Ungleich anders

 

erstellt am
26. 06. 15
11.00 MEZ

SoziologInnen der Uni Graz präsentierten neue Studie über ethnische Schichtung und Einkommensungleichheit im globalen Vergleich
Graz (universität) - Die Kluft zwischen Arm und Reich wächst vielerorts. Selbst in manchen wohlhabenden Ländern geht die Schere immer weiter auf. Der Grazer Soziologe Univ.-Prof. Dr. Max Haller zeigt in seiner neuen umfassenden Studie „Ethnic Stratification and Income Inequality around the World. The End of Exploitation and Exclusion?“ anhand von Daten aus 140 Nationen erstmals die komplexen Zusammenhänge zwischen Einkommensverteilung, sozialen Strukturen und ethnischen Unterschieden innerhalb von Staaten auf. Das Buch wurde am 25.06. im Café Prückel in Wien präsentiert.

„Die Art und Weise, wie ethnische Verschiedenheit durch soziale Kräfte und politische Steuerung kanalisiert wird, bestimmt in hohem Maß den Grad der Ungleichheit in einem Land“, fasst Max Haller die zentrale Erkenntnis aus seiner Studie zusammen. Mit Unterstützung von Anja Eder, MA, hat der Wissenschafter Daten des United Nations University World Institute for Development Economics Research (UNU-WIDER) und des International Social Survey Programme analysiert. Berücksichtigt wurden dabei die Einkommensverteilung, die Zusammensetzung der Bevölkerung nach ethnischen Gruppen und politische Bedingungen, wie das (Nicht-)Vorhandensein von Demokratie, Föderalismus und Wohlfahrtsstaat.

„Die ethnische Schichtung ist deshalb ein so bedeutender Faktor, weil sie oft die Ausbeutung bestimmter Gruppen durch andere mit sich bringt“, unterstreicht Haller. „Unsere Untersuchungen zeigen, dass die historisch extremste Form dieser Ausbeutung, die Sklaverei, bis heute signifikante Nachwirkungen hat.“

Politische Herausforderung
Die statistischen Analysen der Publikation werden durch Fallstudien ausgewählter Länder mit unterschiedlichen Typen ethnischer Klassenschichtung ergänzt. „Die Forschungsergebnisse machen deutlich, dass es in gemischten Gesellschaften offenbar aufgrund mangelnden Zusammenhalts und gegenseitigen Misstrauens schwieriger ist, Gleichheit zu schaffen“, berichtet der Studienautor. Dass ein Land von ethnischer Vielfalt aber auch profitieren kann, belegen Beispiele wie Südtirol und die Schweiz. Damit dies gelinge, brauche es, so Haller, politische Weichenstellungen zur Förderung der Egalität, ein einheitliches Bildungs- und Gesundheitssystem, entsprechende Umverteilung und Maßnahmen zur Entwicklung benachteiligter Regionen oder Bevölkerungsgruppen. „Unsere Recherchen belegen, dass ein starker Wohlfahrtsstaat, Demokratie und Föderalismus Effekte ethnischer Heterogenität ausgleichen können.“

Bei der Betrachtung innerstaatlicher Probleme verliert der Forscher auch die globalen Zusammenhänge nicht aus den Augen. Denn ethnische Vielfalt, Ungleichverteilung und grenzüberschreitende Migration bedingen einander. „Versteckte moderne Sklaverei existiert unter anderem in den Ländern des Südens, wo Konzerne der Industriestaaten, aber auch einheimische Unternehmen billige Arbeitskräfte ausbeuten.“ Und Prozesse der ethnischen Abschließung und Diskriminierung passieren ebenso an den Grenzen Europas zu Afrika, wie die Flüchtlingstragödien im Mittelmeer deutlich machen. „Hier zieht Europa einen unsichtbaren Eisernen Vorhang auf“, sagt Haller. Statt Abschottung fordert der Soziologe partnerschaftliche Zusammenarbeit als Chance für eine lebenswerte Zukunft: „Dazu gehören eine geregelte Form legaler Zuwanderung, unternehmerische Investitionen, Hilfen beim Aufbau von Bildungssystemen und faire Handelsbeziehungen.“

 

 

 

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