Wie Pflanzen mit anderen Organismen kommunizieren

 

erstellt am
18. 09. 15
09:00 MEZ

Salzburg (universität) - Biologen der Universität Salzburg setzen eine neue Forschungsinitiative: Sie untersuchen das Zusammenleben von Insekten, Bakterien oder Pilzen mit Pflanzen. Denn Pflanzen suchen sich ihre Partner aktiv aus, um dadurch Vorteile bei der Nährstoffaufnahme, Fortpflanzung oder der Stressresistenz zu erhalten. „Entfernt 99,8 % aller Keime!“ Wer kennt es nicht, dieses Versprechen aus der Werbung für Desinfektionsmittel im Haushalt. Tatsächlich sind wir von Bakterien, Viren, Pilzen und anderen Mikroorganismen umgeben. Aber ist das wirklich so schlecht? Brauchen wir diese Organismen nicht vielleicht sogar für ein gesundes Leben? Bei zahlreichen Lebensformen trifft das eindeutig zu. Beispielsweise können Termiten nicht ohne ihre Pilzkolonie im Bau überleben. Die Pilze verwandeln Blätter in Zellulose und sorgen auf diese Weise für Nahrung.

Lebewesen wie der Tiefsee-Anglerfisch locken ihre Beute mit Hilfe symbiontischer Bakterien an. Sie besiedeln ein bestimmtes Organ des Fisches und erzeugen dort über eine chemische Reaktion Licht. Auch für den Menschen ist eine Mischung bestimmter Bakterien auf der Haut, im Darm und in anderen Organen lebensnotwendig. Genauso geht es vielen anderen Lebewesen von den Einzellern bis zu den höheren Organismen wie Säugetieren, Insekten oder Pflanzen. Alle sind von Mikroorganismen besiedelt und haben über die Jahrmillionen der Evolution gelernt, miteinander in Koexistenz zu leben. Dabei suchen sich die meisten Organismen ihre nützlichen bakteriellen „Mitbewohner“ gezielt aus, während sie andere, schädliche Mikroorganismen, wie Krankheitserreger, abwehren. Eine für Biologen derzeit zentrale Fragestellung ist es, wie auf der molekularen Ebene die Unterscheidung und Auswahl von Mikroorganismen im Detail funktioniert.

An der Universität Salzburg haben sich mehrere Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus den Fachbereichen Ökologie & Evolution und Molekulare Biologie zur Forschungsinitiative FI2MP (Functional Interactions of Insects, Microbes and Plants) zusammengeschlossen. Sie untersuchen verschiedenste Faktoren, die das pflanzliche Leben beeinflussen oder von Pflanzen beeinflusst werden. Folgende Fragestellungen gehören dazu: Mit welchen molekularen Signalen wählen Pflanzen bestimmte Mikroben für die Besiedlung der Blätter, Blüten oder Wurzeln aus? Und welchen Nutzen hat dies für die Pflanze? Beeinflussen die Mikroorganismen auch das Verhältnis zwischen Pflanzen und anderen Lebewesen wie bestäubenden Insekten, und welche Auswirkungen hat dies auf alle Beteiligten?

Diese Fragestellungen werden aus verschiedenen Blickwinkeln untersucht und jede Arbeitsgruppe steuert ihre Expertise sowie technisches Knowhow zur Lösung der Frage bei. Ein Schwerpunkt liegt dabei in der Erforschung der molekularen Mechanismen dieser Kommunikation zwischen den Lebensformen mit Hilfe von Molekülen und Rezeptoren. Zum Beispiel werden die Bakterien aus den verschiedenen Organen der Pflanzen isoliert und ihr Einfluss auf andere Organismen erforscht (Arbeitsgruppen von Anja Hörger, Robert Junker und Silja Wessler).

„Basierend auf diese Ergebnisse analysieren wir wiederum etwa die Befruchtung“, sagt Professor Gerhard Obermeyer, der gemeinsam mit Robert Junker den Einfluss der isolierten Bakterienarten auf Prozesse im Inneren der Pflanze untersucht. Welche Substanzen die Blüte abgibt, um bestimmte Bakterien anzulocken oder abzuwehren, kann mit Hilfe modernster Analysetechniken in Stefan Dötterls Labor erforscht werden. Dabei sind insbesondere Substanzen interessant, die Bakterien von der Besiedlung der Pflanzenoberflächen abhalten. Diese werden auf ihre mögliche Funktion als neue Antiinfektiva in der Medizin untersucht. Auch in der Landwirtschaft können die Forschungsergebnisse Anwendung finden wie etwa zur Steigerung des Ernteertrages oder als neues Pflanzenschutzmittel.

 

 

 

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