Flüchtlinge - Europa wird die großen
 Herausforderungen bewältigen

 

erstellt am
06. 10. 15
09:00 MEZ

BR-Präsident Kneifel im Gespräch mit deutschen ParlamentarierInnen – ParlamentarierInnen einig - Solidarität und Verantwortung statt Populismus
Berlin/Wien (pk) – Die Bewältigung des aktuellen Flüchtlingsstroms nach Europa, das Zukunftsthema "Digitaler Wandel" und Fragen zur Weiterentwicklung des Föderalismus bildeten die Themen eines einstündigen Gedankenaustauschs zwischen Bundesratspräsident Gottfried Kneifel und Klaus Brähmig, dem Vorsitzenden der Deutsch-Österreichischen Parlamentariergruppe, der am 05.10. an der Spitze einer Bundesratsdelegation dem Hohen Haus einen Besuch abstattete.

Bundesratspräsident Gottfried Kneifel sah die Beziehungen zwischen Deutschland und Österreich ungetrübt, sie sollten aber weiterentwickelt werden, insbesondere auch auf parlamentarischer Ebene, zeigten sich Gottfried Kneifel und seine deutschen Gäste überzeugt. Kneifel informierte über das Schwerpunktthema "digitaler Wandel", das sich der Bundesrat für das kommende Jahr in der Absicht gegeben hat, eine wichtige Zukunftsfrage in den parlamentarischen Raum zu holen und zugleich den BürgerInnen eine Plattform zu bieten, auf der sie sich mit ihren Hoffnungen und Sorgen in die Diskussion einbringen können. Tatsächlich zeige die Bevölkerung starkes Interesse an Fragen zum Urheberrecht im Internet, zur Steuertransparenz im Online-Versand, an Sicherheitsproblemen sowie an der Frage, wie der digitale Nachlass geregelt werden könne. Die an dem Thema interessierten deutschen ParlamentarierInnen stimmten mit Kneifel darin überein, dass die technischen Möglichkeiten des digitalen Wandels auch zur Weiterentwicklung der Demokratie genutzt werden sollten. An dieser Stelle informierte Kneifel über neue Entwicklungen bei der Suche nach fälschungssicherem e-Voting.

Klaus Brähming (CDU/CSU) sah in Deutschland derzeit eher Haushaltsfragen und nicht die Föderalismusdebatte im Vordergrund stehen, gehe es doch darum, das ambitionierte Ziel einer "Schwarzen Null" zu erreichen. Besorgt zeigten sich die deutschen Gäste wie auch Gottfried Kneifel angesichts der Flüchtlingskrise, die einmal mehr zeige, dass man sich in Europa bei gutem Wetter auf Vertragswerke eingelassen habe, ohne ausreichend zu beachten, wie sich die Sache bei schlechtem Wetter entwickle. Bedauerlicherweise zeige sich die Europäische Union einmal mehr nicht im Einklang - Europa stehe vor einer großen Herausforderung, werde sie aber bewältigen, sagte Klaus Brähmig.

Gottfried Kneifel hielt es für angebracht, den Lissabon-Vertrag zu überdenken, denn es gehe nicht an, Regeln bei ersten auftretenden Problemen über Bord zu werfen – die Verträge von Dublin und Schengen seien de facto außer Kraft, stellte Kneifel fest. Das Thema werde Europa noch lange beschäftigen, auch bei der Kinderbetreuung, auf dem Arbeitsmarkt, in den Schulen und bei der Anerkennung der Berufsqualifikationen der Flüchtlinge. Da ein Arbeitsplatz nicht nur dazu da sei, um Geld zu verdienen, sondern um Selbstbewusstsein und Lebenssinn zu vermitteln, plädierte Kneifel dafür, den Flüchtlingen möglichst rasch Zugang zu Arbeitsplätzen zu geben – das werde deren Integration erleichtern.

An der Diskussion nahm auch der Vorsitzende der österreichisch-deutschen bilateralen parlamentarischen Gruppe Johann Hechtl (S) teil. Er unterstrich die Bedeutung des Föderalismus, bezeichnete es als wichtig, die Anliegen der Bundesländer in der Bundesgesetzgebung zu berücksichtigen und wies auf die historischen Erfolge der Zusammenarbeit zwischen Nationalrat und Bundesrat hin.

Zur Begleitung von Abgeordnetem Klaus Brähmig (CDU/CSU) zählten seine StellvertreterInnen im Vorsitz der Deutsch-Österreichischen ParlamentarierInnengruppe, die Abgeordneten Karl-Heinz Brunner (SPD) und Katrin Werner (DIE LINKE.) sowie die Abgeordneter Max Straubinger und Michael Grosse-Brömer (beide CDU/CSU).

 

 

 

Nach ihrer Unterredung mit Bundesratspräsident Gottfried Kneifel setzte die Delegation deutscher Bundestagsabgeordneter mit dem Vorsitzenden der Deutsch-Österreichischen Parlamentariergruppe Klaus Brähmig an der Spitze ihre Gespräche im Hohen Haus fort. Unter der Diskussionsleitung des Vorsitzenden der bilateralen Parlamentariergruppe Österreich-Deutschland, des SPÖ-Abgeordneten Johann Hechtl, standen die großen gemeinsamen Herausforderungen vor denen Deutschland, Österreich und die Europäische Union bei der Bewältigung des Flüchtlingsstroms stehen, im Mittelpunkt einer einstündigen Aussprache in betont freundschaftlicher Atmosphäre.

Europa stehe vor der größten Herausforderung seit dem Bestehen der EU, vor einer Nagelprobe für die europäische Integration, sagte ÖVP-Abgeordnete Dorothea Schittenhelm. Einmal mehr zeige sich, dass Europa eine gemeinsame Sicherheitspolitik und die USA einen Ansprechpartner in Europa in Sicherheitsfragen brauche. Schittenhelm sah Europa als Wertegemeinschaft und erhielt von deutscher Seite Bestätigung für ihre Ansicht, dass eine gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik ein zentrales Anliegen Europas darstelle.

NEOS-Abgeordneter Christoph Vavrik bedauerte das Fehlen einer österreichischen Einwanderungspolitik, die Menschen würden verunsichert, wenn man ihnen nicht klar sagen könne, ob es um Hilfe für Flüchtlinge oder um die Lösung demographischer Probleme gehe. Zu den europäischen Werten, die man gemeinsam vertreten sollte, zählen auch die sozialen Standards für Europa, sagte Abgeordnete Katrin Werner (DIE LINKE), während FPÖ-Abgeordneter Christian Hafenecker beklagte, Europa reagiere auf das Flüchtlingsproblem viel zu zögerlich und überdies falsch, weil die Quotenregelung die Autonomie der Mitgliedsländer beeinträchtige und nicht funktionieren könne, da ein Großteil der Flüchtlinge Wirtschaftsmigranten seien. Man werde nicht darum herumkommen, die Außengrenzen besser zu bewachen und Aufnahmezentren in der Nähe der Krisenregionen zu errichten.

Demgegenüber warnte Abgeordneter Michael Grosse-Brömer (CDU/CSU) davor, bei bloßen Analysen und allzu einfachen Lösungsvorschlägen stehenzubleiben. Gefragt seien Lösungen auf der Grundlage gemeinsamer Werte in Europa. Abgeordneter Dieter Brosz (G) wies darauf hin, dass "Grenzen sichern" nicht heißen könne, mit Schießbefehl und Knüppeln gegen Flüchtlinge aus Kriegsgebieten vorzugehen. Vielmehr gehe es darum, die Europäische Union Schritt für Schritt weiterzuentwickeln - dies brauche seine Zeit und oft Geduld, Populismus sei jedenfalls zu vermeiden, dem stimmte auch SPÖ-Abgeordnete Gisela Wurm zu.

Abgeordneter Johann Hechtel (S) resümierte die Diskussion mit der Feststellung, es brauche europäische Antworten im Geiste europäischer Solidarität, die den Menschen politische Verantwortung signalisieren. Dazu gehöre auch, die Probleme auf dem Arbeitsmarkt nicht zu vernachlässigen und das Wirtschaftswachstum abzusichern. Populismus sei zu vermeiden, betonte abschließend auch Klaus Brähmig und forderte alle Parteien auf, in den Wettstreit um die beste Problemlösung einzutreten. Im Interesse einer ehrlichen Politik sollten dabei finanzielle Probleme nicht verschwiegen werden.

Am Abend hat Zweiter Nationalratspräsident Karlheinz Kopf die deutschen ParlamentarierInnen zu einem Abendessen eingeladen.

 

 

 

Allgemeine Informationen:
http://www.parlament.gv.at

 

 

 

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