Italien-Österreich: Flüchtlingsfrage
 muss gemeinsam gelöst werden

 

erstellt am
13. 11. 15
11:00 MEZ

Delegation des italienischen Senats im Gespräch mit Parlamentariern und Bundesratspräsident Kneifel
Wien (pk) - Die aktuelle Flüchtlingskrise in Europa, die Reform des parlamentarischen Kammersystems sowie bilaterale Fragen standen am 12.11. im Mittelpunkt einer Aussprache zwischen Mitgliedern des Verfassungsausschusses des italienischen Senats und österreichischen Politikern im Parlament. Delegationsleiterin Anna Finocchiaro, Mitglied der Regierungspartei Partito Democratico, zollte dem ernsthaften Engagement Österreichs in der Flüchtlingsfrage Anerkennung und verwies mit Nachdruck darauf, dass es sich dabei nicht um ein Problem einzelner Länder, sondern um ein gemeinsames handle. Sie zeigte sich enttäuscht darüber, dass die am meisten betroffenen Staaten, wie eben Italien, Griechenland oder Österreich, zu wenig Unterstützung von Seiten der Europäischen Union erfahren. Besorgt zeigte sich Finocchiaro auch über das teilweise Schließen der Grenzen, weil dies das große Risiko berge, dass die ganze Situation außer Kontrolle gerät. Italien habe eine hohe Sensibilität in Bezug auf die Einhaltung der Menschenrechte und des Prinzips der Gastfreundschaft, betonte sie.

Der humanitäre Zugang Italiens in der der Flüchtlingsfrage habe Vorbildwirkung für ganz Europa, betonte Bundesrat Gerhard Schödinger (V), der die Aussprache leitete. Ebenso wie Finocchiaro war er überzeugt davon, dass diese Krise nur gemeinsam gelöst werden könne. Europa dürfe nicht nur ein Verteilerzentrum von finanziellen Mitteln sein, sondern auch von menschlichen Werten. Er trat auch dafür ein, jene Länder stärker in die Pflicht zu nehmen, die zwar von der ökonomischen Solidarität in der EU profitieren, aber keine Verantwortung für Kriegsflüchtlinge übernehmen wollen. Abgeordneter Josef Cap (S) erhoffte sich Fortschritte durch die Syrien-Konferenz in Wien und lobte die Bemühungen der EU-Beauftragten für die Außenpolitik Federica Mogherini. Klar sei jedoch für ihn, dass alles getan werden müsse, damit die Menschen in ihren Herkunftsländern entsprechende Lebensbedingungen vorfinden und gar nicht mehr zur Flucht gezwungen werden. Außerdem sollten Hot-Spots in Nordafrika eingerichtet werden, schlug er vor.

Senatorin Finocchiaro konnte diesem Vorschlag einiges abgewinnen, weil man sich damit die mühevolle und kostspielige Rückführung von abgelehnten Asylwerbern ersparen würde und auch dem Schlepperwesen, das für so viele tausende Tote verantwortlich sei, die geschäftliche Grundlage entziehen könnte. Die Gäste aus Italien interessierten sich zudem für die Pläne Österreichs in Bezug auf die Einführung eines "Asyls auf Zeit" und der weiteren Vorgangsweise bei den Grenzkontrollen.

Abgeordneter Wolfgang Gerstl (V) zeigte sich erfreut darüber, dass nach langen Verhandlungen der Polizeikooperationsvertrag mit Italien abgeschlossen werden konnte. Außerdem sprach er die Reform der italienischen Verfassung an, die eine grundlegende Umgestaltung der zweiten Kammer, also des Senats, beinhaltet. Neben einer Verkleinerung von 320 auf 100 Senatoren, kommt es zu einer massiven Reduktion der Kompetenzen der zweiten Kammer: In Zukunft soll der Senat nur noch für Verfassungsänderungen, Europafragen, ethische Themen, Minderheitenschutz und Referenden zuständig sein. Für die autonomen Regionen ist auch eine Schutzklausel vorgesehen. Finocchiaro versicherte Abgeordnetem Gerstl, dass auch Südtirol mit diesen Änderungen sehr zufrieden ist. Dieses Thema wurde dann auch noch ausführlich mit Bundesratspräsident Gottfried Kneifel erörtert, der die italienischen Gäste im Anschluss empfing. Vorgesehen ist weiters ein Gespräch mit Mitgliedern der Parlamentarischen Gruppe Österreich-Italien.

Von österreichischer Seite nahmen an dem Gespräch noch die Abgeordneten Hannes Weninger (S), Rouven Ertlschweiger, Gabriel Obernosterer (beide V), Christian Lausch (F), Christoph Hagen (T) sowie Bundesrat Werner Herbert (F) teil.

 

 

 

Allgemeine Informationen:
http://www.parlament.gv.at

 

 

 

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