Leitl: Prognostizierte Wirtschaftsflaute aktiv bekämpfen

 

erstellt am
28. 11. 14
10.00 MEZ

WKÖ-Präsident nennt fünf Maßnahmen zur Ankurbelung der Konjunktur - so wie SPD-Chef Sigmar Gabriel klares Bekenntnis gegen Vermögenssteuern
Wien (pwk) - In seinem "Bericht zur Lage der Österreichischen Wirtschaft" konstatierte WKÖ-Präsident Christoph Leitl am 27.11. vor dem Wirtschaftsparlament der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ) ein "Wechselbad der Gefühle" für die heimische Wirtschaft. Auf der einen Seite stünden großartige Unternehmen, die trotz allgemeiner Wachstumsschwäche nach wie vor weltweit tolle Erfolge erzielen. Und EU-Kommissionspräsident Juncker habe mit seinen Investitionsplänen neue Perspektiven für den unternehmerischen Mittelstand eröffnet. Eine "kalte Dusche" biete dagegen das aktuelle Wirtschaftsbarometer der WKÖ. Diese großangelegte Befragung der österreichischen Betriebe zeige, dass die Wirtschaft aktuell und im kommenden Jahr mit der schwierigsten Situation seit dem Ausbruch der Finanzkrise 2008/2009 konfrontiert ist.

Leitl: "Heuer wird es statt der prognostizierten 1,7 Prozent Wachstum bestenfalls 0,7 Prozent geben. Das bedeutet 25.000 Arbeitsplätze weniger und 1,5 Milliarden Mindereinnahmen für die öffentliche Hand. Und das für 2015 prognostizierte Wachstum von 1,2 Prozent ist - offen gesagt - auch nicht in Sicht. Wir werden im kommenden Jahr zwar nicht abstürzen, aber auch nicht hinaufkommen."

Dieser Entwicklung gegensteuern will die Wirtschaftskammer mit fünf Maßnahmen: 1) zusätzliche Investitionsanreize (etwa eine degressive Abschreibung); 2) Forcierung der thermischen Sanierung und einer Wohnbauoffensive;3) Infrastrukturprojekte, die schon lange Jahre in Genehmigungsverfahren verharren, müssen endlich angegangen werden; 4) zusätzliche alternative Finanzierungsformen für Betriebe wie etwa Crowd funding und Mittelstandsfinanzierungsgesellschaften; 5)Bekämpfung des "Bürokratiemonsters".

Was den notwendigen Abbau von bürokratischen Hemmnissen betrifft, verwies der WKÖ-Präsident auf das neue Gesetz gegen Lohn- und Sozialdumping, wo es zwar Verschärfungen für "schwarze Schafe" gibt, aber wo bei leichten Verfehlungen oder Irrtümern das Prinzip "Beraten statt Strafen" gilt: "Allein das Arbeitnehmerschutzgesetz hat 1209 Bestimmungen. Die kann kein Unternehmer alle kennen. Wir werden daher der Frage nachgehen, wie das mit Strafen ist, wenn ein Betroffener gar nicht mehr die Kenntnis über die ganze Gesetzeslage haben kann. Es gibt auch in vielen Fällen viel zu hohe, völlig unverständliche Strafen - und ich verlange auch, dass Kontrollen und Prüfungen in einer würdigen Form ablaufen müssen."

Der WKÖ-Präsident sprach sich zum wiederholten Mal gegen ein Bonus-/Malus-System bei der Beschäftigung älterer Arbeitnehmer aus:
"Ich bin für Anreize. So könnte ein älterer Arbeitnehmer 3000 Euro Prämie von seinem fiktiven Pensionsanspruch erhalten, der Arbeitgeber-Betrieb ebenfalls 3000 Euro. 6000 Euro könnten im Pensionssystem verbleiben. Ich bin gegen Strafen, aber für Anreize und freie Entscheidungen."

Was die aktuelle Steuerreform-Diskussion betrifft, verwies Leitl auf den deutschen SPD-Chef Sigmar Gabriel. Dieser spricht sich gegen eine Vermögenssteuer aus, weil sie das Eigenkapital der Betriebe reduziere und damit Arbeitsplätze gefährde. Gabriel im O-Ton: "Eine Vermögenssteuer auf Betriebsvermögen würde ich auf keinen Fall mitmachen". Leitl will diese Einsicht des deutschen Vizekanzlers dem demnächst tagenden SPÖ-Parteitag "ins Stammbuch schreiben." Auch er trete für Verteilungsgerechtigkeit ein. Aber auch für eine solche zwischen Staat und dem Bürger. Wenn von einer Lohnerhöhung zwei Drittel der Staat kassiere und nur ein Drittel der Arbeitnehmer erhalte, dann gehe das auf Dauer nicht an. Der WKÖ-Präsident "unterstützt alle Bestrebungen gegen Steuerflucht und Steuerbetrug -daher stehe ich auch zur entsprechenden europäischen Initiative von Finanzminister Schelling."

Und der WKÖ-Chef wehrt sich auch gegen den Vorwurf, dass Arbeit krank mache und die Arbeitgeber für die Krankheiten ihrer Mitarbeiter verantwortlichen sind. Dabei verwies er auf eine Studie, wonach die Arbeitsplatzzufriedenheit der österreichischen Arbeitnehmer an zweiter Stelle in Europa liege. Dafür gehöre den Betrieben großer Dank.

Was anstehende Maßnahmen betrifft, nannte Leitl den Handwerkerbonus, hier werde eine "Brücke zwischen 2014 und 2015 trotz mittlerweile ausgeschöpfter Mittel kommen." Positiv seien auch die mit 1. Jänner 2015 erreichten 200 Millionen Euro an Entlastungen bei den Lohnnebenkosten. Dieser Weg müsse fortgesetzt werden. Und es sei auch zu begrüßen, dass Kleinanlagen künftig genehmigungsfrei sind.

Nicht zuletzt dankte der WKÖ-Chef den Delegierten anlässlich der letzten Sitzung des Wirtschaftsparlaments vor der WK-Wahl im Februar 2015 für ihre Mitwirkung und Arbeit im Interesse der Betriebe. Er gehe davon aus, dass der Wahlkampf ein positiver Wettbewerb der Ideen sein werde. Denn in den kommenden Jahren gebe es ungeachtet aller Fraktionsgrenzen ein gemeinsames Ziel: "Wir müssen Österreich in der wirtschaftlichen Entwicklung wieder zurück an die Spitze bringen und für die Betriebe Rahmenbedingungen schaffen, die ihnen die Kraft geben, ihre hochgesteckten Ziele zu erreichen."

 

 

 

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