Steigende Zuversicht im Euro-Raum
 trotz Deflation in einigen Ländern

 

erstellt am
07. 05. 14
11.30 MEZ

Wien (wifo) - In den USA stagnierte die Wirtschaftsleistung im I. Quartal 2014, in Großbritannien hielt der Aufschwung an, in Spanien gewann die Konjunktur an Schwung. Der Anhebung des Mehrwertsteuersatzes in Japan gingen umfangreiche Vorziehkäufe voraus. Chinas Währung wertete merklich ab, aus Russland und der Ukraine wurde verstärkt Kapital abgezogen. Im März verzeichneten fünf Euro-Länder einen Rückgang des Verbraucherpreisindex, in Österreich wirkten Steuererhöhungen preistreibend. Die Produktionserwartungen für die kommenden Monate gaben leicht nach, die Reform der Normverbrauchsabgabe löste Vorziehkäufe an Pkw aus. Der Wintertourismus verlief bisher schwach. Konjunkturbedingt stieg die saisonbereinigte Arbeitslosenquote im April weiter und erreichte einen Höchstwert von 8,3%.

In den USA brachen die Investitionen und die Exporte im I. Quartal 2014 ein, der private Konsum wuchs aber anhaltend robust, sodass das reale BIP insgesamt stagnierte. Die Arbeitslosenquote verringerte sich im April spürbar auf 6,3%. Japan verzeichnete im I. Quartal ein erhebliches Handelsbilanzdefizit. Der Mehrwertsteuererhöhung von 5% auf 8% mit 1. April gingen im März umfangreiche Vorziehkäufe an langlebigen Konsumgütern voraus.

In China wertete die Währung heuer erstmals seit der Dollaranbindung 1994 spürbar ab. Ob dies Ausdruck einer Zunahme des Investorenmisstrauens angesichts einsetzender Zahlungsausfälle ist oder auf Devisenmarktinterventionen der Zentralbank zurückgeht, um die Marktstimmung im Vorfeld der Lockerung des Fixkursregimes im März zu beeinflussen, ist ungewiss. Mit der massiven Zinssatzanhebung der türkischen Zentralbank Ende Jänner und der Verlagerung der Aufmerksamkeit der Finanzmarktakteure auf den Krisenherd in Osteuropa nahm die Kapitalflucht aus asiatischen Schwellenländern vorläufig ab. Zuletzt wurde vor allem aus Russland und der Ukraine Kapital abgezogen.

In der EU erreichen viele Stimmungsindikatoren ihre bislang höchsten Werte seit der Wirtschaftskrise, in Spanien gewann die Konjunktur im I. Quartal an Schwung, und in Großbritannien hielt der Aufschwung an. Der milde Winter stimulierte die Bauwirtschaft. Im aktuellen Niedrigzinsumfeld kann sich Portugal nach Auslaufen des Hilfsprogramms zu günstigen Konditionen an den Kapitalmärkten refinanzieren.

Allerdings häuften sich deflationäre Tendenzen im Euro-Raum; sie hängen eng mit der teils hohen Unterauslastung zusammen. Im März lagen die Preise in fünf Euro-Ländern unter dem Vorjahresniveau. Österreich ist davon nicht betroffen. Neben der höheren Kapazitätsauslastung trugen hier auch verschiedene Steuererhöhungen zum Preisauftrieb bei.

Laut WIFO-Konjunkturtest entwickelte sich die Einschätzung der aktuellen Lage stabil, die Erwartungen für die kommenden Monate trübten sich aber ein, insbesondere in der konjunktursensiblen Sachgütererzeugung. Das Konsumentenvertrauen blieb zuletzt verhalten. Die Reform der Normverbrauchsabgabe hatte Vorziehkäufe an Pkw zur Folge. Das sehr milde Wetter und der späte Ostertermin belasteten den Wintertourismus. Im April ließen die Unterauslastung der Kapazitäten und die rasche Ausweitung des Arbeitskräfteangebotes die saisonbereinigte Arbeitslosenquote auf einen neuen Höchstwert von 8,3% steigen.

Periodenvergleiche
Zeitreihenvergleiche gegenüber der Vorperiode, z. B. dem Vorquartal, werden um jahreszeitlich bedingte Effekte bereinigt. Dies schließt auch die Effekte ein, die durch eine unterschiedliche Zahl von Arbeitstagen in der Periode ausgelöst werden (etwa Ostern). Im Text wird auf "saison- und arbeitstägig bereinigte Veränderungen" Bezug genommen.

Die Formulierung "veränderte sich gegenüber dem Vorjahr . . ." beschreibt hingegen eine Veränderung gegenüber der gleichen Periode des Vorjahres und bezieht sich auf unbereinigte Zeitreihen.

Die Analyse der saison- und arbeitstägig bereinigten Entwicklung liefert genauere Informationen über den aktuellen Konjunkturverlauf und zeigt Wendepunkte früher an. Die Daten unterliegen allerdings zusätzlichen Revisionen, da die Saisonbereinigung auf statistischen Methoden beruht.

Wachstumsüberhang
Der Wachstumsüberhang bezeichnet den Effekt der Dynamik im unterjährigen Verlauf (in saisonbereinigten Zahlen) des vorangegangenen Jahres (t0) auf die Veränderungsrate des Folgejahres (t1). Er ist definiert als die Jahresveränderungsrate des Jahres t1, wenn das BIP im Jahr t1 auf dem Niveau des IV. Quartals des Jahres t0 (in saisonbereinigten Zahlen) bleibt.

Durchschnittliche Veränderungsraten
Die Zeitangabe bezieht sich auf Anfangs- und Endwert der Berechnungsperiode: Demnach beinhaltet die durchschnittliche Rate 2005/2010 als 1. Veränderungsrate jene von 2005 auf 2006, als letzte jene von 2009 auf 2010.

Reale und nominelle Größen
Die ausgewiesenen Werte sind grundsätzlich real, also um Preiseffekte bereinigt, zu verstehen. Werden Werte nominell ausgewiesen (z. B. Außenhandelsstatistik), so wird dies eigens angeführt.

Produzierender Bereich
Diese Abgrenzung schließt die NACE-2008-Abschnitte B, C und D (Bergbau und Gewinnung von Steinen und Erden, Herstellung von Waren, Energieversorgung) ein und wird hier im internationalen Vergleich verwendet.

Inflation, VPI und HVPI
Die Inflationsrate misst die Veränderung der Verbraucherpreise gegenüber dem Vorjahr. Der Verbraucherpreisindex (VPI) ist ein Maßstab für die nationale Inflation. Der Harmonisierte Verbraucherpreisindex (HVPI) ist die Grundlage für die vergleichbare Messung der Inflation in der EU und für die Bewertung der Preisstabilität innerhalb der Euro-Zone ( siehe auch http://www.statistik.at/ ).

Die Kerninflation als Indikator der Geldpolitik ist nicht eindeutig definiert. Das WIFO folgt der gängigen Praxis, für die Kerninflation die Inflationsrate ohne die Gütergruppen unverarbeitete Nahrungsmittel und Energie zu verwenden. So werden knapp 87% der im österreichischen Warenkorb für den Verbraucherpreisindex (VPI 2010) enthaltenen Güter und Dienstleistungen in die Berechnung der Kerninflation einbezogen.

WIFO-Konjunkturtest und WIFO-Investitionstest
Der WIFO-Konjunkturtest ist eine monatliche Befragung von rund 1.500 österreichischen Unternehmen zur Einschätzung ihrer aktuellen und künftigen wirtschaftlichen Lage. Der WIFO-Investitionstest ist eine halbjährliche Befragung von Unternehmen zu ihrer Investitionstätigkeit ( http://www.konjunkturtest.at/ ). Die Indikatoren sind Salden zwischen dem Anteil der positiven und jenem der negativen Meldungen an der Gesamtzahl der befragten Unternehmen.

Arbeitslosenquote
Österreichische Definition: Anteil der zur Arbeitsvermittlung registrierten Personen am Arbeitskräfteangebot der Unselbständigen. Das Arbeitskräfteangebot ist die Summe aus Arbeitslosenbestand und unselbständig Beschäftigten (gemessen in Standardbeschäftigungsverhältnissen). Datenbasis: Registrierungen bei AMS und Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger.

Definition gemäß ILO und Eurostat: Als arbeitslos gelten Personen, die nicht erwerbstätig sind und aktiv einen Arbeitsplatz suchen. Als erwerbstätig zählt, wer in der Referenzwoche mindestens 1 Stunde selbständig oder unselbständig gearbeitet hat. Personen, die Kinderbetreuungsgeld beziehen, und Lehrlinge zählen zu den Erwerbstätigen, nicht hingegen Präsenz- und Zivildiener. Die Arbeitslosenquote ist der Anteil der Arbeitslosen an allen Erwerbspersonen (Arbeitslose plus Erwerbstätige). Datenbasis: Umfragedaten von privaten Haushalten (Mikrozensus).

Definition der Arbeitslosenquote
Personen in Schulungen: Personen, die sich zum Stichtag in AMS-Schulungsmaßnahmen befinden. Für die Berechnung der Arbeitslosenquote wird ihre Zahl weder im Nenner noch im Zähler berücksichtigt.

Unselbständig aktiv Beschäftigte: Zu den "unselbständig Beschäftigten" zählen auch Personen, die Kinderbetreuungsgeld beziehen, sowie Präsenzdiener mit aufrechtem Beschäftigungsverhältnis. Zieht man deren Zahl ab, so erhält man die Zahl der "unselbständig aktiv Beschäftigten".

 

 

 

zurück

 

 

 

 

Die Nachrichten-Rubrik "Österreich, Europa und die Welt"
widmet Ihnen der
Auslandsösterreicher-Weltbund

 

 

 

Kennen Sie schon unser kostenloses Monatsmagazin "Österreich Journal" in vier pdf-Formaten? Die Auswahl finden Sie unter http://www.oesterreichjournal.at