Farbenpracht auf Pergament

 

erstellt am
16. 11. 15
11:00 MEZ

Gotische Buchmalereiaus Salzburg von 14. November 2015 - 6. Januar 2016 im DomQuartier Salzburg
Salzburg (domquartier) - Die Universitätsbibliothek Salzburg und das Dommuseum zeigen im Nordoratorium des Doms zu Salzburg Buchmalerei aus spätmittelalterlichen Salzburger Schreibwerkstätten und Bibliotheken. Zu sehen sind 23 Handschriften, davon 18 aus den Beständen der Universitätsbibliothek. Sie vermitteln einen Eindruck vom hohen Stellenwert, den prächtig ausgestattete Bücher für die Erzbischöfe, aber auch für die Klöster in Salzburg besaßen. "Diese Ausstellung bietet eine der ganz wenigen Gelegenheiten, die schönsten und wertvollsten Handschriften des Mittelalters aus Salzburger Sammlungen zu sehen.", betont Beatrix Koll von der Universitätsbibliothek Salzburg, die mit Dr. Peter Keller, dem Direktor des Dommuseums Salzburg, die Ausstellung kuratiert.

Bücher waren im Mittelalter keine alltäglichen Gebrauchsgegenstände. Ihre Herstellung erforderte eine beachtliche Menge an Zeit und Geld: Jedes einzelne Exemplar musste mit der Hand geschrieben werden, das Material war sehr kostspielig.

Handschriften mit Buchmalerei zählten im Mittelalter zu den Prestigeobjekten. Besonders kostbare Handschriften wurden auf Pergament (Tierhaut) geschrieben und mit Farben geschmückt, die man aus zerriebenen Halbedelsteinen (blauer Lapislazuli, grüner Malachit) gewann. Mit aufwändigen Randleisten, opulenten Initialen und vielgestaltigen Ornamenten schmückten Buchmaler die frühen Handschriften aus.

In der Gotik brachte die Buchmalerei farbenprächtige Meisterwerke hervor. Die handgeschriebenen Bücher - Chroniken, Bibeln, Messbücher - wurden mit kostbaren Miniaturbildern versehen, die dekorative und erzählende Funktion hatten. Nur Adelige und hohe Geistliche waren finanziell in der Lage, diese Prachtwerke zu erwerben. Die Salzburger Fürsterzbischöfe waren als Sammler seltener und kostbarer Bücher bekannt.

Nicht oft gibt es die Gelegenheit, jahrhundertealte Manuskripte im Original zu betrachten. Diese Ausstellung zur gotischen Buchmalerei, die auf die künstlerische Gestaltung von Handschriften des 14. bis zum Anfang des 16. Jahrhunderts fokussiert ist, rückt nicht nur wichtige kunstgeschichtliche Zeugnisse des Spätmittelalters in den Blick, sondern verweist auch auf eine Epoche medialen Umbruchs: In der Mitte des 15. Jahrhunderts erfand Johannes Gutenberg den Buchdruck mit beweglichen Lettern und beschleunigte damit die bis dahin langwierige Textproduktion. Nach wie vor wurden allerdings Handschriften und repräsentative Drucke mit Illuminationen geschmückt, die Künstlerhände in wochenlanger, bisweilen sogar jahrelanger Arbeit anfertigten.

Ulrich Schreier (Raum 1)
Der erste Raum der Ausstellung ist dem bedeutendsten und produktivsten gotischen Buchkünstler Salzburgs - Ulrich Schreier (tätig 1450/1500) - und seinem Auftraggeber, Erzbischof Bernhard von Rohr (reg. 1466-1482), gewidmet. Dieser war ein gebildeter und großzügiger Gönner, der den Prunk liebte. In der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts schmückte Schreier mehr als 200 Handschriften und Drucke mit Buchmalerei oder einem dekorativen Einband. Sein Auftraggeber, Erzbischof Bernhard, ließ medizinische und liturgische Bücher vom Salzburger Meister illuminieren (lat. illuminare; wörtlich: zum Leuchten bringen), er zog aber auch ausländische Künstler an den Salzburger Hof. Der Regensburger Berthold Furtmeyr gestaltete den überwiegenden Teil eines fünfbändigen, prächtigen Messbuchs, das zu den schönsten Werken der Buchmalerei zählt, die je in Salzburg geschaffen wurden. Ein Band dieses Prunkstücks ist im Rahmen dieser Ausstellung zu sehen.

Gotische Buchkunst aus Salzburg (Raum 2)
Der zweite Raum widmet sich gotischer Buchmalerei aus Salzburger Werkstätten des 14. und 15. Jahrhunderts. Nicht nur die Erzbischöfe, sondern auch die Domherren beauftragten Salzburger Werkstätten mit der künstlerischen Ausstattung wertvoller, meist liturgischer Bücher. Besonders im 14. Jahrhundert entstanden viele handgeschriebene Messbücher in einem Salzburger Atelier, das außergewöhnlich schöne Initialen anfertigte.

Mit seinen 876 (!) Seiten ist das "Radecker Missale" ein besonderes Prunkstück. Seine Fleuronné-Initialen sind filigrane Meisterwerke, deren Präzision einzigartig ist in der Salzburger Buchmalerei und noch einhundert Jahre später den Buchkünstler Ulrich Schreier inspirierten.

Am Ende des 15. Jahrhunderts beauftragte man Augsburger Künstler mit dem Schreiben und Verzieren solcher Handschriften. Auch gedruckte Messbücher des 16. Jahrhunderts wurden immer noch händisch mit Buchmalerei geschmückt.

Die Erzbischöfe als Büchersammler (Raum 3)
Handschriften mit Buchmalerei des 14. und 15. Jahrhunderts aus ganz Europa erhöhten den Glanz der erzbischöflichen Hofbibliothek. Die Landesfürsten erwarben eine beachtliche Zahl von Büchern mit prächtigem Buchschmuck internationaler Herkunft. Als besonderes Prunkstück gilt der "Wenzels-Codex" aus dem Besitz des römisch-deutschen Königs Wenzel IV. (reg. 1376- 1400). Seine Eingangsseite erstrahlt in leuchtenden Farben und Blattgoldverzierungen.

Fürsterzbischof Maximilian Gandolph von Kuenburg ließ im Jahr 1682 eine neue Bibliothek in der Residenz errichten. Die Hofbibliothek war über die Grenzen des Landes hinaus als
"Schatzkammer" bekannt.

Handschriften aus Klöstern (Raum 4)
Raum 4 zeigt Buchmalerei aus Salzburger Klöstern. Hier entstanden in der Gotik noch prachtvolle liturgische Handschriften wie das Graduale aus Michaelbeuern. Der Schwerpunkt der benediktinischen Handschriftenherstellung lag nach der Melker Reform des Ordens in den 1430er Jahren jedoch auf Textausgaben mit wenig Schmuck.

Die Buchmalerei verlagerte sich damals zunehmend von den klösterlichen Schreibstuben in bürgerliche Werkstätten. In der Grillinger-Werkstatt, benannt nach dem Auftraggeber Peter Grillinger, Pfarrer in Mariapfarr, wurde auch das Missale für St. Peter illuminiert.

Gleichzeitig werden einzelne Persönlichkeiten unter den Mönchen greifbar, die als Buchmaler tätig waren. So fertigten zwei Mönche in St. Peter 1481 eine Abschrift des berühmten Figurengedichtes "Lob des Kreuzes" des Mainzer Erzbischofs und Benediktiners Hrabanus Maurus (780-856) an.

Totenroteln waren wichtige Kommunikationsmittel, die durch Boten von Kloster zu Kloster getragen wurden. Sie ermöglichten den Geistlichen für die verstorbenen Mitbrüder und - schwestern zu beten. Manche Roteln sind künstlerisch aufwändig gestaltet und dienten der Repräsentation ihres Herkunftsortes.

Aus Archiv und Bibliothek der Erzabtei St. Peter stammen vier Leihgaben, das Benediktinerkloster Michaelbeuern stellt ein Exponat für die Ausstellung zur Verfügung. Wie die Erzbischöfe beauftragten auch die Klöster Ateliers in Salzburg und Deutschland, v.a. Augsburg, mit der Ausstattung von Büchern, sie verfügten aber darüber hinaus über klostereigene Künstler. Ein beeindruckendes Beispiel ist das Graduale aus Michaelbeuern, das der "Malermönch" Leonardus Pictor ("der Maler") von 1452 bis 1458 gestaltete.

Die Handschriften der Universitätsbibliothek Salzburg
Der historisch bedeutende Altbestand an Handschriften, alten Drucken und Graphiken macht die Universität Salzburg zu einer Schatzkammer des kulturellen Erbes, die einzigartige Dokumente zu Wissenschaft, Geschichte und Kunst Salzburgs verwahrt. Mehr als 1000 Handschriften vom 8. bis zum 19. Jahrhundert befinden sich in den Sondersammlungen der Universitätsbibliothek, werden wissenschaftlich für die Forschung aufbereitet und einer breiten, interessierten Öffentlichkeit in Form digitaler Faksimiles zugänglich gemacht.

Die Jahre 1806/1807 waren für die Universitätsbibliothek von herausragender Bedeutung, da mehr als 20.000 Bücher aus der aufgehobenen Hofbibliothek der Salzburger Fürsterzbischöfe in ihren Besitz gelangten. Allerdings handelte es sich dabei nicht um den Gesamtbestand.

Wertvolle Manuskripte und Drucke wurden bereits 1801 als Folge der Napoleonischen Kriege für die Bibliothèque Nationale in Paris requiriert. Diese Codices wurden während der Zugehörigkeit Salzburgs zu Bayern zurückgefordert und auch tatsächlich rückerstattet, allerdings nicht an Salzburg, sondern an die Königliche Bibliothek in München.

Zitat Landesrat Dr. Heinrich Schellhorn
"Ich freue mich sehr über das Zustandekommen dieser besonderen Ausstellung. Kostbare Bücher aus dieser Zeit können nur selten gezeigt werden - zu gefährlich ist das Tageslicht für die verwendeten Materialien. Diese Kooperation zwischen Universitätsbibliothek und Dommuseum zeigt den unglaublichen Reichtum an Kunstschätzen der Erzbischöfe beziehungsweise der Klöster. Als besonderes Prunkstück möchte ich das "Radecker Missale" mit seinen 876 Seiten hervorheben. Auf jeder Seite des Messbuches wird das unglaubliche Können der Künstler ersichtlich.

Seit der Eröffnung des DomQuartiers im Mai 2014 zeigt der konstante Besucherzustrom das große Interesse an der Geschichte des Landes auf. Es kann also auch für diese Ausstellung keinen besseren Ausstellungsort als das Domquartier geben. Ich danke im Besonderen Beatrix Koll, Kuratorin der Universitätsbibliothek und dem Direktor des Dommuseum zu Salzburg Peter Keller für ihre kundige und wohlüberlegte Objektauswahl."

 

 

 

Allgemeine Informationen:
http://www.domquartier.at

 

 

 

 

 

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