Feines Porzellan. Hohe Politik. 

 

erstellt am
04. 03. 15
11.00 MEZ

Zum Caffee beim Wiener Congress 1814-1815 - Eine Ausstellung des Porzellanmuseum im Augarten, Wien 9. März bis 30. Mai 2015
Wien (augarten) - Die neue Sonderausstellung des Porzellanmuseum im Augarten beleuchtet einen besonderen Aspekt der Diplomatie während des Wiener Congresses der Jahre 1814-1815. Alle gekrönten Häupter, hochrangige Politiker, aber auch die kultivierten Schaulustigen dieses denkwürdigen Zusammentreffens in der kaiserlichen Residenzstadt ließen es sich nicht nehmen, der Porzellanmanufaktur einen Besuch abzustatten. Listen diplomatischer Geschenke, Tagebücher und Reiseberichte schildern die Bewunderung, die der Kaiserlichen Manufaktur und ihren Produkten entgegengebracht wurde. Im Mittelpunkt der Ausstellung stehen "Caffeeschalen" der Zeit um den Wiener Congress, die durch ihre aufwändige Gestaltung eine einmalige historische und gesellschaftliche Situation repräsentieren.

Wenige Jahre vor dem friedlichen Zusammentreffen der Staatsmänner und Monarchen Europas verschickte die Wiener Porzellanmanufaktur ihre kostbarsten Bestände sicher verpackt auf einem Schiff Richtung Budapest, stand doch Napoleon 1809 einmal wieder vor den Toren Wiens. Einige Mitarbeiter der Manufaktur fielen in den Schlachten gegen die Franzosen. Nach der Einnahme Wiens installierte sich Napoleon in Schloss Schönbrunn und forderte Tafelporzellan aus der Manufaktur, um mit seinen Generälen standesgemäß zu speisen. Während all des politischen und militärischen Machtringens um die Vorherrschaft in Europa nahmen die Direktoren der Porzellanmanufakturen in Wien und Sèvres freundschaftlichen Kontakt auf. Sie tauschten ihre Erfahrungen und sogar Materialproben aus.

Die Ausstellung "Feines Porzellan, hohe Politik" möchte anhand ausgewählter Exponate, darunter Leihgaben des MAK- Österreichisches Museum für angewandte Kunst/Gegenwartskunst, Wien, der Silberkammer, Wien sowie aus Privatsammlungen den politischen Entwicklungen seit den Koalitionskriegen bis hin zu den privaten und öffentlichen Festlichkeiten des Wiener Congresses nachspüren. Nicht zuletzt bedrohte Napoleon auch eine der liebsten Tätigkeiten der Wiener und Wienerinnen, das Kaffeetrinken. Durch die Kontinentalsperre von 1811 war die Einfuhr von Kaffee nicht mehr möglich. Zahlreiche Zeitdokumente beschreiben die Sehnsucht nach dem anregenden Getränk, das im Jahrhundert zuvor Einzug in Europa gehalten hatte und seitdem nicht mehr aus dem Tagesgeschehen wegzudenken gewesen war. Auch die Porzellanmanufaktur erlitt erhebliche Verluste durch diese Umstände. Im Zuge der Aufhebung des Einfuhrverbots im Jahr 1813 konnte die Porzellanmanufaktur über den Verkauf von unvorstellbaren "35.000 Paar Kaffeeschalen" jubeln. Auch die Tafeln des Wiener Congresses wollten kostbar ausgestattet sein, gab es doch erhebliche Lücken in der kaiserlichen Silberkammer sowie jenen des höfischen Adels, da die langen Kriegsjahre das Vermünzen und damit das Einschmelzen der Silberservice zur patriotischen Pflicht gemacht hatten.

Der Congress dauerte bekanntlich weitaus länger als erwartet, das Unterhaltungsprogramm musste täglich erweitert werden. Die Kaiserliche Porzellanmanufaktur, damals in der Vorstadt Rossau, stand als eine der nationalen Sehenswürdigkeiten auf dem Besichtigungsprogramm der Kongressteilnehmer. Dass diese sich oft bei Lustbarkeiten und in den Salons auch politisch näher kamen, spricht für die verbindende Wirkung des geselligen Vergnügens. Umso behaglicher ist solch ein Zusammensein bei angenehmen Speisen in großer Gesellschaft oder bei Kaffee und Tee in intimer Runde. Die vielen erhaltenen Kongresstagebücher erwähnen die Wichtigkeit solcher Stimmungen für die Neugestaltung Europas. Auch ausgelassene Volksfeste sind überliefert, unter der Teilnahme des Hochadels, wie jenes auf Initiative des Hoftraiteurs Jahn rund um sein beliebtes Café im Saalgebäude im Augarten, dem heutigen Standort unseres Museums, am 6. Oktober 1814.

Porzellan diente zu jener Zeit als Mittel der Kommunikation, es zeigte die Bedeutung des Gastgebers, seinen erlesenen oder auch seinen fortschrittlichen Geschmack und wurde zum Bildträger der während der Congresszeit diplomatisch bedeutenden Kunst der Miniaturmalerei. Bildnisse des Kaisers oder des Fürsten von Metternich, und selbst die Kaiserhymne von Joseph Haydn finden sich auf dem Porzellan der Zeit. Die Ästhetik des französischen Empire und der durch Napoleons Feldzüge wieder aufgeflammten Ägyptomanie fand ebenso Eingang in die Porzellangestaltung wie die aufkommende Ritterromantik, die sich deutlich von diesen französischen Moden distanzierte. Gemäldekopien aus den kaiserlichen Sammlungen in Wien und Ansichten der wichtigen Gebäude der Stadt waren ebenfalls begehrte Motive unter den Kongresstouristen. Die hohe Qualität der Malerei und Vergoldung, wie sie in der Wiener Manufaktur praktiziert wurde, führte schließlich zu zahlreichen Bestellungen diplomatischer Geschenke durch das Kaiserhaus, die nach dem Congress an alle befreundeten Höfe verschickt wurden.

Am 14. März und 25. April finden Kuratorenführungen mit Dr. Claudia Lehner-Jobst in Kooperation mit dem Belvedere, Wien statt. Die Führungen beginnen um 14h im Porzellanmuseum im Augarten und werden um 16h in der Ausstellung "Europa in Wien" im Unteren Belvedere fortgesetzt.

Ausstellungskonzept und Kuratorin: Claudia Lehner-Jobst

 

 

 

Allgemeine Informationen:
http://www.augarten.at/museum

 

 

 

 

 

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