Voneinander lernen für ein besseres Europa

 

erstellt am
13. 06. 14
11.30 MEZ

5. Sommerakademie der Europäischen Seniorenunion in Wien eröffnet.
Wien (seniorenbund) - Am 12.06. wurde in der Politischen Akademie der ÖVP in Wien die 5. Sommerakademie der Europäischen Seniorenunion für Senioren-Führungskräfte eröffnet. Unter dem Motto „Wir wollen eine bessere Europäische Union“ diskutieren diesmal 62 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus 16 verschiedenen EU-Mitgliedsstaaten. Sie alle sind Führungskräfte der Seniorenorganisationen, die in der Europäischen Seniorenunion (ESU), einer Mitgliedsorganisation der Europäischen Volkspartei (EVP), organisiert sind. In Österreich ist dies der Österreichische Seniorenbund, der diese Veranstaltung zum fünften Mal in Zusammenarbeit mit der Politischen Akademie der ÖVP, dem Wilfried Mertens Centre für European Studies (WMCES) und der ESU selbst durchführt.

Zum Auftakt begrüßten Dr. Dietmar Halper, Direktor der politischen Akademie und somit Gastgeber der Veranstaltung, und Univ.-Prof. Dr. Andreas Khol, Bundesobmann des Österreichischen Seniorenbundes, die Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Auch Dr. Marilies Flemming, Europabeauftragte des Österreichischen Seniorenbundes und von Beginn an Organisatorin der Sommerakademie in Wien, richtete Grußworte an die Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Dem Motto der Veranstaltung folgend, wolle man vor allem die Erfahrungen aus den verschiedenen Ländern miteinander diskutieren und voneinander lernen. Dabei waren sich alle zuvor Genannten in ihren Grußworten einig:

„Wie können wir die Europäische Union besser machen? Wie können wir sie näher an die Bürgerinnen und Bürger bringen? Wie können wir die älteren Generationen Europas besser in die Arbeit der Europäischen Institutionen einbinden? Und vor allem: Wie können die Älteren ihre Erfahrungen, besonders ihre Werte und ihre Wertschätzung für Demokratie an die Jüngeren weitergeben?“

Als erste Gastrednerin konnte die ESU die ÖVP-Familienministerin; MMag. Dr. Sophie Karmasin, begrüßen. In ihrem ausführlichen Referat informierte sie über die Rolle der Seniorinnen und Senioren Österreichs in ihren Familien. Mit umfassenden Zahlen belegte sie, dass die Geburtenrate in den europäischen Ländern zu gering sei, die Familiengröße seit Jahrzehnten deutlich sinke. Sorge bereite ihr zudem die weiterhin viel zu hohe Arbeitslosigkeit junger Menschen in Europa. Zu den Beziehungen der einzelnen Generationen in Österreich zueinander hielt Karmasin fest, dass 31,4 Prozent der Senioren ihren Familien täglich oder zumindest wöchentlich helfen. Im Gegenzug würden 32,1 Prozent der Frauen und 14,7 Prozent der Männer ihren älteren Angehörigen „regelmäßig“ oder zumindest „manchmal“ behilflich sein.

Berichte aus 16 Ländern um "voneinander für ein besseres Europa zu lernen"
Die seit November 2013 neu gewählte Präsidentin der Europäischen Seniorenunion, em.Prof. Dr. An Hermans (Belgien), hatte im Vorfeld alle teilnehmenden Organisationen um Berichte zur ihren Ländern gebeten. Wie wolle man die jeweilige Organisation die EU verbessern, wie wolle man Seniorinnen und Senioren stärker in Kontakt mit den EU-Institutionen bringen, was habe die jeweilige Organisation im Europawahlkampf beigetragen, um Seniorinnen und Senioren über aktuelle EU-Themen zu informieren? Die umfassenden Länder-Berichte wurden in der Nachmittagsveranstaltung präsentiert.

„Wir sind hier zusammengekommen, um voneinander zu lernen. Gemeinsam wollen und können wir die Europäische Union besser machen“, stellte Hermans fest. Alle Länder-Berichte wurden im Laufe des Nachmittags vorgestellt und ausführlich diskutiert.

Hermans fasste dazu konkrete gemeinsame Punkte zusammen:
„Für ein besseres Europa sind sich alle hier einig, dass sich Europa mehr und besser um die großen Dinge kümmern müsse. Während einige sehr explizit auf das Prinzip der Subsidiarität drängen, fordern andere mehr Anstrengungen, um allen Länder besser in Wachstum, und somit auch einen Anstieg des Alltagseinkommens der Älteren, zu integrieren. Einig ist man sich auch, dass Europa in der globalisierten Welt unbedingt die gemeinsame Außenpolitik stärken muss. Am Wichtigsten ist Ihnen allen aber die Verbesserung der Beziehung zwischen den Bürgerinnen und Bürgern – insbesondere der Älteren – mit den europäischen Institutionen und Verantwortlichen!“

Hermans ging dabei auch auf die Sonder-Rolle Österreichs ein: „Der Seniorenbund verfügt mit seinem Generalsekretär Heinz K. Becker über ‚seinen eigenen‘ Abgeordneten im Europäischen Parlament. Andere Senioren-Organisationen Europas werden nun gemeinsam einen Weg finden, sich ‚ihren‘ Abgeordneten zu suchen, um die Anliegen der Seniorinnen und Senioren direkt in Europa einzubringen. Seniorinnen und Senioren Europas müssen das Gefühl haben, dass auch ihre Anliegen zählen, dass sie berücksichtigt werden. Wir Senioren haben Erfahrung und diese haben wir einzubringen!“

Die Veranstaltung wurde am Vormittag fortgesetzt mit Referaten von Leif Hallberg (Schweden), dem Vizepräsidenten der ESU, von Heinz K. Becker (Österreich) dem Generalsekretär und Europaabgeordneten des Österreichischen Seniorenbundes und von StS a.D. Dr. Bernhard Worms (Deutschland), dem ehem. Präsidenten der ESU.

Am Nachmittag folgen Vorträge Vorträge von Mag. Othmar Karas, dem Vizepräsidenten des Europäischen Parlaments, von Mag. Andreas Prenner von der Österreichischen Industriellenvereinigung, sowie von Prof. Steven Van Hecke (Belgien), der neben einer Analyse der Europawahlen vor allem die Möglichkeiten aktiver Mitbestimmung von Seniorinnen und Senioren in den Europäischen Institutionen beleuchten wird.

Am 14.06. geht die Veranstaltung mit den zusammenfassenden Berichten von Präsidentin Hermans und der Europabeauftragten des Seniorenbundes, Marilies Flemming, zu Ende.

 

 

 

Interview mit Präsidentin An Hermans
Die Redaktion des Seniorenbund-Info-Service (SIS) konnte ein Interview mit der neuen Präsidentin der ESU, em. Prof. Dr. An Hermans aus Belgien führen:

SIS: Die Europawahlen haben klar gemacht: Auch Seniorinnen und Senioren fordern ein "besseres" Europa. Wie kann dieses aussehen?

Hermans: In der Phase der Wahlwerbung für die Europawahlen haben die Seniorinnen und Senioren Europas klar gezeigt: Wir brauchen die EU, wir wollen die EU, die EU ist für uns wichtig. Aber die EU wird als "Fremder" empfunden. Mit all ihren Regulierungen, mit ihrer Konstruktion der Institutionen wird sie empfunden als Organisation für Staaten und große Unternehmen - aber leider nicht als Organisation für die Menschen selbst. Unsere Aufgabe muss es daher sein, die Institutionen näher zu den Menschen zu bringen, die Bürgerinnen und Bürger Europas müssen sich in Europa zu Hause fühlen. Dabei haben wir als Seniorinnen und Senioren eine Aufgabe: Wir haben Lebenserfahrung, wir haben auch Zeit und Kraft - wir können und müssen unsere Meinungen und Ideen aktiv einbringen.

SIS: Sie sind seit November 2013 die neue Präsidentin der Europäischen Seniorenunion, die mehr als eine Million direkte Mitglieder in ganz Europa hat. Seither haben Sie viele der Mitgliedsorganisationen in ihren Ländern besucht. Was sind Ihre ersten Erfahrungen?

Hermans: Der Umgang der einzelnen Senioren-Organisationen in den verschiedenen Ländern ist geprägt von deren Geschichte, von deren Erfahrungen. So habe ich z.B. in den neuen EU-Mitgliedsstaaten gelernt, dass Senioren dort oft die "schweigende Generation" sind. Sie haben in den Lebensjahren vor dem Fall des Eisernen Vorhangs nicht gelernt, ihre Anliegen laut zu artikulieren. Sie hatten Angst. Später in der Pension haben sie es nicht mehr erlernt - oder nur langsam. Sie tun sich schwerer, ihre Senioren-Anliegen deutlich auf die Verhandlungstische der Verantwortlichen zu legen. Besonders gilt dies gegenüber der "weit entfernten" EU-Institutionen. Senioren sehen auch aktuelle Konflikte - wie z.B. in der Ukraine - viel besorgter als Jüngere. Sie wünschen sich hier klare friedenssichernde Zeichen seitens der EU. Viel größer ist der Unterschied in der Einstellung zur oder den Wünschen an die EU je nach Land - nicht je nach Generation. Wir als ESU haben die Erfahrung und die Kraft die Menschen zusammenzubringen, voneinander zu lernen und gemeinsam den Weg zu einem besseren Europa für die Menschen zu gehen.

SIS: Was sind Ihre nächsten Schritte auf dem Weg der Senioren zu einer besseren EU?

Hermans: Die EU darf nicht nur als zuständig für Länder, Banken, Konzerne empfunden werden. Wir müssen den Kontakt zwischen Bürgern und EU verstärken, müssen die Anliegen auch der Älteren direkter einbringen. Die Senioren fragen: Wo sind wir in diesen EU-Strukturen? Wo sind unsere Anliegen? Wer lobbyiert für uns? Die Antwort: Wir müssen es selbst tun! Alle Mitgliedsorganisationen der EU werden in den kommenden Monaten direkten Kontakt zu einem Europaabgeordneten ihres Landes herstellen, dem sie vertrauen, dass er ihre Anliegen versteht, Ernst nimmt und in Europa vertritt. Es kann nicht sein, dass Senioren 20 Prozent und mehr der Einwohner stellen aber ihren Platz in der politischen Vertretung nicht finden. Der Österreichische Seniorenbund hat dabei freilich eine Sonderstellung: Mit Ihrem Generalsekretär, Heinz K. Becker, verfügen Sie so zu sagen über ihren "eigenen" Europaabgeordneten.

Hermans weiter: Wir wissen aus anderen Politikbereichen, es braucht immer eine "kritische Masse" an Menschen, die ihre Meinung deutlich und öffentlich darstellen. Nur so werden die Forderungen, Wünsche und Ideen wahrgenommen und fließen in Entscheidungen ein. Europas Seniorinnen und Senioren haben diese kritische Masse in den Europäischen Institutionen noch nicht erreicht. Genau da müssen und werden wir ansetzen. Die Senioren werden sich stärker einbringen und so die älteren Generationen Europas, ihre Wünsche, Bedürfnisse aber auch ihre Fähigkeiten, ihren Beitrag zur Gesellschaft, deutlich besser sichtbar zu machen!

SIS: Was sagen die Senioren der ESU / EVP: Soll Jean-Claude Juncker der neue Kommissionspräsident werden?

Hermans: Er muss der neue Kommissionspräsident werden! Wir können nicht während der Wahlwerbung sagen: Die stärkste Fraktion wird den Präsidenten stellen! Und dann nach den Wahlen darauf vergessen. Die Mitgliedsorganisationen der EVP haben sich auf Juncker geeinigt. Jetzt müssen auch alle dazu stehen. Juncker hat ein klares Profil, zu dem wir stehen. Er hat klargelegt, wie er den europäischen Weg weiter gehen will. Diesen Weg wollen wir mit ihm gehen. Die Wählerinnen und Wähler - insbesondere die Älteren - würden uns das nicht vergessen, wenn wir ihren Willen jetzt nicht wie versprochen umsetzen.

SIS: Danke für das Interview und viel Erfolg für Ihre Arbeit in der Europäischen Seniorenunion!

Das Interview für den SIS führte stv. Generalsekretärin Susanne Walpitscheker.

 

 

 

Allgemeine Informationen:
http://www.seniorenbund.at

 

 

 

 

 

zurück

 

 

 

 

Die Nachrichten-Rubrik "Österreich, Europa und die Welt"
widmet Ihnen der
Auslandsösterreicher-Weltbund

 

 

 

Kennen Sie schon unser kostenloses Monatsmagazin "Österreich Journal" in vier pdf-Formaten? Die Auswahl finden Sie unter http://www.oesterreichjournal.at