UV-Licht und Ozon lassen Histamin wachsen

 

erstellt am
01. 12. 14
10.00 MEZ

Grazer ForscherInnen entwickeln künstliche Tränen mit Schutzfunktion
Graz (meduni) - Histamin ist ein Naturstoff, der im menschlichen Körper als Regulator an einer Reihe von wichtigen Prozessen beteiligt ist und durch enzymatische Reaktionen aus der Aminosäure Histidin gebildet wird. ForscherInnen an der Universitäts-Augenklinik der Medizinischen Universität Graz fanden nun erstmals heraus, dass Histamin auch unter Einfluss von UV-Licht und Ozon aus Histidin gebildet werden kann.

Histamin: Gewebshormon der Körperabwehr
Histamin wirkt im menschlichen Organismus als Gewebshormon bzw. als Neurotransmitter. Damit erfüllt es mehrere zentrale Aufgaben: So ist es maßgeblich an der Abwehr körperfremder Stoffe beteiligt, stimuliert die Sekretion von Magensaft, wirkt gefäßerweiternd und damit blutdrucksenkend und steuert den Schlaf-Wach-Rhythmus, die Appetitkontrolle sowie die Lernfähigkeit. "Die Bildung von Histamin erfolgt aus der Aminosäure Histidin", erklärt Andrea Heidinger, MSc, Wissenschafterin an der Universitäts-Augenklinik der Medizinischen Universität Graz. "Anschließend wird es im Körper in Vesikeln verpackt und in den Mastzellen und weiteren Zellen des Körpers gespeichert". Histamin ist in unterschiedlicher Konzentration in beinahe allen Nahrungsmitteln enthalten. Eine große Menge dieser Substanz kann im menschlichen Körper erheblichen Schaden anrichten. Daher muss die Substanz regelmäßig abgebaut werden. "Der Abbau im Körper geschieht über die beiden Enzyme Diaminoxidase und Histamin-N-Methyltransferase" führt Andrea Heidinger weiter aus.

Im Rahmen von allergischen sowie entzündlichen Reaktionen wird Histamin aus den Zellen freigesetzt. Die Freisetzung geht mit typischen Körperreaktionen wie beispielsweise Juckreiz, Brennen oder Rötungen einher. An der Medizinischen Universität Graz konnte die junge Wissenschafterin nun erstmals nachweisen, dass die Bildung von Histamin nicht nur durch das Enzym Histidin-Decarboxylase, sondern auch durch den Einfluss von UV-Licht sowie Ozon möglich ist. Für diese Entdeckung wurde ihr kürzlich in Leipzig der Sicca-Förderpreis 2014 verliehen. Histidin ist beispielsweise auch in der menschlichen Tränenflüssigkeit enthalten. Ob es auch hier durch Einfluss von UV-Licht und Ozon zu einer Umwandlung von Histidin in Histamin kommt, will Andrea Heidinger demnächst in ihrem Dissertationsprojekt untersuchen.

UV-Licht: Dem SNAK-Syndrom auf der Spur
Ultraviolettes Licht sowie Ozon sind Umwelteinflüsse, die das tägliche Leben permanent begleiten. Gerade das Auge und die Tränenflüssigkeit als dessen äußerster Schutzmantel sind ständig diesen Einflüssen ausgesetzt. Sollte es auch in der Tränenflüssigkeit zur Umwandlung von Histidin in Histamin kommen, so könnte dies eine Erklärung für das noch umstrittene Krankheitsbild der saisonalen-nicht-allergischen Konjunktivitis (kurz "SNAK-Syndrom") sein. Hierbei kommt es bei Nicht-Allergikern zu allergieähnlichen Beschwerden, wie Brennen, Kratzen, Jucken und Rötungen am Auge.
Man vermutet, dass Umwelteinflüsse auch einen erheblichen Beitrag zur Entstehung diverser weiterer Erkrankungen des Sehapparats, wie dem Trockenen Auge, Uveitis, Katarakt und altersbedingte Makuladegeneration leisten. Die Entdeckung der Grazer WissenschafterInnen fordert die Notwendigkeit, geeignete Schutzmechanismen in Form von Antioxidantien zu identifizieren, um die durch UV-Licht und Ozon-induzierten negativen Auswirkungen auf den menschlichen Körper zu verhindern bzw. zu reduzieren.

Forschung: Künstliche Tränen aus dem Labor
Einer der Forschungsschwerpunkte an der Augenklinik der Medizinischen Universität Graz ist die Erforschung von Auswirkungen dieser Umwelteinflüsse auf den vorderen Augenabschnitt, speziell auf den Tränenfilm. Mit seinen drei Schichten, bestehend aus dem Hauptbestandteil Wasser und zahlreichen Proteinen, Lipiden, Muzinen, Puffersubstanzen und Antioxidantien ist der Tränenfilm sehr komplex aufgebaut. Äußere Einflüsse können die Bestandteile jedoch pathologisch verändern, was dazu führt, dass die Stabilität des Tränenfilms verringert wird und die Tränenflüssigkeit frühzeitig verdunstet. Die daraus resultierende Erkrankung wird umgangssprachlich als Trockenes Auge (Konjunktivitis sicca) bezeichnet. Diese Augenerkrankung geht mit verschiedenen Augenbeschwerden, wie Brennen, Kratzen, Jucken oder Fremdkörpergefühl einher. Als Therapie stehen derzeit verschiedene Tränenersatzmittel, die einen künstlichen Ersatz des Tränenfilms bilden, zur Verfügung. Diese enthalten jedoch nur wenig bis keine der natürlich in der Tränenflüssigkeit vorkommenden Bestandteile und stellen somit lediglich eine Befeuchtung der Augenoberfläche, aber keine Schutzfunktion gegen äußere Einflüsse, wie UV-Licht, Ozon oder Feinstaub dar.

ForscherInnen der Augenklinik ist es kürzlich gelungen, Substanzen zu identifizieren, die eine Schutzwirkung vor UV-Licht und Ozon darstellen. Derzeit wird daran gearbeitet, diese Substanzen in Tränenersatzmitteln zur Anwendung am Auge einzubringen um somit die Schutzfunktion der natürlichen Tränen großteils wieder herstellen zu können. Zusätzlich sollen weitere natürlich im Tränenfilm vorkommende Komponenten eingebaut werden, um die Tränen so ident wie möglich nachzubauen.

 

 

 

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