Ernährungssouveränität als globale Vision

 

erstellt am
03. 12. 14
10.00 MEZ

Entwicklungspolitische Fachtagung der Stadt Wien erörtert Handlungsbedarf
Wien (rk) - Anlässlich der diesjährigen entwicklungspolitischen Fachtagung der Stadt Wien sprachen am 01.12. im Wiener Rathaus ExpertInnen zu aktuellen Fragen rund um das Thema "Ernährungssouveränität". Gemeinderätin Sonja Ramskogler wies in ihrer Begrüßung auf die Bedeutung des Themas im Zusammenhang mit dem globalen Recht auf menschenwürdige Lebensbedingungen hin und betonte die Notwendigkeit der Bewusstseinsbildung.

Das Recht auf Nahrung
Andrea Ferrante, kritischer Agrarexperte und Biobauer aus Italien, forderte im Eröffnungsreferat die Bedeutung des Rechts auf Nahrung in den Mittelpunkt aller Strategien zu stellen. Insbesondere unterstrich er die Entscheidungsfreiheit von LebensmittelproduzentInnen und KonsumentInnen. Nur LandwirtInnen, die ihr Recht auf Land und auf Saatgut wahrnehmen können, ohne bei Agrarkonzernen in existenzieller Abhängigkeit zu stehen, sind in der Lage, unter sozial und ökologisch vertretbaren Bedingungen zu produzieren. Oft wird unterschätzt, dass es gerade die kleinen Familienbetriebe sind, die die Weltbevölkerung ernähren und nicht die Großbetriebe. Auch 70 Prozent aller weltweiten Investitionen im Agrarsektor werden von diesen kleinbäuerlichen Betrieben getätigt.

Der ehemalige EU-Kommissar für Landwirtschaft und derzeitige Präsident des Europäischen Forums Alpbach, Franz Fischler, plädierte für einen vielschichtigen Ansatz zur Überwindung des Hungers und zur Wahrung der Ernährungssouveränität. Dazu gehörten Demokratie, ökosoziale Wirtschaft, der Kampf gegen den Klimawandel, Investitionen in Bildung und Forschung sowie eine klar formulierte ländliche Entwicklungsstrategie. Unumgänglich sei auch die Erhöhung der österreichischen Entwicklungszusammenarbeit auf einen Betrag von 0,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts.

Kleinbetriebe als Lösungsmodelle fördern
Übereinstimmung herrschte bei den ReferentInnen hinsichtlich der Leistungsfähigkeit der 800 Millionen kleinbäuerlichen Familienbetriebe, die das Rückgrat der Lebensmittelproduktion darstellen. Es brauche in Zukunft mehr lokale Ernährungslösungen und weniger Welthandel, so Helena Norberg-Hodge, Direktorin von "Local Futures - International Society for Ecology and Cultures" um beispielsweise Billigimporte von Agrarprodukten zu verhindern, die oft über extrem lange Transportwege eingeführt werden und den lokalen Markt ruinieren. Dass holländische Butter in Mali oder neuseeländische Butter in England billiger als das einheimische Produkt ist, sei ein gutes Beispiel für die Macht von global agierenden Großkonzernen, so Norberg-Hodge. Mittlerweile gibt es aber in immer mehr Ländern zivilgesellschaftliche Bewegungen, die eine alternative Lösung für die Frage der selbstbestimmten Ernährung suchen. Formen der urbanen Landwirtschaft gewinnen beispielsweise an Bedeutung.

In Kuba werden ca. 15 bis 20 Prozent aller Agrarerzeugnisse in diesem Sektor hergestellt. Basisbewegungen auf allen Kontinenten - wie auch das neu in Österreich gegründete Nyeleni-Forum - setzen sich mittlerweile für das Recht auf gesunde und kulturell angepasste Nahrung, die nachhaltig und unter Achtung der Umwelt hergestellt wird, ein. An die Verantwortlichen in der Entwicklungszusammenarbeit erging die Aufforderung, sich in Zukunft wieder verstärkt mit der Thematik Landwirtschaft zu befassen.

 

 

 

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