Siegerprojekte für Kunstraum Salzburg stehen fest

 

erstellt am
26. 11. 14
10.00 MEZ

Intervention Anton Thiel im Stadtwerk, Bernhard Cella gestaltet Stadtbibliothek
Salzburg (stadt) - Kunstraum Salzburg ist eine Initiative für Kunst im öffentlichen Raum in der Stadt Salzburg, getragen von der Kulturabteilung und vom Kunstbeirat. Aufträge und spezifisch umrissene Wettbewerbe für bestimmte Stadträume sollen die Auseinandersetzung mit Kunst im öffentlichen Raum aktivieren; öffentliche Räume, Plätze und deren soziale und gewachsene Strukturen in den verschiedenen Stadtteilen sollen durch künstlerische Auseinandersetzung neu betrachtet und erlebt werden.

Im Sommer 2014 hat die Initiative zwei offene Wettbewerbe für künstlerische Interventionen und Gestaltungen ausgeschrieben. Gesucht wurden Konzepte für die künstlerische Gestaltung der Stadtbibliothek sowie für eine prozesshafte künstlerische Intervention im Stadtwerk Lehen. In den beiden Wettbewerbsschienen wurden insgesamt 31 Projekte eingereicht, eine Fachjury hat nun die beiden Siegerprojekte gewählt.

Im Stadtwerk soll das von Anton Thiel eingereichte Projekt „Hedera helix, Parthenocissus, Wisteria und Co.“ verwirklicht werden. Die Gestaltung der Ausleihhalle in der Stadtbibliothek erfolgt nach dem Konzept „Avant la Lettre“ von Bernhard Cella. Für die Realisierung der beiden künstlerischen Konzepte steht ein Budget von insgesamt 80.000 Euro zur Verfügung – 50.000 für das Stadtwerk und 30.000 für die Stadtbibliothek.

Ressortchef Bürgermeister Heinz Schaden: „Mozart und die Festspiele sind allgegenwärtig in Salzburg. Zum Selbstverständnis der Stadt gehört aber auch, dass im öffentlichen Raum Platz für die Bildende Kunst von Heute ist und hier eine Auseinandersetzung mit der gesellschaftspolitischen und künstlerischen Gegenwart stattfindet. Mit der Initiative Kunstraum Salzburg sorgen wir dafür, dass dies auf anerkanntem Niveau und im Diskurs mit den Bewohnerinnen und Bewohnern der Stadt geschieht.“

Und Ingrid Tröger-Gordon, Leiterin der Abteilung 2 – Kultur, Bildung & Wissen, ergänzt: „Mir ist wichtig, dass wir im Rahmen des Kunstraums das Thema Kunst im öffentlichen Raum nun gezielt auch in die Stadtteile bringen können. Die Ausschreibungen für das Stadtwerk und die Stadtbibliothek haben deshalb eine sehr spezifische Auseinandersetzung mit diesen konkreten Orten, ihrem Umfeld, ihren Nutzungen und Funktionen herausgefordert. Da soll nicht einfach ‚Kunst‘ aufgestellt werden, sondern es sollen Werke speziell für diese öffentlichen Orte und Zusammenhänge geschaffen werden, die zum sinnstiftenden Bestandteil werden.“


Die Siegerprojekte

Künstlerische prozesshafte Intervention im Stadtwerk:
Hedera helix, Parthenocissus, Wisteria und Co.* von Anton Thiel

*Efeu, wilder Wein, Glyzinie: Der Salzburger Künstler Anton Thiel will kein eigenes Kunstprojekt für das Stadtwerk schaffen, sondern setzt auf die gestalterische Kraft von Pflanzen, Kommunikation und den Ausdruckswillen der Menschen, die hier leben und arbeiten. Er will nicht für sie, sondern mit ihnen künstlerisch tätig werden. Die Bewohnerinnen und Bewohner aller Generationen und Kulturen sollen durch seine Intervention motiviert und gestärkt werden, den öffentlichen Raum auf dem Boden und an den Fassaden gemeinsam und selbst zu gestalten.

Thiel will dabei vorhandene Ansätze zur Eigenständigkeit ausbauen: Aus ersten Versuchen zur Bepflanzung auf bisher einzelnen Balkonen soll sich üppige, fantasievolle und ‚wilde‘ Begrünung auf dem ganzen Areal entwickeln. Farben und Muster sollen in Form von selbst hergestellten bunten Stoffbahnen an die Fassaden kommen – als ‚Vergrößerung‘ von jetzt sichtbaren Effekten, wenn etwa Teppiche über Balkongeländern hängen und damit auch über die Kultur ihrer Besitzer erzählen. Und hundert wetterfeste Sessel im öffentlichen Raum sollen dazu animieren, sich dort aufzuhalten und miteinander zu reden.

Anton Thiels Projekt hat prozesshaften Charakter, die soziale Komponente hat größeres Gewicht als die künstlerische; die Bewohnerinnen und Bewohner will der Künstler ausdrücklich als Mitwirkende einbeziehen. Um zur Beteiligung zu motivieren, sollen Workshops in Kooperation etwa mit der Textilklasse der Uni Mozarteum, mit Jugendvereinen, Schulen und Sozialvereinen stattfinden und bei Bedarf Experten zur Unterstützung eingeladen werden. Pilotprojekte mit einigen Parteien sollen sich auf längere Sicht, unterstützt etwa durch Wettbewerbe, nach dem Schneeball-Prinzip ausbreiten, sodass die Aktion womöglich das ganze Quartier erfasst.

Die Jury (Kunstbeirat, externe Experten, Eigentümer-Vertreter) hat sich in ihrer zweiten Sitzung mit großer Mehrheit für die Einreichung von Anton Thiel entschieden. Sie traut Anton Thiel zu, auf die Menschen im Stadtwerk zugehen und auf ihre Wünsche und Bedenken eingehen zu können. „Die Verwirklichung des Projekts wird einen längeren Zeitraum beanspruchen– vorerst sind drei Jahre geplant – und sie wird vom Künstler in Bezug auf Moderation und Motivation ein anhaltendes Engagement fordern.“

Die Koordinationsstelle für die Bewohner und der Verein Stadtwerk haben ihre Mitarbeit zugesagt, ausdrücklich stehen auch die Wohnbauträger (gswb und Heimat Österreich) sowie die Unternehmensgrippe Prisma hinter dem Projekt. Hilfestellung, etwa in Bezug auf Behördenangelegenheiten, wird es auch von Seiten der Kulturabteilung geben.

Anton Thiel,
geboren in Salzburg, studierte an der Akademie der Bildenden Künste bei Max Weiler sowie Germanistik an der Uni Wien, war Lehrbeauftragter für Schrift und Schriftgestaltung an der Hochschule Mozarteum, an der FH für Multimedia Art Salzburg und unterrichtet am Musischen Gymnasium. Arbeitsaufenthalte führten ihn nach New York, Marokko, Kuba und Ghana. Seit den 1980er Jahren zahlreiche Kunstprojekte in und für Salzburg, Video-Arbeiten und Ausstellungskonzeptionen.

Künstlerische Gestaltung Foyer der Stadtbibliothek:
„Avant la Lettre“ von Bernhard Cella
Bernhard Cella hat für das Foyer der Stadtbibliothek ein Gobelin-Projekt entwickelt. Dem bis dato relativ kühlen Eindruck des Ausleih- und Rückgaberaumes, geprägt von Glas, Stahl und Durchblicken von den oberen Ebenen, setzt er die vielschichtige, farbige Textur von großflächigen, in Jaquard-Technik gewebten Gobelins entgegen. Die sichtbar haptische Materialität der textilen Werke ist zugleich als Gegenposition zur sterilen, glatten Oberfläche von Touchscreens zu lesen – die mittlerweile dominierende Form von Informations- und Text-Trägern. Die Gobelin-Installation soll die gesamte Wandfläche oberhalb des Foyers und hinter der Rückgabetheke ausfüllen.

In der Konzeption setzt sich Cellas Arbeit mit der historischen und gegenwärtigen Funktion einer Bücherei als Ort der Verdichtung von Informationen auseinander. Die Wahl der Technik weist auf historische Aspekte der Informationsverarbeitung und ihre Anfänge als Bildcodes hin: Um 1800 entwickelte Joseph-Marie Jaquard die Lochkarte, mit der erstmals die Programmierung von komplizierten Mustern auf automatisierten Webstühlen möglich wurde.
Die Lochkarte ist so besehen der Vorläufer der ersten programmierbaren Computer – und Jaquard-Weberei „avant la lettre“, ihrer Zeit voraus. Die Weberei brachte von Beginn an gerasterte Bilder und Muster hervor, die formal als Pixelbilder spätere digitale Bild-Ästhetiken vorwegnahmen und in ihrer Ornamentik Informationen über Kulturen und Traditionen speicherten.

Als Motive der Wandteppiche sollen die Spiegelungen des Außenraumes auf den Glasfassaden der Bibliothek interpretiert werden, die sich immer wieder mit Spiegelungen des Innenraumes überlagern. Bei der Entwicklung dieser Bildmotive wird gleichermaßen auf den Einsatz von Kunstlicht und Sonnenlicht geachtet, denn je nach Sonnenstand interagieren auch die Perspektiven von „Innen“ und „Außen“ in einem ständigen Verlauf feinster Übergänge miteinander. Die lebendige Umgebung der Bibliothek wird zu einem Bestandteil des Innenraums.

Die Jury (Kunstbeirat, Leitung Stadtbibliothek, Architekten des Bibliotheksgebäudes) hat sich mit großer Mehrheit für das Projekt von Bernhard Cella entschieden. „Überzeugt hat die Jury die künstlerische Neuinterpretation einer traditionellen Materialität und Technik, die bereits in ihrer Geschichte der Abbildung sozialer Strukturen diente.
Cella bietet mit seinen gewählten Motiven eine Reflektion des alltäglichen Lebens unmittelbar vor der Tür des Gebäudes und verbindet die Stadtbibliothek noch mehr mit dem spezifischen Milieu des Stadtteils.“

Bernhard Cella,
geboren in Salzburg, studierte an der Akademie der Bildenden Künste in Wien, an der Hochschule für Bildende Künste Hamburg und an der Kunstuniversität Linz. Seit Beginn der 1990er Jahre zahlreiche Einzelausstellungen, Ausstellungsbeteiligungen und Performances in Österreich und Europa. Regelmäßig Publikationen sowie Projekte im öffentlichen Raum in Österreich und Deutschland. Bernhard Cella lebt in Wien.
.
Hintergrund: Kunstraum Salzburg
Zeitgenössische Bildende Kunst und Kunst im öffentlichen Raum sind Themen, deren Entwicklung im Kulturleitbild der Stadt Salzburg festgehalten ist. Zur kontinuierlichen Bearbeitung dieser Felder haben der Fachbeirat für Kunst im öffentlichen Raum (Kunstbeirat) – im Verantwortungsbereich der Kulturabteilung - und die Abteilungsleitung gemeinsam die Initiative Kunstraum Salzburg (KRS) gestartet.

Ziel ist die Stärkung und Positionierung der zeitgenössischen bildenden Kunst im Kulturprofil der Stadt Salzburg, sowie die Thematisierung des öffentlichen urbanen Raums als Ort künstlerischer Auseinandersetzung in Bezug auf relevante künstlerische und gesellschaftspolitische Fragestellungen. Insbesondere sollen auch die Stadtviertel gegenüber der Altstadt thematisiert werden. Ergänzend will der KRS Vermittlungs- und Dokumentationsarbeit zum Thema Kunst im öffentlichen Raum leisten.

Kunst im öffentlichen Raum thematisiert und reflektiert diesen Raum, setzt sich mit möglichen Sichtweisen auseinander und unterstützt die öffentliche Diskussion um seine Nutzung. Die Aufgabe von Kunst im öffentlichen Raum ist die Belebung des Stadtraums, der von gewachsenen Strukturen geprägt ist und permanent im Spannungsfeld unterschiedlicher, veränderlicher Funktionen und Nutzungen steht. Durch Aufträge und Wettbewerbe sollen temporäre oder permanente Kunstprojekte im gesamten städtischen Raum realisiert werden, wobei der KRS bestimmte Stadträume – Gebäude, Straßen und Plätze – vorschlägt.

 

 

 

zurück

 

 

 

 

Kennen Sie schon unser kostenloses Monatsmagazin "Österreich Journal" in vier pdf-Formaten? Die Auswahl finden Sie unter http://www.oesterreichjournal.at