TTIP-Abstimmung im EU-Parlament am 08.07.

 

erstellt am
09. 07. 15
11.00 MEZ

TTIP: Besserer Zugang zu US-Markt, Schutz von EU-Standards, neue Streitbeilegung
Berichterstatter Bernd Lange (S&D, DE): "Dies sind klare Leitlinien für die Kommission darüber, wie wir uns ein TTIP-Abkommen vorstellen"
Straßburg (europarl) - Ein Handelsabkommen zwischen EU und USA muss EU-Unternehmen Zugang zum US-Markt gewähren und darf EU-Standards nicht aushöhlen, so die Abgeordneten in ihren am 08.07. verabschiedeten Empfehlungen für das EU-Verhandlungsteam. Für die Beilegung von Handelsstreitigkeiten zwischen Investoren und Staaten sollte ein neues System zur Rechtsprechung durch öffentlich bestellte Richter, das einer demokratischen Kontrolle und Transparenzregeln unterliegt, zuständig sein.

Das Parlament hat die Empfehungen an die an die EU-Kommission für die Verhandlungen mit den USA über die transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft (TTIP) mit 436 Stimmen bei 241 Gegenstimmen und 32 Enthaltungen angenommen.

"Wir erleben eine beispiellose Globalisierung, und unsere Bürger und Unternehmen sind mittendrin. Als Abgeordnete ist es unsere demokratische Pflicht, hier gestaltend einzugreifen. Wenn dieser Prozess der ganzen Bevölkerung zugute kommen soll, dürfen wir nicht die Verhandlungsführer alleine walten lassen. Deshalb haben wir diese Entschließung verfasst und darin unsere Leitlinien für die Art von Handelsabkommen festgelegt, für die die Kommission sich in den Verhandlungen einsetzen soll", sagte Berichterstatter Bernd Lange (S&D, DE).

"Wir fordern ein transparenteres Verfahren, robuste Arbeitnehmerrechte und Schutz personenbezogener Daten sowie öffentlicher Dienstleistungen. Wir bestehen darauf, dass das Recht der Gesetzgeber auf beiden Seiten des Atlantiks, Gesetze erlassen zu dürfen, nicht durch private Schiedsgerichte oder andere Einrichtungen unterlaufen werden darf", fügte er hinzu, und sagte abschließend: "Wir haben der Kommission heute klar gesagt, welche Art von Abkommen wir wollen. Wenn tatsächlich ein gutes Abkommen dabei herauskommt, werden wir es unterstützen, wenn es schlecht ist, werden wir es ablehnen."

Neues System zur Beilegung von Investor-Staat-Streitigkeiten
Der Kompromisstext über die Instrumente zur Beilegung von Investor-Staat-Streitigkeiten, den die Fraktionen in langen und angespannten Verhandlungen ausgearbeitet haben, und der mit 447 Stimmen bei 229 Gegenstimmen und 30 Enthaltungen gebilligt wurde, fordert ein neues System zur Rechtsprechung, das die in Handelsabkommen bisher üblichen Bestimmungen über "Investor-Staat-Schiedsverfahren" (ISDS), die auf private Schiedsgerichte setzen, ersetzen soll.

Das neue System sollte demokratischen Grundsätzen entsprechen und der demokratischen Kontrolle unterliegen, "in deren Rahmen etwaige Streitsachen in öffentlichen Verfahren transparent von öffentlich bestellten, unabhängigen Berufsrichtern verhandelt werden, eine Berufungsinstanz vorgesehen ist, die Kohärenz richterlicher Urteile sichergestellt wird und die Rechtsprechung der Gerichte der EU und der Mitgliedstaaten geachtet wird und die Ziele des Gemeinwohls nicht durch private Interessen untergraben werden können", so der Text.

Verhandlungen fortsetzen, um ein gutes Abkommen zu erreichen
Die Abgeordneten befürworten die Fortsetzung der Gespräche, heben jedoch wiederholt hervor, dass das Abkommen "ambitioniert" und "ausgewogen" sein, den Marktzugang für Waren und Dienstleistungen verbessern sowie gemeinsame Vorteile für alle EU-Mitgliedstaaten bringen muss. Es solle zudem ein "effizientes, wettbewerbsfreundliches Umfeld" fördern und nichttarifäre Handelshemmnissen ausschließen.

Eine TTIP-Vereinbarung sollte US-Beschränkungen hinsichtlich ausländischer Beteiligungen an Verkehrsunternehmen und Airlines abschaffen, EU-Anbietern den Zugang zum Telekommunikationsmarkt der Vereinigten Staaten erleichtern und die Öffnung des amerikanischen Beschaffungsmarktes auf allen Regierungsebenen "wesentlich ausweiten".

Für EU-Verbraucher, ihre persönlichen Daten, ihre Gesundheit und Sicherheit muss ein hohes Schutzniveau gewährleistet und Sozial-, Steuer- und Umweltdumping verhindert werden, verlangt das Parlament. Öffentliche Dienstleistungen sollten vom TTIP-Abkommen ausgeschlossen werden, zudem seien starke Schutzmaßnahmen für die EU-Regelung für geografische Angaben vorzusehen. Sensible landwirtschaftliche und Industrieerzeugnisse sollten gesondert behandelt werden.

Um Bürokratie an den Grenzen abzubauen, verlangt das Parlament die "gegenseitige Anerkennung gleichwertiger Standards". Die Abgeordneten unterstreichen jedoch, dass es "keine Einigung" geben kann in Bereichen, in denen EU und USA "sehr unterschiedliche" Regelungen haben, etwa beim Einsatz von Hormonen in der Rinderzucht, bei GVO, der Genehmigung von Chemikalien und bei Chemikalien, die Störungen des Hormonsystems verursachen (endokrine Disruptoren) sowie beim Klonen von Tieren für landwirtschaftliche Zwecke.

Die nächsten Schritte
Die 10. TTIP-Verhandlungsrunde zwischen der EU und den USA ist für den 13.-17. Juli in Brüssel geplant.

Sobald sich die Verhandlungsführer der EU und der USA auf ein TTIP-Abkommen geeinigt haben, müssen das Europäische Parlament und der der Rat noch zustimmen, bevor es in Kraft treten kann.


 

 Karas/Köstinger: Wir haben das TTIP-Verhandlungsmandat verschärft
Forderungen der österreichischen Landwirtschaft im TTIP- Verhandlungsmandat durchgesetzt / Europäische Standards bei TTIP nicht verhandelbar
Straßburg/Wien (övp-pd) - "Uns ist es gelungen, das Verhandlungsmandat für TTIP weiter zu verschärfen. Damit sind die Sorgen und Ängste der Bürger in die laufenden Verhandlungen eingebracht", so Othmar Karas nach der Abstimmung des EU-Parlaments über die Präzisierung des TTIP-Verhandlungsmandats.

"Wir haben die Forderungen der österreichischen Landwirtschaft und die österreichischen Lebensmittelstandards im neuen TTIP-Verhandlungsmandat durchgesetzt", so Elisabeth Köstinger, Landwirtschaftssprecherin der ÖVP im EU-Parlament.

Der heute vom Parlament beschlossene Text sieht vor, "dass eine Schutzklausel in das Abkommen aufgenommen wird, die zur Anwendung kommt, wenn die heimische Lebensmittelproduktion durch den Anstieg der Einfuhren eines bestimmten Erzeugnisses ernsthaft gefährdet ist – unter besonderer Bezugnahme auf Lebensmittelproduktion". Außerdem soll bei der Abschaffung von Zöllen berücksichtigt werden, "dass es auf beiden Seiten eine Reihe von sensiblen landwirtschaftlichen Erzeugnissen und Industrieprodukten gibt", für die "angemessene Überganzzeiträume und Quoten bzw. in einigen wenigen Fällen deren Ausschluss vorzusehen" ist. Das heute vom Parlament beschlossene neue Verhandlungsmandat stellt außerdem klar, dass TTIP eine "volle Anerkennung und einen starken rechtlichen Schutz von geographischen Herkunftsangaben" beinhalten muss.

Karas betont, dass die ÖVP von Beginn an für einen reformierten Investitionsschutz eingetreten sei. "Wir wollen ein faires Freihandelsabkommen und den Schutz von europäischen Investitionen in den USA. Investitionsschutz ist normal. Wir müssen aber Missbrauchsmöglichkeiten ausschließen und unsere Bedingungen durchsetzen", so der EU-Abgeordnete.

"Als Landwirtschaftssprecherin der ÖVP werde ich nicht zulassen, dass die Sicherheit der österreichischen Lebensmittel geopfert wird. Es gibt keinen Verhandlungsspielraum, wenn es um europäische Standards geht", stellt Köstinger klar.


 

 Regner: EU-Kommission muss Kritik bei Verhandlungen berücksichtigen
SPÖ-EU-Delegation lehnt Resolution ab: „Geht in zentralen Punkten nicht weit genug“
Straßburg/Wien (sk) - "Leider konnten unsere roten Linien nicht eingehalten werden. Wir waren und sind klar gegen Sonderklagerechte für Konzerne und ISDS. Eine Reform der privaten Schiedsgerichte reicht uns nicht. Daher konnten wir dem verwässerten Kompromiss nicht zustimmen. Bedauerlicherweise konnten auch die gefährlichen Negativlisten und die umstrittene regulatorische Kooperation mehrheitlich durchgesetzt werden. Wir SPÖ-EU-Abgeordneten haben gegen die gesamte Resolution gestimmt und damit unser Wort gehalten, die rechtsstaatlichen Grundsätze zu verteidigen", erklärt Evelyn Regner, geschäftsführende SPÖ-EU-Delegationsleiterin, das Abstimmungsverhalten der SPÖ-Mandatare.

Der heutigen Abstimmung waren intensive Verhandlungen und hitzige Debatten quer durch alle politischen Fraktionen vorausgegangen. Obwohl die Parlamentsposition im zentralen Punkt zu ISDS nicht weit genug gehe, enthalte sie dennoch zahlreiche wichtige Forderungen. "Der Schutz von Standards bei Lebensmittelsicherheit, ArbeitnehmerInnenrechten, Umwelt und Gesundheit muss als substanzieller Bestandteil im Abkommen verankert werden", betont SPÖ-EU-Mandatarin Regner.

"Die letzten Wochen haben klar gezeigt, dass das EU-Parlament bei TTIP gespalten ist. Umso wichtiger ist es, dass die Europäische Kommission unsere Kritik mit in die TTIP-Verhandlungen mit den USA trägt. Denn die Letztentscheidung über das umstrittene Handelsabkommen liegt bekanntlich beim EU-Parlament, das über das fertige Abkommen mit ‚Ja‘ oder ‚Nein‘ abstimmen wird", so Regner. In jedem Fall werde man die weiteren Verhandlungen wie bisher genauestens verfolgen.


 

Obermayr: TTIP-Bericht beschränkt auf kosmetische Änderungen
Haltung der Volksparteien vollkommen bürgerfern
Brüssel/Wien (fpd) - Auf rein kosmetische Änderungen hat sich der aktuelle Bericht des Europäischen Parlamentes zum transatlantischen Freihandelsabkommens TTIP beschränkt, wie der freiheitliche Abgeordnete Mag. Franz Obermayr anlässlich der Abstimmung in Straßburg ernüchtert feststellte. Insbesondere die Vertreter von ÖVP und SPÖ hat er dabei heftig kritisiert. Der Bericht wurde mit 436 zu 241 Stimmen angenommen.

Dass die Abstimmung unter dem Vorwand einer übermäßigen Zahl von Änderungsanträgen kurzfristig vom ursprünglichen Termin im Juni auf den heutigen Tag verlegt wurde, ist für Obermayr eine Farce, denn die Zahl der Änderungsanträge, die nun zur Abstimmung standen, reduzierte sich gerade einmal um drei von 119 auf 116. Heuchelei wirft er dabei insbesondere seinen sozial- und christdemokratischen Kollegen vor:
"Enttäuschend die SPÖ: Statt wie angekündigt das Schiedsgerichtsverfahren ISDS, das unseren Rechtsstaat aushebeln würde und daher in der Öffentlichkeit heftig kritisiert wird, aus dem Abkommen auszunehmen, behalten sie in ihren Änderungsanträgen selbiges im Kern bei. Dem Kind wurde nur ein neuer Name gegeben, ISDS bleibt nach Willen der Sozialdemokraten Teil des Abkommens!"

Auch die Europäische Volkspartei, der die ÖVP angehört, tat sich schwer damit, auf die Kritik von Bürgern und Verbänden am Abkommen einzugehen. "Es blieb auch hier bei einigen Floskeln, die den Wählern Besorgnis um Verbraucherschutz und Lebensmittelqualität vortäuschen sollen. Die ehrliche Ablehnung kritischer Passagen blieb die ÖVP schuldig."


 

 Reimon: Fauler Kompromiss bei Investorenschutz von Großer Koalition angenommen
Auf SozialdemokratInnen kein Verlass bei ISDS, Liberale Mlinar schert aus österreichischem Konsens für saubere Landwirtschaft aus.
Straßburg/Wien (grüne) - "Dass der faule Investorenschutz-Kompromiss von EP-Präsident Schulz eine breite Mehrheit im Europaparlament erhielt, ist nicht nur enttäuschend, sondern zeigt auch, dass auf die SozialdemokratInnen kein Verlass ist", kritisiert Michel Reimon, Europaabgeordneter der Grünen.

"Investitionsschutz ist weiter Teil des Abkommens, das ist bedauerlich. Dass Martin Schulz mit einem Geschäftsordnungstrick verhindert hat, dass über ein klarer Nein zum Investitionsschutz überhaupt abgestimmt werden konnte, reiht sich ein in das Bild eines parteiischen Präsidenten."

Verwunderlich ist für Reimon auch, dass der österreichische Konsens für saubere Landwirtschaft nicht gehalten hat: "Angelika Mlinar (Neos/ALDE) hat gegen Abänderungsanträge gestimmt, die Gentechnik, Klonfleisch und das berühmte Chlorhuhn explizit aus dem Abkommen ausgenommen hätten. Das ist völlig unverständlich, die TTIP-Befürworter sollen nie wieder behaupten, dass dies alles sicher nicht Teil von TTIP sei."


 

Hochhauser: Nach positivem Votum im EU-Parlament neue Dynamik bei TTIP-Verhandlung wünschenswert
Europaparlament sagt mit klarer Mehrheit ‚Ja‘ zu Fortführung der Verhandlungen über ein EU-Freihandelsabkommen mit den USA inklusive Investitionsschutz
Wien (pwk) - Das Europäische Parlament hat sich mit klarer Mehrheit für die Weiterführung der Verhandlungen über ein transatlantisches Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA inklusive eines Investitionsschutzkapitels ausgesprochen - ein Votum, das von der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ) ausdrücklich begrüßt wird. In seiner Resolution legt das Parlament seine Vorstellungen zu den Inhalten und Zielen des TTIP dar. Zwar sind diese nicht bindend für die EU-Kommission, welche die TTIP-Verhandlungen im Namen der EU-Staaten führt. Allerdings muss das Europaparlament am Ende dem Verhandlungsergebnis zustimmen.

"Das heutige Abstimmungsergebnis beendet eine Phase der Unsicherheit - in der EU wie in den USA und in vielen Drittstaaten, mit denen die EU gerade über Handelsabkommen verhandelt. Die Rückendeckung des EU-Parlaments für die verhandlungsführende Kommission ist wichtig und führt hoffentlich zu einer neuen positiven Dynamik in den Gesprächen zwischen Brüssel und Washington", betont Wirtschaftskammer- Generalsekretärin Anna Maria Hochhauser. Schon kommende Woche findet in Brüssel die nächste - insgesamt zehnte -Verhandlungsrunde statt.

Die Wirtschaftskammer steht dem Abschluss eines transatlantischen Freihandelsabkommens positiv gegenüber: "Zollabbau, Erleichterungen der Zollverfahren und Visaerteilungen, der Abbau von ungerechtfertigten technischen Vorschriften, Doppelzertifizierungen und Bürokratie und die Gleichstellung gegenüber amerikanischen Mitbewerbern in der öffentlichen Auftragsvergabe würden das Tagesgeschäft österreichischer Firmen, darunter auch kleiner und mittelständischer Unternehmen, die in die USA exportieren oder auf dem Sprung dazu sind, sehr erleichtern", betont Hochhauser. Verbesserte Rahmenbedingungen im internationalen Handel und insbesondere auch mit den USA würden sich auch in Österreich positiv auf Produktivität, Wettbewerbsfähigkeit, Wachstum und Beschäftigung auswirken und den positiven Trend in den Handelsbeziehungen zwischen Österreich und den USA weiter verstärken: Österreichs Exporte in die USA sind vom Jahr 2000 von 3,5 Milliarden Euro auf ca. 7 Milliarden Euro im Jahr 2014 gestiegen. "Damit entfällt auf die USA etwas mehr als ein Drittel aller österreichischen Exportzuwächse 2014", so Hochhauser. Nach dem ersten Quartal 2015 seien die USA sogar auf dem besten Weg, die zweitwichtigste Exportdestination für Österreich zu werden. Und, so die WKÖ-Generalsekretärin, das Handelspotenzial österreichischer Produkte in den USA sei noch lange nicht ausgeschöpft. "Umso weniger ist nachvollziehbar, warum - mit teils unsachlichen Argumenten und überzogener Panikmache - insbesondere auch in Österreich gegen TTIP mobilisiert wird."

Die WKÖ spricht sich auch für die Aufnahme eines modernisierten Investitionsschutzes inklusive einer Investor-Staat-Streitbeilegung in TTIP aus. "Wie kann man etwas dagegen haben, dass ausländische Investoren nicht diskriminierend behandelt werden und eine faire Chance haben sollen, bei Missachtung internationaler Investitionsschutzstandards Abhilfe zu verlangen und zu erhalten?", so Hochhauser. Mit der heutigen Abstimmung im Europaparlament sei der Weg frei, hier in den Verhandlungen mit den Amerikanern zu einer konstruktiven und zweckmäßigen Reform internationaler Schiedsverfahren zu kommen, bei der zum einen das Recht der Staaten gewährleistet ist, im öffentlichen Interesse unterschiedslos anzuwendende Gesetze und Vorschriften zu erlassen und zum anderen Investoren vor Diskriminierung, Willkür und entschädigungsloser Enteignung zu schützen. Österreichische Firmen halten Direktinvestitionen im Ausmaß von über 7 Milliarden Euro in den USA.


 

Kattnig: TTIP-Resolution geht nicht weit genug
ÖVP und NEOS ignorieren Position des österreichischen Nationalrats
Wien (ögb) - "Die konservativ-liberalen TTIP-Befürworter haben die Chance nicht wahrgenommen, ein klares Zeichen gegen private Schiedsgerichte zu setzen und haben für die umstrittene Resolution zum Transatlantischen Freihandelsabkommen TTIP gestimmt", zeigt sich Thomas Kattnig, Internationaler Sekretär der Gewerkschaft der Gemeindebediensteten - Kunst, Medien, Sport, freie Berufe (GdG-KMSfB), enttäuscht über das Abstimmungsergebnis im EU-Parlament.

Für die GdG-KMSfB ist das beschlossene neue System zur Streitbeilegung zwischen Investoren und Staaten ein fauler Kompromiss. "Wir fordern eine ersatzlose Streichung privater Schiedsgerichte", so Kattnig. Besonders verwundert das Abstimmungsverhalten der österreichischen ÖVP-Delegation: "Offenbar haben sie die Position des österreichischen Nationalrats vergessen. Die heimischen Parlamentarier haben sich klar gegen private Schiedsgerichte und ein Absenken von Standards in Arbeits-, Umwelt-und Konsumentenschutzrecht ausgesprochen."

Nicht unerwähnt sollen aber auch die positiven Aspekte bleiben, für die die GdG-KMSfB sich massiv eingesetzt hat. "Wir konnten eine klarere Ausnahme von Leistungen der Daseinsvorsorge bewirken sowie die Aufnahme der ILO-Kernarbeitsnormen. Ebenso wichtig war uns auch die Überwachung arbeitsrechtlicher Bestimmungen und die Einbeziehung der Sozialpartner. Letztendlich wurden auch Ausnahmen bei Kultur und audiovisuellen Medien aufgrund der UNESCO-Konvention zum Schutz kultureller Vielfalt gemacht."

Der Kampf um TTIP und somit um Arbeitsrechtstandards ist noch lange nicht vorbei. Bei der heute abgestimmten Resolution handelt es sich lediglich um Leitlinien für die EU-Kommission, diese sind rechtlich nicht bindend. Entscheidend ist die abschließende Abstimmung über Annahme oder Ablehnung des ausverhandelten Freihandelsabkommens durch das EU-Parlament. "Noch ist alles drin. Wir werden weiterhin Druck auf die Entscheidungsträger ausüben - private Schiedsgerichte haben in dem Abkommen nichts verloren. Wir werden nicht aufgeben, bis die finale Abstimmung Klarheit gebracht hat", so Kattnig abschließend.


 

 Neumayer: Industrie begrüßt Unterstützung des Europaparlaments für TTIP
Sachlicher Zugang und konstruktive Linie der Empfehlungen des Europaparlaments zu TTIP begrüßenswert
Wien (pdi) - "Die heutige Abstimmung des Europäischen Parlaments zum Transatlantischen Freihandelsabkommen TTIP ist ein positives Signal. Es ist erfreulich, dass eine klare Mehrheit der Abgeordneten die Chancen, die sich durch TTIP bieten, anerkennt und einen überwiegend sachlichen Zugang gewählt hat", hielt der Generalsekretär der Industriellenvereinigung (IV), Mag. Christoph Neumayer anlässlich der Verabschiedung der Empfehlungen des Europäischen Parlaments an die Europäische Kommission bezüglich der TTIP-Verhandlungen fest.

"Ebenso begrüßen wir, dass sich das Europäische Parlament zur Notwendigkeit von Investitionsschutz bekennt. Dies zeigt, dass die bewusst übertriebenen Forderungen nach einer schieren Abschaffung von Investitionsschiedsgerichten klar Minderheitenmeinung sind", so Neumayer. Die EU-Parlamentarier sprachen sich dafür aus, Investitionsschiedsgerichte mittelfristig durch ein System zu ersetzen, welches öffentliche und transparente Verfahren mit professionellen Richtern sowie Berufungsmöglichkeiten vorsieht. Hierunter könnte etwa ein permanenter Schiedsgerichtshof verstanden werden. "In einer globalisierten Welt ist der Schutz von internationalen Investitionen mehr denn je notwendig. Nicht umsonst hat Österreich in der Vergangenheit, unter Zustimmung aller Sozialpartner, mehr als 60 solcher Abkommen ausverhandelt und damit gute Erfahrungen gemacht. Da auch wir jedoch Bedarf für eine Verbesserung von Schiedsgerichten zwischen Investoren und Staaten sehen, begrüßen wir das Vorhaben von Kommissarin Malmström, diese mittels TTIP zu reformieren. Es ist positiv, dass das Europaparlament diesen Ansatz im Grunde nun unterstützt. Investitionsschutz von Handelsabkommen einfach auszuklammern würde bestehende Probleme hingegen nicht lösen sondern nur einzementieren", so Neumayer weiter.

Mit Blick auf die teils eng gesteckten Bedingungen, welche an die Kommission als TTIP-Unterhändler gestellt wurden, betonte der IV-Generalsekretär abschließend: "Die verstärkte öffentliche Diskussion zu internationaler Handelspolitik ist jedenfalls erfreulich. Dabei dürfen wir die strategische wie auch wirtschaftliche Bedeutung von Handelspolitik für Europa jedoch nicht außer Acht lassen. Es liegt in unser aller Interesse eine Überfrachtung von Handelspolitik zum Nachteil der wirtschaftlichen Entwicklung Österreichs und seiner Arbeitsplätze sowie Europas zu vermeiden."

 

 

 

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