Wissenschaftsausschuss bringt
 neues ÖH-Gesetz auf den Weg

 

erstellt am
05. 06. 14
11.30 MEZ

Verbesserung der Qualitätssicherung bei grenzübergreifenden Studien in Aussicht
Wien (pk) – Studierende sollen ab 2015 ihre ÖH-Vertretungen wieder bundesweit direkt wählen können. Das sieht der Entwurf für das neue HochschülerInnenschaftsgesetz vor, den der Wissenschaftsausschuss des Nationalrats am 05.06. mehrheitlich verabschiedete. Das Wahlrecht wird dabei auf StudentInnen aller höheren Bildungseinrichtungen, also auch von Fachhochschulen oder Pädagogische Hochschulen, ausgeweitet. Zudem können Studierende aus Nicht-EU-Staaten ebenfalls für die Wahl kandidieren. Die Registrierungsbestimmung für ausländische Studienanbieter in Österreich wird in der Regierungsvorlage geändert, wobei eine mehrheitlich angenommene Ausschussfeststellung die Notwendigkeit weiterer Schritte der Qualitätsverbesserung bei grenzüberschreitenden Studien festhält. Anträge der Grünen zur Regierungsvorlage blieben in der Minderheit.

Ein Entschließungsantrag der FPÖ auf mehr Mittel für die Grundlagenforschung wurden in weiterer Folge ebenso vertagt wie die NEOS-Forderung nach Maßnahmen gegen die Akademikerflucht aus Österreich. Auf mehrheitliche Ablehnung stieß ein Antrag der Freiheitlichen, die Leistungsvereinbarungen zwischen Wissenschaftsministerium und Universitäten auf fünf Jahre auszudehnen.

Bei der Ausschussdebatte über eine Bürgerinitiative gegen zusätzlichen Studienbeschränkungen traten vor allem die unterschiedlichen Einstellungen der Koalitionsparteien zum freien Hochschulzugang zutage. Während die SPÖ klar für den Erhalt der freien Studienentscheidung plädierte, mahnte die ÖVP angesichts begrenzter Ressourcen Studienobergrenzen, besonders bei Massenstudien, ein. Letztendlich einigten sich die Regierungsfraktionen auf die Vertagung der Initiative, unter anderem, um die Evaluierung der Studienfinanzierung als Grundlage für weitere Maßnahmen abzuwarten.

Mitterlehner: ÖH-Gesetz soll Studierendenvertretung stärken
Die Bewertung des Regierungsvorschlags zum neuen Hochschülerinnen- und Hochschülerschaftsgesetz (HSG) durch die sechs Fraktionen fiel im Wissenschaftsausschuss sehr unterschiedlich aus. Einig waren sich Regierungsparteien und Opposition nur darüber, es sei ein demokratiepolitischer Fortschritt, dass die ÖH-Bundesvertretung wieder direkt gewählt werden soll. Derzeit setzt sich ja die Bundes-ÖH aus den stärksten Fraktionen der jeweiligen Universitäts- und Hochschulvertretungen zusammen.

Kritik kam aber von den Grünen, die Vorlage sehe eine unnötige Ausweitung der Kontrolle durch das Ministerium gegenüber der ÖH vor, das Team Stronach beanstandete die automatische ÖH-Mitgliedschaft von Privatunis und die FPÖ bezweifelte die verfassungsmäßige Legitimität einer Kandidatur von Drittstaatenangehörigen bei ÖH-Wahlen an nicht öffentlichen Universitäten. Wissenschaftsminister Reinhold Mitterlehner wies sämtliche Vorhaltungen dezidiert zurück, immerhin sei der Gesetzesentwurf mit allen StudierendenvertreterInnen akkordiert worden. Überdies betreffe die geplante Ausweitung der Aufsichtsrechte seines Ressorts vorrangig das wirtschaftliche Gebaren der ÖH. Politische Intentionen seien damit in keiner Weise verbunden, replizierte er in Richtung Grüne. Deren Wissenschaftssprecherin Sigrid Mauer bezog mit einem Abänderungsantrag gegen eine Ausweitung der bestehenden Kontrollrechte Position; ihrer Meinung nach könne dies zur politisch motivierten Amtsenthebungen von ÖH-Vorsitzenden genutzt werden. Der Antrag fand jedoch bei den anderen Parteien keine Zustimmung und wurde somit abgelehnt. Asdin El Habbassi (V) und Andrea Kuntzl (S) begrüßten wiederum namens ihrer Fraktionen den Gesetzesvorschlag ausdrücklich, wobei die SPÖ-Mandatarin dafür eintrat, im ausgeweiteten Kontrollrecht des Ministeriums nicht gleich einen Anschlag auf die Entscheidungsfreiheit der ÖH zu sehen.

Mit dem Gesetzesentwurf werde im gesamten Hochschulbereich eine homogene und somit gestärkte Studierendenvertretung geschaffen, unterstrich Wissenschaftsminister Mitterlehner. Man komme damit auch dem ausdrücklichen Wunsch der Privatunis nach, richtete er Rouven Ertlschweiger (T) aus. Dieser monierte speziell, ungeachtet vieler positiver Aspekte des Entwurfs würden Privatunis zukünftig darin zur Mitgliedschaft bei der ÖH gezwungen, wodurch sie im internationalen Wettbewerb Nachteile hätten. Im Detail geht aus dem Gesetzesentwurf hervor, dass erstmals Studierende der verschiedenen Einrichtungen für höhere Bildung, also Universitäten, Fachhochschulen, Privatuniversitäten, Pädagogische Hochschulen sowie der Universität für Weiterbildung Krems, einheitliche Vertretungsstrukturen in Form einer Hochschülerinnen- und Hochschülerschaft (ÖH) erhalten. Geplant ist, ÖHs an allen Bildungseinrichtungen mit über 1.000 Studierenden als Körperschaften öffentlichen Rechts zu schaffen, bei kleineren Bildungseinrichtungen würde die Bundesvertretung deren rechtsgeschäftliche Vertretung übernehmen. Das Aufsichtsrecht über die ÖH durch das Wissenschaftsministerium wird laut Vorlage gestärkt, wobei die ÖH-Kontrollkommission Beiratsfunktion haben soll.

Weiters sieht die Vorlage eine Begrenzung der ÖH-Bundesvertretung auf 55 Mitglieder vor. Zentral sei im Vorschlag aber die Direktwahl der Vertretungsmitglieder, hob Mitterlehner hervor. Die Studierenden könnten sich folglich besser mit den KandidatInnen identifizieren, so der Minister, der daraus nicht zuletzt eine höhere Wahlbeteiligung ableitete. Um der traditionell geringen Wahlbeteiligung bei ÖH-Wahlen beizukommen, will die Regierung die Stimmabgabe zudem per Briefwahl ermöglichen. Gerade dieser Punkt missfiel den Freiheitlichen, die bei postalischer Stimmabgabe ein Umgehen der Grundsätze für eine geheime, freie und persönliche Wahl befürchteten, wie Axel Kassegger (F) präzisierte. Bundesminister Mitterlehner hielt dem entgegen, Briefwahlen seien bei zahlreichen Körperschaften, wie etwa dem Nationalrat oder der Abeiterkammer, bereits Normalität, ohne dass hier derartige Bedenken laut würden.

NEOS-Wissenschaftssprecher Nikolaus Scherak lobte an der Regierungsvorlage, darin werde zukünftige allen Studierenden, unabhängig von ihrer Herkunft, das ÖH-Wahlrecht zugestanden. Die Vermutung der FPÖ-Abgeordneten Andreas Karlsböck, Gerhard Deimek und Petra Steger, das passive Wahlrecht von Drittstaatenangehörigen könne zumindest bei Wahlen an Privatuniversitäten dem Staatsgrundgesetz zuwiderlaufen, widersprach Mitterlehner entschieden. Weil Studierende kein öffentliches Amt bekleiden, sei in diesem Zusammenhang deren Staatsbürgerschaft kein Problem.

Eine breite Debatte entspann sich um eine Änderung im Hochschul-Qualitätsgesetz zur Registrierungsverpflichtung ausländischer Studienanbieter, die mit der Regierungsvorlage ebenfalls Fuß fassen soll. Bundesminister Mitterlehner stellte fest, oftmals sei die obligatorische Registrierung von grenzüberschreitenden Studien in Österreich als Qualitätsgütesigel missbraucht worden, daher müsse die Bestimmung neu formuliert werden. Überlegungen dazu liefen gerade, ergänzte Karlheinz Töchterle (V). Mit den Stimmen von SPÖ, ÖVP und FPÖ wurde in einer Ausschussfeststellung das Anliegen deponiert, die Neugestaltung der Registrierungsregelung unter Einbeziehung der Qualitätssicherungsagentur AQ Austria, der Hochschulen sowie Interessenvertretungen zu nutzen, um betroffene Studienangebote qualitativ weiterzuentwickeln.

Vor einer völligen Streichung des Registrierungsverfahrens warnten demgegenüber die Grünen. Einer Qualitätsminderung bei grenzübergreifenden Studien würde dadurch Vorschub geleistet, so ihr Tenor. Sigrid Maurers (G) Abänderungsantrag zur Registrierungsbestimmung fand aber nur Unterstützung bei den NEOS, für ihren Entschließungsantrag auf eine Novelle zur Qualitätssicherung ausländischer Studien stimmten neben den Grünen lediglich FPÖ und NEOS. Beide Vorstöße blieben also in der Minderheit. Nikolaus Scherak (N) führte dabei die bislang ungeklärte Registrierungsfrage als Grund für die NEOS-Ablehnung des gesamten Regierungsvorschlags im Ausschuss an, er behielt sich indes eine Zustimmung seiner Fraktion im Nationalratsplenum vor. Mit den Stimmen von SPÖ und ÖVP machte der Ausschuss die Vorlage für das neue ÖH-Gesetz trotzdem mehrheitlich plenumsreif.

FPÖ: Wissenschaft muss langfristig finanzierbar sein
Um den Universitäten mehr Planungssicherheit zu geben, will FPÖ-Abgeordneter Andreas Karlsböck die Leistungsvereinbarungen zwischen den Hochschulen und dem Bund im Universitätsgesetz künftig auf fünf Jahre abschließen ( 180/A). Mit einer nachhaltigeren Steuervorgabe würde auch die Finanzierung längerfristig sichergestellt, gab er im Ausschuss zu bedenken, die Regierungsfraktionen lehnten seinen Antrag dennoch mehrheitlich ab. Karlheinz Töchterle (V) machte geltend, der bestehende dreijährige Planungszyklus für Universitäten bewähre sich und werde bereits häufig zur universitären Entwicklungsplanung herangezogen. Denn Leistungsvereinbarungen würden sich nicht nur auf die Finanzierungsbelange beschränken.

Darüber hinaus forderte Karlsböck mehr Geld für die Grundlagenforschung. Wenn Österreich das Ziel einer Forschungsquote von 3,76 % bis 2020 erreichen soll, konstatiert der Freiheitliche, müsse dafür ein jährlich um 5% gesteigertes Budget zur Verfügung gestellt werden ( 448 /A(E)). Angesichts des erst kürzlich beschlossenen Forschungsbudgets stellte Töchterle hierzu einen Vertagungsantrag, der mit SPÖ-ÖVP-Mehrheit angenommen wurde. Wissenschaftsminister Reinhold Mitterlehner meinte, tatsächlich gebe es bei der Dotierung der Grundlagenforschung keine Verschlechterung. Im Gegenteil sei in Bezug auf die Projektvergaben nunmehr eine Kontinuität der Finanzierung geschaffen worden, sagte er mit Verweis auf die Akademie der Wissenschaften und den Wissenschaftsfonds.

NEOS: Brain Drain aus Österreich stoppen
Grundsätzlich vom ganzen Ausschuss befürwortet wurde das Anliegen der NEOS, im Sinne des Wissens- und Wirtschaftsstandorts Österreich die Abwanderung von AkademikerInnen, den sogenannten Brain Drain, hintanzuhalten und eine qualifizierte Zuwanderung zu gewährleisten( 459/A(E)). Die dafür von Nikolaus Scherak (N) eingeforderten legistische Vorkehrungen seien allerdings im Regierungsprogramm schon enthalten, gaben Brigitte Jank (V) und Elmar Mayer (S) zu bedenken. Die Regierungsfraktionen vertagten deshalb auch diesen Oppositionsantrag, bis die dazu anvisierten Regierungsprojekte greifen, wie sie erklärten.

Bürgerinitiative gegen Studienbeschränkungen
Inwieweit freie Studienwahl in Österreich Zukunft hat, darüber debattierte der Ausschuss, als eine Bürgerinitiative zum Abbau von Hürden beim Hochschulzugang zur Beratung stand ( 16/BI). Für die Anhebung der niedrigen Akademikerquote Österreichs seien verbesserte Studienbedingungen aber keine zusätzlichen Zugangsbeschränkungen notwendig, heißt es in der Initiative. SPÖ und Grüne sahen damit ihre Grundhaltung zu freier Studienentscheidung bestätigt. So verdeutlichte Katharina Kucharowits (S), es gelte, die geeigneten Rahmenbedingungen zur Beseitigung von Problemen im Universitätsbetrieb zu schaffen. Zwar bekannte sich auch die FPÖ generell zu einem Hochschulzugang ohne Beschränkung, Axel Kassegger (F) hinterfragte trotzdem, ob die Fähigkeiten von MaturantInnen wirklich immer den akademischen Anforderungen entsprechen.

Brigitte Jank (V) machte sich daraufhin für eine intensivere Studieninformation bereits während der Schulzeit stark, Sigrid Maurer (G) überhaupt für eine komplette Neugestaltung der Studieneingangsphase. Die unbestreitbare Ressourcenproblematik an Universitäten führte schließlich Karlheinz Töchterle (V) als Begründung an, weshalb er in überaus nachgefragten Fächern für eine Zugangsobergrenze ist. Eine per Gesetz vorgegebene völlig freie Studienwahl komme mangels der nötigen Ressourcen einem Betrug der Studierenden gleich, so der ÖVP-Mandatar. Unter Bedachtnahme des laufenden Projekts der Studienplatzfinanzierung, das noch evaluiert wird, sprachen sich SPÖ und ÖVP für die Vertagung der Bürgerinitiative aus.

 

 

 

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