Drechsler aus Altlengbach hinterlässt
 Spuren in aller Welt

 

erstellt am
16. 11. 15
11:00 MEZ

Altlengbach (nöwpd) - Ob es die Säulen vor der Römertherme in Carnuntum oder jene des Bahnhofes der Schneebergbahn sind, sie allesamt stammen aus der Drechslerei von Josef Gutscher in Altlengbach. Auch einige Modelle der Bösendorfer-Flügel in aller Welt stehen auf von ihm gedrechselten Füßen. Ebenso hat der Ein-Personen-Unternehmer aus dem Wienerwald die Drechselarbeiten im Verhandlungssaal C des Obersten Gerichtshofs in Wien gefertigt und war auch an der Gestaltung der Vitrinen im Naturhistorischen Museum beteiligt. Und dies alles trotz eines körperlichen Handicaps. Denn im Alter von zwei Jahren hat Josef Gutscher an der Hobelmaschine seines Vaters alle Finger seiner rechten Hand verloren.

Die seit 1863 bestehende Drechslerei Gutscher ist eine der letzten in Niederösterreich. Spezialisiert ist sie auf das Fertigen von Säulen. „Meine Maschinen ermöglichen mir die Bearbeitung von Holzstämmen bis acht Meter Länge, was mir erlaubt, auf individuelle Kundenwünsche auch dieser Größenordnung einzugehen, wie etwa die Drechselarbeiten an der Bühne des Musikantenstadels“, berichtet Drechslermeister Gutscher dem NÖ Wirtschaftspressedienst. Sogar für das japanische Kaiserhaus und ein Mitglied des saudi-arabischen Königshauses hat er schon gearbeitet. Sonderanfertigungen lieferte er auch nach Mauritius, Kanada und Frankreich.

Seine Lehre hatte Josef Gutscher im väterlichen Betrieb absolviert. Nach einigen Jahren als Geselle legte er 1984 die Meisterprüfung ab. Einige Jahre wirkte er als Berufsschullehrer an der Meisterschule für Drechsler in der Wiener Hütteldorfer Straße. 1991 übernahm er gemeinsam mit seiner Gattin Franziska den Familienbetrieb und entwickelte ihn zu einem Spezialisten der Langholzdrechslerei.

Neben den Säulen fertigt der heute 52jährige Tischfüße, Stiegen- sowie Strickleitersprossen, repariert und restauriert Möbelteile, Lampen, Vitrinen und Spielzeug. In Zukunft wird der Drechslermeister Muster- und Testkörper für die Entwicklungsabteilung eines internationalen Konzerns fertigen. „Mehr darf ich da aber noch nicht verraten“, sagt er.

Schade findet es Gutscher, dass das Drechslerhandwerk nicht mehr den Stellenwert von früher genießt. „Immer weniger Leute sind bereit, für das, was wir schaffen, Geld auszugeben und kaufen lieber im Möbelhaus. Wenn ich mich nicht spezialisiert hätte, hätte ich schon längst die Werkstatt schließen müssen.“ Dank der Zusammenarbeit mit Institutionen, Firmen und Museen aber werden Schruppröhre und Formröhre in der Altlengbacher Lengbachstraße noch lange nicht zur Seite gelegt. Die Chancen stehen gut, dass Sohn Josef, bereits aktiver Drechslergeselle, den Familienbetrieb eines Tages weiterführen wird.

 

 

 

Allgemeine Informationen:
http://www.drechslerei-gutscher.at

 

 

 

 

 

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