Kommission prüft Aussichten von acht
 EU-Ländern auf Euro-Einführung

 

erstellt am
05. 06. 14
11.30 MEZ

…und spricht sich für Beitritt Litauens zum Euroraum 2015 aus
Brüssel (ec) - Die Europäische Kommission hat am 04.06. ihren Konvergenzbericht 2014 veröffentlicht, in dem sie die Aussichten von acht Mitgliedstaaten auf Einführung des Euro bewertet. Diese Länder haben auf dem Weg zur Einführung des Euro unterschiedliche Fortschritte zu verzeichnen, wobei Litauen mit der Erfüllung der Konvergenzkriterien ein besonders gutes Ergebnis erzielt hat.

Nach Ansicht der Kommission sollte der EU-Ministerrat daher einen Beschluss über die Aufnahme Litauens in das Euro-Währungsgebiet zum 1. Januar 2015 fassen. Eine endgültige Entscheidung wird der Rat in der zweiten Julihälfte treffen, sobald die EU-Staats- und Regierungschefs das Thema auf der Tagung des Europäischen Rates am 26. und 27. Juni erörtert haben und auch das Europäische Parlament eine Stellungnahme abgegeben hat.

Hierzu der für Wirtschaft, Währung und den Euro zuständige Kommissionsvizepräsident Olli Rehn: „Dass Litauen nun die Voraussetzungen für die Einführung des Euro erfüllt, ist das Ergebnis einer langjährigen umsichtigen Haushaltspolitik und wirtschaftlicher Reformen. Durch diese Reformen, die auch durch den EU-Beitritt Litauens vor zehn Jahren vorangetrieben wurden, ist der Wohlstand des Landes auf bemerkenswerte Weise gewachsen: Während das Pro-Kopf-BIP im Jahr 1995 nur bei 35 % des Durchschnitts der EU-28 lag, wird es im Jahr 2015 voraussichtlich 78 % erreichen.“

Er fügte hinzu: „Die Teilnahme an der Wirtschafts- und Währungsunion ist nach wie vor ein erstrebenswertes Ziel. Der Euroraum verfügt heute über eine wirksamere wirtschaftspolitische Koordinierung, ein robustes finanzielles Sicherungssystem zum Schutz der Stabilität und seit diesem Jahr auch über eine Bankenunion. Litauen hat sich verpflichtet, an all diesen Elementen teilzunehmen und sie weiter zu stärken. Dank der Anstrengungen der letzten fünf Jahre sind wir heute weit besser für stürmische Zeiten gerüstet als zu Beginn der Krise.“

Keiner der sieben weiteren Mitgliedstaaten, für die eine so genannte Ausnahmeregelung1 gilt (Bulgarien, die Tschechische Republik, Kroatien, Ungarn, Polen, Rumänien und Schweden), erfüllt derzeit alle Kriterien für die Einführung des Euro. Ihre Situation wird daher in zwei Jahren erneut geprüft.


Erfüllung der Konvergenzkriterien in den acht Ländern

Preissteigerung
Die durchschnittliche Inflationsrate Litauens lag im Zwölfmonatszeitraum bis April 2014 mit 0,6 % weit unter dem Referenzwert von 1,7 % und dürfte auch in Zukunft darunter bleiben. Die Analyse der wirtschaftlichen Fundamentalfaktoren und die Tatsache, dass der Referenzwert so deutlich unterschritten wurde, lassen das Ergebnis hinsichtlich des Preisstabilitätskriteriums umso positiver erscheinen.

Neben Litauen entsprechen auch Bulgarien, die Tschechische Republik, Kroatien, Ungarn, Polen und Schweden diesem Kriterium. Rumänien hingegen erfüllt das Kriterium noch nicht.

Öffentliche Finanzen: Staatsverschuldung und Haushaltsdefizit
Ein Beschluss des Rates gemäß Artikel 126 Absatz 6 AEUV über ein übermäßiges Defizit in Litauen liegt nicht vor. Die gesamtstaatliche Defizitquote des Landes sank von 5,5 % im Jahr 2011 auf 2,1 % im Jahr 2013 und wird der Frühjahrsprognose 2014 der Kommission zufolge im Jahr 2014 auf diesem Stand bleiben. Die gesamtstaatliche Schuldenquote lag Ende 2013 bei 39,4 % des BIP und damit weit unter der im Vertrag von Maastricht vorgesehenen Obergrenze.

Dieses Kriterium erfüllen auch Bulgarien, Ungarn, Rumänien und Schweden. Auch die Tschechische Republik entspricht dem Kriterium, sofern der Rat entscheidet, das Defizitverfahren gegen das Land entsprechend dem Kommissionsvorschlag einzustellen. Zwei Mitgliedstaaten (Kroatien und Polen) sind derzeit noch Gegenstand eines Defizitverfahrens und erfüllen das Kriterium daher nicht.

Wechselkursstabilität
Im Rahmen des Wechselkursmechanismus II (WKM II) wird der Wechselkurs eines Mitgliedstaates, der nicht dem Euroraum angehört, gegenüber dem Euro auf einen Leitkurs festgesetzt, von dem er nur innerhalb bestimmter Grenzen (in der Regel um bis zu +/-15 %) abweichen darf. Litauen nimmt seit dem 28. Juni 2004 am WKM II teil.

In dem zweijährigen Bezugszeitraum war der litauische Litas keinen Spannungen ausgesetzt, und es gab keine Abweichung vom Leitkurs des WKM II.

Dieses Kriterium wird von keinem anderen Land erfüllt, da derzeit kein anderer Mitgliedstaat am WKM II teilnimmt.

Langfristige Zinssätze
Der durchschnittliche langfristige Zinssatz lag in Litauen im Zwölfmonatszeitraum bis einschließlich April 2014 bei 3,6 % und damit deutlich unter dem Referenzwert von 6,2 %. Der Zinsabstand zu langfristigen Benchmark-Anleihen des Euroraums hat sich seit 2010 deutlich verringert, was für ein robustes Vertrauen der Märkte in Litauen spricht.

Diesem Kriterium entsprechen auch die übrigen geprüften Länder.

Qualitative Kriterien
Als weitere Faktoren wurden die Zahlungsbilanzentwicklung und die Integration der Arbeits-, Produkt- und Finanzmärkte geprüft. Die Zahlungsbilanz Litauens hat sich in den letzten Jahren stark verbessert, wozu auch die Steigerung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit beigetragen hat. Die litauische Wirtschaft ist über den Handel und die Arbeitsmärkte gut in die EU-Wirtschaft integriert und weist ausländische Direktinvestitionen in substanziellem Umfang auf. Der inländische Finanzsektor ist gut in das EU-Finanzsystem integriert, vor allem dank des hohen Anteils ausländischer Beteiligungen am Bankensystem.

Zudem stehen die litauischen Rechtsvorschriften im monetären Bereich vollständig mit dem EU-Recht im Einklang.

Von den anderen geprüften Ländern weist derzeit nur Kroatien vollständig mit dem EU-Recht konforme Rechtsvorschriften auf.

Die Bewertung der Kommission wird durch den ebenfalls heute veröffentlichten Konvergenzbericht der Europäischen Zentralbank (EZB) ergänzt.

Hintergrund
Litauen ist es über den gesamten Krisenzeitraum hinweg gelungen, einen schwierigen makroökonomischen Anpassungspfad zu verfolgen, so dass die Wirtschaft des Landes nach einer schweren Rezession im Jahr 2009 wieder wächst.

Alle EU-Mitgliedstaaten mit Ausnahme des Vereinigten Königreichs und Dänemarks sind gemäß dem Vertrag zur Einführung des Euro verpflichtet, wenn sie alle Voraussetzungen erfüllen. Achtzehn Länder haben die gemeinsame Währung bereits eingeführt. Somit sind noch acht EU-Staaten (nämlich die „Mitgliedstaaten mit Ausnahmeregelung“) nicht Mitglied des Euroraums.

Gemäß dem EU-Vertrag prüfen die Kommission und die EZB alle zwei Jahre sowie auf Antrag eines EU-Mitgliedstaates, der dem Euroraum beitreten möchte, ob diese Mitgliedstaaten die Voraussetzungen für die Einführung der gemeinsamen Währung erfüllen.

Die Bedingungen für die Einführung des Euro umfassen vier stabilitätsorientierte Kriterien für die Finanzlage der öffentlichen Hand, die Preisstabilität, die Wechselkursstabilität und die Konvergenz der langfristigen Zinssätze. Alle diese Kriterien müssen in nachhaltiger Weise erfüllt sein. Außerdem müssen die nationalen Rechtsvorschriften im monetären Bereich mit dem EU-Vertrag in Einklang stehen.

Dem Vertrag zufolge sind bei der Bewertung noch weitere Faktoren zu berücksichtigen (Zahlungsbilanz, Marktintegration); diese dienen als Indikatoren für eine problemlose Integration des Mitgliedstaats in den Euroraum und sollen ein umfassenderes Bild von der Nachhaltigkeit der Konvergenz vermitteln.

Der Konvergenzbericht 2014 wird durch ein Arbeitspapier der Kommissionsdienststellen ergänzt, in dem die Erfüllung der Voraussetzungen genauer analysiert wird.

 

 

 

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