Salzburg: Symbole gegen das Vergessen verlegt

 

erstellt am
15. 07. 15
11.00 MEZ

Landesregierungsmitglieder bei "Stolperstein"-Verlegung: Widerstand wird zur Pflicht, wenn Unrecht zum Recht erhoben wird
Salzburg (lk) - Alle sieben Mitglieder der Salzburger Landesregierung haben sich auf Initiative von Landesrätin Mag. Martina Berthold entschlossen, jeweils eine Patenschaft für einen der am 14.07. in der Stadt Salzburg verlegten "Stolpersteine" zu übernehmen. "Die Salzburger Stolpersteine sind starke Symbole gegen das Vergessen der nationalsozialistischen Verbrechen. Das Projekt des Künstlers Gunter Demnig ist ein einzigartiger Beitrag zur Aufarbeitung all jener Grausamkeiten, die während der nationalsozialistischen Diktatur an Jüdinnen und Juden, couragierten Helferinnen und Helfern von Verfolgten, Homosexuellen, politisch Andersdenkenden, Roma und Sinti, Zeugen Jehovas und vielen anderen Menschen verübt worden sind. Stolpersteine sind zudem ein Aufruf an uns alle, dass Widerstand zur Pflicht werden muss, wenn Unrecht zum Recht erhoben wird", erklärten die bei der Verlegung vor der Andräkirche anwesenden Regierungsmitglieder unisono.

Das "Personenkomitee Stolpersteine" (www.stolpersteine-salzburg.at) ist eine überparteiliche Plattform von mehr als 320 Personen und hat das international beachtete Projekt "Stolpersteine" des deutschen Künstlers Gunter Demnig nach Salzburg gebracht. Das Projekt finanziert sich über die private Initiative in Form von Patenschaften, die einzelne Menschen für "Stolpersteine" übernehmen. Durch den engagierten Einsatz von Historikerinnen und Historikern, Einzelpersonen, Vertreterinnen und Vertretern von Kultureinrichtungen und Politikern aus allen Parteien ist es gelungen, im August 2007 die ersten "Stolpersteine" an sieben Stellen in der Stadt Salzburg zu verlegen. Aktuell sind in der Stadt Salzburg 310 "Stolpersteine" verlegt.

Franz Zeiss: Pfarrer mit Zivilcourage
Franz Zeiss, für dessen "Stolperstein" Landeshauptmann Dr. Wilfried Haslauer die Patenschaft übernommen hat, wirkte in der Stadt Salzburg als Religionslehrer, Präses des katholischen Gesellenvereines und als Seelsorger. Seit 1934 war er Stadtpfarrer der Pfarre St. Andrä. Gauleiter und Reichsstatthalter Dr. Friedrich Rainer hatte 1940 der Polizei die Weisung zur Durchsuchung aller Pfarrämter nach Feldpostadressen von Soldaten gegeben, da das Sammeln dieser Adressen zwecks Versendung religiöser Schriften den Pfarren aus "Abwehrgründen" untersagt war. Durch den katholischen Polizeibeamten Maximilian Klimitsch war Zeiss vorab von der Aktion informiert worden und hatte die Pfarrämter davon in Kenntnis gesetzt. Zeiss, der seinen Informanten nicht verriet, wurde inhaftiert und zu zehn Monaten Gefängnis verurteilt. Pfarrer Zeiss half Menschen mit jüdischer Herkunft, die Terrorjahre im Verborgenen zu überstehen, bei zum katholischen Glauben übergetretenen Juden durch Verheimlichung in den von den Pfarrämtern geführten Matrikenbüchern.

Stefanie Maresch: Als " lebensunwert" ermordete Maxglanerin
Stefanie Maresch lebte seit dem Ende des Ersten Weltkrieges in Maxglan. Sie blieb ledig, war Postbeamtin und seit 1933 mehrmals in stationärer Behandlung. Sie befand sich unter den 68 Pfleglingen, die am 16. April 1941 von der Landesheilanstalt in Salzburg nach Hartheim deportiert und dort ermordet wurden. Die Patenschaft für ihren "Stolperstein" in der Maxglaner Hauptstraße hat Landeshauptmann-Stellvertreterin Dr. Astrid Rössler inne. In der Zeit des Nationalsozialismus wurden Menschen mit Behinderungen systematisch getötet. In der Tötungsanstalt Hartheim bei Linz wurden zwischen Mai 1940 und 1. September 1941 insgesamt 18.269 Menschen in einer Gaskammer ermordet.

Christine Neuhauser: Opfer des NS-Zwangseuthanasieprogramms
Landeshauptmann-Stellvertreter Mag. Dr. Christian Stöckl hat die Patenschaft für den an Christine Neuhauser erinnernden "Stolperstein" übernommen. Christine Neuhauser blieb ledig, war Hotelfachkraft im Berchtesgadener Land und wohnte seit 1937 in der Stadt Salzburg im "Ledigenheim" an der Weiserstraße (jetzt Merianstraße). Sie wurde 1938 unter dem NS-Regime in der Landesheilanstalt Salzburg stationär aufgenommen und zählte zu den 85 Pfleglingen, die am 21. Mai 1941 nach Hartheim deportiert und dort ermordet wurden.

Karl Schuch: Krankenmord in Hartheim
Dr. Karl Schuch war katholisch, ledig und von Beruf Tierarzt, Veterinärinspektor in Vorarlberg, Tirol und seit 1915 in Salzburg. Er wohnte in der Ignaz-Harrer-Straße 16. Seit Oktober 1939 war er Patient der Landesheilanstalt in Salzburg. Er befand sich unter den 82 Pfleglingen, die am 17. April 1941 nach Hartheim deportiert und dort ermordet wurden. Die Patenschaft für seinen "Stolperstein" hat Landesrat Hans Mayr übernommen.

Katharina Fleischer: Deportiert nach Weißrussland
Katharina (Käthe) Fleischer war das zweite von vier Kindern eines jüdischen Ehepaares, das sich dank der Initiative Albert Pollaks, des Gründers der jüdischen Gemeinde in Salzburg, hier ansiedelte. Gemeinsam mit ihrem Sohn Alexander wurde sie mit insgesamt 1.006 Opfern in das besetzte Weißrussland deportiert und am 15. Juni 1942 in Maly Trostinec bei Minsk ermordet. Landesrätin Mag. Martina Berthold ist Patin ihres "Stolpersteins" in der Faberstraße 27.

Maria Brandstätter: Ermordet in Hartheim
Maria Brandstätter absolvierte die Lehrerinnenbildungsanstalt der Ursulinen, war Volksschullehrerin in Itzling und wurde 1940 in der Landesheilanstalt Salzburg aufgenommen. Sie zählte zu den 68 Pfleglingen, die am 16. April 1941 nach Hartheim deportiert und dort ermordet wurden. Die Patenschaft für den an sie erinnernden "Stolperstein" hat Landesrat Dipl.-Ing. Dr. Josef Schwaiger übernommen.

Maria Anna Heiny: Mord geheim gehalten
Pate des "Stolpersteins" für Maria Anna Heiny ist Landesrat Dr. Heinrich Schellhorn. Heiny war Lehrerin und studierte Gesang. Sie war seit Jänner 1932 Patientin der Landesheilanstalt Salzburg und befand sich ebenfalls unter den 68 Pfleglingen, die am 16. April 1941 nach Hartheim deportiert und dort ermordet wurden. Der Tod der 45-jährigen Frau ist wie bei allen Opfern der nationalsozialistischen Geheimaktion "T4" in der Polizeimeldekartei der Stadt Salzburg nicht vermerkt.

 

 

 

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