Erholung mit ausgeprägter Unsicherheit

 

erstellt am
26. 06. 14
16.00 MEZ

WIFO-Prognose für 2014 und 2015
Wien (wifo) - Die Perspektiven für die österreichische Volkswirtschaft haben sich gegenüber der März-Prognose des WIFO nur geringfügig verändert. Im I. Quartal 2014 wuchs die Wertschöpfung wie erwartet, wenngleich etwas schwächer als im IV. Quartal 2013. Die Vorlaufindikatoren entwickelten sich zuletzt weniger dynamisch als erwartet. Nach einem Wachstum von 0,3% im Jahr 2013 sollte die Wirtschaft 2014 um 1,4% und 2015 um 1,7% expandieren.

Die österreichische Volkswirtschaft kehrte im 2. Halbjahr 2013 auf einen - wenn auch vorerst nur flachen - Wachstumspfad zurück. Die ab dem III. Quartal 2013 beobachtete schwungvolle Belebung setzte aber im I. Quartal 2014 aus. Vieles spricht dafür, dass die heimische Volkswirtschaft in den nächsten Quartalen wieder zu etwas höheren Wachstumsraten zurückkehrt. So entwickelten sich vor allem die Indikatoren der Auftragseingänge und Auftragsbestände günstig. Auch lieferte die Auslandsnachfrage stimulierende Impulse. Darüber hinaus sind die binnenwirtschaftlichen Rahmenbedingungen für einen Aufschwung weiterhin intakt. Erhebliche Risiken liegen allerdings nach wie vor im außenwirtschaftlichen Umfeld. Vor allem die Unsicherheit des künftigen politischen Kurses in südlichen und östlichen Nachbarländern prägt die Perspektiven der heimischen Exportwirtschaft.

Nach einer Expansion der österreichischen Wirtschaft im Jahr 2013 um insgesamt 0,3% dürfte sich das Wachstum im Jahr 2014 auf 1,4% und 2015 auf 1,7% beschleunigen. Die zentrale Annahme hinter dieser Prognose ist eine schrittweise Verringerung der Unsicherheit unter Investoren und Konsumenten, indem einerseits die Schuldenkrise im Euro-Raum sich nicht wieder verschärft und andererseits geopolitische Unsicherheiten abflauen.

Trotz der leichten Wachstumsbeschleunigung über den Prognosezeitraum sollte der Preisdruck verhalten bleiben. Ausschlaggebend dafür ist zum einen eine unterdurchschnittliche Kapazitätsauslastung und zum anderen die Erwartung, dass sich die Produktionslücke (Output Gap) bis Ende 2015 nicht schließen wird. Die Teuerungsrate wird, nach 2,0% im Jahr 2013, in den Jahren 2014 und 2015 jeweils 1,8% betragen. Neben einem mäßigen, jedoch soliden Wachstum des Konsums der privaten Haushalte wird vor allem die Investitionstätigkeit über den Prognosehorizont wieder deutlich zunehmen. Beschäftigung und Arbeitskräfteangebot werden sich weiterhin deutlich ausweiten. Trotz der Beschäftigungszuwächse dürfte die Arbeitslosigkeit hoch bleiben. Die Außenwirtschaft wird 2014 und 2015 einen ausgeglichenen Wachstumsbeitrag liefern. Zwar verbesserten sich die Wachstumsaussichten für die österreichische Exportwirtschaft in den letzten Monaten, eine nachhaltige Erholung ist allerdings wegen der noch trägen Entwicklung im Euro-Raum, in den knapp über 50% der österreichischen Exporte gehen, erst Ende 2015 zu erwarten.

Trotz der verhaltenen Konjunktur dürfte sich die Situation der öffentlichen Haushalte gegenüber der März-Prognose nicht weiter verschlechtern. Für 2014 wird ein Finanzierungssaldo des Staates (laut Maastricht-Definition) von -2,8% des BIP erwartet, der 2015 weiter auf -1,7% zurückgehen könnte.

Methodische Hinweise und Kurzglossar
Periodenvergleiche
Zeitreihenvergleiche gegenüber der Vorperiode, z. B. dem Vorquartal, werden um jahreszeitlich bedingte Effekte bereinigt. Dies schließt auch die Effekte ein, die durch eine unterschiedliche Zahl von Arbeitstagen in der Periode ausgelöst werden (etwa Ostern). Im Text wird auf "saison- und arbeitstägig bereinigte Veränderungen" Bezug genommen.

Die Formulierung "veränderte sich gegenüber dem Vorjahr . . ." beschreibt hingegen eine Veränderung gegenüber der gleichen Periode des Vorjahres und bezieht sich auf unbereinigte Zeitreihen.

Die Analyse der saison- und arbeitstägig bereinigten Entwicklung liefert genauere Informationen über den aktuellen Konjunkturverlauf und zeigt Wendepunkte früher an. Die Daten unterliegen allerdings zusätzlichen Revisionen, da die Saisonbereinigung auf statistischen Methoden beruht.

Wachstumsüberhang
Der Wachstumsüberhang bezeichnet den Effekt der Dynamik im unterjährigen Verlauf (in saisonbereinigten Zahlen) des vorangegangenen Jahres (t0) auf die Veränderungsrate des Folgejahres (t1). Er ist definiert als die Jahresveränderungsrate des Jahres t1, wenn das BIP im Jahr t1 auf dem Niveau des IV. Quartals des Jahres t0 (in saisonbereinigten Zahlen) bleibt.

Durchschnittliche Veränderungsraten
Die Zeitangabe bezieht sich auf Anfangs- und Endwert der Berechnungsperiode: Demnach beinhaltet die durchschnittliche Rate 2005/2010 als 1. Veränderungsrate jene von 2005 auf 2006, als letzte jene von 2009 auf 2010.

Reale und nominelle Größen
Die ausgewiesenen Werte sind grundsätzlich real, also um Preiseffekte bereinigt, zu verstehen. Werden Werte nominell ausgewiesen (z. B. Außenhandelsstatistik), so wird dies eigens angeführt.

Produzierender Bereich
Diese Abgrenzung schließt die NACE-2008-Abschnitte B, C und D (Bergbau und Gewinnung von Steinen und Erden, Herstellung von Waren, Energieversorgung) ein und wird hier im internationalen Vergleich verwendet.

Inflation, VPI und HVPI
Die Inflationsrate misst die Veränderung der Verbraucherpreise gegenüber dem Vorjahr. Der Verbraucherpreisindex (VPI) ist ein Maßstab für die nationale Inflation. Der Harmonisierte Verbraucherpreisindex (HVPI) ist die Grundlage für die vergleichbare Messung der Inflation in der EU und für die Bewertung der Preisstabilität innerhalb der Euro-Zone ( siehe auch http://www.statistik.at/ ).

Die Kerninflation als Indikator der Geldpolitik ist nicht
eindeutig definiert. Das WIFO folgt der gängigen Praxis, für die Kerninflation die Inflationsrate ohne die Gütergruppen unverarbeitete Nahrungsmittel und Energie zu verwenden. So werden knapp 87% der im österreichischen Warenkorb für den Verbraucherpreisindex (VPI 2010) enthaltenen Güter und Dienstleistungen in die Berechnung der Kerninflation einbezogen.

WIFO-Konjunkturtest und WIFO-Investitionstest
Der WIFO-Konjunkturtest ist eine monatliche Befragung von rund
1.500 österreichischen Unternehmen zur Einschätzung ihrer aktuellen und künftigen wirtschaftlichen Lage. Der WIFO-Investitionstest ist eine halbjährliche Befragung von Unternehmen zu ihrer Investitionstätigkeit ( http://www.konjunkturtest.at/ ). Die Indikatoren sind Salden zwischen dem Anteil der positiven und jenem der negativen Meldungen an der Gesamtzahl der befragten Unternehmen.

Arbeitslosenquote
Österreichische Definition: Anteil der zur Arbeitsvermittlung registrierten Personen am Arbeitskräfteangebot der Unselbständigen. Das Arbeitskräfteangebot ist die Summe aus Arbeitslosenbestand und unselbständig Beschäftigten (gemessen in Standardbeschäftigungsverhältnissen). Datenbasis: Registrierungen bei AMS und Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger.

Definition gemäß ILO und Eurostat: Als arbeitslos gelten Personen, die nicht erwerbstätig sind und aktiv einen Arbeitsplatz suchen. Als erwerbstätig zählt, wer in der Referenzwoche mindestens 1 Stunde selbständig oder unselbständig gearbeitet hat. Personen, die Kinderbetreuungsgeld beziehen, und Lehrlinge zählen zu den Erwerbstätigen, nicht hingegen Präsenz- und Zivildiener. Die Arbeitslosenquote ist der Anteil der Arbeitslosen an allen Erwerbspersonen (Arbeitslose plus Erwerbstätige). Datenbasis: Umfragedaten von privaten Haushalten (Mikrozensus).

Definition der Arbeitslosenquote
Personen in Schulungen: Personen, die sich zum Stichtag in AMS-Schulungsmaßnahmen befinden. Für die Berechnung der Arbeitslosenquote wird ihre Zahl weder im Nenner noch im Zähler berücksichtigt.

Unselbständig aktiv Beschäftigte: Zu den "unselbständig Beschäftigten" zählen auch Personen, die Kinderbetreuungsgeld beziehen, sowie Präsenzdiener mit aufrechtem Beschäftigungsverhältnis. Zieht man deren Zahl ab, so erhält man die Zahl der "unselbständig aktiv Beschäftigten".

 

 

 

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