Sozialbericht: Handlungsbedarf
bei Einkommensentwicklung

 

erstellt am
13. 02. 15
11.00 MEZ

Hundstorfer kündigt weitere Impulse an: Steuerreform, Wohnbau und Bürokratieabbau – Sozialausschuss debattiert über Bekämpfung der Arbeitslosigkeit
Wien (pk) - Österreich sei relativ gut durch die Finanz- und Wirtschaftskrise gekommen und konnte trotz der angespannten budgetären Lage die aktiven arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen noch verstärken, hob Bundesminister Rudolf Hundstorfer im heutigen Sozialausschuss hervor. Anhand von drei Themenblöcken - Arbeit und Beschäftigung, Soziales sowie Internationales und Grundsatzangelegenheiten – befassten sich die Abgeordneten mit den verschiedensten Aspekten und Herausforderungen der Sozialpolitik. Grundlage für die ausführliche Diskussion war der aktuelle Sozialbericht 2013-2014, der auf fast 400 Seiten nicht nur über die Tätigkeiten des Ressorts informiert, sondern auch zahlreiche Studien enthält, die u.a. die Entwicklung und Verteilung der Einkommen in Österreich, die Lebensbedingungen, die Armuts- und Ausgrenzungsgefährdung sowie die Auswirkungen der Krise zum Inhalt haben. Der Bericht wurde von SPÖ, ÖVP und Grünen im Ausschuss mehrheitlich zur Kenntnis genommen, Team Stronach und NEOS waren bei der Abstimmung nicht zugegen.

Hundstorfer: Rückgang bei der Armutsgefährdung und bei den Invaliditätspensionen
Bundesminister Rudolf Hundstorfer ging auf die Eckpunkte des Berichts ein und informierte vor allem über die Schwerpunktsetzungen im Rahmen der aktiven Arbeitsmarktpolitik. Die in die Wege geleiteten Maßnahmen zeigen Wirkung, war der Minister überzeugt, so konnten etwa 92.000 Personen über 50 Jahre wieder eine Beschäftigung finden. Weitergeführt werden auch die Programme für die jungen Menschen (z.B. Job- und Lehrlingscoaching, Ausbildungsassistenz); die in Österreich eingeführte Ausbildungsgarantie sei mittlerweile sogar ein Best-Practice-Modell und Grundlage für die EU-Initiative "Jugendgarantie". Erfreulich sei zudem, dass trotz schwieriger finanzieller Rahmenbedingungen die sozialen Angebote ausgebaut werden konnten, wie etwa durch die Einführung eines Umschulungsgeldes, die Bildungsteilzeit, das Fachkräftestipendium oder die Ausdehnung der Pflegekarenz. Als weitere Erfolge führte der Ressortchef die Anhebung des Pensionsantrittsalters um 13 Monate, den Rückgang bei den Invaliditätspensionen um 15 %, die Verringerung bei armuts- und ausgrenzungsgefährdeten Menschen (minus 127.000) sowie die stabile Sozialquote an.

Die Regierung werde sich auf den Erfolgen nicht ausruhen, sondern weitere Schritte unternehmen, um vor allem die steigende Arbeitslosigkeit zu bekämpfen, kündigte Hundstorfer an. Neben der Umsetzung einer Steuerreform und einem weiteren Bürokratieabbau soll bald ein neues Wohnbauprogramm vorgestellt werden, das wichtige wirtschaftliche Impulse setzen wird. Vorstellen könne er sich auch die Einführung eines Bonus-Malus-Systems, um die Anstellung von älteren ArbeitnehmerInnen zu fördern.

Abgeordnete fordern weitere Maßnahmen zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit
August Wöginger von der ÖVP wies ebenso wie der Minister auf den Umstand hin, dass trotz einer guten Beschäftigungssituation die Zahl der Arbeitslosen weiter steige. Aus diesem Grund habe man auch schon in der Vergangenheit versucht, mit entsprechenden Beschäftigungspaketen speziell für die ArbeitnehmerInnen über 50 sowie für die jungen Menschen entgegenzusteuern. Um weitere Schritte setzen zu können, müssen die Ursachen für die Probleme genau analysiert werden, forderte er. So sollte man sich etwa fragen, warum die Arbeitslosenrate derzeit bei den 20- bis 29-Jährigen höher sei als bei anderen Gruppen. Für wichtig erachtete er es auch, dass Teilzeitkräfte, die ihre Arbeitszeit aufstocken wollen, in den Betrieben vorrangig behandelt werden.

Der vorliegende Bericht stelle eine sehr gute Informationsquelle und Diskussionsgrundlage dar, meinte SPÖ-Mandatarin Ulrike Königsberger-Ludwig. Es sei deutlich herauszulesen, dass die Einkommensverteilung immer ungleicher werde und die Wirtschafts- und Finanzkrise deutliche Auswirkungen auf die Lohnquote gehabt habe. Ihrer Meinung nach könne Armut am wirksamsten durch Einkommen aus Erwerbsarbeit bekämpft werden.

FPÖ-Abgeordneter Peter Wurm war der Auffassung, dass angesichts der hohen Arbeitslosenzahlen die Maßnahmen der Regierung in den letzten Jahren überhaupt nichts gebracht haben. Obwohl knapp eine halbe Million Menschen arbeitslos sind, klagen viele Firmen, vor allem Klein- und Mittelbetriebe, über einen Fachkräftemangel, gab er zu bedenken. Er erinnerte zudem daran, dass die Freiheitlichen vor einer Öffnung des osteuropäischen Arbeitsmarktes gewarnt haben; die Folgen davon seien jetzt zu spüren. Sein Fraktionskollege Werner Neubauer zeigte sich skeptisch bezüglich des vom Minister angekündigten Wohnbauprogramms; Versprechen in diese Richtung höre man nämlich seit fast vier Jahren. Weiters sprach er die Evaluierung der bedarfsorientierten Mindestsicherung sowie die Bekämpfung von gewerbsmäßigem Pfusch an.

Gerald Loacker von den NEOS trat für eine Forcierung der präventiven Maßnahmen ein, um die Menschen länger im Erwerbsprozess zu halten. Er sei auch überzeugt davon, dass viele Personen gar nicht so früh in Pension gehen wollen und gerne länger arbeiten würden. Erfreulich sei aus seiner Sicht, dass die Anzahl der armutsgefährdeten Menschen gesunken ist. Beim Minister erkundigte sich Loacker noch nach der geplanten Einführung eines Teilkrankenstands (bzw. Teilarbeitsfähigkeit) sowie der Ausgestaltung der Rot-Weiß-Rot-Karte.

Wenn auf der einen Seite immer mehr Menschen keinen Job finden und andererseits viele unselbstständig Beschäftigte gerne weniger Stunden arbeiten würden, dann sollte man sich ernsthaft über eine bessere Verteilung der bezahlten Arbeit Gedanken machen, schlug Birgit Schatz (G) vor. Auffällig sei auch, dass die Fortbildungsmaßnahmen in Wien reduziert worden sind und dass 40- bis 50-Jährige, die eventuell etwas Neues machen wollen, keine Unterstützungen von Seiten des AMS erhalten. Handlungsbedarf bestehe ihrer Ansicht nach vor allem bei den untersten Einkommensschichten. Schatz befürchtete, dass die geplante Steuerreform dieser Personengruppe kaum etwas bringen wird.

Ein sehr negatives Ergebnis der im Bericht enthaltenen Studien sei, dass Frauen noch immer eklatant weniger verdienen als Männer, zeigte Waltraud Dietrich vom Team Stronach auf. Im Angestelltensektor erhalten weibliche Bedienstete sogar nur 63 % des Gehalts von Männern. Ebenso beunruhigend sei die Tatsache, dass die obersten 20 % der LohneinkommensbezieherInnen fast 50 % des gesamten "Kuchens" erhalten, die untersten 20 % jedoch nur 2 %.

520.000 Menschen fanden neuen Job durch Vermittlung des Arbeitsmarktservices
Sozialminister Rudolf Hundstorfer stellte in Beantwortung der Fragen u.a. fest, dass es schwierig sei, einzelne Maßnahmen, die besonders gut wirken, herauszugreifen. Während etwa die Eingliederungshilfe in Oberösterreich sehr gut angenommen wird, nehmen sie die Wiener Betriebe kaum in Anspruch, teilte er dem ÖVP-Abgeordneten Wöginger mit. Zustimmend äußerte sich der Minister zum Vorschlag von Wöginger, Teilzeitkräfte, die ihre Arbeitszeit aufstocken wollen, vorrangig zu behandeln. Es gebe bereits einige Unternehmen, die dies in die Betriebsvereinbarungen aufgenommen haben.

Der höhere Anstieg der Arbeitslosenrate in der Gruppe der 20- bis 29-Jährigen sei nicht nur auf mangelnde Qualifikationen zurückzuführen, sondern auch darauf, dass Absolventen einzelner Studienfächer (z.B. Politikwissenschaft, Theaterwissenschaft) größere Probleme haben, einen Job zu finden, erläuterte der Sozialminister. Allerdings müsse man generell feststellen, dass AkademikerInnen eine sehr kurze Verweildauer in der Arbeitslosigkeit haben. Der G-Abgeordneten Schatz gegenüber gab Hundstorfer zu bedenken, dass auf die Kritik bezüglich der zahlreichen AMS-Kurse "Wie bewerbe ich mich richtig" reagiert wurde und eine Reduktion stattfand. Da aber 60 % der Arbeitssuchenden nur Pflichtschulabschluss haben, denke er, dass der Besuch eines Kurses zu diesem Thema durchaus Sinn mache. Grundsätzlich war er der Meinung, dass die MitarbeiterInnen des AMS, die in einem schwierigen Umfeld agieren müssen, einen sehr guten Job machen. Im letzten Jahr konnten immerhin 512.000 Menschen aus dem AMS-Bezug heraus vermittelt werden. Auch die Verweildauer in der Arbeitslosigkeit liege noch immer unter 100 Tagen.

Hinsichtlich der Kritik von Seiten des FPÖ-Mandatars Peter Wurm an der Ostöffnung des Arbeitsmarkts wies der Minister darauf hin, dass es EU-Verträge gibt, die eingehalten werden müssen. Außerdem gebe es 200.000 ÖsterreicherInnen, die in Deutschland und 40.000, die in der Schweiz arbeiten.

Das von Loacker angesprochene Senioritätsprinzip in den Gehaltsschemata werde nach Auffassung von Hundstorfer überbewertet. Dies betreffe nur mehr einzelne Brachen, wie etwa die Versicherungen oder die Banken; dort sind aber wieder überproportional viele ältere Arbeitnehmer beschäftigt. Auf die Fragen der Abgeordneten Waltraud Dietrich (T) führte der Minister aus, dass insgesamt 394 Mikrokredite vergeben wurden; 18 Mal kam es zu Ausfällen. Der von ihr angesprochene Dienstleistungsscheck entwickle sich gut und soll noch weiter beworben werden. Nicht zufrieden zeigte er sich auch mit den großen Gehaltsunterschieden zwischen Männern und Frauen. Als Gegenstrategien propagierte Hundstorfer die Förderung von Frauen in technischen Berufen, den Ausbau von Kinderbetreuungseinrichtungen sowie die transparente Darstellung der Einkommen.

Armutsgefährdung: Vor allem Frauen betroffen
Das Thema Armutsgefährdung dominierte den weiteren Teil der Ausschussdebatte über den Sozialbericht in Zusammenhang mit Pensionen und der Bedarfsorientierten Mindestsicherung. Besonders bedroht von Armut seien alleinstehende Pensionistinnen und Alleinerzieherinnen, waren die Mandatarinnen Elisabeth Pfurtscheller (V) und Carmen Schimanek (F) überzeugt, wobei letztere auch Mehrkindfamilien als Risikogruppe anführte. "Armutsgefährdung ist weiblich", formulierte Schimanek ihre Sicht der Lage.

Konsens bestand unter den beiden Politikerinnen zudem, Teilzeitbeschäftigung sei nicht als Grund für Armut bei Frauen zu verteufeln. Viele würden freiwillig nicht Vollzeit arbeiten, damit sie mehr Zeit der Familie widmen könnten oder weil es keine geeigneten Arbeitsplätze in der Region gebe. Für Pfurtscheller ist vor diesem Hintergrund entscheidend, das Pensionssplitting zwischen Eltern im Rahmen der Kindererziehung bekannter zu machen und es über das vierte Lebensjahr des Kindes hinaus auszudehnen. Gerald Loacker (N) plädierte wie die ÖVP-Abgeordnete für eine aktive Umsetzung des Pensionssplittings, allerdings führte er die bestehenden Unterschiede in der Pensionshöhe von Frauen und Männern vorrangig auf das niedrigere Pensionsantrittsalter bei Frauen zurück und forderte hier Reformen zur Angleichung der Versicherungszeiten.

Laut Sozialbericht betrug 2013 die durchschnittliche Alterspension bei Männern 1.500 €, bei Frauen 899 €, bei den Invaliditätspensionen kamen Männer auf 1.113 €, Frauen auf 740 €. Der Großteil – 37 Mrd. € bzw. 68,3% - der gesetzlichen Sozialversicherungssaufwendungen von 54 Mr. € entfiel 2013 auf die Pensionsversicherung. Das durchschnittliche Pensionsantrittsalter betrug 58,5 Jahre, Frauen traten knapp zwei Jahre früher als Männer – mit 57,5 Jahren - den Ruhestand an.

Dass Armut vor allem Frauen treffe, konstatierte Judith Schwentner (G) genauso wie ihre VorrednerInnen; sie sieht aber als Grund zu niedrige Löhne und prekäre Arbeitsverhältnisse. In diesem Zusammenhang brach sie eine Lanze für Steuergerechtigkeit, konkret in Form von Vermögenssteuern. Immerhin würden Einkommen aus Unternehmen und Vermögen eine höhere Steigerungsrate aufweisen als Arbeitseinkommen, zitierte sie aus dem Sozialbericht. Die Bedarfsorientierte Mindestsicherung (BMS) schütze nicht vor Armut, unterstrich Schwentner in Reaktion auf eine Anmerkung August Wögingers (V), die Höhe der Mindestsicherung müsse sich stärker vom Arbeitseinkommen unterscheiden. Nur so würden echte Anreize zur Rückkehr in den Arbeitsmarkt geschaffen, analysierte der ÖVP-Mandatar und empfahl, dies in den laufenden Neuverhandlungen zur Bund-Länder-Vereinbarung über die BMS zu berücksichtigen.

Sozialminister Rudolf Hundstorfer stellte daraufhin klar, eigene Zuzahlungen der Bundesländer zur österreichweit einheitlich geregelten Mindestsicherung könnten nicht untersagt werden. Die BMS stelle ein gesetzliches Grundgerüst dar. Auf Grund der Länderkompetenz im Vollzug der Leistungen ergäben sich aber Differenzen in der Höhe der BMS, zumal die Wohnkosten in den Bundesländern sehr unterschiedlich seien. Nicht zuletzt die derzeitige Diskussion über das Mietrecht ziele daher darauf ab, vor allem in Ballungsräumen durch Mietanpassungen für leistbaren Wohnraum zu sorgen, ging Hundstorfer näher auf die Anmerkung von Johann Hechtl (S) ein, niedrige Einkommen müssten einen wesentlichen Teil ihres Haushaltsbudgets für das Wohnen aufwenden.

2013 erhielten 239.000 LeistungsbezieherInnen die Bedarfsorientierte Mindestsicherung, davon waren 40% Frauen, 33% Männer und 27% Kinder, geht aus dem Sozialbericht hervor. Seit Einführung der Mindestsicherung habe das AMS bereits 80.000 BMS-BezieherInnen wieder in Arbeit vermitteln können, zeigte Hundstorfer auf. Grundsätzlich verwehre er sich dagegen, die BMS als eine soziale "Hängematte" zu qualifizieren: "BMS-BezieherInnen haben nicht die Freiheit, ein Auto oder ein Sparbuch zu besitzen", außerdem erhielten sie tatsächlich um rund 500 € weniger als durchschnittliche ArbeiterInnen, unterstrich der Sozialminister. Dessen ungeachtet sei eine Evaluierung der BMS im Gange, bei der auch die Vollzugspraxis überdacht werde. Zur Frage der Teilzeitarbeit meinte der Minister, angesichts der lebenslangen Durchrechnung der letztendlichen Pensionshöhe müssten Teilzeitbeschäftigte sich etwaiger Einbußen bewusst sein; das Pensionssplitting zwischen Ehepartnern sei zwar eine mögliche Antwort auf dieses Problem, bei einer Scheidung sei dies aber auch keine Lösung.

Den Bereich Pflege adressierte Gerald Loacker, der zwar die Konsolidierung des Pflegesystems durch die 2012 erfolgte Übertragung der Länderkompetenzen an den Bund begrüßte, aber immer noch Nachbesserungsbedarf ortete. Vor allem der häuslichen Pflege sei besonderes Augenmerk zu schenken, etwa durch ausreichende Schulungen und einen zielgerichteten Mitteltransfer. Die Aufwendungen des Bundes für Pflegegeld steigerten sich von 2,4 Mrd. € im Jahr 2012 auf 2,48 Mrd.€ im Jahr 2013, heißt es im Sozialbericht. Zur besseren Vereinbarkeit von Pflege und Beruf wurde im Vorjahr die Möglichkeit der Pflegekarenz oder –teilzeit geschaffen. Bewährt habe sich dem Ministerium zufolge die 24-Stunden-Betreuung von pflegebedürftigen Menschen daheim, zur Qualitätssicherung der häuslichen Pflege seien 2012/13 mehr als 140.000 Hausbesuche zur objektiven Bewertung der Pflegedienste erfolgt.

   

Hundstorfer: Sozialstaat hat positiven Beitrag zur Abfederung der Wirtschaftskrise geleistet
Österreich sei im Vergleich zu den anderen EU-Staaten relativ gut durch die Finanz- und Wirtschaftskrise gekommen, erklärt Bundesminister Rudolf Hundstorfer in dem von seinem Ressort vorgelegten Sozialbericht für die Jahre 2013 bis 2014. Er führt dies u.a. auf die wohlfahrtsstaatlichen Strukturen und die Sozialausgaben zurück, die trotz einer schwierigen budgetären Situation teilweise sogar ausgebaut werden konnten. Dennoch stehe man vor einer Reihe von Herausforderungen, räumt der Minister ein, wie etwa die steigende Arbeitslosenrate, die hohe Abgabenbelastung der Arbeitseinkommen, die Lohnunterschiede zwischen Männern und Frauen sowie vor allem die zunehmenden Einkommensungleichheiten.

Der fast 400 Seiten starke Bericht bietet nicht nur einen Überblick über alle Aktivitäten in den einzelnen Arbeitsbereichen des Ministeriums (Arbeit und Beschäftigung, Soziales, Konsumentenpolitik sowie internationale Zusammenarbeit und sozialpolitische Grundsatzangelegenheiten), sondern er enthält auch zahlreiche aufschlussreiche Analysen und Studien, die vom Wirtschaftsforschungsinstitut, der Statistik Austria und dem Sozialministerium erstellt wurden. Die untersuchten Themenfelder reichen von der allgemeinen Betrachtung der Sozialausgaben, der Entwicklung der Einkommen bis hin zu den Auswirkungen der Krise auf die Lebensbedingungen der ÖsterreicherInnen. Aufgrund des großen Umfangs des Berichts werden im folgenden nur einzelne Kapitel exemplarisch dargestellt; der gesamte Inhalt ist auf der Homepage des Ressorts www.sozialministerium.at abrufbar.

Die Schwerpunktmaßnahmen im Kampf gegen die Arbeitslosigkeit
Obwohl sich die Beschäftigungssituation in Österreich seit 2010 deutlich verbessert hat, kam es gleichzeitig zu einem Anstieg der Arbeitslosenrate, die derzeit höher als vor der Krise ist. Dennoch schneidet Österreich im europäischen Vergleich noch sehr gut ab und liegt mit 5,1% an zweiter Stelle hinter Deutschland (5%). Die Anstrengungen im Bereich der aktiven Arbeitsmarktpolitik wurden weiter intensiviert, insgesamt standen dafür Mittel in der Höhe von über 1 Mrd. € zur Verfügung. Schwerpunkte wurden dabei im Hinblick auf ältere und gesundheitlich beeinträchtigte Arbeitssuchende (Beschäftigungsinitiative 50+, fit2work) sowie auf Jugendliche (Ausbildungsgarantie, Jugend- und Jobcoaching, Berufsausbildungsassistenz) gesetzt. Im Bericht wird darauf hingewiesen, dass sich etwa die Ausbildungsgarantie für Jugendliche in Österreich bewährt habe und nun europaweit als Vorzeige-Projekt und Grundlage der neuen EU-Initiative "Jugendgarantie" gelte.

Mit dem Umschulungsgeld wurde zudem eine neue Leistung aus der Arbeitslosenversicherung geschaffen. Es stellt auch einen wesentlichen Eckpfeiler der Neugestaltung der Regelungen zur Invaliditätspension dar. Damit erhalten gesundheitlich beeinträchtigte Personen, die zur Teilnahme an beruflichen Maßnahmen der Rehabilitation bereit sind, eine adäquate und zeitlich nicht befristete Existenzsicherung. Seit 1. Juli 2013 gibt es mit dem Bildungsteilzeitgeld eine weitere neue Form der Ausbildungsförderung: Die Zielgruppe sind Personen, die bei aufrechter Beschäftigung ihre Arbeitszeit reduzieren, um eine Weiterbildungsmaßnahme zu besuchen. Das Fachkräfte-Stipendium wurde mit Juli 2013 eingeführt und unterstützt mehrjährige Ausbildungen in konkreten Mangelberufen.

Immer mehr Versicherte gehen in reguläre Pension
Auf eine positive Entwicklung verweisen die AutorInnen des Berichts im Bereich der Alterspensionen, wo eine Steigerung feststellbar war; die Zahl der Invaliditäts- und Hinterbliebenenpensionen habe hingegen abgenommen. Insgesamt wurden per Dezember 2013 2.298.693 Pensionen ausbezahlt; 10 % davon erhielten eine Ausgleichszulage. Die durchschnittliche Alterspension betrug in diesem Jahr 1.162 €. Das durchschnittliche Antrittsalter bei den Direktpensionen wird mit 58,5 Jahren angegeben.

Im Berichtszeitraum gab es eine Reihe von Neuregelungen und Reformmaßnahmen in diesem Bereich wie etwa die Einführung der Pensionskonto-Erstgutschrift, die Verschärfung der Anspruchsvoraussetzungen für vorzeitige Alterspensionen wegen langer Versicherungsdauer und Korridorpensionen oder die Abschaffung der befristeten Invaliditätspensionen für Geburtsjahrgänge ab 1964 bei gleichzeitiger Einführung eines Rehabilitations- und eines Umschulungsgeldes.

Rückläufige Lohnquote und zunehmende Belastung der Einkommen aus Arbeit
Der zweite Teil des Berichts enthält eine Reihe von sozialpolitischen Analysen, die einen detaillierteren Einblick in die aktuellen gesellschaftlichen Rahmenbedingungen und die Lebenssituation der österreichischen Bevölkerung gewähren. Einer der Aspekte, der genauer untersucht wurde, war die Entwicklung und Verteilung der Einkommen. So wurde etwa festgestellt, dass seit drei Jahrzehnten die Unternehmens- und Vermögenseinkommen fast durchgehend jedes Jahr stärker angestiegen sind als die Einkommen aus Arbeit. Auch die Abgabenbelastung auf Arbeitseinkommen ist wesentlich höher als jene auf Unternehmens- und Vermögenseinkommen; und diese Differenz hat sich seit 1995 noch verstärkt.

Obwohl die Zahl der unselbstständig Erwerbstätigen kontinuierlich gestiegen ist, haben die Arbeitnehmerlnnen-Entgelte in den letzten Jahrzehnten schwächer zugenommen als die Nicht-Lohn-Einkommen bzw. Unternehmens- und Vermögenserträge. Dies führte langfristig zu einem Rückgang der Lohnquote, also dem Anteil der Löhne am Volkseinkommen. Der Rückgang war in Österreich stärker als in den meisten europäischen Ländern. Die (bereinigte) Lohnquote verringerte sich zwischen 1990 und 2007 um 7,6 Prozentpunkte auf 66,2%; derzeit beträgt sie wieder 70,1% (2013). Aufgrund der steigenden Abgabenbelastung (Lohnsteuer, Sozialbeiträge) der Lohneinkommen sinkt die Nettolohnquote aber in einem noch deutlich höheren Ausmaß als die Bruttolohnquote; sie betrug 2012 nur mehr 61%.

Strukturelle Verschiebungen am Arbeitsmarkt haben bewirkt, dass der durchschnittliche Bruttorealbezug in den unteren Einkommensklassen von 1995 bis 2012 deutlich gesunken ist; Steigerungen gab es fast ausschließlich für die bestverdienenden 40 %. Auch die Einkommensverteilung innerhalb der Gruppe der unselbständig Beschäftigten stellt sich somit sehr ungleich dar: Die obersten 20 % der LohneinkommensbezieherInnen bekommen fast die Hälfte des "Kuchens", die untersten 20 % lediglich zwei Prozent. Das hängt u.a. auch mit der Verbreitung von geringfügiger Beschäftigung, Teilzeitbeschäftigung und Saisonbeschäftigung zusammen. Die Teilzeitquote unselbstständig beschäftigter Frauen beträgt bereits 47 %. Weiters wird darauf hingewiesen, dass die Einkommensunterschiede (auf Basis Stundenlöhne) zwischen Männern und Frauen zu den höchsten der EU zählen; dies zeige sich auch entlang von Branchen (Stichwort: frauentypische Berufe).

Etwas geringere Unterschiede gibt es, wenn man die Haushaltseinkommen als Vergleichsgrundlage heranzieht. Auf die 20 % Haushalte mit den niedrigsten Einkommen entfallen 8 % des gesamten verfügbaren Einkommens, auf das oberste Fünftel 37 %. Generell sind die Haushaltseinkommen seit 2008 um 13 % und damit um 3 % Prozent stärker als die Inflation gestiegen. Die meisten Haushalte hatten reale Einkommenssteigerungen. Der Grund dafür liegt in der steigenden Erwerbsbeteiligung von Frauen. Das verfügbare mittlere Haushaltseinkommen (Median) betrug 2013 1.840 € pro Monat.

Armut gesunken, aber noch immer 1.572.000 Personen armuts- oder ausgrenzungsgefährdet
Die soziale Situation hat sich seit Beginn der Finanzkrise 2009 nicht nur in Europa, sondern auch in Österreich verschärft, heißt es weiter im Bericht. Im Jahr 2013 waren 24,5 % bzw. 122,6 Mio. Menschen in der EU von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedroht (2008: 23,7 Prozent). Österreich konnte aber die Zahl der armuts- oder ausgrenzungsgefährdeten Menschen um 127.000 verringern. Die Quote ist in Österreich damit von 20,6 % auf 18,8 % gesunken. Ein besonders hohes Risiko der Armutsgefährdung haben Alleinerzieherinnen, Migrantlnnen, Personen mit Behinderungen und Personen mit niedriger Bildung.

Fast 600.000 Menschen müssen mehr als 40 % ihres Einkommens für Wohnen inklusive Heizung und Strom ausgeben. Seit 2008 sind die Wohnkosten für Menschen mit geringen Einkommen am stärksten gestiegen. 50 % der Personen in Haushalten mit niedrigem Einkommen geben an, dass sie bei unerwarteten Ausgaben von über 1.050 € größere finanzielle Probleme haben. Schwierigkeiten mit derartigen unerwarteten Ausgaben haben hingegen nur 20 % der Haushalte mit mittlerem Einkommen und nur drei Prozent der Haushalte mit hohem Einkommen. 44 % der Haushalte mit niedrigem Einkommen können sich keinen Urlaub leisten. Personen in Haushalten mit weniger Einkommen haben zudem viermal so häufig gesundheitliche Einschränkungen, sie haben weniger soziale Kontakte und ihre gesamte Lebenszufriedenheit ist niedriger als beim Durchschnitt der Bevölkerung.

Sozialstaat bleibt auch in Zukunft finanzierbar
Die Sozialquote (Anteil der Sozialausgaben am BIP) bewegte sich im Zeitraum 1995 bis 2013 zwischen 27% und 29,8%. Tendenziell ist sie in Phasen höheren Wirtschaftswachstums niedriger und erreichte ihren bisherigen Höchststand im Jahr 2010 mit 29,8%. Der Großteil der Aufwendungen entfiel dabei auf die Bereiche Alter und Gesundheit. Als bemerkenswert wird angesehen, dass der Anstieg der Ausgaben für die Frühpensionen und Invaliditätspensionen seit 1995 deutlich reduziert werden konnte. Wenn man davon ausgeht, dass die BIP-Entwicklung auf längere Sicht – trotz der aktuell geringeren Wachstumsraten – deutlich über den demografisch bedingten jährlichen Zusatzkosten für die Sozialsysteme liegt, dann stellt die Alterung der Gesellschaft hinsichtlich der Finanzierung des Staates aber eine lösbare Aufgabe dar, schließen die StudienautorInnen.

 

 

 

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