Bundespräsident Heinz Fischer bei
 Gedenkfeier im belgischen Lüttich

 

erstellt am
05. 08. 14
10.00 MEZ

Rund 20 europäische Staats- und Regierungschefs gedachten heute des Ausbruchs des Ersten Weltkrieges vor 100 Jahren.
Lüttich/Wien (hofburg/apa/dpa) - Am 4. August 1914 waren rund 25.000 deutsche Soldaten im damals neutralen Belgien einmarschiert. Dies war der Auftakt für den Ersten Weltkrieg, an dem sich bis zur Kapitulation Deutschlands im November 1918 mehr als 70 Staaten und damalige Kolonialgebiete beteiligt hatten, unter ihnen auch die USA und Japan. Insgesamt waren im ersten weltweiten Krieg fast 70 Millionen Soldaten mobilisiert, mehr als 16 Millionen Menschen wurden getötet.

An der Gedenkfeier nahmen u.a. auch der belgische König Philippe, der spanische König Felipe, der irische Staastspräsident Michael Higgins, der bulgarische Präsident Rossen Plewneliew, der rumänische Staatschef Traian Basescu und die maltesische Staatspräsidentin Coleiro Preca teil.

Österreich war durch Bundespräsident Heinz Fischer vertreten. Großbritannien wurde durch Prinz William und seine Frau Kate vertreten. Von der EU-Kommission war der scheidende Präsident Jose Manuel Barroso zugegen.

In seiner Rede hat der deutsche Präsident Joachim Gauck ein aktives Eintreten für Freiheit, Recht und Toleranz angemahnt. Die internationale Gemeinschaft dürfe nicht gleichgültig bleiben, wenn Menschenrechte missachtet und Menschen bedroht würden, sagte der deutsche Bundespräsident.

Millionen von Menschen litten heute unter Gewalt und Terror, Millionen seien auf der Flucht, an vielen Orten der Welt gebe es Kriege und Bürgerkriege, sagte Gauck bei der Zeremonie mit hunderten Repräsentanten von mehr als 80 Staaten und internationalen Organisationen.

Frankreichs Staatschef François Hollande forderte ein stärkeres internationales Engagement der EU. Europa könne nicht neutral bleiben, wenn die territoriale Integrität der Ukraine bedroht sei, wenn in Syrien, Irak und anderen Staaten Massaker verübt würden. Europa sei heute "befriedet und vereint", betonte der belgische König Philippe. Die Politiker stünden nun in der Verantwortung. Sie müssten darüber nachdenken, wie dieser Frieden erhalten bleiben könne. "Dies bleibt auch heute eine große Herausforderung."

Bundespräsident Gauck erinnerte an die deutschen Verbrechen im Ersten Weltkrieg. "Der Nationalismus hat beinahe alle Herzen und Hirne" verblendet, sagte er. Es sei auch heute noch beschämend, dass in Deutschland auch Intellektuelle und Kulturschaffende gerechtfertigt hätten, wie deutsche Truppen gegen Land und Leute vorgegangen und auch Kulturstätten zerstört hätten. Vor hundert Jahren habe der Nationalismus "beinahe alle Herzen und Hirne verblendet". Dies und das "eklatante Versagen der Diplomatie" habe die Welt in einen Brüderkrieg gestürzt, der schließlich weite Teile der Erde in Brand gesetzt habe. Hundert Jahre später würden noch immer "politische, völkische oder religiöse Überzeugungen" instrumentalisiert und als Rechtfertigung für Gewalt und Mord benutzt, warnte der Bundespräsident. Immer noch verbreiteten "Fanatismus und Extremismus Angst und Schrecken."

Die beiden Weltkriege des vergangenen Jahrhunderts seien "bittere, schreckliche Lektionen" gewesen, betonte Joachim Gauck. Die politisch Verantwortlichen von heute müssten nicht nur mit Worten, sondern auch mit ihrem Handeln zeigen, dass sie "die Lektion wirklich gelernt haben."

Auf aktuelle Konflikte wie im Nahen Osten oder in der Ukraine ging Gauck nur indirekt ein. "Wieder wird in einer Region das Völkerrecht missachtet, in anderen Regionen der Welt das Kriegsrecht, oder unverhältnismäßige Gewalt wird in Konflikten eingesetzt."

Auf Einladung des britischen Premierministers David Cameron nimmt Bundespräsident Gauck am Abend an einer Feier auf dem deutsch-britischen Soldatenfriedhof St. Symphorien bei Mons teil. Am 4. August 1914 hatte Großbritannien dem Deutschen Reich den Krieg erklärt. Gemeinsam wollen Deutsche, Briten, Franzosen und Belgier hier der Opfer des Ersten Weltkriegs gedenken und würdigen, dass aus den ehemaligen Kriegsgegnern Partner und Verbündete wurden.

 

 

 

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