Ehrung von österreichischen Gerechten
 unter den Völkern

 

erstellt am
01. 10. 14
10.00 MEZ

Feierstunde im Hohen Haus
Wien (pk) – Seit 1953 werden durch den Staat Israel Menschen als "Gerechte unter den Völkern" ausgezeichnet, die zwischen 1933 und 1945 große persönliche Risiken in Kauf nahmen und dabei ihr Leben in Gefahr brachten, um von der Deportation in Arbeits- oder Vernichtungslager bedrohte Juden zu schützen. Anfang 2014 betrug die Zahl der Gerechten insgesamt 25.271, darunter 95 ÖsterreicherInnen. Nun wurde diese Ehrung im Rahmen einer Feierstunde, zu der Nationalratspräsidentin Doris Bures ins Parlament geladen hatte, an weitere Österreicherinnen und Österreicher vergeben.

Bures: Jugend lehren, bei Unrecht nicht wegzusehen
In ihrer Ansprache erinnerte Nationalratspräsidentin Bures daran, dass die große Mehrheit während der Zeit der NS-Diktatur weggesehen, geschwiegen oder sich sogar selbst an Verbrechen beteiligt hat. Einige wenige Menschen seien aber ihrem Gewissen gefolgt und hätten geholfen. Mit ihrer Ehrung solle ein Zeichen gesetzt werden, dass Zivilcourage und der Mut des Einzelnen einen hohen Stellenwert haben und auch in demokratischen Rechtsstaaten notwendig sind, so Nationalratspräsidentin Bures.

Gegenwärtig gelte es, gegenüber Tendenzen von Faschismus, Rassismus und Antisemitismus wieder besonders wachsam zu sein, gab Bures zu bedenken. Daher sei es wichtig, den jungen Menschen von heute zu vermitteln, welche Konsequenzen es haben kann, wenn man wegsieht, wenn Unrecht geschieht. Dies sei eine Aufgabe der gesamten Gesellschaft und betreffe die Politik, das Bildungssystem und den familiären Bereich gleichermaßen, unterstrich Bures.

Österreich könne seine Vergangenheit weder abstreifen noch vergessen und nichts ungeschehen machen, führte die Nationalratspräsidentin aus. "Wir können aber, und das halte ich für das Entscheidende, uns mit unserer Vergangenheit kritisch auseinandersetzen und auch den nachfolgenden Generationen vermitteln, welche Lehren zu ziehen sind. Es ist daher notwendig, die Vergangenheit einer dauerhaften Auseinandersetzung zu unterziehen. Das ist der einzige Weg, um in der Gegenwart eine menschenwürdige Basis für das Zusammenleben zu schaffen. Und es ist Teil der Verantwortung, die wir für die dunklen Kapitel unser Vergangenheit zu tragen haben."

Edelstein: "Niemals wieder" darf nicht zur Leerformel werden
Der Vorsitzende der Knesset Yuli-Yoel Edelstein sagte in seiner Rede, das gesamte Ausmaß des Holocaust werde stets unbegreiflich bleiben. Seine Anfänge seien jedoch nicht zuletzt auch im Verhalten derer zu suchen, deren Reaktion auf die ersten Anzeichen von Diskriminierungen und Gewalt gegen ihre jüdischen Mitmenschen in Indifferenz und Wegsehen bestand, meinte er. Deshalb sei bis heute das Beispiel der Gerechten, welche unter großem persönlichem Risiko anderen geholfen haben, besonders wichtig. Auch jetzt gebe es in vielen Ländern beunruhigende Anzeichen eines erstarkenden Antisemitismus, konstatierte Edelstein. Indifferenz gegenüber diesen Erscheinungen sei daher keine Option. Die eindeutige Stellungnahme von Politik und Gesellschaft sei wichtig. Nur so könne verhindert werden, dass die Forderung "Niemals wieder" zur leeren Formel von Gedenkveranstaltungen wird, so der Vorsitzende des israelischen Parlaments.

Auszeichnung für "Gerechte" aus Wien und Tirol
Der Botschafter des Staates Israels Zvi Heifetz überreichte die posthume Ehrung als "Gerechte unter den Völkern" an die Nachkommen der RetterInnen von vier Verfolgten in Wien und Tirol. Geehrt wurde das Wiener Ehepaar Johann und Franziska Horrak. Sie hatten 1942 die als Jüdin von der Deportation bedrohte Gertrude Wolf aufgenommen. Nachbarn gegenüber wurde sie als kränkliche Cousine aus der Provinz ausgegeben, Gertrude Wolf konnte so bis zum Kriegsende in Wien überleben.

Eine posthume Auszeichnung als Gerechte wurde weiters mehreren Personen aus Tirol zuteil. Als Gerechte geehrt wurde die Mitglieder der Familie Niedrist Franz, Hans, Maria (Moidl) und Isabella, die Ehepaare Heinz und Maria Thaler, Michael und Maria Prem sowie Anna Wimmer. Sie alle haben einen Beitrag geleistet, um die Anfang 1943 aus Berlin geflüchtete Irma Dann und ihre beiden Töchter Marion und Eva bis Kriegsende zu verstecken und zu versorgen. Kammerschauspielerin Elisabeth Ort trug die Geschichten der Geretteten und ihrer RetterInnen vor. Die musikalische Umrahmung der feierlichen Stunde besorgte das Atmos Quartett Wien.

 

 

 

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