Asyl: Initiativantrag für ein Bundesverfassungsgesetz

 

erstellt am
18. 08. 15
15.30 MEZ

SPÖ, ÖVP und Grüne einig bei Antrag zur Unterbringung von Asylwerbern
Sondersitzung des Nationalrats für 1. September 2015 geplant
Wien (pk) – SPÖ, ÖVP und Grüne haben sich auf einen gemeinsamen Initiativantrag für ein Bundesverfassungsgesetz über die Unterbringung und Aufteilung von hilfs- und schutzbedürftigen Fremden geeinigt, das die Kompetenzen von Bund und Ländern neu regelt. Die Klubobleute Andreas Schieder, Reinhold Lopatka und Eva Glawischnig betonten am 17.08. bei einer Pressekonferenz im Parlament die gute Zusammenarbeit und sehen mit dem neuen Gesetz eine menschenwürdige, gleichmäßige, gerechte und solidarische Unterbringen von Menschen in Not gewährleistet. Jede Gemeinde hat im Bedarfsfall die erforderliche Anzahl von Plätzen bereitzuhalten. Die Zahl soll jedenfalls 1,5% der Wohnbevölkerung betragen. Auch die Nutzung von Grundstücken, die im Eigentum des Bundes stehen, soll von der Innenministerin angeordnet werden können. Ein entsprechender Bescheid ersetzt dann bisher vorgesehene Bewilligungen.

Ziel sei es, Menschen schnell unterbringen zu können und mehr Unterkünfte zu schaffen, sagte Klubobmann Schieder. Lopatka betonte, das neue Gesetz solle nur in Ausnahmefällen zur Anwendung kommen, wenn ein Bundesland seine Quote nicht erfülle. Eine gerechtere Verteilung der Flüchtlinge müsse aber auch auf europäischer Ebene auf der Tagesordnung bleiben. Klubchefin Glawischnig sieht in dem Gesetz auch die Möglichkeit, Druck auszuüben, um menschenwürdige Quartiere einzurichten und Mindeststandards zu etablieren. Auch sei vorgesehen, die Tagsätze zu erhöhen und die Betreuung der Flüchtlinge durch Nichtregierungsorganisationen zu erleichtern.

Der Antrag wird noch heute an die drei anderen Parlamentsklubs übermittelt. Kommende Woche wird vermutlich ein Antrag auf eine Plenarsitzung des Nationalrats eingebracht. Geplanter Termin ist der 1. September. Voraussetzung für die Abhaltung einer Sitzung ist die Einberufung einer außerordentlichen Tagung des Nationalrats durch Bundespräsident Heinz Fischer. Dann könnte in einer ersten Sitzung der Gesetzesentwurf eingebracht und in einer weiteren Sitzung dem Verfassungsausschuss zugewiesen werde, danach sollte der Ausschuss zusammentreten. Die Zweite und Dritte Lesung könnte in der ersten regulären Sitzung des Nationalrats am 23. September erfolgen. Danach muss noch der Bundesrat seine Zustimmung geben. In Kraft treten soll das neue Asylgesetz am 1. Oktober 2015.


 

 Mikl-Leitner: Einigung auf Verfassungsbestimmung
Wien (bmi) - Innenministerin Johanna Mikl-Leitner betont, die Einigung auf eine Verfassungsbestimmung zum Durchgriffsrecht des Bundes in Bezug auf die Schaffung von Quartieren für Kriegsflüchtlinge sei ein wesentlicher Beitrag zur Entspannung der Situation: "Besser spät, als nie. Leider wurde unser Vorschlag vor mehr als zwei Monaten noch abgelehnt, sonst wären wir heute schon weiter", sagt die Innenministerin nach der Einigung der Parlamentsfraktionen der ÖVP, SPÖ und der Grünen´am 17.08. "Jedenfalls kann das nun ein wesentlicher Beitrag dazu sein, die angespannte Situation in Traiskirchen zu entschärfen. Für jeden, dem etwas an einer vernünftigen Flüchtlingsunterbringung liegt, ist diese besonnene Einigung der beteiligten Parlamentarier zu begrüßen, denn es kommen nach wie vor mehr Kriegsflüchtlinge, als von den Bundesländern übernommen werden können."

"Um die wartenden Flüchtlinge von der Wiese und aus den Zelten in vernünftige Quartiere zu bringen, brauchen wir daher diese Hilfsverordnung", betont Mikl-Leitner. "Das Innenministerium wird damit keine Dauereinrichtung schaffen. Das Ziel einer fairen, quotengerechten Verteilung auf die Bundesländer ist damit nicht aufgehoben. Im Gegenteil: Es wird damit unterstützt. Ziel muss nach wie vor bleiben, dass die Bundesländer letztlich aus eigener Kraft die Kriegsflüchtlinge unterbringen. Die Hilfsverordnung wird nur angewendet werden, um vorübergehende Ausgleichsquartiere zu schaffen - und nur in jenen Ländern, die Probleme haben, genügend Quartiere zu schaffen. Damit hat das Innenministerium endlich eine rechtliche Grundlage, um zu handeln."


 

 Schieder: Einigung ermöglicht rasche menschenwürdige Unterbringung von Asylsuchenden
SPÖ-Klubobmann erwartet nun „größeren Willen zur Zusammenarbeit bei Ländern, Gemeinden und Bezirken“
Wien (sk) - SPÖ-Klubobmann Andreas Schieder hat am 17.08. im Parlament in einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Grünen Klubobfrau Glawischnig und ÖVP-Klubobmann Lopatka die Einigung der drei Parlamentsfraktionen zu einem Verfassungsgesetz "über die Unterbringung und Aufteilung von hilfs- und schutzbedürftigen Fremden" präsentiert. Kern des Gesetzesentwurfs ist, dass das Innenministerium in Form einer "Ersatzvornahme" selbst Unterkünfte in bundeseigenen Gebäuden nützen bzw. auf bundeseigenen Flächen errichten kann, wenn ein Bundesland die gesetzliche Quote zur Unterbringung von Asylsuchenden nicht erfüllt und im betroffenen Bezirk der Bezirksrichtwert nicht erreicht wird. SPÖ-Klubchef Schieder begrüßte die Einigung, "die sicherstellt, dass es rasch menschenwürdige und winterfeste Unterkünfte gibt". Erstes Ziel sei weiterhin, dass die Länder und Gemeinden selbst für die Unterbringung sorgen und die Quote erfüllen - "allein, dass es dieses Gesetz geben wird, wird aber ab heute den Willen zur Zusammenarbeit vergrößern", zeigte sich Schieder überzeugt.

Vorgesehen ist im Entwurf, der heute präsentiert wurde, weiters, dass nicht-winterfeste Unterkünfte wie Zelte nicht in die Quote eingerechnet werden können. Überdies werden Standards für die Unterbringung - angemessener Wohnraum, ein Schlafplatz, ausreichend Sanitäranlagen - definiert. Auf einem Grundstück sollen dabei nicht mehr als 450 Personen untergebracht werden. Außerdem wird der Tagsatz für die Betreuung der Schutzbedürftigen von 19 auf 21 Euro erhöht, wobei die Kosten wie bisher zu 60 Prozent vom Bund und zu 40 Prozent von den Ländern getragen werden.

Der Entwurf wird nun den anderen Parlamentsklubs übermittelt. Vorbehaltlich der Gespräche mit der Nationalratspräsidentin und den anderen Fraktionen ist eine Sondersitzung des Nationalrats am 1. September ins Auge gefasst, in der das Gesetz eingebracht wird. Dann bliebe genügend Zeit für eine ausführliche Beratung im Verfassungsausschuss. Die Beschlussfassung kann dann in der regulären Nationalratssitzung am 23. September erfolgen, danach müsste es noch eine Sondersitzung des Bundesrates geben, damit kann das Gesetz wie geplant am 1. Oktober in Kraft treten kann. Es soll bis 2018 befristet gelten.


 

Strache: FPÖ wird Volksabstimmung zu Asyl-Durchgriffsrecht beantragen
Wien (fpd) - Mit ihrer Einigung über ein Durchgriffsrecht gegenüber den Ländern und Gemeinden in der Asylfrage hätten sich SPÖ, ÖVP und Grüne selbst entlarvt, erklärte FPÖ-Bundesparteiobmann HC Strache. Mit Brachialgewalt versuche man jetzt, den Gemeinden und Bezirken gegen ihren Willen Zwangsquoten zu verordnen. Das sei eine Politik der Entmündigung der Bürgermeister und der Bevölkerung. Es sei ungeheuerlich, diese bevölkerungsfeindliche Maßnahme einfach im Parlament durchpeitschen zu wollen. "Wir werden auf jeden Fall einen Antrag auf eine Volksabstimmung zu diesem Thema einbringen", kündigte Strache an.


 

 Korun: Dublin-System abschaffen, verbindliche Aufnahmequoten für jedes EU-Land jetzt
Solidarische EU-Asylpolitik statt Flüchtlingsabwehr an jeder Grenze gefragt
Wien (grüne) - "Die wegen des andauernden Krieges in Syrien und des Terrors im Irak steigenden Asylwerberzahlen haben bei manchen EU-InnenministerInnen offensichtlich den Abschottungsreflex gegen Flüchtlinge reaktiviert. Wenn es beim Nachbarn brennt, löst Tür zuschlagen das Problem aber nicht, sondern lässt Hilfesuchende nur im Stich. Europa braucht neben einer aktiven Außenpolitik eine gemeinsame und solidarische Antwort auf die humanitären Krisen in Syrien, Irak und anderswo. Und diese lautet: Abschaffung der unfairen und unsolidarischen Dublin-Verordnung und verpflichtende Aufnahmequoten nach Größe und Wohlstand der EU-Länder", schlägt die Menschenrechtssprecherin der Grünen, Alev Korun, vor.

"Das Florianiprinzip, mit dem jetzt mehrere Länder wie Ungarn oder Deutschland ihre Grenzen und insgesamt die EU-Außengrenze noch stärker gegen Flüchtlinge zu machen wollen, führt nur zu einem Wettbewerb, wer noch brutaler gegen Flüchtlinge vorgeht. Menschen, die vor dem IS oder Assad flüchten, haben aber nichts zu verlieren. Noch mehr Abschottung wird sie nicht davon abhalten, um ihr Leben zu rennen. Genau dasselbe würden wir alle in der EU auch tun, wenn unser Leben bedroht wäre. Die EU-InnenministerInnen und -Staatschefs müssen endlich gemeinsam Verantwortung übernehmen und gemeinsame Quoten für Flüchtlingsaufnahme vereinbaren und einhalten", sagt Korun.


 

Lugar lehnt Zwangsbeglückung der Gemeinden ab
Nur Errichtung von Schutzzonen in den Krisengebieten löst Asylproblem an der Wurzel
Wien (str) - "Diese Zwangsbeglückung der Gemeinden ist symptomatisch für den Umgang der Regierung mit der Asylfrage - statt das Problem dort zu lösen, wo es passiert, wollen es SPÖ, ÖVP und Grüne hier mit dem Holzhammer lösen - sie wissen es scheinbar nicht besser", kritisiert Team Stronach Klubobmann Robert Lugar die Einigung auf das Verfassungsgesetz bezüglich Durchgriffsrecht zur Schaffung von Asylquartieren. "Die Regierung macht wieder einmal das, was sie am liebsten tut - rücksichtslos über den Willen der Bürger drüberfahren. Damit hat sie ja nicht erst seit der Auflösung des Bankgeheimnisses oder der milliardenschweren Griechenland-Hilfspakete Übung", so Lugar.

Eine Errichtung von Schutzzonen direkt in den Krisengebieten sei die einzige Lösung, die für alle Beteiligten Vorteile bringt, so Lugar: "Anstatt bei uns weiterhin endlos Zeltstädte zu bauen, müssen wir versuchen, die Flüchtlingsströme dort zu unterbinden, wo sie entstehen und für die Menschen abgesicherte Gebiete schaffen, damit sie unter internationalem Schutz in ihrer Heimat bleiben können."


 

Scherak: NEOS begrüßt längst überfälliges Verfassungsgesetz
Langfristige Planung der österreichischen Asylpolitik ist Gebot der Stunde
Wien (neos) - "Grundsätzlich ist die heutige Einigung auf das Verfassungsgesetz bezüglich Durchgriffsrecht zur Schaffung von Asylquartieren sehr zu begrüßen", so Niki Scherak, Menschenrechtssprecher von NEOS. "Nicht tolerabel ist allerdings, dass es viel zu lange gedauert hat, um bei diesem Thema endlich den Stein ins Rollen zu bringen. Es ist ja nicht so, dass die Lage nicht absehbar war: Die Innenministerin hat zu lange die Augen vor der Realität verschlossen und sich gegen die Landeshauptleute nicht durchsetzen können - und das auf den Schultern der Schutzsuchenden." Gehindert hätte eine raschere Lösung einmal mehr der verwobene Kompetenzdschungel des österreichischen Föderalismus. "Außerdem ist immer noch nicht klar, wie kurzfristig die Lage in den Griff zu bekommen ist, vor allem, wenn in Kürze die Schulen wieder beginnen. Dann wird sich die Situation noch einmal verschärfen", warnt Scherak.

Zwar ist im vorliegenden Entwurf eine Steigerung der Kostensätze vorgesehen, doch vermisst Scherak in diesem Zusammenhang die stärkere Berücksichtigung eines äußerst dringlichen Problems: die Situation unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge. "Zwar werden im Bezug auf unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen die Tagessätze erhöht, doch diese Erhöhung bleibt nach wie vor hinter dem Notwendigen zurück und entspricht nicht dem, was finanziell der österreichischen Kinder- und Jugendhilfe entspricht."

"Ich hoffe, dass politisch nun ein Umdenken einsetzt und längerfristig geplant und organisiert wird. Wesentlich dafür ist ein Nationaler Aktionsplan Asyl sowie die Beauftragung einer kompetenten Person mit dieser Agenda - ein eigener Regierungsbeauftragter für Asyl also", so Scherak abschließend.

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