Architekturzentrum Wien trauert
 um Architekt Helmut Richter

 

erstellt am
16. 06. 14
16.00 MEZ

Wien (azw) - Helmut Richter (13. Juni 1941 - 15. Juni 2014) war einer der bedeutendsten Architekten Österreichs sowie Lehrender an verschiedenen Hochschulen und Universitäten im In- und Ausland. 1976 nahm er mit der Gründung seines Ateliers in Wien seine freischaffende Tätigkeit als Architekt auf, zunächst gemeinsam mit Heidulf Gerngross. Daneben war Richter als Ausstellungsarchitekt u.a. in Paris, Venedig, Wien und Krems tätig.
Von 1971 bis 1975 als Professor für Architektur an der École nationale supérieure des beaux-arts de Paris tätig, war er anschließend Lektor an der Hochschule für angewandte Kunst in Wien. Darüberhinaus lehrte er als Gastprofessor an der Gesamthochschule Kassel (heute Universität Kassel). Von 1991 bis 2007 hatte er die Lehrkanzel an der Abteilung für Hochbau 2 an der Technischen Universität Wien inne. Während seiner Lehrtätigkeit an der TU Wien betreute er mehr als 500 Diplomarbeiten. Jakob Dunkl, ehemaliger Student und Mitarbeiter im Büro Richter: "Er hat mehrere Studentengenerationen stark geprägt. Einer der radikalsten Architekten dieses Landes hat sich für immer verabschiedet."

Als sich Helmut Richter 2007 nach 16 Jahren Lehrtätigkeit an der TU Wien von der durch ihn legendär gewordenen Abteilung Hochbau 2 verabschiedete, fand Friedrich Achleitner treffende Worte: "Richters Welt des Möglichen ist keine abgehobene, utopische Welt, sie ist eine gerade noch mögliche, eine in Reichweite der Wirklichkeit stehende und eine die Wirklichkeit herausfordernde."

Als erstes, frühes Hauptwerk in einer Reihe von für Österreich untypisch kompromisslosen Bauten gilt das Haus Königseder in Oberösterreich, das auch international viel Beachtung fand. Zwei der meistpublizierten Wiener Bauten um 1990 stammen ebenfalls aus seinem Oeuvre: die Wohnhausanlage in der Brunner Straße in Wien 23 (1986-1990) und die Hauptschule am Kinkplatz in Wien 14 (1992-1994). An der Wohnhausanlage in der Brunner Straße fasziniert auch 25 Jahre später noch die 160 m lange rahmenlose Glasfassade, die als Lärmschutz gegen die Straße konzipiert wurde und die dahinterliegenden Laubengänge schützt. Die Umsetzung erwies sich als durchaus schwierig, laut Auskunft der Glasfirma handelte es sich damals um die größte Glasfassade mit Punktaufhängung in Europa. Richters Kompromisslosigkeit in der Planung technologisch fortschrittlicher Bauwerke zeigt sich auch in der Hauptschule am Kinkplatz. Gemäß dem Satz von Le Corbusier, dass "jeder Mensch das Recht auf Licht hat", ist hier - wie überhaupt im Gesamtwerk Richters - Glas das bestimmende Element. Denn, so Richter: "Schmutziges Glas ist durchsichtiger als Beton."

Weitere vielfach publizierte Beispiele seines Architekturschaffens sind seine Restaurants Kiang I, II und III, die in ihrer Gestaltung der Wiener Lokalszene einen neuen Stempel aufdrückten.

Seine Baustellen waren immer auch Experimentierfelder, seine Architektursprache in ihrer Internationalität eher anglo-amerikanischen oder französischen Vorbildern zuzuordnen. Dietmar Steiner: "Obwohl er immer behauptete, dass man über Architektur nicht sprechen kann, war Helmut Richter einer der einflussreichsten Lehrer der österreichischen Architektur der letzten Jahrzehnte."

Sein Nachlass befindet sich in der Sammlung des Architekturzentrum Wien.

     

Allgemeine Informationen:
http://www.azw.at

   

 

 

 

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