Finanzierung der nationalen Sozialsysteme

 

erstellt am
08. 06. 15
11.00 MEZ

Hundstorfer schlägt bei ILO in Genf Wertschöpfungsabgabe als erweiterte Basis vor
Genf/Wien (bmask) - Sozialminister Rudolf Hundstorfer schlug am 05.06. in seiner Rede bei der Jahrestagung der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) in Genf eine Wertschöpfungsabgabe zur Finanzierung des Sozialstaates vor. "Da die Zunahme der Produktivität nicht mit Beschäftigungswachstum einhergeht, kann ein Sozialstaat langfristig nicht mehr durch Steuer- und Beitragssysteme, die vorwiegend am Faktor Vollzeitarbeit anknüpfen, finanziert werden", so der österreichische Sozialminister. Daher werden sich viele Staaten diese Finanzierungsfrage zunehmend stellen müssen. Eine Abgabe, die an der Wertschöpfung der Unternehmen, aber auch an den Gewinnen der Finanzwirtschaft ansetzt, ohne dabei Investitionen zu verhindern, würde die Finanzierungsbasis verbreitern, ohne innovative Unternehmen zusätzlich zu belasten. Personalintensive Betriebe würden zudem entlastet werden. "Die große Herausforderung wird sein, Modelle zu entwickeln, die in der globalisierten Welt funktionieren und die zu einer gerechteren Einkommensverteilung beitragen", unterstrich Hundstorfer.

Auch der aktuelle Bericht der ILO "World Employment and Social Outlook 2015 (WESO)" mit dem Titel: "The Changing Nature of Jobs", zeige ganz deutlich auf, dass das klassischen Beschäftigungsmodell immer weniger repräsentativ für die heutige Arbeitswelt ist und somit Handlungsbedarf besteht, fuhr der Minister fort. Zudem sind weltweit nahezu sechs von zehn Lohn- und Gehaltsempfängern entweder teilzeitbeschäftigt oder stehen in befristeten Arbeitsverhältnissen. In seiner Rede in Genf machte der Sozialminister deutlich, dass bei stagnierendem Arbeitskräftebedarf Vollbeschäftigung nur erreicht werden kann, wenn die vorhandene Arbeit einschließlich der Arbeitszeiten gerechter aufgeteilt werden. Hundstorfer betonte in diesem Zusammenhang: "Die Auseinanderentwicklung der unteren und oberen Einkommen in den letzten 40 Jahren gefährdet nicht nur den sozialen Zusammenhalt, sondern auch das Wirtschaftswachstum." So gebe es immer mehr fragmentierte Erwerbsbiografien und atypische Beschäftigungsformen, die vor allem Frauen treffen. Diese Arbeitsverhältnisse erfordern zur Absicherung innovative sozialpolitische und arbeitsrechtliche Antworten.

Ein größer werdendes Problem sei der Arbeitnehmerschutz. "Denn die Schutzkonzepte für Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen erreichen einen wachsenden Teil der arbeitenden Bevölkerung nicht mehr", so der Minister. Er stellte bei der ILO-Jahreskonferenz daher zur Diskussion, ob die zu schützende arbeitende Person neu zu definieren sei und dabei allenfalls auch Selbstständige, insbesonders Ein-Personen Unternehmer -erfasst werden sollen. Die Frage sei, wie weit der Kreis zu ziehen ist. "Es geht darum, den Wandel der Arbeitswelt aktiv zu gestalten, Teilhabe zu ermöglichen und in der zukünftigen Arbeitswelt soziale Gerechtigkeit für alle zu sichern. Um am Puls der Zeit zu bleiben, muss die ILO Lösungen zum Schutz aller Arbeitskräfte in der immer komplexeren Arbeitswelt bieten", schloss Hundstorfer seine Rede in Genf.

 

 

 

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