Klimabarometer als Stimmungsindikator
 der KMU pessimistischer

 

erstellt am
11. 11. 14
10.00 MEZ

Creditreform KMU-Umfrage, Herbst 2014: Aktuelle Geschäftslage verschlechtert sich, KMU haben erstmals negative Erwartungen
Wien (creditreform) - Die aktuelle Konjunkturflaute drückt den hiesigen Klein- und Mittelunternehmen aufs Gemüt. Das Creditreform Klimabarometer, das die Bewertungen der mittelständischen Unternehmen zu Geschäftslage und -erwartungen in einem Index zusammenfasst, spricht eine deutliche Sprache. So beträgt der Indexwert heuer lediglich plus 0,2 Punkte und liegt damit deutlich unter dem Vorjahreswert von plus 6,5 Punkten. Diese Entwicklung bahnte sich bereits im Frühjahr dieses Jahres an, als der Indexwert auf plus 4,8 Punkte sank. Am schlechtesten beurteilt der Handel sein Geschäftsklima und liegt damit als einzige Branche mit einem Wert von minus 2,1 Punkten (Vorjahr: plus 6,6 Punkte) im Minusbereich, während im Bau mit plus 5,2 Punkten (Vorjahr: plus 5,5 Punkte) und bei den Dienstleistungen mit plus 4,9 Punkten (Vorjahr: plus 7,9 Punkte) noch recht ordentliche Werte erzielt werden.

Das Creditreform Klimabarometer basiert auf einer Umfrage unter circa 1.700 mittelständischen Betrieben in Österreich. Der Index setzt sich zusammen aus den Einschätzungen der Befragten zum eigenen Betrieb, zur eigenen Branche sowie zur konjunkturellen Lage allgemein. Dabei fließen in die Gesamtbewertung des Konjunkturklimas sowohl die Äußerungen zur aktuellen Lage als auch zur zukünftigen Entwicklung ein. Aus den positiven und negativen Antworten werden jeweils Salden gebildet, die wiederum die Berechnungsgrundlage für den Gesamtindex bilden. Das Klimabarometer zielt in erster Linie auf die Stimmung im Mittelstand ab.

Klimabarometer Gesamtwirtschaft
Die vorherige Abbildung zeigt deutlich, dass die Konjunkturkurve heuer nach unten zeigt und der Aufschwung des Jahres 2012 nicht fortgesetzt werden konnte. So bekommt die Gesamtwirtschaft Österreichs die Auswirkungen der schlechteren außenwirtschaftlichen Konditionen sowie der internationalen Konfliktherde zu spüren. Der private Konsum hat nicht wesentlich angezogen und trägt daher wenig zur Konjunkturbelebung bei. Dementsprechend verlief die Entwicklung der Teilindizes des österreichischen Mittelstandes. Während der Lageindex im Herbst 2014 noch im positiven Bereich verharrt (plus 2,4 Punkte; Vorjahr: plus 7,2 Punkte), rutschte der Erwartungsindex in den Minusbereich (minus 1,8 Punkte; Vorjahr: plus 5,9 Punkte).

Deutlicher Einbruch bei Baugewerbe
Den deutlichsten Stimmungseinbruch verzeichnete das Baugewerbe, hier sank der Indexwert um 10,0 Zähler von plus 7,4 Punkten im Herbst 2013 auf heuer minus 2,6 Punkte. Ein ebenfalls negatives Stimmungsbild, wenngleich nur geringfügig unter der Nulllinie, zeichnet auch der Handel. Hier verringerte sich der Vorjahreswert von guten plus 7,1 Punkten um 7,2 Zähler auf minus 0,1 Punkte. Am besten aufgestellt ist die Dienstleistungsbranche mit plus 7,7 Punkten, die damit im Jahresverlauf nur einen Rückgang von 1,2 Zählern hinnehmen musste. Das Verarbeitende Gewerbe kann aktuell immerhin noch plus 2,1 Punkte verbuchen (Vorjahr: plus 4,5 Punkte).

Erwartungen der KMU erstmals seit fünf Jahren negativ
Erstmals seit der Rezession im Jahre 2009 liegt der Erwartungsindex der österreichischen KMU wieder im Minusbereich. Alle Hauptwirtschaftsbereiche haben ihre Werte deutlich nach unten korrigiert und blicken nicht mehr so zuversichtlich wie noch vor Jahresfrist auf die konjunkturelle Entwicklung. Der größte Verlierer ist hier das Baugewerbe, das seinen Indexwert um 11,3 Zähler nach unten korrigierte (minus 7,6 Punkte; Vorjahr: plus 3,7 Punkte). Einen deutlichen Einbruch gab es ebenfalls beim Handel, dessen Indexwert um 10,2 Zähler sank (minus 4,0 Punkte; Vorjahr: plus 6,2 Punkte). Gerade noch im positiven Bereich liegt das Verarbeitende Gewerbe mit plus 0,1 Punkten (Vorjahr: plus 6,0 Punkte). Das beste Ergebnis im Branchenvergleich erzielt aktuell die Dienstleistungsbranche mit einem Erwartungsindikator von plus 2,2 Punkten (Vorjahr: plus 6,9 Punkte).

Klimabarometer Hauptwirtschaftsbereiche
Die Abbildung zeigt in den Hauptwirtschaftsbereichen leichte Unterschiede bei der konjunkturellen Entwicklung, die jedoch ein einheitliches Bild ergeben: Die Konjunktur schwächelt und der Kurvenverlauf zeigt eindeutig nach unten. Besonders Bau und Handel, die lange Zeit als binnenwirtschaftlich orientierte Wirtschaftszweige die Konjunktur angeschoben haben, haben spürbar nachgelassen und sind in den negativen Bereich gerutscht. Die konjunkturelle Entwicklung der Bauwirtschaft hat sich nach dem Frühjahr 2013 im Gegensatz zu den übrigen Wirtschaftsbereichen, die teilweise noch einen leichten Aufschwung verzeichnen konnten, nicht mehr erholt. Lediglich die Dienstleistungsbranche konnte im Herbst dieses Jahres die Talfahrt aufhalten und halbwegs auf Vorjahresniveau verharren. Eine spürbare Konjunkturbelebung scheint daher vorerst nicht in Sicht.

Auftragseingänge sind stark rückläufig - Erwartungen gedämpft, Rückfall auf das Niveau von 2009
Die Entwicklung der Auftragseingänge spiegelt wider, was bei den Stimmungsindikatoren bereits offensichtlich war: Der konjunkturelle Aufschwung ist ins Stocken geraten. So konnte sich der österreichische Mittelstand nicht über vollere Auftragsbücher freuen. Mit einem Saldo aus Auftragsein- und -rückgängen von minus 11,5 Prozentpunkten liegt man 2014 sogar unter dem Wert des Rezessionsjahres 2009 (minus 10,0 Prozentpunkte). So haben in den letzten Monaten 23,0 Prozent der befragten Mittelständler Auftragssteigerungen verbuchen können, während auf der anderen Seite mehr als jeder dritte Betrieb (34,5 Prozent) Auftragsrückgänge hinnehmen musste. Im Herbst des Vorjahres verbuchten 25,3 Prozent der Befragten ein Auftragsplus und 25,9 Prozent dagegen ein Auftragsminus und erzielten damit einen Saldo von minus 0,6 Prozentpunkten.

Die Auftragssituation in den einzelnen Wirtschaftsbereichen hat sich in keiner Branche im Jahresverlauf verbessert. Per Saldo das beste Ergebnis (0,0 Prozentpunkte) erzielte das Verarbeitende Gewerbe, bei allen übrigen Branchen liegt der Saldo aus gestiegen und gesunken teilweise deutlich im Minusbereich (Bau: minus 24,2 Prozentpunkte; Handel: minus 19,0 Prozentpunkte; Dienstleistungen: minus 4,8 Prozentpunkte). Die größten Auftragszuwächse verzeichnete das Verarbeitende Gewerbe (28,7 Prozent). In den Branchen Dienstleistungen (22,3 Prozent) sowie Bau (21,1 Prozent) und Handel (21,1 Prozent) konnte immerhin rund jedes fünfte Unternehmen ein Auftragsplus verbuchen. Auf der anderen Seite hatte der Bau am meisten mit Auftragsrückgängen zu kämpfen (45,3 Prozent). Auch beim Handel gab es deutliche Einbrüche. Hier klagten in den vergangenen Monaten 40,1 Prozent der befragten österreichischen Mittelständler über ein Auftragsminus. Beim Verarbeitenden Gewerbe meldeten 28,7 Prozent der Befragen rückläufige Auftragseingänge und bei den Dienstleistern 27,1 Prozent der Befragten.

Auftragserwartungen sind gedämpft
Hinsichtlich ihrer Auftragserwartungen sind die österreichischen Mittelständler pessimistischer als noch vor Jahresfrist gestimmt. Der Erwartungssaldo aus "steigen" und "sinken" liegt heuer - wie bereits in den Krisenjahren 2009 und 2012 - wieder im Minusbereich und beträgt minus 6,9 Prozentpunkte. Im Jahr 2013 konnte sich der Erwartungssaldo nach dem Einbruch 2012 noch auf einen Wert von plus 3,5 Prozentpunkten steigern.

So rechnen nunmehr 17,9 Prozent der befragten mittelständischen Unternehmen damit, dass ihre Auftragseingänge steigen werden, wohingegen 24,8 Prozent glauben, dass sich ihr Auftragsaufkommen reduzieren wird.

Die einzelnen Wirtschaftszweige bewerten ihre künftige Auftragslage wesentlich schlechter als im Jahr zuvor. Der Erwartungssaldo aus steigen und sinken liegt beim Bau (Saldo: minus 25,2 Prozentpunkte), Handel (Saldo: minus 9,9 Prozentpunkte) und dem Verarbeitenden Gewerbe (Saldo: minus 2,0 Prozentpunkte) im Minusbereich. Die Optimisten finden sich in der Dienstleistungsbranche (Saldo: plus 3,0 Prozentpunkte), wo 22,9 Prozent der befragten Mittelständler von Auftragssteigerungen ausgehen, während 19,9 Prozent Auftragsrückgänge prognostizieren. An zweiter Stelle folgt das Verarbeitende Gewerbe, wo 18,8 Prozent der Befragten mit volleren Auftragsbüchern rechnen und 20,8 Prozent mit einem Auftragsminus kalkulieren. Im Baugewerbe hingeben rechnen sogar 36,8 Prozent der befragten mittelständischen Betriebe mit einem Auftragsrückgang und lediglich 11,6 Prozent mit einer Auftragssteigerung.

Umsatzentwicklung seit zwei Jahre rückläufig - Tendenz weiter sinkend
Die Umsatzentwicklung der mittelständischen Betriebe in Österreich befindet sich insgesamt betrachtet seit 2012 im Abwärtstrend. So hat sich der Saldo aus gestiegenen und gesunkenen Umsätzen nach einem guten Ergebnis von plus 20,1 Prozentpunkten im Jahr 2011 kontinuierlich nach unten bewegt, sodass er 2014 im Herbst bei plus 1,0 Prozentpunkten liegt - Tendenz sinkend. So gaben 29,0 Prozent der befragten mittelständischen Unternehmen in Österreich an, dass ihre Umsätze in den letzten Monaten gestiegen sind, während 28,0 Prozent von Umsatzrückgängen berichteten. Ein Jahr zuvor waren es noch 31,6 Prozent der Befragten, die sich über eine Umsatzsteigerung freuen konnten, während 23,7 Prozent der Betriebe einen Umsatzrückgang beklagten.

In den einzelnen Wirtschaftszweigen ergibt sich ein durchaus unterschiedliches Bild. Auch hier ist die Tendenz in den meisten Branchen rückläufig. Positiv sticht aber das Verarbeitende Gewerbe hervor. Hier wurden in den letzten Monaten die größten Umsatzsteigerungen mit einem Anteil von 33,7 Prozent der befragten Betriebe verzeichnet. Demgegenüber waren es 23,8 Prozent der Unternehmen dieser Branche, die Umsatzeinbußen hinnehmen mussten, sodass der Umsatzsaldo aus gestiegen und gesunken heuer plus 9,9 Prozentpunkte beträgt (Vorjahressaldo: 0,0 Prozentpunkte). Einen ebenfalls positiven Umsatzsaldo von plus 9,0 Prozentpunkten, wenngleich deutlich geringer als der Vorjahreswert von plus 16,1 Punkten, gibt es in der Dienstleistungsbranche, wo 30,1 Prozent der befragten Unternehmen ein Umsatzplus verbuchen konnten, während 21,1 Prozent ein Umsatzminus verkraften mussten. Im Baugewerbe (27,4 Prozent) und beim Handel (25,4 Prozent) konnte rund jedes vierte Unternehmen Umsatzsteigerungen verbuchen. Da der Anteil der Betriebe, die Umsatzrückgänge verkraften mussten, jedoch beim Handel 37,3 Prozent und beim Baugewerbe 30,5 Prozent beträgt, beläuft sich der Umsatzsaldo auf minus 11,9 Prozentpunkte beim Handel und minus 3,1 Prozentpunkte beim Bau.

Der Einbruch der Umsatzlage sowie die anhaltenden rauen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen schlagen sich deutlich in den Prognosen der österreichischen Mittelständler zur künftigen Umsatzentwicklung nieder. Von Optimismus kann nicht die Rede sein. Die Mittelständler stellen sich auf eine weitere Durststrecke ein. So liegt der Saldo aus steigenden und sinkenden Umsätzen nach vier Jahren erstmals wieder im Minusbereich und beträgt 2014 minus 2,2 Prozentpunkte. Im Jahr 2013 waren es immerhin noch plus 7,5 Prozentpunkte.

Baugewerbe blickt voller Sorge in die Zukunft
Bei den einzelnen Wirtschaftszweigen haben sich die Indexwerte einheitlich im Jahresverlauf nach unten korrigiert. In den Branchen Verarbeitendes Gewerbe und Dienstleistung ist der Saldo aus "steigen" und "sinken" noch im positiven Bereich, weshalb man hier am optimistischsten hinsichtlich der künftigen Umsatzentwicklung gestimmt ist. Beim Verarbeitenden Gewerbe rechnet fast jedes vierte mittelständische Unternehmen mit volleren Kassen (23,8 Prozent), rund jedes fünfte hingegen kalkuliert mit einem Umsatzminus (19,8 Prozent). In der Dienstleistungsbranche geht gut ein Viertel der Befragten (25,3 Prozent) von steigenden Umsätzen aus, 22,3 Prozent der Betriebe dagegen von einem Umsatzrückgang in den kommenden Monaten. Per Saldo aus "steigen" und "sinken" dürfte es im Baugewerbe und in der Handelsbranche künftig deutliche Umsatzeinbußen geben, wobei das witterungsabhängige Baugewerbe mit einem Saldo von minus 18,9 Prozentpunkten deutlich nachgelassen hat. Im Jahr zuvor betrug der Erwartungssaldo zu Anfang des Winters noch minus 7,2 Prozentpunkte. Der Handel hat sich ebenfalls im Vergleich zum Jahr 2013 bei seinen Umsatzprognosen deutlich verschlechtert. Hier sank der Erwartungssaldo von plus 16,0 Prozentpunkten auf heuer minus 1,4 Prozentpunkte.

Conclusio: Österreichs Wirtschaft verliert an Boden
Wie schon bei der Umfrage vor einem halben Jahr im Frühjahr 2014 prognostiziert, haben die heimischen Unternehmen mit sinkenden Umsätzen und Aufträgen zu kämpfen. Diese pessimistische Erwartungshaltung ist nun im Herbst voll und ganz eingetroffen und hat sich sogar verstärkt. Die Gründe sind mannigfaltig. Das billige Geld der Europäischen Zentralbank kommt bei den Unternehmen nicht an. Die Banken benötigen dieses vorläufig selbst um die Eigenkapitalvorschriften einzuhalten und Vorsorge zu halten. Dazu kommt ein großes Misstrauen ins geopolitische Umfeld sowie ein nach wie vor nicht beiseite geräumtes Bauchweh hinsichtlich der Stabilität des Euroraumes (Stichwort Frankreich, Italien). Der österreichischen Exportwirtschaft macht auch der stotternde Konjunkturmotor Deutschland Sorgen. Das alles führt zu den negativen Erwartungshaltungen für die zukünftige Entwicklung. Gefragt sind die Unternehmen und die Politik: Die Unternehmen müssen noch produktiver, effizienter und international wettbewerbsfähiger werden und neue Märkte erschließen, schlicht die betriebswirtschaftlichen Zügel kräftig anziehen. Die Politik muss die nötigen Rahmenbedingungen schaffen und - bei allem Spardruck - Investitionen tätigen, die vor allem die Bauwirtschaft beleben. Eine nachhaltig finanzierte Steuerreform sollte darüber hinaus auch den privaten Konsum befeuern. Aber davon sollte man sich nicht allzu große Hoffnungen machen: Von der Inlandsnachfrage eines 8-Millionen-Einwohner-Staates wird die heimische Wirtschaft alleine nicht leben können. Die Gewinne werden längst wo anders verdient.

 

 

 

Allgemeine Informationen:
http://www.creditreform.at

 

 

 

 

 

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