Erklärung der Bioethikkommission

 

erstellt am
10. 11. 15
11:00 MEZ

…zur Frage der Vermeidung unverhältnismäßiger medizinischer Maßnahmen am Lebensende
Wien (bka) - Im Februar 2015 hat die Bioethikkommission beim Bundeskanzleramt entsprechend dem Auftrag in der Regierungserklärung ein Dokument mit Empfehlungen zum Thema "Sterben in Würde" veröffentlicht. In diesem Dokument wird in ausführlicher Weise besonders auch auf Fragestellungen im Zusammenhang mit unverhältnismäßigen Therapien und palliativmedizinischen Situationen eingegangen. Die Entwicklungen der Medizin haben den Grenzbereich zwischen Leben und Tod verschoben. Daher stellt sich häufig die Frage, ob es sich dabei nicht eher um eine Verlängerung des Sterbeprozesses als um eine Therapie oder Verbesserung der Lebensqualität des Betroffenen handelt. Mit diesen Fragen ist auch das Rechtssystem gefordert.

Die Bioethikkommission teilt die Sorge der intensivmedizinischen und palliativmedizinischen Fachgesellschaften, dass durch eine verstärkte Verlagerung medizinischer Entscheidungen zur Strafjustiz grundlegende Errungenschaften der Palliativmedizin sowie die in breitem Konsens erarbeiteten Entscheidungsgrundlagen für die Vermeidung unverhältnismäßiger intensivmedizinischer Maßnahmen in Frage gestellt werden könnten.

Daher hat die Bioethikkommission im Dokument "Sterben in Würde" einen Schwerpunkt darauf gelegt, Empfehlungen zur Vermeidung unverhältnismäßiger medizinischer Interventionen zu geben, die an dieser Stelle wieder in Erinnerung gerufen werden sollen:

  • Medizinische Interventionen, die keinen Nutzen für einen Patienten erbringen oder deren Belastung für den Patienten größer ist als ein eventueller Nutzen und die am Lebensende zu einer Verlängerung des Sterbeprozesses führen können, sind weder aus ethischer noch aus medizinischer Sicht zu rechtfertigen, da sie unverhältnismäßig sind. Die rechtlichen Bedingungen für komplexe Entscheidungen am Lebensende sollten diesem Umstand in einer Weise Rechnung tragen, dass sorgfältig abgewogene Entscheidungen ohne Furcht vor einer etwaigen Strafverfolgung getroffen werden können. Die veraltete und nicht mehr ausreichend klare Terminologie der "aktiven und passiven Sterbehilfe" bedarf daher einer Aktualisierung entsprechend den Empfehlungen der Bioethikkommission zur "Terminologie medizinischer Entscheidungen am Lebensende". Dies soll im Besonderen in den juristischen und medizinischen Aus-, Fort- und Weiterbildungen berücksichtigt werden.
  • Um das Vertrauen und damit eine ausreichende Rechtssicherheit in Fällen der Limitierung oder Beendigung nicht mehr gerechtfertigter medizinischer Maßnahmen zu gewährleisten, sollte von einer weiteren Strafverfolgung Abstand genommen werden, wenn die Prüfung der Anzeige ergibt, dass die Therapieentscheidung auf Basis eines nachvollziehbaren, begründeten und der individuellen Situation entsprechenden Entscheidungsfindungsprozesses erfolgt ist und der Entscheidungsfindungsprozess sich an ethischen Standards und Leitlinien orientiert hat, wie sie international und national von Berufs- und Fachgesellschaften, akademischen Ethikeinrichtungen und supranationalen Institutionen entwickelt und publiziert werden.


Das Nicht-Beginnen oder Beendigen von unverhältnismäßigen medizinischen Maßnahmen ist heute an Krankenanstalten aus medizinisch-faktischen Gründen wie aus der Beachtung ethischer Prinzipien ebenso gefordert wie die Befolgung palliativmedizinischer Prinzipien. Dazu zählt selbstverständlich die an die jeweilige Patientensituation angepasste Anwendung von Schmerzmedikamenten inklusive der Gabe von Opiaten, deren Dosis an der Symptomatik des Patienten ausgerichtet wird.

Die Bioethikkommission verweist daher erneut auf die Empfehlungen in ihrer Stellungnahme "Sterben in Würde", welche die Forderung nach einer größeren Rechtssicherheit in diesen Fragestellungen beinhalten, um zu vermeiden, dass Übertherapien aus Furcht vor einer allfälligen Strafverfolgung durchgeführt werden.

Alle Empfehlungen der Bioethikkommission sind hier > abrufbar.

 

 

 

Allgemeine Informationen:
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