Gemeindebund fordert Reformen bei
 Finanzausgleich und Steuerhoheit

 

erstellt am
11. 06. 14
11.30 MEZ

Wien (gemeindebund) - Im Vorfeld des Gemeindetages fordert der Gemeindebund eine Bereinigung der Aufgaben und Kompetenzen zwischen Bund, Ländern und Gemeinden. "Wir stehen kurz vor den ersten Gesprächen über einen neuen Finanzausgleich", so Mödlhammer. "Dabei ist auch zu überlegen, ob der neue Finanzausgleich aufgabenorientiert sein soll. Bevor man über aufgabenorientierte Finanzierung spricht, muss man natürlich die Aufgaben definieren."

Derzeit ist das Grundprinzip des Finanzausgleichs nicht die Aufgabenorientierung, sondern die Bevölkerungszahl mit einem Finanzierungsschlüssel, bei dem Gemeinden über 10.000 Einwohner deutlich mehr Geld bekommen, als kleinere Gemeinden (siehe Grafik). "Bei einer Neuordnung der Finanzierung muss natürlich auch die Ungleichbehandlung wegfallen und jeder Bürger gleich viel wert sein", so Mödlhammer. Der Gemeindebund hat schon im Jahr 2003 beim Wirtschaftsforschungsinstitut WIFO eine Studie erstellen lassen, die sich mit den Rahmenbedingungen für einen aufgabenorientierten Finanzausgleich befasst. "Ich kann mir hier ein Modell vorstellen, das auf drei Säulen beruht", erklärt Mödlhammer. Die Finanzmittel der Gemeinden aus dem Finanzausgleich könnten auf diese Weise aufgeteilt werden.

  1. Finanzielle Grundausstattung der Gemeinden, die auf der Bevölkerungszahl beruht. Dabei muss jede/r Einwohner/in gleich viel wert sein, der abgestufte Bevölkerungsschlüssel entfällt.
  2. Bedarfs- und aufgabenorientierte Finanzmittel: Dieser Teil wird nach dem tatsächlichen Bedarf und den definierten Pflichtaufgaben vergeben.
  3. Leistungsorientierte Finanzmittel: Über ein Vergleichssystem werden Benchmarks zur Zuteilung von Finanzmitteln herangezogen. Personalstand, Verwaltungsausgaben, Effizienz, etc. dienen als Grundlage. Effizient wirtschaftende Gemeinden können aus diesem Titel mehr Mittel lukrieren.


"Wir werden in den kommenden Wochen eine Expertenstudie beauftragen, die dieses Modell durchrechnet und mögliche Rahmenbedingungen beschreiben kann", kündigt Mödlhammer an. "Damit schaffen wir eine Basis für die Verhandlungen, die in den nächsten Monaten wohl beginnen werden." Im Zuge dieser Überlegungen müsse man, so der Gemeindebund-Chef weiter, auch die Finanz- und Transferströme zwischen Bund, Ländern und Gemeinden genau unter die Lupe nehmen. "Zum einen hat sich herausgestellt, dass sich vor allem die Transferströme in den letzten Jahren zu Ungunsten der Gemeinden entwickelt haben. Zum anderen ist es generell nicht sinnvoll, wenn sich die Ebenen untereinander tausendfach Geld hin und her überweisen, allein das ist schon ein Kostenfaktor."

Aufgaben und Kompetenzen neu ordnen

"Seit Jahren nenne ich immer wieder Beispiele von Kompetenzüberschneidungen zwischen Bund, Ländern und Gemeinden, die man unverzüglich abschaffen könnte. Für die Kinderbetreuung etwa sind mehrere Ministerien zuständig und dann machen noch alle neun Bundesländer ihre eigenen Regeln. Umsetzen - und den Großteil finanzieren - sollen dann aber die Gemeinden. Das ist absurd. Die Kinderbetreuung gehört vollständig in die Hand der Gemeinden. Der Bund soll ei! n paar Grundregeln machen, den Rest können wir selbst erledigen, wenn man uns jene Mittel gibt, die heute dafür insgesamt aufgewandt werden." Insgesamt müsse man jeden Bereich durchleuchten und genau anschauen, um zu sehen, wo man Doppelzuständigkeiten abschaffen könne. "Dieser Kompetenzwirrwarr behindert die öffentliche Verwaltung massiv und kostet viel Geld", so Mödlhammer. "Im Rahmen einer Kompetenzbereinigung muss man auch zwischen Pflichtaufgaben und freiwilligen Aufgaben unterscheiden. Pflichtaufgaben müssen verbindlich definiert werden, freiwillige Aufgaben muss jede Gemeinde selbst finanzieren."

Autonomie und Spielräume bei Grundsteuer

Zur viel diskutierten Reform der Grundsteuer hat Mödlhammer auch einen Reformvorschlag: "Zum einen müssen wir natürlich über die Einheitswerte reden, die seit Jahrzehnten unverändert sind und inzwischen nicht mehr der Realität entsprechen. Dazu kommt, dass die Bewertung derzeit von den Finanzämtern des Bundes gemacht wird, die ja nicht Nutznießer der Grundsteuer sind. In unserem Modell würde auch die Bewertung der Liegenschaften nach einem einfachen System durch die Gemeinden erfolgen."

Zum anderen kann ich mir schon vorstellen, dass man den Gemeinden einen Spielraum bei der Grundsteuer einräumt. Innerhalb eines gewissen Rahmens soll jede Gemeinde selbst entscheiden können, wie hoch ihre Grundsteuer sein soll. Das wird für einen Wettbewerb unter den Gemeinden sorgen, den ich per se aber nicht für schlecht halte. Auch diese Überlegungen werde man in den nächsten Monaten von Experten durchrechnen lassen. "Fest steht für mich, dass die Grundsteuer eine Gemeindesteuer bleiben muss", so Mödlhammer. "Ich werde mich gegen jeden Versuch wehren, die Grundsteuer als Vehikel für eine neue Vermögenssteuer zu verwenden. Wenn der Bund eine eigene Vermögenssteuer will, dann soll er sie selbst beschließen und einheben. Die Grundsteuer gehört reformiert, bleibt aber eine gemeindeeigene Steuer."

Den - vermutlich recht schnell - kommenden Einwand zu vieler unterschiedlicher Steuersysteme entkräftet Mödlhammer: "Auch bei den Gebühren für Wasser, Abwasser und Müll hat jede Gemeinde ihre eigenen Tarife. Das funktioniert absolut ohne Probleme oder Widerstände. Das wird bei unterschiedlichen Grundsteuer-Sätzen auch nicht anders sein."

Bürokratieabbau dringend notwendig

"Uns geht es wie den meisten Bürgerinnen und Bürgern, wir leiden jeden Tag unter der Bürokratie, die man uns aufzwingt", sagt Mödlhammer. "Wenn ich daran denke, wie kompliziert die Abwicklung der Fördermittel für die Nachmittagsbetreuung ist. Wenn ich mir anschaue, was wir als Schulerhalter ständig an neuen Vorschriften, Regeln und Verordnungen umsetzen müssen. Wenn ich mir anschaue, welcher Hindernislauf es ist, bis ein Kindergarten genehmigt wird, dann ärgere ich mich genauso wie jeder Staatsbürger, der unter Bürokratie leidet", so Mödlhammer.

Die Bürokratie habe ein Ausmaß erreicht, das in dieser Form nicht mehr hinnehmbar sei. "Wir brauchen einfache, transparente und bürgernahe Prozesse auch in der Verwaltung. Daran führt kein Weg vorbei. Die Vorschriften und Verordnungen kommen aber in der Regel von einer Beamtenschaft im Bund und den Ländern, die nichts davon jemals selbst umsetzen muss", ärgert sich der Gemeindebund-Chef.

"Das beginnt bei den genannten Beispielen, setzt sich in der aufwändigen Schulverwaltung fort und endet in den Forderungen zur Umstellung des Haushaltsrechts. Das System der Doppik ist vielleicht für den Bund, die Länder oder Unternehmen geeignet. Für Gemeinden ist es ein riesiger Aufwand, sowohl finanziell, als auch personell." In vielen Gemeinden gibt es die dafür notwendigen Qualifikationen gar nicht, um eine Bilanz zu erstellen, wie sie der Bund oder die Länder machen sollen. "Die Beraterindustrie reibt sich schon die Hände und hofft auf gute Geschäfte bei den Gemeinden." Die EU schätzt, dass die Umstellungskosten für die flächendeckende Umsetzung des doppischen Haushaltswesens auf Gemeindeebene zwischen 250 und 300 Mio. Euro betragen.
"Da frage ich mich schon, worin konkret der Nutzen liegt." Außerdem stelle sich die Frage, wie man Gemeindevermögen bewerten soll. "Ein Güterweg, eine Straße, eine Laterne, ein Kindergarten...das sind Dinge, die keinen Marktwert haben, weil sie ja nicht veräußerbar sind. Ich habe sehr große Zweifel daran, dass eine Bewertung dieser Vermögensteile einer Gemeinde sinnvoll ist."

 

 

 

Allgemeine Informationen:
http://www.gemeindebund.at

 

 

 

 

 

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