Breiter Konsens über Passagier-
 und Fahrgastrechteagentur

 

erstellt am
10. 04. 15
11.00 MEZ

Grünes Licht im Verkehrsausschuss für zentrale, unabhängige Schlichtungsstelle
Wien (pk) - Eine unabhängige, verkehrsträgerübergreifende Schlichtungsstelle wird sich in Zukunft der Fahrgastrechte annehmen. Durch ein am 09.04. vom Verkehrsausschuss beschlossenes Bundesgesetz wird eine so genannte Passagier- und Fahrgastrechteagentur eingerichtet, die der außergerichtlichen und möglichst einvernehmlichen Beilegung von Streit- und Beschwerdefällen im Passagierverkehr auf Eisenbahn- und Buslinien, in der Luftfahrt und im Schiffverkehr dient. Sowohl die Regierungsparteien als auch FPÖ, Team Stronach und NEOS erwarteten sich von der neuen Agentur einen weiteren Schritt in Richtung Umsetzung der Fahrgastrechte. Die Grünen hingegen hatten Bedenken gegen die Kostentragung durch den Bund und stimmten gegen das Gesetz.

Zudem verabschiedeten die Abgeordneten Änderungen im Kraftfahrliniengesetz, im Öffentlicher Personennah- und Regionalverkehrsgesetz sowie im Schifffahrtsgesetz, die im Wesentlichen EU-Konformität sowie ein Mehr an Rechtssicherheit bringen sollen. Die Opposition brachte darüber hinaus in Anträgen ein Themenspektrum zur Sprache, das vom Personennahverkehr über die Vignettenregelung bis hin zur Zählregel für Kinder im Busverkehr und zum Güterverkehr auf der Bahnstrecke Friedberg-Oberwart reichte. Die Initiativen wurden bei der Abstimmung allerdings vertagt bzw. abgelehnt.

Schlichtungsstelle sichert Fahrgastrechte
Das Passagier- und Fahrgastrechteagenturgesetz (460 d.B.) erzielte in der Debatte breiten Konsens. Die ÖVP-Abgeordneten Gertrude Aubauer und Andreas Ottenschläger begrüßten das Gesetz als "gutes Zeichen im Sinn der Fahrgäste", wobei sich der Verkehrssprecher der Volkspartei zudem erfreut über den Umstand zeigte, dass auch die Wirtschaft einen Teil der Kosten für die neue Schlichtungsstelle trägt. Für Christoph Hagen vom Team Stronach stellt die neue Agentur, die nun zwei bisher bestehende Schlichtungsstellen ablöst, eine willkommene Verwaltungsvereinfachung dar. Zustimmung kam auch von den Freiheitlichen, dies allerdings mit "Bauchweh", wie es Christian Hafenecker ausdrückte, der vor allem vor der Gefahr einer Einschränkung der Unabhängigkeit durch die Einbeziehung der Wirtschaft in die Kostentragung warnte.

Ausschlaggebend für die Ablehnung durch die Grünen war die Kostenregelung: Verkehrssprecher Georg Willi gab zu bedenken, die Übernahme eines Großteils der Kosten durch den Bund führe dazu, dass letztlich die Steuerzahler zur Kasse gebeten werden. Besser wäre es, die Verkehrsunternehmen würden sämtliche Kosten der Agentur übernehmen.

Zur Diskussion über den Personenverkehr steuerten die Grünen zwei Entschließungsanträge bei, die bei der Abstimmung allerdings abgelehnt wurden. Harald Walser forderte zunächst günstigere Tarife bei Fahrten zwischen den Verkehrsverbünden (765/A(E)) – insbesondere die Ermöglichung der Aneinanderreihung von Verbund-Tickets zwischen Tirol und Vorarlberg - und schlug darüber hinaus für das Eisenbahnwesen eine automatisierte Datenübertragung über sicherheitsrelevante Abläufe vor (889/A(E)).

ÖVP-Verkehrssprecher Andreas Ottenschläger spielte in Sachen Verbund-Tickets den Ball an die Länder zurück und wandte ein, der Bund könne in diesem Bereich nichts erzwingen. Was die automatisierte Datenübertragung betrifft, wies er auf aktuelle Bestimmungen hin und kam zu dem Schluss, das Anliegen der Grünen sei bereits erfüllt.

Änderungen in Verkehrsgesetzen bringen EU-Konformität und Rechtssicherheit
Eine vom Ausschuss mehrheitlich gegen die Stimmen der Grünen verabschiedete Änderung des Kraftfahrliniengesetzes (510 d.B.) passt die Bestimmungen über die Erteilung von Konzessionen für Dienstleistungen im Busverkehr an das entsprechende EU-Recht an. Auf EU-Linie gebracht werden auch das Öffentlicher Personennah- und Regionalverkehrsgesetz (511 d.B.), und zwar in Bezug auf die Vorgaben Brüssels für eine transparente Gewährung von Ausgleichszahlungen der öffentlichen Hand. Auch hier sprachen sich SPÖ, ÖVP, FPÖ, Team Stronach und NEOS für die betreffenden Änderungen aus.

Seitens der Grünen äußerte Georg Willi die Befürchtung, die nunmehr angepassten Bestimmungen könnten zu Dumping bei der Konzessionsvergabe führen. SPÖ-Abgeordnete Elisabeth Hakel griff diesen Einwand auf und mahnte Sozial- und Qualitätskriterien bei Ausschreibungen im Busverkehr ein. Eine entsprechende Ausschussfeststellung wurde einstimmig angenommen.

Rechtssicherheit für Grundeigentümer bei der Bewilligung von Schifffahrtsanlagen ist schließlich die Stoßrichtung einer einstimmig beschlossenen Novelle zum Schifffahrtsgesetz (492 d.B.). Konkret geht es hier um Klarstellungen bezüglich des Widerrufs einer Bewilligung.

Zum Thema Personennahverkehr lag den Abgeordneten überdies ein Antrag (750/A(E)) der Freiheitlichen vor, in dem sich Christian Hafenecker für alternative und flexible Verkehrsformen einsetzt, die seinen Intentionen zufolge zur Sicherstellung der Mobilität das Angebot des öffentlichen Verkehrs und der bereits bestehenden Kraftfahrlinien ergänzen sollen. Grünen-Verkehrssprecher Georg Willi wiederum schlug in seiner Initiative (321/A(E)) vor, für den öffentlichen Verkehr in den Ballungsräumen außerhalb Wiens eine Mitfinanzierungsverantwortung des Bundes zu verankern.

Beide Anträge blieben in der Minderheit, wobei ÖVP-Abgeordneter Andreas Ottenschläger erklärte, es gebe bereits eine Grundlage für alternative Verkehrsformen. Eine Änderung der Finanzierung des öffentlichen Verkehrs in Ballungsräumen wiederum sei nur im Zuge der Finanzausgleichsverhandlungen möglich.

Opposition beantragt Adaptierungen bei der Vignettenpflicht
Nicht durchsetzen konnten sich die Oppositionsparteien mit einer Reihe von Anträgen, die den Themenbereich Maut und Vignettenpflicht abdecken.

So forderte FPÖ-Abgeordnete Carmen Schimanek eine Ausnahme von der Vignettenpflicht im Raum Kufstein (61/A(E)), während Grünen-Verkehrssprecher Georg Willi temporäre Maßnahmen zur Vermeidung der Umgehung von Mautstrecken, so etwa ein Absehen von der Kontrolle, anregte (115/A). Die Regierungsparteien wollen in diesen Punkten, wie ÖVP-Abgeordneter Johann Singer mitteilte, noch die Evaluierung entsprechender von der ASFINAG anvisierter Maßnahmen abwarten und vertagten die beiden Initiativen.

Keine Mehrheit fand der Antrag Georg Willis (G) auf eine flächendeckende LKW-Maut (233/A(E)). Dies würde eine beträchtliche Kostenbelastung für die Wirtschaft und insbesondere für den ländlichen Raum auslösen, warnte seitens der ÖVP Andreas Ottenschläger.

Ebenfalls in der Minderheit blieben die Vorschläge Christoph Hagens (T), die Mautvignette künftig am Kfz-Kennzeichen anzubringen (826/A(E)) bzw. Ausnahmen von der Vignettenpflicht bei Probe- und Überstellungsfahrzeugen (958/A(E)) zu ermöglichen. Vertagt wurde hingegen die Forderung des Team Stronach-Verkehrssprechers nach einer eigenen Vignette für Wechselkennzeichen (682/A(E)). Johann Schmuckenschlager gab dazu grundsätzlich zu bedenken, die Anliegen Hagens würden auf eine Systemänderung bei der Gestaltung der Vignettenpflicht hinauslaufen.

Opposition fordert kinderfreundliche Zählregel in Bussen
Zur Sprache brachte die Opposition auch die Sicherheit von Kindern in Autobussen. Auf Kritik stieß dabei vor allem die derzeitige Zählregel, die es erlaubt, dass sich drei Kinder im Alter von sieben bis vierzehn Jahren zwei Sitzplätze teilen. Anträge von FPÖ (762/A), Grünen (772/A(E)) und NEOS (842/A) laufen im Wesentlichen darauf hinaus, für Kinder im Busverkehr eine Zählregel von 1:1 einzuführen und damit jedem Kind einen Sitzplatz zu garantieren.

Verkehrsminister Alois Stöger äußerte Sympathie für die Anliegen der Opposition, meinte aber, letztlich liege die Entscheidung bei den Landeshauptleuten. In Anbetracht noch ausstehender Verhandlungen wurden die drei Anträge schließlich mehrheitlich vertagt.

Die Sicherheit war überdies ein Aspekt von zwei weiteren Oppositionsanträgen. FPÖ-Verkehrssprecher Gerhard Deimek urgierte eine Regelung, die es ausgebildeten Sanitätern des Roten Kreuzes, den so genannten First Respondern, erlaubt, im Einsatzfall bei Privatfahrzeugen mit Blaulicht zu fahren (149/A(E)). Namens der NEOS verlangte Michael Pock eine Klarstellung im Kraftfahrgesetz über die Zulässigkeit der Verwendung von Tagfahrlicht bei Motorrädern (941/A). Da diese Punkte im Rahmen einer kommenden Novelle zum Kraftfahrgesetz angesprochen werden sollen, entschied der Ausschuss auch hier auf Vertagung.

Von der gelben Mittellinie bis zu den Tretrollern: Weitere Anträge der Opposition vertagt bzw. abgelehnt
Kein Erfolg war überdies einer Serie weiterer Anträge der Oppositionsparteien beschieden, die ein breites Spektrum behandeln, das von der Markierungsfarbe für die Mittellinie über die Breitband-Leerverrohrung bei Tiefbauten bis hin zu den Tretrollern reicht.

FPÖ-Abgeordneter Christian Hafenecker trat für die Einholung einer wissenschaftlichen Studie über eine Rückkehr zur gelben Markierungsfarbe für die Mittellinien ein (580/A(E)), Team Stronach-Mandatar Christoph Hagen wiederum will einspurigen Fahrzeugen generell die Möglichkeit eröffnen, die Busspur zu benützen. In beiden Fällen sei es ratsam, bei der bisherigen Regelung zu bleiben, meinte etwa ÖVP-Mandatar Andreas Ottenschläger, der damit die mehrheitliche Ablehnung begründete.

"Bitte warten" hieß es hingegen für den Vorschlag von NEOS-Verkehrssprecher Michael Pock, den Einsatz von Lastfahrrädern durch eine entsprechende Adaptierung der Fahrradverordnung zu fördern (936/A(E)).

Eine verpflichtende Breitband-Leerverrohrung bei Tiefbauten war ein weiteres Anliegen der Freiheitlichen (579/A(E)). Hier sprachen sich die Regierungsparteien für eine Vertagung aus, zumal man noch, wie Johann Singer (V) erklärte, die diesbezüglichen Förderrichtlinien abwarten wolle. NEOS-Verkehrssprecher Michael Pock legte ein Maßnahmenpaket zur Förderung der Elektromobilität vor und fordert darin u.a. Anpassungen in der Straßenverkehrsordnung in Bezug auf Elektro- und Car-Sharing-Fahrzeuge (793/A(E)). Lockern wollen die NEOS überdies die Vorschriften für die Benützung von Tretrollern durch Kinder (494/A(E)). Die Vertagung dieser beiden Anträge wurde seitens der Regierungsparteien mit der in Ausarbeitung befindlichen StVO-Novelle begründet.

Vertagt wurde schließlich ein Antrag der Grünen, in dem sich Christiane Brunner gegen die Stilllegung des Güterverkehrs auf der Bahnstrecke Friedberg-Oberwart wendet (1009/A(E)). Das Anliegen fand grundsätzliche Unterstützung bei allen anderen Fraktionen, wenngleich ÖVP-Verkehrssprecher Andreas Ottenschläger auf die Kosten der Aufrechterhaltung der Linie aufmerksam machte. Verkehrsminister Alois Stöger verwies in diesem Zusammenhang auf laufende Verhandlungen zwischen dem Land Burgenland, dem Verkehrsministerium und der ÖBB. Auch habe Landeshauptmann Niessl für 29. April ein Pressegespräch zu diesem Thema angekündigt.

 

 

 

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