Belastung durch Wachstumsabschwächung in China für
 Österreich deutlich spürbar, aber in Summe verkraftbar

 

erstellt am
08. 09. 15
09:00 MEZ

Stärkere Wachstumsabschwächung in China wäre Belastung für die Weltwirtschaft – Innerhalb Europas, das insgesamt etwas weniger betroffen ist, sind die Auswirkungen auf Deutschland am stärksten – auch Österreich überdurchschnittlich belastet
Wien (bank austria) - „Die Sorgen über die Konjunkturentwicklung in China sind berechtigt. Die Wachstumsabschwächung im wichtigsten Schwellenland belastet die Weltwirtschaft, und auch Österreich kann sich den negativen Folgen nicht entziehen. Allerdings bleiben die Auswirkungen für die heimische Wirtschaft insgesamt verkraftbar, wenn auch Österreich stärker als die meisten anderen europäischen Länder betroffen ist“, fasst Bank Austria Chefökonom Stefan Bruckbauer eine aktuelle Analyse der Bank Austria zu den wirtschaftlichen Folgen geringerer Wachstumsraten in China für die österreichische Wirtschaft zusammen.

Die chinesische Wirtschaft ist in den vergangenen Jahrzehnten zu einer globalen Größe geworden. Mittlerweile ist der größte Emerging Market der Welt für über 13 Prozent der globalen Wirtschaftsleistung verantwortlich und fragt rund 10 Prozent der weltweiten Warenexporte nach. „Mit Wachstumsraten von rund 7 Prozent hat China in den vergangenen Jahren allein etwa einen Prozentpunkt des jährlichen globalen Anstiegs des BIP von insgesamt rund 3,5 Prozent getragen“, meint Bank Austria Ökonom Walter Pudschedl.

China hat erheblichen Einfluss auf die Weltwirtschaft
China verfügt aufgrund der Größe seiner Wirtschaft und seiner starken Rolle im globalen Handel mittlerweile über einen erheblichen Einfluss auf die Weltwirtschaft. „Bei einer Wachstumsverlangsamung in China ist mit spürbaren Folgen für die globale Wirtschaft zu rechnen. Und niedrigere Wachstumsraten als bisher gewohnt sind in China für die kommenden Jahre unvermeidlich“, ist Pudschedl überzeugt. Der Übergang von einem export- und investitionsgetriebenen wirtschaftlichen Aufholprozess zu einem ausgewogeneren, nachhaltigen Wachstumsmodell erfordert strukturelle Veränderungen, die mit dauerhaft moderateren Wachstumsraten einhergehen werden. Die Frage ist demnach nicht, ob es zu einer weiteren Wachstumsabschwächung in China kommt, sondern wie stark – in Abhängigkeit von den gesetzten wirtschaftspolitischen Maßnahmen – diese ausfallen wird.

Wenn durch geeignete Maßnahmen eine weiche Landung der chinesischen Wirtschaft gelingt und sich das Wachstum in China, wie zu erwarten ist, von derzeit rund 7 Prozent auf etwa 6 Prozent in den kommenden Jahren abschwächt, bleiben die Folgen nach Einschätzung der Ökonomen der Bank Austria für die globale Wirtschaft verkraftbar. „Nach unseren Berechnungen verursacht ein Rückgang des Wirtschaftswachstums in China um einen Prozentpunkt für die Weltwirtschaft einen dämpfenden Einfluss auf die Konjunktur von rund 0,4 Prozentpunkten. Die Auswirkungen auf Europa wären mit 0,25 Prozentpunkten spürbar geringer“, meint Bruckbauer und ergänzt: „Für Österreich ergibt sich dadurch jedoch eine im europäischen Vergleich überdurchschnittliche Belastung von über 0,3 Prozentpunkten.“

Österreich innerhalb Europas überdurchschnittlich betroffen
Die Einschätzung der Folgen einer Wachstumsabschwächung in China basiert vorrangig auf dem Außenhandel als Transmissionskanal, wobei sowohl der direkte als auch der indirekte Handel über Zweitrundeneffekte durch Drittländer erfasst ist. Damit erklärt sich auch die innerhalb Europas überdurchschnittliche Betroffenheit Österreichs, da die chinesische Wirtschaft vor allem aufgrund der hohen Zulieferungen Österreichs nach Deutschland eine deutlich höhere Endnachfrage an heimischer Wertschöpfung aufweist, als im alleinigen Blick auf die direkten Exporte Österreichs ersichtlich ist. Die Bedeutung der Exporte nach China für Österreich verdoppelt sich bei Berücksichtigung dieses indirekten Exports fast von 1 auf 1,7 Prozent des BIP. In diese Berechnung der globalen Folgen einer Wachstumsabschwächung in China durch die Bank Austria findet neben dem Außenhandel aber auch die Entwicklung an den Finanzmärkten Eingang – und zwar über Einbußen an den Börsen und höhere Risikoprämien.

Selbst in dem Fall, dass eine „weiche Landung“ in China nicht gelingt und eine deutliche Wachstumsverlangsamung der chinesischen Wirtschaft erfolgt, wären die Auswirkungen auf die Weltwirtschaft verkraftbar, wenn auch spürbar unangenehmer. In einem Stressszenario gehen die Ökonomen der Bank Austria von einer Abschwächung des Wirtschaftswachstums in China von derzeit 7 auf rund 3 Prozent in den Jahren bis 2020 aus.

Auch Stressszenario für Österreich verkraftbar
In diesem Fall – dessen Eintritt derzeit als unwahrscheinlich gilt – wäre die Wirtschaftsleistung in China im Jahr 2020 um mehr als 8 Prozent geringer als im Hauptszenario einer Abschwächung des Wirtschaftswachstums auf rund 6 Prozent. Die Folgen einer unerwartet starken Verringerung des BIP-Anstiegs in China würde für Europa eine Lücke von rund 2 Prozent bedeuten. Für die globale Wirtschaft ergibt sich mit fast 3,5 Prozent eine stärkere Betroffenheit. Der negative Einfluss auf die USA würde nur geringfügig höher als für die Eurozone ausfallen, während etwa Japan und andere asiatische Länder aufgrund der stärkeren wirtschaftlichen Verflechtung und bedingt durch die geographische Nähe besonders stark belastet wären.

Innerhalb Europas wären die Folgen erwartungsgemäß für Deutschland am stärksten. Indirekt bedeutet das auch starke Auswirkungen auf Österreich, dazu Stefan Bruckbauer abschließend: „Der Effekt einer starken Wachstumsabschwächung in China von derzeit 7 Prozent auf 3 Prozent bis 2020 würde für die österreichische Wirtschaft unter Berücksichtigung der Transmissionskanäle Außenhandel und Finanzmärkte eine um 1,5 bis 2,5 Prozent niedrigere Wirtschaftsleistung im Jahr 2020 bedeuten. Dadurch zu erwartende niedrigere Ölpreise würden diesen Effekt allerdings wieder um etwa einen Prozentpunkt reduzieren, sodass insgesamt die österreichische Wirtschaft im europäischen Vergleich zwar überdurchschnittlich stark betroffen wäre, der dämpfende Effekt jedoch auch in diesem unwahrscheinlichem Stressfall verkraftbar bliebe.“

 

 

 

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