Sparpakets zu verstehen seien. Die jüngste europäische Einigung zur Finanztransaktionssteuer sah Rossmann als eine "Bankrotterklärung" und drängte auf Nachbesserungen. Sein Fraktionskollege Werner Kogler räumte zwar ein, dass auch eine Finanztransaktionssteuer für Aktien und einige Derivate Investitionen in die Realwirtschaft gegenüber Spekulationen begünstige, kritisierte die Formulierung "einige Derivate" aber als "lau" und sah in der EU-Einigung "mehr Löcher als Käse". Dem Finanzminister riet er zu einer schärferen öffentlichen Auseinandersetzung mit jenen Lobbies, die die Finanztransaktionssteuer verwässern wollen.

Abgeordneter Rainer Hable (N) zeigte sich besorgt wegen der Möglichkeit, eine Finanztransaktionssteuer, die nur von einigen Staaten eingeführt werde, zu umgehen, und befürchtete Nachteile für den Kapitalmarkt, wenn die Finanztransaktionssteuer nicht mehr sei als eine Aktiensteuer. Auch Hable verlangte Auskunft über konkrete Reformschritte für eine nachhaltige Budgetentwicklung.

Spindelegger: Kein neues Sparpaket, aber Nachschärfungen
Finanzminister Michael Spindelegger informierte Abgeordneten Elmar Podgorschek (F), dass eine Schätzung der Einnahmen aus der Finanztransaktionssteuer noch nicht möglich sei. Abgeordnetem Johannes Jarolim (S), der sich für den Kampf gegen Steuerhinterziehungen, für die Abschöpfung illegaler Vermögen in der organisierten Kriminalität und für fünf zusätzliche Planstellen in der Justiz aussprach, teilte der Finanzminister mit, er stimme solche Maßnahmen mit der Justiz ab.

Beim Thema Regulierung der Finanzmärkte berichtete der Minister über die Beschränkung des CDS-Handels auf reguläre Plattformen und bezeichnete es als unrealistisch, den Hochfrequenzhandel von Österreich oder der EU aus verbieten zu wollen. Befürchtungen des Abgeordneten Robert Lugar (T), die Zinsen würden steigen, zerstreute Spindelegger mit dem Hinweis darauf, dass die EZB derzeit nicht vor steigenden Zinsen warne und Österreich Anleihen zu historisch niedrigen Zinsen begebe. Grenzüberschreitende Besteuerungsprobleme sollen durch eine neue Mutter-Tochter-Richtlinie gelöst werden.

Beim Kampf gegen die Steuerhinterziehung setzt Spindelegger auf die Nachbesetzung von 550 frei werdenden Steuerprüferstellen, auf die Fortsetzung der Übernahme von Personal aus anderen Bundesdienststellen sowie darauf, die Beamten im Zuge einer Aufgabenkritik von weniger wichtigen Aufgaben zu entlasten.

Abgeordnetem Hubert Fuchs (F) erläuterte der Ressortleiter, dass die Gruppenbesteuerung auf Länder beschränkt wurde, mit denen Amtshilfeübereinkommen bestehen.

Der Kritik an der Finanztransaktionssteuer-Vereinbarung hielt Minister Spindelegger entgegen, bei dieser Vereinbarung handle es sich um ein wichtiges Signal in die richtige Richtung, für das Österreich initiativ geworden sei. Er erinnerte daran, dass er sich dafür eingesetzt habe, alle Derivate in die Besteuerung einzubeziehen. Das sei wegen unterschiedlicher Auffassungen verschiedener Mitgliedsländer aber nicht möglich gewesen.

Österreich wird im Juni aus dem Verfahren wegen eines übermäßigen Defizites ausscheiden. Mit der Kommission sei aber noch über zusätzliche Maßnahmen zur Erfüllung struktureller Kommissionsvorschläge zu sprechen. Diese zusätzlichen Maßnahmen zählen zu den Reformen, die die einzelnen Ressorts im Rahmen des Budgets setzen müssen. Er stelle kein Sparpaket in Aussicht, wolle aber noch nachschärfen, präzisierte der Finanzminister.

Die Finanztransaktionssteuer sei kein Verbot, wohl aber eine Steuer mit Steuerungswirkung. Sie mache es etwa attraktiver, per Crowdfunding in KMU zu investieren statte in Swaps. Crowdfunding sah Spindelegger als Finanzierungsalternative für KMU positiv, merkte aber an, dass das Problem des Anlegerschutzes zu lösen sei. Über die Anrechnung der Beiträge von Banken zum europäischen Abwicklungsfonds auf die Bankenabgabe werde mit den Banken zu sprechen sein, sagte der Finanzminister. Die Vorsorge für die Einlagensicherung liege schon jetzt bei den Banken, sagte Spindelegger.

Die Zinsenrichtlinie soll ab 2017 umgesetzt werden, Drittstaaten sollen auf der Ebene der OEZD in den automatischen Informationsaustausch einbezogen werden. – Der Bericht wurde mit SPÖ-ÖVP-Mehrheit zur Kenntnis genommen.

Der Katastrophenfonds im Hochwasser- und Dürrejahr 2013
Der Zehnte Bericht des Bundesministers für Finanzen über die Gebarung des Katastrophenfonds in den Jahren 2012 und 2013 fand einhellige Akzeptanz. Er dokumentiert Auszahlungen des Katastrophenfonds im Jahr 2012 von 319,199 Mio. € zur Behebung katastrophenbedingter Schäden. Für die Vorbeugung gegen künftige Hochwasser- und Lawinenschäden wurden insgesamt 231,148 Mio. € eingesetzt, für Feuerwehrgeräte 34,127 Mio. € und für Hagelversicherungsprämien 18,874 Mio. €. Für die Behebung von Schäden an "Landesstraßen B" wurden 2012 1,6 Mio. € aufgewendet.

Im Jahr 2013 verfügte der Katastrophenfonds über eine Rücklage von 29,007 Mio. € und Einzahlungen von 446,52 Mio. €. Wegen des Hochwassers im Juni 2013 konnte der Fonds seine Auszahlungen nicht aus laufenden Einzahlungen decken. Daher stockte die Regierung den Ertragsanteil aus der KöST um 24,282 Mio. € auf. Zudem beschloss der Nationalrat eine Erhöhung der Mittel im Rahmen des Finanzausgleichs um 47,5 Mio. €.

In der Debatte zeigte sich Finanzminister Spindelegger mit ÖVP-Abgeordnetem Hermann Schultes gemeinsam erfreut über zusätzliche Mittel für die Feuerwehren und dankte seinerseits für den Einsatz der freiwilligen HelferInnen bei der Bewältigung der Hochwasserkatastrophe 2013.

Von den Abgeordneten Ruperta Lichtenecker (G) und Carmen Gartelgruber (F) auf unterschiedliche Vorgangsweisen der Bundesländer bei der Schadensabgeltung nach Naturkatastrophen angesprochen, kündigte der Ressortleiter Gespräche mit den Ländern an. Es gehe ihm um einheitliche Best-practice-Standards. Beim Vorschlag, die Mehrwertsteuerpflicht bei Ersatzinvestitionen für Hochwasseropfer aufzuheben, äußerte der Minister rechtliche Bedenken. Eine Diskussion über Änderungen bei der Finanzierung des Katastrophenfonds nach dem Motto "weniger Lohn- und Einkommensteuer – mehr Grundsteuer" sei möglich, sagte Spindelegger Abgeordnetem Johannes Jarolim (S), er erwarte sich dabei aber Widerstand von Städten und Gemeinden.

Erfolge im Kampf gegen Produktpiraterie
Der Produktpirateriebericht 2013 des Bundesministers für Finanzen dokumentiert einmal mehr den enormen Schaden, den Produktpiraten der europäischen und der heimischen Wirtschaft mit gefälschten Sportartikeln, Bekleidung, Schuhen, Kosmetik- und Hygieneprodukten, Uhren, Mobiltelefonen, technischen Ausrüstungen und Elektrogeräten zufügen. 76 Millionen EuropäerInnen erzeugen in Unternehmen, die auf den Schutz ihres geistigen Eigentums angewiesen sind, Güter im Wert von 4,7 Billionen Euro oder 39% des EU-BIP; 90 % des EU-Außenhandels entfallen auf schutzrechtsintensive Wirtschaftszweige. Produktpiraten gefährden aber vor allem auch Sicherheit und Gesundheit der Menschen, denn 25% der aufgegriffenen Fälschungen sind Medikamentenplagiate.

Im Kampf der Zollbehörden zum Schutz von VerbraucherInnen, Wirtschaft und geistigen Eigentumsrechten spielt die Aufklärung der KonsumentInnen, insbesondere über die Gefahren des Internethandels, eine zentrale Rolle. Österreich nimmt am EU-Aktionsplan 2013 bis 2017 gegen die Produktpiraterie und am global geführten Kampf der Staatengemeinschaft gegen Produktfälschungen teil. Im Juni 2013 gingen 100 Länder bei der Aktion "Pangea VI" gemeinsam gegen den Verkauf illegaler Medikamente im Internet vor. Das Zollamt Wien kontrollierte 2.000 Briefe und Pakete und griff 36 Sendungen mit 4.140 illegalen Medikamenten auf.

Abgeordneter Jan Krainer (S) unterstrich die Bedeutung des Themas, begrüßte verstärke Aufgriffe und plädierte dafür, auch den Handel mit Markenfälschungen per Straße und Bahn stärker zu überwachen. Krainers Antrag, den Bericht auch im Plenum zu debattieren, fand mehrheitliche Zustimmung, Kritik an der Plenardebatte kam von Abgeordnetem Hubert Fuchs (F), der andere Themen für wichtiger hielt.

Der Aussage des Abgeordneten Johannes Jarolim (S), der Zoll hinke am Flughafen Wien beim Kampf gegen Produktpiraterie nach und brauche mehr Personal, trat Bundesminister Spindelegger mit ausdrücklichem Lob der ZollmitarbeiterInnen entgegen. Die Probleme mit dem Import von Produktfälschungen aus China, die Abgeordneter Robert Lugar (T) ansprach, habe er bereits als Außenminister mit seinem chinesischen Amtskollegen erörtert, teilte Spindelegger mit.

Neue Handlungsmöglichkeiten der FMA bei Vorsorgekassen
Änderungen im Betrieblichen Mitarbeiter- und Selbständigenvorsorgegesetz und im Versicherungsaufsichtsgesetz ermöglichen es der Finanzmarktaufsicht (FMA), eine Veranlagungsgemeinschaft per Bescheid auf eine andere Vorsorgekasse zu übertragen, wenn eine betriebliche Vorsorgekasse aufgelöst, die Konzession zurückgenommen oder zurückgelegt oder ein Konkurs eröffnet wird. Änderungen im Versicherungsaufsichtsgesetz dienen der Vorbereitung auf die Umsetzung der EU-Richtlinie "Aufnahme und Ausübung der Versicherungs- und Rückversicherungstätigkeit - Solvabilität II". Diese Richtlinie zielt auf ein neues risikoorientiertes Aufsichtsregime für Versicherungen und Rückversicherungen ab 1. Jänner 2016 ab. Der vorgelegte Entwurf stellt noch nicht die Rechtsgrundlage zur Umsetzung von "Solvabilität II" dar, er regelt vielmehr die strukturierte Vorbereitung auf deren Umsetzung. Nach den "Leitlinien der Europäischen Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung (EIOPA)" sollen Aufsichtskollegien eingerichtet, Koordinierungsvereinbarungen getroffen und Notfallpläne erstellt werden.

Auswirkungen des neuen Versicherungsaufsichtssystems auf die Unternehmen seien noch nicht prognostizierbar, teilte der Minister Abgeordnetem Bruno Rossmann (G) auf dessen Frage hin mit.

FPÖ für Senkung der Lohnsteuer …
Schließlich legte Abgeordneter Hubert Fuchs (F) dem Finanzausschuss einen FPÖ-Antrag vor, der die Kaufkraft durch mehr Einkommen für die Menschen stärken soll. Verlangt wird eine Senkung der Lohnsteuer durch Reduktion des Eingangssteuersatzes von 36,5% auf 25% und die Anwendung des Steuersatzes von 50% erst ab einem Einkommen von 80.000 Euro ( 69/A(E)). Die aktuelle Finanz- und Wirtschaftskrise erfordere eine Entlastung von Mittelstand und Arbeitnehmern, weil die Realeinkommen kaum noch steigen und die jährliche Inflation über den Lohnsteigerungen liege, argumentieren die Freiheitlichen. – Der Antrag wurde auf Vorschlag des Abgeordneten Hermann Lipitsch (S) mit der Mehrheit von SPÖ und ÖVP vertagt.

Diese Vertagung rief heftige Kritik bei den Oppositionsabgeordneten Bruno Rossmann (G), Rainer Hable (N) und Robert Lugar (T) hervor, die es nicht für verständlich hielten, Anträge zu vertagen, die auch von Abgeordneten der Regierungsparteien teilweise begrüßt werden und mit dem Regierungsübereinkommen übereinstimmen.

… und für Steuererleichterungen für Klein- und Mittelbetriebe
Ebenso vertagt wurde eine Initiative des Abgeordneten Bernhard Themessl (F). Der Mandatar zeigt sich besorgt wegen der schlechten Finanzierungsbedingungen und wegen der Belastung heimischer Klein- und Mittelbetriebe (KMU) durch Steuern und Abgaben. Themessls Entschließungsantrag ( 73/A(E)) fordert Steuererleichterungen für KMU sowie eine Senkung der Lohnnebenkosten und die Verpflichtung staatlich subventionierter Banken, leistbare Kredite für heimische Unternehmen zu gewähren bzw. alternative Finanzierungsformen auszubauen. Streichung von Leasingvertragsgebühr, Gesellschaftsteuer und Zwangsbeiträgen, Bürokratieabbau und erleichterte Betriebsübergaben lauteten weiter FPÖ-Forderungen. - Die Vertagung erfolgte mit SPÖ-ÖVP-Mehrheit auf Vorschlag des Abgeordneten Werner Groiß (V), der auf bereits eingesetzte Arbeitsgruppen zum Thema hinwies.

 

 

 

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