20 Jahre Privatkonkurs - Neustart für
110.000 Menschen

 

erstellt am
05. 11. 14
10.00 MEZ

Vor 20 Jahren wurde für Überschuldete in Österreich der Privatkonkurs geschaffen. Sinkende Konkurszahlen sind für Schuldenberatungen ein Aufruf, weiter Hürden abzubauen.
Wien (schuldenberatung) - Am 1.1.1995 trat das Gesetz für einen Privatkonkurs in Österreich in Kraft. Es war ein Meilenstein im Kampf gegen Überschuldung, weil es einen Neustart für Menschen bietet, die nicht mehr in der Lage wären, ihre hohen Schulden zu Lebzeiten gänzlich zurückzuzahlen. Seit 1995 haben fast 110.000 Personen Privatkonkurs angemeldet.

Zuletzt sorgten sinkende Privatkonkurs-Zahlen für Schlagzeilen. Hans W. Grohs, Geschäftsführer der Dachorganisation der staatlich anerkannten Schuldenberatungen, asb, relativiert: "Nach 20 Jahren pendeln sich die Zahlen langsam auf fast 10.000 Privatkonkurse im Jahr ein. Zu dem erzählen sinkende Zahlen auch von tausenden Betroffenen, für die die Hürden eines Privatkonkurses immer noch zu hoch sind - denen der Neustart somit verwehrt bleibt."

Die Dachorganisation der staatlich anerkannten Schuldenberatungen lädt heute Vormittag zu einem Festakt anlässlich 20 Jahre Privatkonkurs ins Justizministerium im Palais Trautson. Ausgehend von der soliden Arbeit der Schuldenberatungen und der Justiz belegen ExpertInnen aus diesen Bereichen sowie aus Soziologie und Armutsforschung die große Bedeutung der Schuldenregulierung für Betroffene und die Gesellschaft. Parallel lädt heute die SPÖ zu einer Klubenquete zu Schulden, Kreditklemme und Privatinsolvenz ins Parlament, bei der ebenfalls Vertreter der Schuldenberatungen ihre Expertise beisteuern.
"20 Jahre Privatkonkurs sind durchaus ein Grund zu Feiern", sagt Hans W. Grohs. "Nun müssen wir gemeinsam und interministeriell daran arbeiten, um das Verfahren treffsicherer zu machen, noch mehr Menschen einen Neustart zu ermöglichen und somit das EU-Ziel der Verringerung von Armut zu unterstützen. Dies entspricht auch den Zielvorgaben im Regierungsprogramm."

"Mein Leben mit dem Privatkonkurs" im Palais Trautson
Georg Kodek, Richter am Obersten Gerichtshof, sowie Andreas Konecny, Vorstand des Instituts für Zivilverfahrensrecht an der Uni Wien, berichten von den Entwicklungsschritten des Schuldenregulierungsverfahrens. Michael Chalupka, Direktor der Diakonie Österreich, unterstreicht die Wichtigkeit der Schuldenregulierung für die Armutsbekämpfung. Götz Lechner, Soziologe aus Bamberg, erläutert das Tabu des Scheiterns in unserer Gesellschaft. Brigitte Schwent, langjährige Schuldenberaterin, und Monika Widauer-Scherf, Psychotherapeutin, beschreiben die Ausnahmesituation, in der sich Menschen in finanziell auswegloser Situation befinden. Die Aussicht auf Entschuldung über einen Privatkonkurs leistet einen wesentlichen Beitrag zur wirtschaftlichen, physischen und psychischen Gesundheit der Betroffenen.

Die Geschichte der staatlich anerkannten Schuldenberatungen ist eng verknüpft mit jener des Privatkonkurses. Sie haben einen gesetzlichen Auftrag und durch die vom Justizministerium vergebene staatliche Anerkennung die Möglichkeit, SchuldnerInnen vor Gericht zu vertreten. "Wenn überschuldete Menschen nach einer Schuldenregulierung wieder in vollem Ausmaß am wirtschaftlichen und sozialen Leben teilhaben können, nutzt das nicht nur ihnen und ihren Familien. Gläubiger profitieren, weil sie rasch den maximal möglichen Anteil ihrer Forderungen erhalten. Der Staat profitiert, weil aus EmpfängerInnen von Sozialleistungen wieder Einzahlende ins Sozialsystem werden. Und die Wirtschaft gewinnt kaufkräftige KonsumentInnen", sagt Hans W. Grohs am 04.11. im Rahmen der Veranstaltung "Mein Leben mit dem Privatkonkurs" im Palais Trautson.

 

 

 

Allgemeine Informationen:
http://www.schuldenberatung.at
http://www.budgetberatung.at

 

 

 

 

 

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