"Der Dialog mit Volkskultur. Wir und die Anderen."

 

erstellt am
29. 08. 14
10.00 MEZ

Sommerakademie des Österreichischen Volksliedwerks – Brückenschlag zwischen Theorie und Praxis
Linz (lk) - Die jährlich stattfindende Sommerakademie "Volkskultur als Dialog" des Österreichischen Volksliedwerks findet seit 1992 an verschiedenen Standorten in Oberösterreich statt. Es ist die einzige österreichweite Fortbildungsveranstaltung, die sowohl den praktischen als auch den theoretischen Zugang zur Volkskultur zu hinterfragen und zu überprüfen versucht. Ziel dieser jährlichen Veranstaltungsreihe ist es, das breite Betätigungsfeld der Volkskultur anhand unterschiedlicher Perspektiven zu beleuchten, um Brücken zu schlagen zwischen jenen, die Volkskultur leben, und jenen, die sich wissenschaftlich damit beschäftigen.

Dialog zwischen Kulturen
Die Sommerakademie 2014, die noch bis Samstag, 30. August 2014 dauert, versucht den vielfältigen Ausdrucksformen des "Wir und die Anderen" in Liedern, Musik und Tanz und Bräuchen nachzuspüren. Dabei werden geographische, kulturelle, religiöse und auf das Geschlecht bezogene Konfliktlinien thematisiert, sowie Formen der Begegnungen und das Potenzial für kreative Schaffensprozesse im gemeinsamen Dialog und Austausch zwischen Menschen und Kulturen aufgezeigt. Die Tagung bietet Raum, um gemeinsam über einen vernünftigen Umgang mit Grenzziehungen und ihren Markierungen in der Volkskultur nachzudenken.

Volkskultur als Vermittlerin
Damit setzt der Verband Österreichisches Volksliedwerk den Schwerpunkt aus dem Vorjahr zu den vermittelnden Möglichkeiten von Volkskulturen im interkulturellen Kontext fort und erweitert diesen um zusätzliche Aspekte. Als Dialogplattform bietet die Sommerakademie eine theoretische und praktische Auseinandersetzung mit einem aktuellen Thema. Nachhaltig soll damit die Entwicklung und Fortführung von Initiativen und Projekten unterstützt werden, die zur Stärkung der Vielfalt beitragen. Vor allem in ländlich dominierten Gebieten soll damit der gemeinsame Dialog von Menschen mit und ohne Migrationshintergrund und darüber hinaus die Begegnungen von Menschen mit und ohne Beeinträchtigung, verschiedener Generationen, religiöser und kultureller Gruppierungen sowie zwischen Frauen und Männern mittels Volkskultur begünstigt werden.

Festabend mit Liedern aus Österreich und südlichem Afrika
Seit dem Vorjahr wird die Tagung im Hotel Magerl in Gmunden am Traunsee durchgeführt. An der Sommerakademie nehmen jährlich über 70 Vertreterinnen und Vertreter von volkskulturellen Einrichtungen, Musiker/innen, Pädagog/innen, Studierende und Kulturwissenschaftler/innen teil. Speziell die interkulturelle Ausrichtung der Tagung zieht vermehrt Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus Migrationsvereinen sowie Sozialeinrichtungen an. Beim musikalischen Festabend heute, Donnerstag, 28. August 2014, stehen Lieder aus Österreich und dem südlichen Afrika am Programm.

Der Verband Österreichisches Volksliedwerk
Das Österreichische Volksliedwerk ist der Verband der Volksliedwerke der Bundesländer. Seit seiner Gründung 1904 zählen Sammlung, Archivierung, Dokumentation und Vermittlung der musikalischen Volkskultur in überlieferten und gegenwärtigen Erscheinungsformen zu den Hauptaufgaben der Institution.

Basis der Arbeit stellen die seit über 100 Jahren gesammelten Materialien der Archive der Volksliedwerke dar. Im Verbund werden jährlich etwa 80 Publikationen (CDs, Notenhefte, Bücher) veröffentlicht, etwa 100 Projekte und 1300 Veranstaltungen (Stammtische, offene Singen, Seminare, Symposien, Workshops Konzerte etc.) durchgeführt, 10.000 Archivanfragen nach Liedern, Noten oder Fachpublikationen beantwortet.

Anliegen ist es, die regionale musikalisch-kulturelle Vielfältigkeit festzuhalten, weiterzugeben, das Selbertun und die Kreativität zu fördern, um damit nachhaltig zur Verlebendigung und Erhaltung des kulturellen Erbes des Landes beizutragen.


Auswahl an Vorträgen und Workshops der Sommerakademie 2014:

Mit gespaltener Zunge. Zweisprachige Lieder als Forschungsfeld.
Eckhard John, Deutsches Volksliedarchiv

Überall wo es Sprachgrenzen und multikulturelle Regionen gibt, finden sich zweisprachige Lieder. Von der traditionellen "Volkslied"-Forschung wurden sie bislang als eine vernachlässigbare Form populärer und traditioneller Lieder beiseite geschoben: als ein Randphänomen, das weder qualitativ noch quantitativ relevant schien. Die historische Realität war jedoch eine andere. Der Vortrag veranschaulicht zum einen, dass es zweisprachige Lieder in einem weit größeren Ausmaß gegeben hat als bislang angenommen wurde, und macht in diesem Zusammenhang auf bislang gänzlich unbeachtete Besonderheiten des südosteuropäischen Raums aufmerksam. Diese unterstreichen den weitreichenden transnationalen Charakter, den solche Lieder entwickeln können, und machen den kulturgeschichtliche Stellenwert zweisprachiger Lieder deutlich.

Der Dialekt des Heimatliedes.
Ingeborg Geyer, Österreichische Akademie der Wissenschaften

In diesem Beitrag soll der Frage nachgegangen werden, wie bzw. welcher Dialekt in Landeshymnen und Heimatliedern zur Vermittlung von Heimatgefühl und Identität eingesetzt wird, ob authentisch oder artifiziell, z.B.: Hoamatlånd, Mei Muatterl wår a Weanerin oder lieber Hoch vom Dachstein her, Das schönste auf der Welt.

Die Lieder der Anderen. Musik von Minderheiten in Österreich.
Marko Kölbl, Institut für Volksmusikforschung und Ethnomusikologie, Universität für Musik und darstellende Kunst Wien

Für das Leben in einer Mehrheitsgesellschaft ist neben der Sprache die Musik ein wichtiger Identitätsmarker von Minderheiten. Lieder und Hymnen - Identitätslieder - von Minderheiten in Österreich erzählen von ihren Lebenssituationen und geben Einblicke in Machtrelationen, transkulturelle Prozesse und Fragen der Identität und Ethnizität.

"Ethno" - internationale Folkmusik-Workshopwochen für junge MusikerInnen. Projektpräsentation und Workshop.
Stephan Steiner, Musiker und Musikpädagoge (Mitwirkung u.a. bei Ethno Histria / Slowenien) und Friederike Lilien Abitz, Musikerin (Organisatorische Leitung Ethno Germany, ein Projekt der Jeunesses Musicales Deutschland)

Vor fast 25 Jahren fand in Falun / Schweden das erste Ethno statt: ein riesiger Erfolg und damit Anstoß einer Entwicklung hin zu einem großen Netzwerk von internationalen Musikcamps in Europa und darüber hinaus, unter der Schirmherrschaft von Jeunesses Musicales International. In Vortrag und Workshop wird dieses facettenreiche Projekt, wie auch musikalisches Peer-to-Peer-Learning als sein zentrales Konzept, vorgestellt.

Ich und die anderen - Sinn(en)volles Tanzen. Workshop zum Schulprojekt "Mit allen Sinnen" an Sonderpädagogischen Zentren.
Else Schmidt, Lehrerin am Haydn-Gymnasium Wien, Musik- und Tanzvermittlerin

Auf unsere sieben Sinne verlassen wir uns so selbstverständlich...
Wie aber kann Tanz gelingen, wenn diese nicht so einwandfrei zu Verfügung stehen?
Ausgehend von den Erfahrungen im Schulprojekt "Mit allen Sinnen" an Sonderpädagogischen Zentren werden Grenzziehungen und Überschreiten dieser Grenzen im Hinblick auf ein Gruppenerlebnis thematisiert, sowie Möglichkeiten des kreativen Umgangs mit tradiertem Material im Workshop vorgestellt und ausprobiert.


"WIMOWEAN - The Lion Sleeps Tonight"
Festabend am 28. August 2014, 19.30 Uhr in Gmunden, Hois'n Wirt (Eintritt frei)
Am Festabend treffen Musiker/innen und Sänger/innen aus Simbabwe und aus Österreich zusammen. Die in Wien lebenden Musikgruppe Insingizi mit drei Sängern aus Bulawayo, Simbabwe präsentiert die musikalischen Traditionen ihres Ursprunglandes mit harmonischem a cappella-Gesang, traditionellen Liedern, Hand-Perkussion und hervorragender Choreographie. Dazu interpretieren sie einige Wiener-Lieder. Im Anschluss lädt Herbert Bäuml zusammen mit Teilnehmer/innen der Sommerakademie das Publikum zu einer musikalischen Reise durch Österreich ein. Dazwischen werden einige Stücke aus dem Repertoire der Musikant/innen ausprobiert. Vertreter/innen lokaler volkskultureller Vereine sind ebenso eingeladen, wie alle an Musik und Liedern Interessierten.

 

 

 

Allgemeine Informationen:
http://www.volksliedwerk.at

 

 

 

 

 

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