Neue Erkenntnisse in der Hirnforschung
 beim Weltkongress Musiktherapie

 

erstellt am
16. 05. 14
11.30 MEZ

Krems (fh) - Von 7. bis 12. Juli 2014 diskutieren rund 1.000 internationale ExpertInnen am 14. Weltkongress der Musiktherapie an der IMC FH Krems unter dem Gesichtspunkt der "kulturellen Diversität" die Zukunft der Musiktherapie. Im Mittelpunkt stehen die national und international brennendsten Themen: die PatientInnenorientierung, die Überwindung der Kluft zwischen Forschung und Praxis sowie die Frage, wie Musiktherapie wirkt. Auf Letzteres gibt nun eine neue IMC FH Krems-Studie Antwort. Jene Wachkoma-PatientInnen, die zusätzlich zu herkömmlichen Therapien Musiktherapie über einen Zeitraum von fünf Wochen erhalten hatten, zeigten eine deutlich höhere Gehirnaktivität von 34 Prozent als Wachkoma-PatientInnen ohne zusätzliche Musiktherapie mit einer Gehirnaktivitätssteigerung von nur 4 Prozent.

Niederösterreich hat schon vor vielen Jahren das große Potenzial der Musiktherapie als Unterstützung im Heilungsprozess erkannt und hier eine internationale Vorreiter- und Vorbildfunktion eingenommen. "Die Auswahl der IMC FH Krems als Veranstaltungsort für den Weltkongress der Musiktherapie ist eine wichtige Bestätigung und Anerkennung für die hohe Qualität der Forschung und Lehre in Niederösterreich", freut sich Landeshauptmann-Stellvertreter Mag. Wolfgang Sobotka.

Derzeit werden in zehn Niederösterreichischen Landeskliniken (Allentsteig, Amstetten, Hochegg, Hollabrunn, Mauer, Mistelbach, Gänserndorf, St. Pölten, Tulln, Wr. Neustadt, Zwettl) Musik-therapeutInnen erfolgreich in den Bereichen Intensivmedizin, Neonatologie, Palliativpflege und Krebstherapie eingesetzt. Ein weiterer Bereich ist die Jugendpsychiatrie. Forschung und Praxis arbeiten hier Hand in Hand, indem aktuelle Forschungsthemen der IMC FH Krems auch in den Klinikalltag einfließen. "Unser Ziel ist es, die wissenschaftliche Auseinandersetzung und die evidenzbasierte Umsetzung von Musiktherapie in der medizinischen Praxis voranzutreiben", betont Landeshauptmann-Stellvertreter Mag. Wolfgang Sobotka.

PatientInnen stehen im Mittelpunkt
"PatientInnen sollen die Möglichkeit haben, sich - wo immer möglich - aktiv mitgestaltend an der Therapie beteiligen zu können", fordert FH-Prof. Priv.-Doz. Mag. Dr. Gerhard Tucek als Weltkongress-Präsident und IMC FH Krems-Forschungsbereichsleiter Department Health Sciences sowie Studiengangsleiter "Musiktherapie". "Im Sinne einer Weiterentwicklung des Gesundheitssystems gilt es heute, den PatientInnen eine Stimme zu geben und neben einer exzellenten körperlichen Behandlung auch auf die psychische Befindlichkeit einzugehen. Ziel ist es, den PatientInnen die Möglichkeit zu eröffnen, aus der Rolle der 'geduldig Wartenden' herauszutreten und sie zu aktiv am Heilungsprozess Mitwirkenden zu machen", so Tucek. Die Musiktherapie stellt den Menschen in den Mittelpunkt. Die Hinwendung zum Patienten/zur Patientin ist auch deshalb wichtig, weil ein großer Teil der Wirkung vom Patienten/von der Patientin selbst abhängt.

Neue Ergebnisse bei Wachkoma-PatientInnen: Musiktherapie aktiviert Gehirnzellen
Die oft gestellte Frage, ob und wie Musiktherapie überhaupt wirkt, konnte nun durch neue Studienergebnisse im Bereich der Hirnforschung beantwortet werden. Im Dezember 2012 startete die IMC FH Krems in enger Kooperation mit dem Landesklinikum Hochegg ein zukunftsweisendes Forschungsprojekt: Vier Wachkoma-PatientInnen nach hypoxischen Hirnschäden (Hirnschäden infolge schwersten Sauerstoffmangels im Gehirn) erhielten über einen Zeitraum von fünf Wochen zusätzlich zu Ergo- und Physiotherapien dreimal pro Woche eine Musiktherapie. "Um zu sehen, ob die Musiktherapie wirkt, haben wir einzelne PatientInnen während der Musiktherapie einer PET-Messung (Positronen-Emissions-Tomografie) unterzogen", erklärt Dr. Nikolaus Steinhoff, Ärztlicher Leiter der Intermediate Care Unit-IMCU-Neurologie an der Neurologischen Abteilung im LK Hochegg. Bei der PET-Messung werden mithilfe winziger radioaktiv markierter Tracer und einer speziellen PET-Kamera Stoffwechselvorgänge im Inneren des Körpers sichtbar gemacht.

Auch schwerstbetroffene PatientInnen haben eine Chance
"Zum ersten Mal konnten wir wissenschaftlich darstellen, dass Musiktherapie bei apallischen PatientInnen Auswirkungen auf das Gehirn hat. Die Gehirnaktivitäten jener PatientInnen, die zusätzlich zu Ergo- und Physiotherapien noch eine Musiktherapie im Zeitraum von fünf Wochen erhalten hatten, stiegen um 34 Prozent. Die Gehirnaktivitäten jener PatientInnen, die keine Musiktherapie zusätzlich zu Ergo- und Physiotherapien über fünf Wochen erhalten hatten, verbesserten sich auch, aber deutlich weniger. Dieses Zwischenergebnis ermutigt uns, diese Forschung an der FH in Krems mit mehr PatientInnen und zusätzlich in anderer Form fortzusetzen, denn es bedeutet, dass die PatientInnen mit Musiktherapie mehr von der Behandlung hatten als die mit konventionellen Therapieformen behandelten", so Steinhoff.

Die Frage, ob Musiktherapie Sinn macht, kann laut Steinhoff erstmals durch diese neuen Studienergebnisse im Hirnforschungsbereich bejaht werden: "Es besteht immer eine Chance, auch schwerstbetroffene PatientInnen ins Leben zurückzubringen."

Derzeit gibt es in Österreich 300 eingetragene MusiktherapeutInnen, davon 91 allein in Niederösterreich. Der Gesamtbedarf an zukünftigen Musiktherapie-AbsolventInnen liegt jedoch höher - laut einer Bedarfs-, Akzeptanz- und Kohärenzanalyse (IMC FH Krems & Focus MC) aus dem Jahr 2011 bei ca. 418.

 

 

 

Allgemeine Informationen:
http://www.fh-krems.ac.at
http://www.musictherapyworld.net

 

 

 

 

 

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