Nationalrat: Sparsamer Finanzrahmen
 mit Wachstumsimpulsen

 

erstellt am
21. 05. 15
11.00 MEZ

Abgeordnete wollen Militärmusik erhalten und EZA-Mittel aufstocken
Wien (pk) – Umfassende Steuerreform, Fortsetzung der Budgetkonsolidierung und Impulse für Wachstum und Beschäftigung, Reformen in der Verwaltung, im Förderungssystem, bei Pensionen und am Arbeitsmarkt, Zukunftsinvestitionen in Bildung, Universitäten, Entwicklung und Infrastruktur sowie für Wachstum und Beschäftigung – das sind die Ziele, die die Bundesregierung in ihrer mittelfristigen Budgetplanung verfolgt. In Zahlen gegossen und als Gesetz lag diese Strategie dem Nationalrat am 20.05. als Bundesfinanzrahmen bis 2019 zur politischen Beurteilung vor, die von Fraktion zu Fraktion und von RednerIn zu RednerIn durchaus unterschiedlich, oft auch gegensätzlich ausfiel. Mit dem Beschluss durch die Mehrheit der Regierungsparteien gilt für das im Herbst zu beschließende Bundesbudget 2016 nunmehr eine Auszahlungsobergrenze von 76,54 Mrd. €. An Einzahlungen werden im kommenden Jahr 71,69 Mrd. € erwartet, das administrative Defizit wird mit 1,4% des BIP angegeben. Für den Gesamtstaat wird ein Maastricht-Defizit von 1,6% sowie ein – ebenfalls EU-konformes - strukturelles Defizit von 0,5% prognostiziert. Bis 2019 soll die Differenz zwischen Auszahlungen und Einzahlungen nach und nach schrumpfen und die öffentliche Verschuldung von 86,8% des BIP 2015 auf 79,9% zurückgehen. Die im Budgetausschuss einstimmig beschlossene Erhöhung des Bundesfinanzrahmens um 297,056 Mio. € bekräftigte der Nationalrat. Damit ist die Finanzierung der geplanten Sanierung des Parlamentsgebäudes gesichert und der Budgetbedarf für den parlamentarischen Betrieb - insbesondere für zusätzliche Sonderaktivitäten wie Untersuchungsausschuss oder Enquete-Kommissionen - gedeckt.

In einer lebhaften Debatte beantragten die Grünen eine Änderung des Finanzrahmens bis 2019 zur Erhöhung der bilateralen Entwicklungszusammenarbeit und der Katastrophenhilfe im Ausland, scheiterten mit ihrem Anliegen bei der namentlich durchgeführten Abstimmung aber an 137 Nein- zu 31 Ja-Stimmen. Ebenfalls in namentlicher Abstimmung wurden zwei FPÖ-Entschließungsanträge abgelehnt. Einer auf Erhaltung der Militärmusikkapellen (120 Nein- gegen 43–Ja-Stimmen) und eines weiteren auf sofortigen Stopp von Kasernenschließungen (115 Nein- zu 42 Ja-Stimmen). Abgelehnt wurde auch ein Antrag des Teams Stronach auf Erhalt der Militärmusik. - Mehrheitlich angenommen wurden hingegen Entschließungsanträge der Koalitionsparteien zur Erhaltung des Militärmusikwesens sowie für eine Strategie zur Entwicklung und gesetzlichen Verankerung eines Stufenplans zur Erhöhung der Mittel für die Entwicklungszusammenarbeit bis zur Erreichung des internationalen 0,7%-Ziels.

Budgetsanierung und Wachstum: Sinnvoll Sparen und Zukunftsinvestitionen
Elmar Podgorschek (F) eröffnete die Debatte mit der von vielen Abgeordneten seiner Fraktion wie auch von ÖVP, NEOS und Team Stronach geteilten Auffassung, dass Österreich kein Einnahmenproblem, sondern ein Ausgabenproblem habe. Daher "dämpfen wir die Ausgabenentwicklung", fügte Gabriele Tamandl (V) hinzu, die sich auch für Offensivmaßnahmen aussprach und dazu bekannte, die Budgetkonsolidierung im Sinne der EU-Vorgaben voranzutreiben. Auf diesem Weg bestünden allerdings gravierende Risiken, warf Eva Glawitschnig-Piesczek (G) mit Hinweis auf Analysen des Budgetdienstes ein, vor allem bei der Gegenfinanzierung der Steuerreform. Glawischnig befürchtete, dass dringend benötigtes Geld für Klimaschutz, Green Jobs, nachhaltige Infrastruktur und zur Erfüllung internationaler Verpflichtungen, insbesondere in der Entwicklungszusammenarbeit, in der Flüchtlingshilfe und bei der internationalen Katastrophenhilfe fehlen werde und kündigte dazu einen Abänderungsantrag ihrer Fraktion an.

Für sinnvolles Sparen, wie es die Bundesregierung seit 2008 betreibe, trat auch Kai Jan Krainer (S) ein und unterstützte ausdrücklich eine Politik, die die Steuerlast vom Faktor Arbeit auf Vermögenserträge verlagert. Krainer sprach sich seinerseits dafür aus, die EZA-Ausgaben auszubauen, Kernaufgaben des Staates bei der Sicherung der Pensionen sowie bei Bildung und Gesundheit vom Sparkurs auszunehmen und darauf zu verzichten, "in die Krise hineinzusparen". Priorität hat für Krainer auch der Kampf gegen die Arbeitslosigkeit. Daher hielt er die Einführung einer sechsten Urlaubswoche für sinnvoll.

Ganz anders argumentierte Kathrin Nachbaur (T), die die weitergehende Staatsverschuldung kritisierte und davor warnte, mit höheren Schulden, weniger Arbeit und mehr Urlaub den Wohlstand vermehren zu wollen. Die Null-Zins-Politik der EZB, die das Budget entlaste, gehe zu Lasten von Leistungsträgern und Sparern und nutze den Spekulanten, kritisierte Nachbaur.

Vor einer Oppositionsrhetorik, die das Land krank jammere, statt den Optimismus zu stärken, schade der Wirtschaft, warnten Jakob Auer und Werner Groiß (beide V). Auer erinnerte die Oppositionsredner daran, dass die Bundesregierung in den letzten Jahren noch jedes Budget besser vollzogen habe als es veranschlagt war. Demgegenüber erinnerte Josef Schellhorn (N) daran, dass die Staatsausgaben seit 2000 stärker wuchsen als die Inflation und Einsparungen nur wegen niedrigerer Zinsen erzielt wurden. Auch Schellhorn sah keinen Anlass, die Arbeitszeit zu verkürzen und mehr Urlaub zu nehmen, hielt es aber für dringend notwendig, die Lohnnebenkosten zu senken.

Finanzminister Hans Jörg Schelling bezeichnete den vorgelegten Finanzrahmen als ausgewogenes Zahlenwerk, das Offensivmaßnahmen ermögliche und es zugleich erlaube, ein strukturelles Nulldefizit zu erreichen und zu wahren. Das Erfolgsmodell von Kostensenkungen und Offensivmaßnahmen werde fortgesetzt und neue Steuern vermieden. Der mittelfristige Finanzrahmen sei ebenso seriös gerechnet wie die Gegenfinanzierung der geplanten Steuerreform, versicherte Schelling, der sich einmal mehr dafür stark machte, den Kampf gegen den Steuerbetrug zu intensivieren. Unterstützung erhielt der Finanzminister von Christoph Matznetter (S) der von der Fortsetzung einer soliden Budgetpolitik sprach und ausdrücklich die geplante Steuerreform lobte. Diese ermögliche es, die Steuerzahler um 5 Mrd. € "ohne Blutvergießen" zu entlasten. Beim Ausbau der Entwicklungszusammenarbeit (EZA) setzte Matznetter auf den von der Bundesregierung vereinbarten Stufenplan. Maximilian Unterrainer (S) begrüßte im Interesse des Tourismus die Erleichterung von Betriebsübergaben.

Peter Haubner (V) lobte die zugleich auf Budgetkonsolidierung und wirtschaftliche Stabilität ausgerichtete Politik der Bundesregierung, die auf dem Grundsatz basiere nicht mehr Geld auszugeben als man habe. Ideen für eine sechste Urlaubswoche erteilte Haubner eine Absage und erinnerte nachdrücklich daran, dass es die UnternehmerInnen seien, die Arbeitsplätze schaffen. Bruno Rossmann (G) widersprach Haubner entschieden und meinte Budgetkonsolidierung dürfe kein Selbstzweck sein. Was fehle sei eine Priorität für Zukunftsinvestitionen und für den Kampf gegen die Arbeitslosigkeit, denn 400.000 Arbeitslose seien nicht tolerierbar. Österreich brauche einen budgetpolitischen Kurswechsel um von der Kriechspur auf die Überholspur zu wechseln. Rückläufige EZA-Mittel bezeichnete Rossmann als eine Schande für ein reiches Land wie Österreich. Beim Thema Entwicklungszusammenarbeit kritisierte Petra Bayr (S) Außenminister Kurz, der seine Hausaufgaben bislang nicht gemacht habe. Bayrs Hoffnung galt einem Ausbau der EZA-Mittel beim Budget für 2016.

Die Bundesregierung verweigere Österreich die notwendige Entbürokratisierung, ignoriere den Kaufkraftverlust der Arbeitnehmer und lasse ein weiteres Wachstum der Staatsschulden zu, kritisierte Leopold Steinbichler (T), der sich für eine unternehmer- und arbeitnehmerfreundliche Politik stark machte. Die Verhandlungen für einen neuen Finanzausgleich wollte Steinbichler beschleunigen. Die Militärmusik sah der Redner als Werbepartner und Sympathieträger des Bundesheeres, bekannte sich nachdrücklich zur Erhaltung dieses Kulturgutes und legte dazu einen Entschließungsantrag seiner Fraktion vor.

Mit Nachdruck trat Rainer Wimmer (S) dafür ein, die industrienahe Forschung auszubauen, mehr Geld für die Qualifizierung von ArbeitnehmerInnen und für die Beschäftigung älterer ArbeitnehmerInnen einzusetzen und die Arbeitszeit zu verkürzen. Tanja Windbüchler-Souschill (G) brach eine Lanze für den Ausbau der bilateralen Entwicklungszusammenarbeit sowie der Flüchtlingshilfe und der Katastrophenhilfe im Ausland und legte dazu einen Abänderungsantrag zur Regierungsvorlage vor, der darauf gerichtet ist, die bilaterale EZA im Jahr 2016 auf 100 Mio. €, 2017 auf 160 Mio. €, 2018 auf 220 Mio. € und 2020 auf 280 Mio. € zu erhöhen. Der Auslandskatastrophenfonds sollte jeweils auf 20 Mio. € angehoben werden.

Große Steuerreform – Arbeit, Wirtschaft und Familien entlasten, Betrug bekämpfen
Der zweite große Themenkomplex in der Debatte über die mittelfristige Budgetplanung der Bundesregierung bildete die geplante Steuerreform, die für Elmar Podgorschek (F) lediglich eine Umverteilung aus einer Tasche des Steuerzahlers in die andere darstelle. Die Gegenfinanzierung sei nur vage konzipiert, der Faktor Arbeit werde nicht wirklich entlastet und den Menschen unterstelle die Regierung, Steuern zu hinterziehen. Gemeinsam mit seinen Fraktionskollegen Hubert Fuchs und Bernhard Themessl wandte sich Podgorschek entschieden gegen die Abschaffung des Bankgeheimnisses und gegen weitere Schritte in Richtung "gläserner Steuerzahler".

Demgegenüber hielt Gabriele Tamandl (V) fest, dass bei den Vorschlägen der Bundesregierung zur Gegenfinanzierung der Steuerreform EU-Anregungen aufgenommen wurden. Während Eva Glawischnig-Piesczek (G) klare Vorschläge für die Gegenfinanzierung vermisste, forderte Hubert Fuchs (F) nicht nur Engagement beim Kampf gegen SteuerbetrügerInnen, sondern auch gegen den Sozialbetrug. Bruno Rossmann (G) vermisste stärkere Wachstums- und Beschäftigungseffekte durch die geplanten Steuerreform sowie eine Ökologisierung des Steuersystems. Kathrin Nachbaur (T) forderte eine Steuerreform, die die Steuermoral hebe, indem sie die überdurchschnittliche Abgabenlast reduziere, während Rainer Wimmer (S) einer Entlastung der ArbeitnehmerInnen und dem Vorziehen der höheren Negativsteuer ausdrücklich zustimmte.

Reichen die bisherigen Pensionsreformen aus?
Die bisher beschlossenen Reformmaßnahmen bei den Pensionen reichten zur Sicherung des Systems nicht aus, sagte Elmar Podgorschek (F). Seiner Ansicht widersprachen Gabriele Tamandl (V) und Kai Jan Krainer (S), der sich überdies gegen die Auffassung mancher ExpertInnen wandte, ein Pensionssystem müsse sich ausschließlich selbst finanzieren und sollte auf staatliche Zuschüsse verzichten. Gerald Loacker (N) verwies hingegen auf EU-Kritik an zu wenig wirksamen Pensionsreformen in Österreich, sowie auf überdurchschnittlich stark wachsende Staatszuschüsse zum Pensionssystem in den kommenden Jahren.

Schelling bittet Abgeordnete um Unterstützung bei der Reform des Finanzausgleichs
Ein weiteres großes finanzpolitisches Projekt der kommenden Monate stellt der Finanzausgleich Neu dar, der derzeit von mehreren Arbeitsgruppen vorbereitet und ab Sommer 2015 mit den Ländern und Gemeinden verhandelt werden wird. Finanzminister Hans Jörg Schelling erläuterte die Eckpunkte eines aufgabenorientierten und transparenteren Finanzausgleichs, für den er die Abgeordneten um Unterstützung bat. Elmar Podgorschek (F) drängte an dieser Stelle darauf, die "Nebenregierung der Landeshauptleute" abzuschaffen und die Einnahmen- und Ausgabenverantwortung im Sinne eines echten Föderalismus in einer Hand zu vereinen. Jakob Auer (V) verlangte Vereinfachungen im Finanzausgleich zugunsten der Gemeinden. Karin Greiner und Franz Kirchgatterer (beide S) machten auf die Leistungen der Gemeinden für deren BürgerInnen aufmerksam und wies auf die erfolgreiche Gemeindestrukturreform in der Steiermark hin.

Josef Schellhorn (N) mahnte die Einhaltung der Haftungsobergrenzen von Seiten der Länder ein. Eine offenere Debatte über den neuen Finanzausgleich und die Reform des Föderalismus in Österreich hielt Bruno Rossmann (G) für notwendig. Bei der Vereinheitlichung des Rechnungswesens sah Rossmann noch viele offene Fragen, insbesondere bei der Vermögensrechnung.

Hubert Fuchs (F) wandte sich kritisch gegen die Schließung von Kasernen und brachte einen Entschließungsantrag seiner Fraktion ein, der auf sofortigen Stopp der Kasernenschließungen gerichtet war. An dieser Stelle forderte Franz Eßl (V), die Kaserne Tamsweg nicht zu schließen, während Rainer Wimmer (S) vorschlug, Kasernen und Kirchen verstärkt für die Unterbringung von Flüchtlingen zu verwenden.

Franz Kirchgatterer mahnte einen Finanzausgleich ein, der an den Aufgaben der Gemeinden orientiert ist und damit den Interessen der BürgerInnen entspricht. Einmal mehr brach Kirchgatterer eine Lanze für die Sozialpartnerschaft, deren Einfluss von Experten auf die Wirtschaftsentwicklung als positiv beurteilt wird.

Josef Cap sah Österreich im internationalen Vergleich an einer sehr herzeigbaren Stelle und begrüßte mit Nachdruck den Plan für eine Steuerreform, die über höhere Einkommen, Konsum und Nachfrage die Wirtschaft beleben wird. Österreich habe eine gute Haushaltspolitik gemacht und damit Handlungsspielräume offengehalten, die nun zur Entlastung der Einkommen, zur Steigerung der Kaufkraft und zur Stimulierung der Wirtschaft genutzt werden können. Dazu gehört der Kampf gegen den Steuerbetrug, sagte Cap, eine Durchforstung der Ausgaben und die Streichung von Steuerausnahmen. Für unverständlich hielt es Cap, auf Instrumente verzichten zu wollen, die es erlaubten, den Steuerbetrug zu bekämpfen.

Finanzminister Hans-Jörg Schelling teilte den Abgeordneten mit, dass die Österreichische Entwicklungsbank 902 Mio. € an Haftungen für Entwicklungsprojekte in aller Welt übernommen hat. Da dies bislang in der ODA-Statistik nicht anerkannt werde, bemühe er sich um Anrechnung dieser Leistungen. Bei der Registrierkassenpflicht werde nicht verlangt, einen Chip zu installieren, wohl aber eine Zertifizierung, die gewährleiste, dass Registrierkassen nicht manipuliert werden können. Konten werden nur im Rahmen eines Finanz-Prüfverfahrens geöffnet werden können, sicherte Schelling den Abgeordneten zu.

Abgeordneter Bernd Schönegger (V) bekräftigte sein Eintreten für die Militärmusik als besten Werbeträger des Österreichischen Bundesheeres, würdigte die Ausbildung, die das Bundesheer bei der Ausbildung der Musiker leiste, und brachte einen SPÖ-ÖVP-Entschließungsantrag mit der Aufforderung an den Verteidigungsminister ein, sich für die Erhaltung des Militärmusikwesens einzusetzen. Christoph Hagen (T) erinnerte daran, dass der Entschließungsantrag seiner Fraktion zum Thema Militärmusik darauf gerichtet ist, die Militärmusikkapellen in Orchestergröße aufrecht zu erhalten und nicht nur in der Größe von 20 Mitgliedern, wie dies SPÖ und ÖVP beabsichtigen.

Schließlich plädierte SPÖ-Klubobmann Andreas Schieder dafür, den bescheidenen EZA-Beitrag Österreichs zu erhöhen und legte dazu einen SPÖ-ÖVP-Entschließungsantrag vor.

 

 

 

Allgemeine Informationen:
http://www.parlament.gv.at

 

 

 

 

 

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