Handelsabkommen und Datenverkehr

 

erstellt am
18. 06. 15
11.00 MEZ

Wie können EU-Standards gewahrt werden?
Brüssel (europarl) - Die Ausschüsse für Internationalen Handel und Bürgerliche Rechte widmeten sich am 16.06. in einem öffentlichen Hearing dem Thema Datenverkehr. Welche Bedeutung besitzt dieser für die EU-Wirtschaft und welche Auswirkungen bestehen für den Datenschutz? EU-Abgeordnete diskutierten mit dem Europäischen Datenschutzbeauftragten, Vertretern der Europäischen Kommission und Experten für Bürger- und Wirtschaftsinteressen über die anstehende EU-Datenschutzreform.

Was versteht man unter Datenverkehr?
Unter Datenverkehr versteht man den Fluss von persönlichen und nicht-persönlichen Daten. Immer, wenn Daten ausgetauscht werden, findet Datenverkehr statt. Sendet beispielsweise ein Lastkraftwagen Daten an den Firmenstützpunkt, dann ist diese Datenweitergabe eine Form des Datenverkehrs. Der Datenfluss dient in diesem Fall Wartungsaufgaben oder kann für die Entwicklung neuer Kraftfahrzeuge von Nutzen sein. Fährt eine Person auf Urlaub und hebt an einem ausländischen Bankomat Geld ab, so erhält die Maschine Zugriff auf die Bankdaten der Person. Auch dies ist eine Form des Datenverkehrs.

Was geschieht mit unseren Daten?
Mehr und mehr Bürger sind besorgt, ob in unserer digitalen Welt der Schutz ihrer persönlichen Daten und ihrer Privatsphäre gewährleistet ist. Die Thematik ist in Hinblick auf CETA (Wirtschafts- und Handelsabkommen EU-Kanada), TTIP (Transatlantisches Freihandelsabkommen und Investitionspartnerschaft EU-USA) und TiSA (Abkommen über den Handel mit Dienstleistungen) von großer Aktualität.

Die deutsche EU-Abgeordnete Birgit Sippel (S&D) weist auf die Gefahr hin, dass persönliche Angaben für bestimmte (wirtschaftliche) Zwecke gesammelt und interpretiert werden: „Wir verkaufen die Privatsphäre der Menschen. Es darf kein Handel mit unseren Grundrechten stattfinden.“ Der Schutz persönlicher Daten sei ein Grundrecht und daher nicht verhandelbar, betont die Niederländerin Sophia in 't Veld von der ALDE-Fraktion.

Die Datenschutzreform
Die EU-Datenschutzreform muss wirtschaftliche und bürgerliche Interessen in Einklang bringen. Restriktive Regeln könnten ein Hindernis für die europäische Wirtschaft darstellen und die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen gegenüber Unternehmen in Drittstaaten verringern. Das Hauptaugenmerk müsse jedoch auf dem Schutz der Interessen der Bürger liegen, so der Tenor des Hearings.

Datenverkehr sei für die Wirtschaft wichtig, doch müssten Grenzen gesetzt werden. „Ich glaube, dass niemand im Parlament den freien Datenfluss behindern möchte, doch muss der Schutz unserer Privatsphäre gewährleistet sein”, fordert die luxemburgische EU-Abgeordnete Viviane Reding (EPP).

Ein effizienter Datenschutz kann auch ein wirtschaftlicher Vorteil der EU sein. "Es muss striktere, klarere und vereinfachte Datenschutzregeln geben", bemerkt der Europäische Datenschutzbeauftragte Giovanni Buttarelli, „jedoch nicht auf Kosten der Grundrechte.“

„Was wir tun können, ist Zielvorgaben erstellen und Standards schaffen, die leicht von anderen Staaten übernommen werden können”, betont der Berichterstatter des Europäischen Parlaments für die neue Datenschutzverordnung Jan Philipp Albrecht aus Deutschland (Die Grünen/EFA).

Die Rechtslage in der Europäischen Union
Die in Kraft befindliche Datenschutzverordnung der EU stammt aus dem Jahr 1995. Ein neues Rahmenwerk ist nötig, um das Gesetz an unser digitales Zeitalter anzupassen. Die Europäische Kommission hat 2012 eine neue Verordnung vorgeschlagen. Nachdem das Europäische Parlament sich auf seinen Standpunkt im März 2014 geeinigt hat und im Juni 2015 auch der Ministerrat einen Konsens erzielt hat, ist der Beginn der Verhandlungsgespräche, des sogenannten Trilogs, für den 24. Juni vorgesehen. Es wird gehofft, dass bis Ende des Jahres eine Einigung erzielt werden kann.

Den Vorsitz des Hearings führten der deutsche EU-Abgeordnete Bernd Lange (S&D) und der britische EU-Abgeordnete Claude Moraes (S&D).

 

 

 

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