Dunkle Materie: Mit CRESST auf
 der Suche nach Leichtgewichten

 

erstellt am
09. 09. 15
09:00 MEZ

Wien (öaw) - Die Erde, Sterne und Galaxien bilden nur den sichtbaren Teil der Materie im Universum. Den weitaus größeren Teil nimmt die unsichtbare dunkle Materie ein. In zahlreichen Experimenten fahnden Wissenschaftler nach den Teilchen der dunklen Materie – bisher vergeblich. Mit dem CRESST-Experiment lässt sich der Suchradius jetzt deutlich ausweiten: Die CRESST-Detektoren werden überarbeitet und können Teilchen nachweisen, deren Masse unterhalb des heutigen Messbereichs liegt. Somit steigt die Chance, der dunklen Materie auf die Spur zu kommen.

Theoretische Modelle und Beobachtungen im All lassen kaum einen Zweifel daran, dass die dunkle Materie existiert. Ihr Anteil beträgt das Fünffache der sichtbaren Materie.

„Als wahrscheinlichster Kandidat für das dunkle Materieteilchen galt bisher ein schweres Teilchen, das WIMP’“, erklärt Federica Petricca, Wissenschaftlerin am Max-Planck-Institut für Physik und Sprecherin des CRESST-Experiments. „Daher untersuchen die meisten Experimente derzeit einen Messbereich zwischen 10 und 1.000 GeV/c2 (Gigaelektronenvolt/Lichtgeschwindigkeit2).”

Messrekord für leichte dunkle Materieteilchen
Allerdings gibt es in der Dunkle-Materie-Forschung inzwischen neue theoretische Modelle, die einige Ungereimtheiten beseitigen – zum Beispiel den Unterschied zwischen der simulierten und der tatsächlich beobachteten Dunklen Materie in Galaxien. Einige dieser Modelle schlagen dunkle Materieteilchen vor, die deutlich leichter sind als die klassischen WIMPs.

Einen wichtigen Schritt zum Aufspüren dieser „Leichtgewichte“ hat CRESST jetzt geleistet. In einem Langzeit-Versuch mit einem Detektor erreichten die Wissenschaftler eine Energieschwelle von 307 Elektronenvolt. „Dieser Detektor eignet sich insbesondere für Messungen zwischen 0,5 und 4 GeV/c2 und hat in diesem Bereich seine Sensitivität um das Hundertfache verbessert“, sagt Petricca. „Wir können so Teilchen mit geringerer Masse als die des WIMP entdecken.“

Neues Design für die CRESST-Detektoren
Der nächste Messzyklus von CRESST soll Ende 2015 beginnen und ein bis zwei Jahre dauern. Auf Grundlage der jetzt gewonnenen Erkenntnisse statten die Wissenschaftler das Experiment mit neuartigen Detektoren aus.

„Die neuen Detektormodule machen die Messungen einerseits präziser, zum anderen werden wir damit in neue Masseregionen vorstoßen: Wir können dunkle Materieteilchen auch dann entdecken, wenn sie leichter als 0,5 GeV/c2 sind. So steigt auch die Chance, endlich zu erklären, woraus dunkle Materie besteht“, hofft Petricca.

„Das Rätsel um die dunkle Materie existiert jetzt schon beinahe einhundert Jahre und ich hoffe, dass wir in den nächsten Jahre bei der Entschlüsselung dieses Rätsels einen erheblichen Schritt weiter kommen“, sagt Jochen Schieck, Direktor des Instituts für Hochenergiephysik (HEPHY) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. HEPHY ist seit 2013 Mitglied der CRESST-Kollaboration.


Das CRESST Experiment
Kernstück aller CRESST-Detektoren ist ein Kristall aus Kalziumwolframat. Treffen die gesuchten Teilchen auf eines der drei Kristallatome (Kalzium, Wolfram und Sauerstoff), messen die Detektoren gleichzeitig die Energie und ein Lichtsignal der Kollision, das Aufschluss über die Art des Teilchens liefert.

Damit sich die minimalen Temperatur- und Lichtsignale aufzeichnen lassen, werden die Detektormodule bis fast auf den absoluten Nullpunkt (-273,15 Grad Celsius) gekühlt. Um störende Hintergrundereignisse auszuschalten, verwenden die CRESST-Wissenschaftler zum einen Materialien mit geringer natürlicher Radioaktivität. Zum anderen steht das Experiment im größten Untergrundlabor der Welt im italienischen Gran-Sasso-Massiv und ist daher weitgehend vor kosmischer Strahlung abgeschirmt.

Was ist neu?

  • CRESST arbeitet künftig mit kleineren, und – im Gegensatz zu kommerziell gefertigten – hochreinen Kristallen. Mit den kleineren Kristallen lässt sich die Energieschwelle senken. Die Kristalle werden an der Technischen Universität München gezüchtet. Ihre äußerst geringe Eigenradioaktivität macht das Experiment empfindlicher.
  • Die ursprünglichen Bronze-Kristallaufhängungen wurden durch Kalziumwolframat ersetzt. Damit lässt sich die Anzahl unerwünschter Effekte durch natürliche Radioaktivität auf den Metalloberflächen stark verringern.
  • Die Präzision des Lichtdetektors wurde optimiert – Kollisionen bereits bekannter Teilchen lassen sich klarer von Kollisionen dunkler Materieteilchen unterscheiden.


An der CRESST-Kollaboration beteiligen sich das Max-Planck-Institut für Physik, die University of Oxford, die Technische Universität München, die Universität Tübingen, das Institut für Hochenergiephysik in Wien, die Technische Universität Wien und die Laboratori Nazionali del Gran Sasso des Istituto Nazionale di Fisica Nucleare.

 

 

 

Weitere Informationen:
http://www.cresst.de/

 

 

 

 

 

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