Industrie: Europa und seine Industrie stärken

 

erstellt am
06. 05. 14
11.30 MEZ

IV-Präsident Kapsch: EU Grundlage unseres Wohlstandes – Industrialisierung vorantreiben und nicht mit falschen Maßnahmen konterkarieren
Wien (pdi) „Die Europäische Union ist das weltweit größte Friedensprojekt und eine Erfolgsgeschichte: Gerade Österreich hat besonders profitiert, die europäische Einigung ist die Basis für Wohlstand und Arbeitsplätze sowie für Frieden und Sicherheit. Und sie hilft den Menschen, Geld zu sparen“, so der Präsident der Industriellenvereinigung (IV), Mag. Georg Kapsch, am 05.05. im Rahmen einer gemeinsamen Pressekonferenz mit IV-Generalsekretär Mag. Christoph Neumayer anlässlich der Wahl zum Europäischen Parlament. Österreich habe der EU-Beitritt unter anderem mehr Unternehmensgründungen und Auslandsinvestitionen, mindestens 260.000 neue Jobs und Jahr für Jahr ein um einen halben Prozentpunkt höheres Wirtschaftswachstum als dem Durchschnitt des Euroraums beschert. Darüber hinaus sei die Inflation geringer als in Schilling-Zeiten und mit dem Euro sei Österreich in eine starke, globale Weltwährung eingebettet. „Dies sind nur einige wenige greifbare Vorteile, die uns die Union gebracht hat. Die EU darf daher auch in der heimischen Politik nicht nur in Zeiten des EU-Wahlkampfs im Zentrum stehen“, so Kapsch. 2014 sei ein „Jahr der wichtigen Weichenstellungen“, sowohl in Europa als auch Österreich müssten die richtigen Entscheidungen getroffen werden. „Europa verliert als gesamter Wirtschaftsraum in Relation zu anderen Regionen wie den USA oder China kontinuierlich an Boden. Allein in den vergangenen sechs Jahren sind in Europa bis zu sechs Millionen Arbeitsplätze verloren gegangen“, so der IV-Präsident.

Mehr Wettbewerbsfähigkeit sei somit das Gebot der Stunde, dafür „brauchen die Unternehmen mehr Freiheit, ohne diese werden alle Maßnahmen und Programme der EU keine Wirkung entfalten können", so Kapsch. „Wir müssen daher dringend die Industrie als wirtschaftliches Rückgrat Europas stärken.“ Dies vor dem Hintergrund eines stärker werdenden internationalen Wettbewerbs. „Die Steuerbelastung in Europa ist nahezu 50 Prozent höher als in den USA, die Energiekosten in den Vereinigten Staaten gleichzeitig bei rund einem Viertel jener in Österreich. Wir verlieren den Anschluss bei Forschung und Entwicklung, die Arbeitslosigkeit hat inakzeptable Höhen erreicht und die Überschuldung ist zukunftsfeindlich“, betonte Kapsch. Ein weiteres Problem für die Industrie seien zudem die „selbstauferlegten Belastungen durch überzogene Klima- und Energieziele“. Bei diesen müsse Europa dringend auf Konditionalität pochen: „Wenn andere Weltregionen nicht den gleichen Regeln unterworfen sind wie Europa, dann schadet das dem Klima und kostet gleichzeitig europäische Arbeitsplätze.“

Neumayer präsentiert neues Ranking – „Innerhalb Europas von den Besten lernen“
In ganz Europa solle man sich daher in einzelnen Politikfeldern jeweils am stärksten Land als Benchmark orientieren, betonte Christoph Neumayer. Als Basis für Vergleiche legte der IV- Generalsekretär die ersten vollständigen Ergebnisse des neuen „IV-Reform-Benchmarkings“ in den Aktionsfeldern „Steuern und Staatsfinanzen“ sowie „Bildung und Innovation“ vor. „Im ersten Aktionsfeld lassen sich die EU-Staaten in vier verschiedene Cluster einteilen. Österreich ist hier in einer Gruppe mit Luxemburg, Finnland, Schweden und Dänemark – wir gehören damit klar zu den Höchststeuerländern“, so Neumayer. Im Detail zeige sich, „dass Österreich ganz am Ende der fünf Länder steht. Anders als in Schweden verstehen wir es leider nicht, die Chancen und Potenziale unseres Steuersystems maximal zu nutzen“, so Neumayer. Es brauche keine radikale Neuorientierung – z.B. in Richtung Flat-Tax-System – aber dringend eine umfassende Steuerstrukturreform mit verpflichtenden Meilensteinen bei der Umsetzung. „Die Folgen von Fehlentscheidungen – derzeit unter anderem die partielle Rücknahme der Gruppenbesteuerung – wirken jahrzehntelang nach. Das ist mit ein Grund, warum wir seitens der Industrie stark darauf drängen, Vertrauenskapital für den Industriestandort Österreich wieder aufzubauen.“

Konkreter Handlungsbedarf in eben diese Richtung sei auch das Aktionsfeld „Bildung und Innovation“, so der Generalsekretär: „Wir gehören hier zur zweiten Gruppe, den ‚Innovation followers‘ – hier werden Reformen im bestehenden System nicht mehr reichen. Um zum exzellenten skandinavischen System aufzuschließen braucht es geradezu einen Quantensprung.“ Dies treffe insbesondere auf das Bildungssystem zu. Erst wenn eine solche grundlegende bildungspolitische Reform in ihren Eckpunkten definiert sei, ließe sich ein Großteil der derzeit diskutierten Themen, wie etwa das Lehrerdienstrecht, sinnvoll abhandeln.

Mehr Sachlichkeit in politischer Diskussion
„Weniger Emotionalität und Rückkehr zu einer neuen Sachlichkeit“ müsse in Österreich die Devise lauten: „Dies gilt selbstverständlich auch für europäische und internationale Themen, bestes Beispiel ist derzeit das Freihandelsabkommen TTIP.“ Dieses könne – richtig umgesetzt – eine Chance für beide Partner für mehr Wachstum und Arbeitsplätze sein, wie Kapsch betonte: „Dazu brauchen wir aber eine sachliche Diskussion und keine populistisch motivierte Panikmache.“ Auch mit Blick auf die EU selbst – „auch als überzeugter Europäer muss man nicht alles an der EU ideal finden“, so Kapsch – müsse nach der Europa-Wahl konsequent an den Weichenstellungen für die nächsten Jahre gearbeitet werden.

Industriepakt für Europa schnüren
Die IV hat gemeinsam mit dem europäischen Industrie- und Arbeitgeberverband BUSINESSEUROPE Forderungen für einen „Industrial Compact“, einen EU-Industriepakt, vorgelegt. Dieser Industriepakt umfasst folgende Maßnahmen

  • die Einrichtung eines jährlichen Gipfels der Staats- und Regierungschefs zur Industriepolitik,
  • die Einrichtung einer „Koordinierungsgruppe für industrielle Wettbewerbsfähigkeit“ in der EU-Kommission unter Vorsitz des Industriekommissars,
  • flächendeckende und verpflichtende Anwendung von Wettbewerbschecks von EU-Initiativen,
  • die Aufwertung des Wettbewerbsfähigkeits-Rats innerhalb der Rats-Formationen und
  • die Inkludierung von Belangen der industriellen Wettbewerbsfähigkeit in das „Europäische Semester“.


„Wenn wir in Europa und Österreich unsere Wettbewerbsfähigkeit und damit Arbeitsplätze und Wohlstand halten bzw. ausbauen wollen, dann sind grundlegende Reformen auf allen Ebenen unabdingbar“, betonte der IV-Präsident. Von der österreichischen Bundesregierung und den zu wählenden österreichischen Abgeordneten der europäischen Parteien erwartet sich die Industriellenvereinigung die Umsetzung dieser Maßnahmen. „Wer Beschäftigung und Wohlstand will, wer das europäische Lebensmodell abgesichert haben will, der braucht eine starke und wettbewerbsfähige Realwirtschaft in Europa und dazu braucht es eine umfassende, neue Industriepolitik“, so Kapsch.

 

 

 

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