Parkgeschichte(n)

 

erstellt am
31. 03. 15
11.00 MEZ

Sonderausstellung auf Schloss Artstettens von 1. April - 1. November
Artstetten (schloss) - Der weitläufige Schlosspark von Artstetten ist nicht wie jeder andere Park - hinter jedem und sogar in einigen der alten Bäume, hinter allen Felsen, die die Wege säumen, kann ein Stückchen der Geschichte von Schloss Artstetten und seinen Besitzern, vor allem "Blumen-Kaiser" Franz I., Erzherzog Franz Ferdinand und seinem Vater Erzherzog Carl Ludwig, verborgen sein. Die Sonderausstellung 2015 führt durch die Entstehungsgeschichte des historistischen Parks, der sich auf der Liste jener 56 im Bundesdenkmalschutz-Gesetz angeführten historischen Garten- und Parkanlagen Österreichs, die als höchst schützenswert gelten, befindet. Darüber hinaus verrät die im Schloss Artstetten wohnende Familie Hohenberg rund um die Bewohner des Hauses einige "private G'schichten", die sich im Laufe der Zeit im und um den Park zugetragen haben. Als Kurator konnte der in Melk lebende freischaffende Landschaftsplaner, -ökologe und -architekt Dipl.-Ing. Dr. Alfred Benesch gewonnen werden, der sich seit 2008 intensiv mit der Geschichte des Parks auseinandersetzt und im schlosseigenen Archiv auf viele interessante und teils auch amüsante Anekdoten stieß!

Die Geschichte
Das 1268 erstmals urkundlich erwähnte Schloss mit baulich angeschlossener Pfarrkirche ist im Kern ein Renaissance-Bau aus dem 16.Jahrhundert, der Ende des 19. Jahrhunderts aufgestockt und mit Zubauten versehen wurde.

Aus der Frühzeit ist über den Garten nichts Näheres bekannt, erst mit Übernahme der Anlage durch den "Blumen"-Kaiser Franz I. im Jahr 1823 wird er genauer dokumentiert. Kaiser Franz bzw. seine Frau Carolina Augusta sind bis heute hier präsent durch die gezielte Umgestaltung des weitläufigen Areals zu einer parkartigen Anlage.

Unter Erzherzog Carl Ludwig, ab 1871 Protektor der österreichischen Gartenbau-gesellschaft, wird von 1861 bis 1866 ein Gartenplan zur landschaftlichen Umgestaltung erstellt, der im Wesentlichen umgesetzt und im Kern bis heute erhalten ist. Die großräumige Gliederung und die Errichtung von Wegen gehen nachweislich auf ihn zurück.

Auf Wunsch seiner Frau, Erzherzogin Maria Annunziata, wurden die Regenrinnen (wie in Italien üblich) mit kleinen, runden Pflastersteinen ausgelegt.

Als begeisterter Schwimmer ließ Carl Ludwig auf einer Anhöhe des Parks ein Schwimmbecken (das auch als Löschteich diente!) errichten sowie ein weit verzweigtes Wasserleitungsnetz zur Versorgung des s. g. Obstgartens aber auch der beiden Springbrunnen in der, nach geomantischen Richtlinien errichteten Kastanien-Allee verlegen.

Zum 3köpfigen Stamm-Park-Personal wurden "in der Hochsaison" bis zu 27 weitere Gärtner aufgenommen. Rechnungen über beispielsweise "30 Kisten für Erdbeeren und andere Früchte" belegen, dass die Artstettner Obsternte großteils an den Wiener Hof verkauft wurde

Dass die Familie Carl Ludwigs und damit auch der kleine Erzherzog Franz Ferdinand diese neue Anlage auch tatsächlich intensiv benutzt hatten, zeigen so überraschende Abrechnungen wie z.B. im Juli 1865 "Baum-Leim um einen Papagei zu fangen; Glas für einen Laubfrosch; 7 Stück Goldfische"!

Schließlich übernimmt Erzherzog Franz Ferdinand 1889 die Anlage und baut sie als Sommer- und Wochenendsitz bis zum Attentat auf ihn (Sarajewo 1914) aus mit einer repräsentativen Vorfahrt und Automobilstraße, Garage, sonstigen Zubauten und Gartenerweiterung im Nord-Osten. Der Gartenarchitekt Josef Oskar Molnar entwarf nach Erzherzog Franz Ferdinands Vorstellungen einen formalen Gartenteil westlich des Schlosses, im Sinne eines "modernen architektonischen Gartens" und ergänzte den Park mit bis heute erhaltenen Gehölzpflanzungen. Franz Ferdinand war natürlich auch Mitglied der Gartenbaugesellschaft (wo er bei der Eröffnung einer Gartenschau auf Franz Praskac I traf) und nahm als kundiger Botaniker starken Anteil an der Parkumgestaltung - ließ aber auch die Umgebung des Ortes und Nachbargemeinden Artstetten durch gezielte Anpflanzungen mit Mischwäldern, Hecken und Obstbäumen bereichern.

Auf Wunsch seiner Frau, Herzogin Sophie v Hohenberg, einer begeisterten Reiterin, wurde die alte Reitschule im Nordwesten des Schlosses reaktiviert und neu gestaltet. An den Pflanzbögen und Steinbänken erfreuen sich bis heute die Besucher des Schlosses.

Nach Ende der 1. Republik bezog Herzog Max von Hohenberg Schloss Artstetten - bis in den 1940er Jahren die Enteignung der Anlage durch die Nazis und nach dem 2.Weltkrieg die Rückgabe an die Familie Hohenberg erfolgte. Ein besonders berührendes Detail: Ende März 1938 wurde Herzog Max für sechs Monate ins KZ Dachau interniert und anschließend unter strengen Hausarrest gestellt. Trotzdem blickte er nach vorn… und bestellte ein Jahr später bei den Baumschulen Franz Praskac mehrere Obstbäume und Rosenbüsche . . . das Leben geht weiter. . .

In diese Zeit fallen Umbauten im Bereich des Formalgartens und des Schwimmbeckens (1950er). Jedoch: Die schleichende Verwilderung der Anlage beginnt…

Der Schlosspark heute
Bislang war diese wertvolle Gartenanlage weitgehend unbekannt, obwohl sich das Schloss in den vergangenen 30 Jahren als wichtiges touristisches Ziel etabliert hat. Mit Übernahme der Herrschaft Artstetten durch die Ur-Enkelin Erzherzog Franz Ferdinands, Anita Hohenberg, in den frühen 1980er Jahren beginnt die behutsame Revitalisierung der Parklandschaft mit Bepflanz- und Durchforstungsplänen. Mit der Anlage von 10 Pfingstrosenbeeten mit insgesamt an die 1000 Pflanzen setzte die derzeitige Besitzerfamilie den Grundstein für das "Pfingstrosenparadies", das jährlich von Mitte Mai bis Mitte Juli zahlreiche Besucher nach Artstetten zieht.

Seit der teilweisen Öffnung des privaten Parkteils im Jahr 2014 können Besucher den alten Gehölzbestand mit Raritäten wie Mammutbäumen oder Säuleneichen und Trauerfichten sowie die unterschiedlichsten Gartenräume bzw. -teile (Nutz-, Obstgarten, Kastanien-Allee, Schwimmbecken mit Gartenpavillon, Steingarten, Terrassen, der historistische, formale Garten etc.) in ihrer ineinander verschachtelten Abfolge auf verschiedenen Niveaus begehen. Dabei ergibt sich ein vielfältiges Spektrum von beeindruckenden Ausblicken in die umgebende freie Landschaft bis ins Donautal und Alpenvorland.

Der Spaziergang durch diese Anlage birgt viele optische Überraschungen, die das Areal noch viel größer erscheinen lassen und mitunter das Gefühl vermitteln, Teil der umgebenden Landschaft, gleichzeitig aber in einem gestalteten Gartenraum geborgen zu sein.

Diese garten- und kulturhistorisch äußerst wertvolle Anlage spielt nicht nur eine symbolische Bedeutung für die österreichische Geschichte, sondern ist auch ein gutes Beispiel historistischer und "moderner" Gartenkultur!

Am 30. Mai haben die Besucher von Artstetten zum Höhepunkt der Pfingstrosen-Saison im Rahmen von "Dem Schlosspark ein Fest" die Möglichkeit, die "Parkgeschichte(n) live" zu erleben: neben einem bunten Rahmenprogramm im Erzherzog Franz Ferdinand-Museum und Park gibt es auch Gratis-Parkführungen und vieles anderes mehr

 

 

 

Allgemeine Informationen:
http://www.schloss-artstetten.at

 

 

 

 

 

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