Raffinierten Strategien von Krebszellen auf der Spur

 

erstellt am
24. 09. 14
10.00 MEZ

Prostatakarzinom: Junges österreichisches Team erforscht neue Wege im Kampf gegen „Männerkrankheit Nummer 1“
Innsbruck (scinews) - „Vielseitig, geschickt, erfinderisch, kommunikativ“, so beschreibt die Molekularbiologin Julia Höfer Zellen des Prostatakarzinoms. Die Nachwuchsforscherin (32) an der Medizinischen Universität Innsbruck ist den raffinierten Strategien von Krebszellen auf der Spur. Diese Feinarbeit im Labor zielt auf lange Sicht darauf ab, neue Wege im Kampf gegen den Krebs der Vorsteherdrüse (Prostata) zu eröffnen. An dieser „Männerkrankheit Nummer 1“ sterben alleine in Österreich pro Jahr 1200 Betroffene.

Prostatakrebs ist bisher nur im Frühstadium sehr gut zu behandeln. In dieser Phase kann der Tumor durch eine Herausnahme der Prostata oftmals komplett entfernt werden. Sobald der Krebs jedoch die Organgrenzen überschreitet, sind die Behandlungsmöglichkeiten begrenzt. Es kommt nach kurzer Zeit zu Therapieresistenzen. „Grund dafür ist die Raffinesse von Tumorzellen. Diese passen sich über vielschichtige Signalwege an die durch eine Hormon- oder Chemotherapie veränderten Gegebenheiten im Körper an. Anschließend wachsen sie ungebremst weiter. Wenn wir daher jene Signalketten besser verstehen, die in unkontrolliertes Wachstum münden, sind dies potenzielle Angriffspunkte für eine effizientere Behandlung“, erklärt Höfer.

Neue therapeutische Ziele
Die Wissenschaftlerin vom Team um Ao. Univ.-Prof. Dr. Zoran Culig an der Innsbrucker Universitätsklinik für Urologie (Direktor: Prof. Wolfgang Johannes Horninger) stößt bei ihrer Feinarbeit im Mikrokosmos von Krebs auch auf Überraschendes“. Bestimmte Botenstoffe im Körper - so genannte „Zytokine“ - und Wachstumsfaktoren vermitteln über verschiedene Signalkaskaden ihre wachstumsfördernde Wirkung. In gesunden Zellen werden diese durch „endogene Inhibitoren“ gehemmt. Solche Inhibitoren sind z. B. SOCS (Suppressor of Cytokine Signaling) und PIAS (Protein Inhibitor of Activated STAT). Diese Inhibitoren sorgen für die korrekte Regulation des Zellwachstums. „Man müsste also annehmen, dass eine hohe Expression solcher Proteine gut für den Patienten ist, sprich unkontrolliertes Wuchern verhindert,“ sagt Höfer. Die Forscherin wies allerdings das Gegenteil nach.

Die Expression zweier Vertreter dieser Proteinfamilien - PIAS1 und SOCS2 - nimmt im Prostatakrebsgewebe mit steigender Malignität signifikant zu. Die Zellen wachsen dadurch schneller. Die Gründe dafür: PIAS1 hemmt bei dieser Erkrankung auch die Aktivität eines Wächters des Zellzyklus, des Tumorsuppressors „p21“, fördert somit unkontrolliertes Zellwachstum. SOCS2 wirkt auf andere Weise onkogen, also krebsfördernd: In Prostatakrebszellen ist der Androgenrezeptor-Signalweg besonders aktiv. Höfer konnte zeigen, dass die Expression von SOCS2 durch männliche Hormone (Androgene) stark angeregt wird. „Auf einem solch hohen Niveau wirkt SOCS2 anschließend nicht mehr inhibitorisch, sondern fördernd auf bestimmte Signalwege. Dies beschleunigt ebenso das Wachstum. Regulieren wir SOCS2 oder PIAS1 in Prostatakrebszellen dagegen herunter, wird das Wachstum in vitro und in vivo gestoppt. Diese Erkenntnisse bilden die Grundlage für die Entwicklung effizienterer Kombinationstherapien bei Prostatakrebs“, betont die Nachwuchsforscherin.

Dr.in Julia Höfer publizierte ihre Ergebnisse bisher im „American Journal of Pathology“ sowie in „Endocrine Related Cancer“. Sie wurde für ihre Forschungsarbeit mit dem Sanofi-Aventis-Preis sowie dem Innovationspreis der Deutschen Gesellschaft für Urologie (DGU) ausgezeichnet. Gefördert wurde die junge Forscherin über das Doktoratskolleg „Molekulare Zellbiologie und Onkologie (MCBO)“ in Innsbruck. Dazu erklärt die Rektorin der Medizinischen Universität Innsbruck, o.Univ.-Prof.in Dr.in Helga Fritsch, „gezielte Nachwuchsförderung hat einen hohen Stellenwert an der Medizinischen Universität Innsbruck. Gerade am Anfang einer wissenschaftlichen Karriere, mit einem Erstprojekt, gibt es nur eine überschaubare Anzahl von Fördermöglichkeiten für junge Forscherinnen und Forscher. Junge WissenschaftlerInnen sollten auf diesem Weg zur weiteren Forschungstätigkeit allerdings motiviert werden. Für unseren Forschungsnachwuchs hat die Medizinische Universität Innsbruck das spezielle MUI-Start Förderprogramm und einen Frauenförderpreis“.

Stichwort Prostatakrebs
Das Prostatakarzinom ist eine der häufigsten Krebserkrankungen der westlichen Welt mit entsprechenden Kosten für das Gesundheitssystem und bisher nur im Frühstadium sehr gut behandelbar. Bei Prostatakrebs sind grundsätzlich jene Mechanismen nicht im Detail bekannt, die zu Entartung, unkontrolliertem Wachstum und Streuung der Zellen führen. Culigs Innsbrucker Gruppe erforscht als eine weniger in Mitteleuropa die Ursachen für das Entstehen und Wachsen von Prostatakrebszellen und sorgte in den vergangenen Jahren kontinuierlich mit mehreren international renommierten Beiträgen in der Scientific Community für Aufsehen.

 

 

 

Allgemeine Informationen:
http://www.zculig.org

 

 

 

 

 

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