Mit Sonne, Wind und Co ins postfossile Zeitalter

 

erstellt am
12. 06. 14
11.30 MEZ

Bundesrats-Enquete: Erneuerbare Energien und lokale Wertschöpfung
Wien (pk) - Die Chancen, Potentiale und Zukunftsperspektiven von erneuerbaren Energieformen, vor allem bezogen auf den ländlichen Raum, standen am 11.06.im Mittelpunkt einer parlamentarischen Enquete, die auf Initiative der Länderkammer veranstaltet wurde. Zahlreiche hochrangige ExpertInnen diskutierten gemeinsam mit Bundes- und Nationalräten über die energiepolitischen Herausforderungen der Zukunft und die Rolle der Regionen und Länder bei der Bewältigung der Zukunftsfragen auf dem Energiesektor.

Lampel: Burgenland ist Modellregion für nachhaltiges Wachstum
Der aktuelle Präsident des Bundesrates, Michael Lampel, der am 1. Jänner 2014 für das Burgenland den Vorsitz in der Länderkammer übernommen hat und stellte einleitend fest, dass es sich beim Thema erneuerbare Energien um eine ganz wichtige Zukunftsfrage vor allem für die Länder handle. Gerade das Burgenland, das sich in den letzten Jahren zu einer Modellregion in Bezug auf die Nutzung von erneuerbaren Energien entwickelt habe, sei dafür ein sehr gutes Beispiel, meinte er. So sei es etwa im Jahr 2013 erstmals gelungen, mehr als 100 % des Strombedarfs aus erneuerbaren Energieformen, vorwiegend Windkraft, abzudecken. Dies war nur deshalb möglich, weil das Burgenland schon sehr frühzeitig die Chancen und Potentiale dieser Technologien erkannt und neue Wege der Energieversorgung beschritten hat. Man habe bewusst auf ein nachhaltiges wirtschaftliches Wachstum gesetzt, das im Einklang mit den Anforderungen des Umwelt- und Klimaschutzes steht.

Das Burgenland habe mit dieser Entwicklung unter Beweis gestellt, wie regionale Stärken und Potentiale optimal genutzt und gleichzeitig Arbeitsplätze geschaffen werden können. Dieser erfolgreiche Weg soll auch in Zukunft fortgesetzt werden, führte Lampel weiter aus, bis 2020 sollen 50 % des gesamten Energiebedarfs aus erneuerbaren Energiequellen stammen, im Jahr 2050 werden 100 % angepeilt. Erreicht werden sollen diese ehrgeizigen Ziele durch die verstärkte Nutzung von Windkraft, Photovoltaik und Biomasse, durch die Steigerung von Energieeffizienz und durch den Einsatz neuester Technologien. Lampel war überzeugt davon, dass auch die übrigen Regionen ein enormes Potential in Bezug auf den Ausbau erneuerbarer Energieträger haben. Die heutige Enquete soll einen Beitrag dazu leisten, dass all diese Chancen und Möglichkeiten auch genutzt werden, wünschte sich Lampel abschließend.

Mitterlehner: Chancen für die Regionen durch Erneuerbare Energie
Bundesminister Reinhold Mitterlehner stimmte mit Lampel darin überein, dass erneuerbare Energieformen ein sehr wichtiger regionalwirtschaftlicher Faktor sind. Im Jahr 2012 waren in diesem Bereich über 42.000 Menschen beschäftigt, informierte der Minister, der Umsatz dieser Firmen belief sich auf etwa 14 Mrd. €. Laut Statistik Austria erwirtschaftete der gesamte Sektor "Umweltorientierte Produktion und Dienstleistungen" sogar 35,8 Mrd. €. Was das Thema Energiewende angeht, so stellte Mitterlehner klar, dass er darunter vor allem die Erreichung der EU-2020-Ziele in Bezug auf Klimawandel und Energiepolitik verstehe; also eine Reduktion der T reibhausgasemissionen um 20 % und die Steigerung des Anteils an erneuerbaren Energien sowie die Erhöhung der Energieeffizienz um jeweils 20 %. Aufgrund der geographischen Situation stehe Österreich, was den Anteil an erneuerbaren Energien im Rahmen der Stromproduktion angeht, sehr gut da und rangiere weltweit hinter Norwegen an zweiter Stelle. Auch bei der Windkraft und der Photovoltaik sei man nach Ansicht von Mitterlehner auf einem guten Weg. Da aber der Stromanteil am Gesamtenergieverbrauch nur 20 % beträgt, werde man auch in Zukunft nicht auf fossile Energieträger verzichten können, gab der Minister zu bedenken. Der Ausbau der erneuerbaren Energien biete aber gerade für die Regionen viel Potential und Chancen, um die lokale Wertschöpfung zu erhöhen, war der Minister überzeugt.

Bures: Politik muss Antworten auf "postfossiles Zeitalter" geben
Die Ministerin für Verkehr, Innovation und Technologie, Doris Bures, ging in ihrem Einleitungsstatement vor allem auf die energiepolitischen Herausforderungen der Zukunft ein. Aufgrund der zunehmenden Ressourcenverknappung sei völlig klar, dass die nächsten Generationen in einem "postfossilen Zeitalter" leben werden und nicht mehr auf billiges Öl und Gas zurückgreifen können. Die Politik sei daher gefordert, auf die geänderten Rahmenbedingungen einzugehen und langfristige Weichenstellungen vornehmen, unterstrich die Ministerin. Gerade in ihrem Ressort werden wichtige Schwerpunktsetzungen gemacht, die von Maßnahmen in den Bereichen Mobilität, Information und Kommunikation bis eben hin zur Förderung der Energietechnologien reichen. Bei all diesen Vorhaben stehe für sie im Vordergrund, dass es eine hohe österreichische Wertschöpfung gibt und dass ein gleicher und leistbarer Zugang zu den neuen Technologien, Produkten und Dienstleistungen gewährleistet wird.

Bures war überzeugt davon, dass Österreich bei der Entwicklung und Verwertung erneuerbarer Energien eine hohe Kompetenz vorweisen und sich mit seinen innovativen Produkten auch im internationalen Umfeld sehr gut behaupten könne. Als Beispiel führte die Ressortchefin den Anlagenbau an; heimische Wasserkraftwerke, Turbinen etc. seien ein Exportschlager. Auch in jedem zweiten Windkraftwerk, das irgendwo in der Welt steht, und in jedem dritten Sonnenkollektor in Europa sei österreichische Technologie enthalten, hob Bures hervor. Besonders hohe Wachstumsraten gebe es bei der Photovoltaik, was u.a. darauf zurückzuführen ist, dass die Produktionskosten in den letzten Jahren massiv gesenkt werden konnten. Aufgrund all dieser Anstrengungen sei es gelungen, dass Österreich den Strukturwandel – weg von fossilen, hin zu erneuerbaren Energieträgern – gut überstanden hat, resümierte Bures; dieser Weg müsse nun aber konsequent fortgesetzt werden.

Die Erfolgsstory des Burgenlands
Unter der Moderation von Bundesratsvizedirektor Harald Himmer leitete der Geschäftsführer der Burgenländischen Energieagentur, Hans Binder, die Reihe der Fachvorträge mit einer Präsentation der "Energiestrategie Burgenland 2020" ein. Das Burgenland hat 2013 die bilanzielle Stromautonomie erreicht und in diesem Jahr mehr elektrischen Strom produziert als verbraucht. Bis 2020 zielt das Burgenland darauf ab, seinen gesamten Energieverbrauch von 35.000 Terajoule zu 50 % aus erneuerbaren Ressourcen zu erzeugen. Ab 2050 will das Burgenland mehr als 100 % der im Land benötigten Energie selbst herstellen und somit energieautonom werden. Zunächst steht der Ausbau der Windkraft – die Erfolgsstory des Burgenlandes – im Mittelpunkt, wobei das Ziel auf eine installierte Leistung von über 1.000 Megawatt lautet. Grundlage dieser Entwicklung ist die Einbeziehung aller Stakeholder von Gemeinden über Investoren bis hin zu Natur- und Landschaftsschützern. Derzeit erzeuge das Burgenland an windigen Tagen bereits viermal mehr Strom als es selbst benötigt. Die Zukunft sieht Hans Binder, der die Elektromobilität unmittelbar vor dem Durchbruch stehen sieht, aber im Ausbau der Solarenergie. Eine Erhebung aller Hausdächer des Burgenlands habe eine Produktionskapazität von 2,4 Mrd. Kilowattstunden ergeben. Vergleichbare Potentiale vermutet der Experte auch in anderen Bundesländern.

Intelligentes Vertriebsmanagement für Millionen Stromerzeuger
Auch der Gründer des Energy Globe Award, Wolfgang Neumann, richtete den Blick auf die Zukunft der Energiepolitik und riet grundsätzlich dazu, globale Probleme nicht aus den Augen zu verlieren, weil weltweit jeder vierte Mensch keinen Zugang zu elektrischem Strom habe. "Wir müssen allen Menschen das Grundrecht auf Energie erfüllen", sagte Neumann. In Österreich haben Sonne, Geothermie und Windenergie strategische Bedeutung, weil der Ölimport immer teurer werde. Man sollte sich beim Thema erneuerbare Energieträger den Kopf aber nicht nur über die Produktion zerbrechen, sondern auch über die Lösung der Vertriebsprobleme. Da es in Zukunft nicht nur einige wenige, sondern Millionen von Stromerzeugern geben werde, setzt Neumann auf vernetzte Smart Manager. Stromüberschüsse müssen gespeichert oder im lokalen und regionalen Umfeld eingesetzt werden. Daher sei auch intelligentes Energiemanagement und der Ausbau der Energienetze zu fördern.

Regionen setzen auf unterschiedliche Stärken
Die Geschäftsführerin des Klima- und Energiefonds, Theresia Vogel, konzentrierte sich in ihrem Referat auf die Integration der Erneuerbaren Energie in das Energiesystem, der Hauptaufgabe des 2007 gegründeten Klima- und Energiefonds, der seither 70.000 Projekte mit 850 Mio. € gefördert und damit Investitionen von 2 Mrd. € ausgelöst hat. Inhaltlich gehe es um zukunftsorientierte Energieforschung und Technologieentwicklung. Den Umstieg auf erneuerbare Energieträger bezeichnete Vogel ohne Alternative, wenn man Energieprobleme klimaverträglich lösen wolle. Dazu kommen Maßnahmen zur Bedarfssenkung und zur Steigerung der Energieeffizienz. Die Referentin unterstrich die Bedeutung von Energiemodellregionen, Smart Cities und Leuchtturmprojekten als Aushängeschilder für Österreich. Die einzelnen Bundesländer setzten dabei unterschiedliche Schwerpunkte, Salzburg etwa auf Smart Grids, also intelligente Stromnetze, das Burgenland auf Windkraft und Vorarlberg auf das Thema zukunftsfähiger Verkehr. Die Regionen nutzen so ihre Stärken, vorhandene Ressourcen und Know-how, bestehende Unternehmen und das Engagement der Menschen. Aktuelle Schwerpunkte der Technologieentwicklung sah Theresia Vogel bei neuen Materialien, der Speicherung und Integration Erneuerbarer Energie, der Entwicklung einfacher Lösungen von technisch komplexen Problemen, der Steigerung der Energieeffizienz, der Entwicklung systemübergreifender Lösungen rund um das Elektroauto und bei neuen Modellen der Kooperation wie Bürgerbeteiligungskraftwerken.

Fukushima, deutsche Energiewende und die Folgen
Der Vorstand der Ökostromabwicklungsstelle, Bundesrat Magnus Brunner (V/V), erinnerte daran, dass infolge der deutschen Entscheidung zur Energiewende nach der Katastrophe von Fukushima 20.000 Megawatt Atomstrom vom Netz gehen und 20 Mio. Menschen im Nachbarland anders mit Energie versorgt werden müssen. Davon sei laut Brunner auch Österreich betroffen, dessen Pumpspeicherkraftwerke in den Alpen bei Windkraftüberschuss an der Küste Norddeutschlands als Speicher fungieren, während in Ostösterreich neue Windräder installiert werden und damit Hochspannungsleitungen immer wichtiger werden. Die Energiewende bedeute viel Arbeit, große Investitionen, Überzeugungskraft und Erdgas als Brückenenergie. Österreich habe mit der Ausarbeitung der Energiestrategie reagiert, investiere bis 2020 12 Mrd. € in Ökostrom und habe bereits tausende Green Jobs geschaffen. Die Kritik der Sozialpartner an Finanzierungsproblemen bei der Ökostromerzeugung nehme er ernst, sagte Brunner und unterstrich die Bedeutung der sozialen Akzeptanz in der Energiepolitik. Der Experte riet aber zugleich dazu, volkswirtschaftliche Fragen in den Vordergrund zu stellen. Als Zukunftstrends in der Energiewende ortete Brunner die Regionalität, die zunehmende Bedeutung des Eigenverbrauchs, die Senkung der Modulpreise und die zunehmende Bereitschaft der Bürger, in die Energiewende zu investieren. Auch Fragen der Versorgungssicherheit, des Netzausbaus und der Energieeffizienz gewinnen an Bedeutung, sagte Brunner.

Die Industrie braucht weiterhin fossile Brennstoffe
Stephan Schwarzer vertrat die Wirtschaftskammer Österreich und empfahl, beim Energieumbau und in der Energiewende Chancen zu nutzen, zugleich aber Gefahren und Kosten zu vermeiden. Man stehe vor einer faszinierenden Gestaltungsaufgabe, stellte Schwarzer fest und plädierte für einen umfassenden Energiemasterplan. Die Energiewende brauche Mut und Motivation, aber auch Vorsicht und kühlen Verstand. Man sollte die richtigen Lehren aus den Kyoto-Erfahrungen ziehen und beachten, dass Österreich und Europa überdurchschnittlich industrialisiert seien. Österreichs Rolle in der Energiewende sei weniger die des Vorreiters, als vielmehr die des Schrittmachers, der dafür sorge, dass auch die anderen schneller werden. Die Industrie brauche weiterhin fossile Brennstoffe und im Unterschied zu anderen Sektoren müssen noch viele Forschungsaufgaben erledigt werden, um den CO2-Ausstoß weiter zu reduzieren. Im Hinblick auf das geplante Energieeffizienzgesetz hielt es Schwarzer für problematisch, den Energieerzeugern die Aufgabe zuzuweisen, den Energieverbrauch ihrer Kunden zu senken. Positiv sah der Vertreter der Wirtschaftskammer die Absicht, die Besteuerung des Eigenverbrauchs von Ökostrom zu senken.

Ökostromproduktion aus der Sicht der KonsumentInnen
Die Leiterin der Wirtschaftspolitischen Abteilung der Arbeiterkammer Wien, Silvia Angelo, ordnete dem Einsatz erneuerbarer Energien das Ziel zu, den CO2-Ausstoß zu reduzieren, den Ausstieg aus dem Atomstrom zu erleichtern und mit der Entwicklung innovativer Energien den Industriestandort zu stärken. Daher wurde Ökostrom 2013 mit 500 Mio. € unterstützt und 30 Mio. € an öffentlichen Mitteln zur Forschung für erneuerbare Energieträger aufgewendet. Im bestehenden System der Förderung erneuerbarer Energieträger seien die Ziele der Kosteneffizienz, der Marktintegration und der EU-Kompatibilität teilweise nicht gewährleistet, kritisierte die Expertin der Arbeiterkammer. Anreize bei der Ökostromproduktion seien falsch und die Gewinne würden – etwa bei der Windkraft – auf Kosten der Haushalte privatisiert. Niedrige Strompreise kämen nur bei der Industrie an. Auch Silvia Angelo drängte – wie ihr Vorredner – auf ein Gesamtsystem, das erneuerbare Energieträger, Netz- und Speicherfragen, konventionelle Erzeugung und die Lösung von Effizienzproblemen mit dem Ziel der Leistbarkeit und Versorgungssicherheit verknüpft.

Rasche Energiewende schont fossile Ressourcen und spart Geld
Der Geschäftsführer der Renewable Energies Consulting, Fritz Binder-Krieglstein, rechnete den Teilnehmern der Enquete vor, wie hoch Atomstrom gefördert werde und machte zugleich darauf aufmerksam, dass sich die Verstromung von Erdgas wegen der Subventionen derzeit nicht rechne. Der Börsepreis für Strom liege bei 4 Cent pro Kilowattstunde, jener für Solarenergie bei 5,5 Cent und jener für Gas bei 6 Cent, jener für Atomstrom aber bei 20 Cent. Während die Preise für endliche Ressourcen steigen, sinken jene für erneuerbare Energien, daher sei es dringend notwendig, die Energiewende rasch herbeizuführen und die Übergangszeit zu verkürzen, weil dies langfristig Kosten spare, sagte Binder-Krieglstein. Der Experte wollte den Politikern Mut machen, Rahmenbedingungen zu schaffen, um die Energiewende voranzutreiben, etwa durch leichtere elektrizitätsrechtliche Bewilligungen für Solaranlagen. Der Investor Warren Buffet habe bereits 15 Mrd. € in erneuerbare Energieträger investiert und plane weitere 15 Mrd. € einzusetzen, teilte der Referent den Teilnehmern der Enquete mit.

InvestorInnen brauchen stabile Rahmenbedingungen
Vorstandsvorsitzender Herbert Stava vom Energiepark Bruck/Leitha informierte über die Entwicklung seines regionalen Vereins, der 1995 gegründet wurde, seit 1999 ein Biomasseheizwerk betreibt und sich seit 2000 mit Windkraft beschäftigt. 2004 wurde eine Biogasanlage errichtet und 2005 ein Universitätslehrgang über neue Energien eingerichtet. Mit Fotovoltaik befasst sich der Verein seit 2010 und betreibt seit 2012 auch einen Fotobioreaktor. Weitere Aktivitäten sind die Energiebuchhaltung, Energieausweise, alternative Mobilität und regionales Energiemanagement. Die Botschaft Stavas an die Politik lautete, stabile Rahmenbedingungen zu schaffen, um Investitionen in erneuerbare Energieträger zu erleichtern. Als aktuelles Beispiel dafür, wie sein Verein auf veränderte Rahmenbedingungen reagiert, schilderte Stava das Projekt, Biogas in Zusammenarbeit mit Wien Energie, EVN und OMV so zu reinigen, dass es in das Erdgasnetz eingespeist werden kann.

Gesetzliche Rahmenbedingungen für Energiewende eingefordert
Wie die Energiewende regional vorangetrieben wird, erörterten die Enquete-TeilnehmerInnen in weiterer Folge mit Fokus auf Initiativen der Bundesländer. Bundesratspräsident Michael Lampel resümierte, die Länder zeigten, wie sie ihre Ressourcen auf innovative Art und Weise bestmöglich nutzen können, um Energieeffizienz zu leben. Zuvor betonten mehrere ThemenexpertInnen vor allem die Bedeutung stimmiger gesetzlicher Rahmenbedingungen für einen erfolgreichen Umstieg Österreichs auf erneuerbare Energien. So zeigte sich Stefan Moidl von der IG Windkraft zwar höchst erfreut über das geltende Ökostromgesetz, er kritisierte aber, immer noch gebe es bei der Erzeugung von Strom aus Windkraft hierzulande eine höhere Kostenbelastung als bei Stromimporten. Seitens der Wasserwirtschaft kamen ähnliche Bedenken. Als Vertreter für den Verband Kleinwasserkraft Österreich unterstrich Erwin Mayer, der Energieverschwendung sei nicht beizukommen, solange Strom auf Grund von Überkapazitäten billig verfügbar ist. Mit einer sozial gerechten "Ökosteuer" wäre hier Abhilfe zu schaffen, ohne der Attraktivität des Wirtschaftsstandort zu schaden, so Mayer und schilderte in Grundzügen Möglichkeiten für Co2-freie Industrien am Beispiel der Stahlproduktion.

Die Geschäftsführerin von Austria Solar, Doris Hammermüller, brach eine Lanze für Solarwärme bzw. für politische Maßnahmen, die den Einsatz dieser ihr zufolge leistungsstärksten und preisgünstigsten Energie fördern. Unterstützung erhielt die Expertin von Helmut Weinhardt aus dem Verteidigungsministerium, der sein Ressort als Paradebeispiel für die effiziente Nutzung thermischer Solarenergie präsentierte. Hammermüller betrachtete die Energiewende vor allem als "Wärmewende", weil die Wärmeversorgung Hauptthema in der gesamten Energiediskussion sei.

Diese Sichtweise relativierte Stefan Merkac( von der Kärntner Landesregierung ein wenig; für ihn spielt die Mobilität die größte Rolle bei der Energiewende. Er plädierte daher dafür, den Umstieg auf öffentliche Verkehrsmittel bundesweit attraktiver und leistbar zu machen. Kärnten habe sich mit einem Energie-Masterplan dementsprechend "mutige Ziele" gesetzt, so Merkac(: In den nächsten zwei Jahrzehnten wolle das Bundesland von fossilen Brennstoffen unabhängig werden, gerade auch im öffentlichen Verkehr und durch alternative Mobilitätsformen. Tirol habe vor, die Energieautarkie 2050 zu erreichen, schilderte daraufhin Stefan Oblasser von der Tiroler Landesregierung die Energiestrategie seines Bundeslands. Generell sollte Österreich mehr Eigeninitiative bei der Energiepolitik zeigen, fügte er an, lediglich auf Entscheidungen von der EU zu warten, sei zu wenig. Sein Landsmann Anton Mattle, Vizepräsident des Tiroler Landtags, verwies auf die bereits erfolgte Effizienzsteigerung in der Energiewirtschaft des westlichen Bundeslandes, vorrangig dank neuer Technologien der Wasserkraftnutzung in Verbindung mit alten Speichersystemen.

In Oberösterreich zeige sich der ökonomische Vorteil revitalisierter kleiner Wasserkraftwerke zur Stromerzeugung, meinte OÖ-Landtagsabgeordnete Ulrike Schwarz. Obwohl das Industrieland Oberösterreich die Großindustrie nicht mit neuen Energieauflagen überladen werde, so Schwarz, setze die Landespolitik doch gemeinsam mit allen Interessensgruppen die nötigen Schritte hin zur Energiewende, nicht zuletzt auf regionaler Ebene. Einen ähnlichen Weg beschreite Niederösterreich mit seinem Energie- Effizienz- Gesetz, umriss Peter Obricht aus der niederösterreichischen Landesverwaltung. Letztlich brauche die Republik allerdings eine kohärente Energie- und Klimastrategie, nicht nur, um den Einsatz erneuerbarer Energieträger zu forcieren, sondern auch zur Senkung des Energieverbrauchs insgesamt. Dem stimmte für das Umweltministerium Martina Schuster völlig zu und sie verdeutlichte, Klima- und Energiepolitik bedingten einander.

Über Österreichs Grenzen hinaus richtete Bundesrat Stefan Schennach (S/W) seinen Blick, als er seine Vorstellungen zur Energiezukunft skizzierte. Vor einer "Weichenstellung" stehe die Europäische Union derzeit, die neue EU-Kommission werde sich nämlich entscheiden müssen, ob man auf ökologische Energieträger oder auf Kohle, Atomkraft und Schiefergas setzt. Europa befinde sich schon auf einem guten Weg in Richtung Unabhängigkeit von Energieimporten, besonders im Vergleich zu Asien, machte der oberösterreichische ÖVP-Bundesrat Ferdinand Tiefnig wiederum geltend, der in diesem Zusammenhang auch Potentiale für den Arbeitsmarkt ausmachte.

Eine ganzheitliche Betrachtung der Energiefrage mahnte Gerhard Deimek, Freiheitlicher Bundesrat aus Oberösterreich ein, um erneuerbare Energieträger umfassend zu etablieren – und zwar von den Privathaushalten, über die Industrie bis hin zur Mobilität. Entscheidend seien dazu verstärkte Anstrengungen in der Forschungsförderung. Den Grünen Nationalratsabgeordneten Matthias Köchl und Christiane Brunner reichten Bekenntnisse zur intensivierten Energieforschung nicht aus. Deutschland habe mit seinem Energieeffizienzgesetz gezeigt, welche legislativen Vorkehrungen für eine Trendwende bei der Energiepolitik mit stabilen Rahmenbedingungen eigentlich zu treffen sind, fand Köchl. Brunner ergänzte, die nächsten Jahre würden zeigen, ob sich die Politik auf eine klimafreundliche Energiewende einstimmt und diesem Vorsatz auch auf EU- sowie globaler Ebene im Sinne erneuerbarer Energieträger Rechnung trägt.

 

 

 

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