Einigung auf Bildungsreform

 

erstellt am
18. 11. 15
11:00 MEZ

 Faymann: Erfreuliche Einigung bei der Bildungsreform
Bildungsreform bringt Verbesserungen für SchülerInnen, mehr Autonomie, mehr Gemeinsamkeit und eine Stärkung der Kindergärten als Bildungsinstitutionen – Heinisch-Hosek: „Bildungssystem geht in neue Zeit“
Wien (sk) - Die Arbeitsgruppe zur Bildungsreform ist zu einer Einigung gelangt, wie Bundeskanzler Werner Faymann am 17.11. im Pressefoyer nach dem Ministerrat verkündete. „Es ist erfreulich, dass bei diesem Thema, das uns lange auseinanderdividiert hat, eine politische Einigung erfolgt ist. Wir haben einen gemeinsamen Weg der Regierung in einer so entscheidenden Schlüsselfrage wie der Bildung festlegen können“, sagte Faymann. Die Reform bringe Verbesserungen für SchülerInnen und LehrerInnen, eine Stärkung des Standortes durch mehr Autonomie, mehr Gemeinsamkeit und eine Stärkung der Kindergärten als Bildungsinstitutionen. Faymann betonte, dass mit der Bildungsreform ein produktiver und reformenreicher Kurs fortgesetzt wurde: „Wir haben heuer drei große Meilensteine durchsetzen können: Die Steuerreform, die Reform des Arbeitsmarktes und jetzt die Bildungsreform“, zeigte sich Faymann erfreut.

Die Bildungsreform sieht vor, dass der Kindergarten als Bildungsinstitution stärker ausgebaut wird, vor allem in Hinblick auf das zweite Kindergartenjahr. Die Zusammenarbeit zwischen Kinderbetreuungseinrichtungen und Schulen wird in der Modellregion verschärft und verbessert, die Schulautonomie wird gestärkt und die einzelnen Schulstandorte bekommen mehr Rechte. Auch die gemeinsame Schule wird weiter ausgebaut. Zukünftig wird es möglich sein, dass bis zu 15 Prozent der AHS-Unterstufen als gemeinsame Schulen der 6-bis 14-Jährigen geführt werden. Die Verwaltung der Bundesländer wird in Bildungsdirektionen zusammengeführt. „Die Diskussionen zwischen Bund und Ländern wurden beigelegt und haben zu einem sehr sinnvollen Kompromiss geführt“, sagte Faymann.

Der Bundeskanzler bedankte sich bei allen, die an der Bildungsreform mitgearbeitet haben, allen voran Bildungsministerin Gabriele Heinisch-Hosek und den Landeshauptleuten Michal Häupl, Peter Kaiser, Günther Platter und Wilfried Haslauer. „Wir arbeiten eng zusammen in der wichtigen Frage, wie die Zukunft der Schule - und somit unserer Kinder – zu gestalten ist“, betonte Faymann.

Bildungsministerin Gabriele Heinisch-Hosek: „Mit dieser Bildungsreform geht das österreichische Bildungssystem in eine neue Zeit. In eine Zeit der Eigenverantwortung und der Entbürokratisierung, in eine Zeit, in der sich die Kinder durchgesetzt haben“, sagte Heinisch-Hosek. Die Bildungsreform umfasst sieben ausverhandelte Pakete, konkret das Modell-Region-Paket für die gemeinsame Schule, das Elementarpädagogik-Paket, das Autonomiepaket sowie das Schuleingangs- und Schulorganisationspaket und das Bildungsinnovations-Paket. Auch der weitere Fahrplan für die Umsetzung wurde bereits fixiert. Die Ministerin betonte, dass die Bildungsreform wesentliche Verbesserungen für die SchülerInnen und LehrerInnen bringen wird.

„Besonders stolz“ zeigte sich Heinisch-Hosek über das Modell-Region-Paket in Sachen gemeinsame Schule. „Damit werden wir es schaffen, die gemeinsame Schule der Sechs- bis Vierzehnjährigen Wirklichkeit werden zu lassen“, betonte die Ministerin. Künftig könnten „rund 50.000 SchülerInnen, das sind 15 Prozent der Neuen Mittelschulen und 15 Prozent der AHS-UnterstufenschülerInnen, gemeinsam von Bundes- und Landeslehrerinnen nach einem gemeinsamen pädagogischen Konzept unterrichtet werden“. Das sei ein „riesengroßer Schritt in eine neue Zeit, bei dem die Kinder auch das nötige Rüstzeug erhalten, um gut vorbereitet in die Zukunft zu gehen“, sagte die Ministerin. Das pädagogische Konzept umfasse eine Individualisierung des Lernens genauso wie eine Forcierung der Kompetenz- und Berufsorientierung, erklärte Heinisch-Hosek. Die Modellregionen würden zehn Jahre erprobt und wissenschaftlich begleitet, so die Ministerin, die hofft, dass die gemeinsame Schule dann auf ganz Österreich ausgeweitet werden kann.

Von zentraler Bedeutung sei aber auch eine bessere Schule für die Kinder, sagte Heinisch-Hosek mit Blick auf das Schuleingangs- und Volksschul-Paket. Hier schaffe man einen „gemeinsamen Bildungsraum zwischen dem vierten und dem achten Lebensjahr“, um so einen verbesserten Übergang zwischen Kindergarten und Volksschule zu ermöglichen. Erreicht werden solle dies z.B. durch einen stärkeren Austausch von KindergartenpädagogInnen und VolksschullehrerInnen über die Entwicklung und individuellen Stärken der Kinder bei gemeinsamen Konferenzen. In der Schuleingangsphase (letztes verpflichtendes Kindergartenjahr und erste zwei Volksschuljahre) gibt es außerdem die Möglichkeit, unbürokratisch und autonom jahrgangsübergreifendes Unterrichten zu etablieren. Auch könnten die Schulstandorte künftig autonom entscheiden, ob es alternative Leistungsbeurteilungen (z.B. verbale Beurteilungen) gibt, sagte Heinisch-Hosek.

Von entscheidender Bedeutung für eine erfolgreiche Bildungsreform sei zudem ein „gutes Maß an Autonomie“, unterstrich die Bildungsministerin. So könnten die SchulleiterInnen künftig bei der Neubestellung von LehrerInnen mitreden. Weiters ist in Zukunft u.a. eine bedarfsorientierte Anpassung der schulischen Öffnungszeiten an die Erfordernisse des Berufslebens der Eltern genauso möglich wie eine flexible Gestaltung von Lerngruppen. Eine evidenzbasierte Qualitätssicherung im Rahmen der Schulaufsicht NEU sorgt für eine Weiterentwicklung der Schulen. Ein nationaler Schulqualitätsbericht, der alle drei Jahre an das Parlament ergeht, gibt künftig Aufschluss über die Entwicklung der österreichischen Schulen.

Zum Thema Schulverwaltung erklärte die Ministerin: „Ich bin zufrieden, denn endlich ist mit den Bildungsdirektionen eine gemeinsame Verwaltung und keine Parallelstruktur sichergestellt, so dass wir mit völliger Transparenz zum ersten Mal schauen können, was beim Kind ankommt und welche Ressourcen an welche Schulen fließen“


 

 Mitterlehner: Bildungsreform stellt Kind in den Mittelpunkt
Früher investieren, statt später reparieren - Besserer Übergang vom Kindergarten in die Schule durch Sprach- und Talentförderung mit Bildungskompass
Wien (övp-pd) - "Unsere Bildungsreform stellt das Kind in den Mittelpunkt. Wir erreichen damit ganz konkrete Fortschritte, die eine sinnvolle Weiterentwicklung des bestehenden Systems ermöglichen. Wir wollen früher investieren, statt später teuer reparieren", sagt Vizekanzler Reinhold Mitterlehner im Ministerrat zur Bildungsreform, deren Eckpunkte im Ministerrat beschlossen und 2016 in Gesetzesform gegossen werden. Besonders wichtig sei es gewesen, die Bundesländer in die Verhandlungen einzubeziehen, so Mitterlehner, der sich insbesondere beim ÖVP-Verhandlungsteam mit den Landeshauptleuten Wilfried Haslauer und Günther Platter sowie Staatssekretär Harald Mahrer für die Reform bedankte.

"Wir setzen bei der Elementarpädagogik an, ermöglichen das zweite verpflichtende Kindergartenjahr und verstärken die Sprachförderung. Künftig wird es einen neuen Bildungskompass geben, um die Talente unserer Kinder besser fördern zu können. Damit wird auch die Integration erleichtert", hebt Mitterlehner zentrale
Punkte hervor. Ziel sei es, den Übergang vom Kindergarten in die Schule optimal zu begleiten. Zudem stärkt die Reform auch die wichtige Schulautonomie. "Hier geht es darum, dass die Freiheit für pädagogische, personelle und organisatorische Entscheidungen wesentlich erhöht wird. Damit können Direktoren künftig stärker auf die individuelle Situation eingehen", hält Mitterlehner fest.

Weiters hat sich die Bildungsreformgruppe auf die Einrichtung von Bildungsdirektionen in allen Bundesländern geeinigt. Dabei handelt es sich um eine gemeinsame Behörde von Bund und Ländern. "Neu ist, dass alle Lehrer von einer Einheit verwaltet werden, was für mehr Überblick und Transparenz sorgt. Die Abrechnung wird über das Bundesrechenzentrum laufen. Mit der zentralen Steuerung klären wir eine wichtige Frage", so Mitterlehner.

Darüber hinaus betonte Mitterlehner die Bedeutung eines differenzierten Schulsystems. "Die Reformgruppe hat einen guten Modus gefunden. Das Gymnasium bleibt als Hauptform bestehen. Es
gibt aber auch die Möglichkeit für die Bundesländer, eine Modellregion zu entwickeln, wobei die Gesamtzahl der Standorte mit 15 Prozent der Standorte sowie 15 Prozent der Schüler der jeweiligen Schulform gedeckelt ist", erläutert Mitterlehner. Durch eine Evaluierung wird nach zehn Jahren geklärt, wie sich das Modell entwickelt hat. "Es ist nichts dagegen einzuwenden, die Qualität im Wettbewerb zu erhöhen. Mir geht es darum, nach oben zu fördern und nicht nach unten zu nivellieren", betont Mitterlehner.

Insgesamt zieht Vizekanzler derzeit eine positive Bilanz über die Arbeit der Bundesregierung. "Als Bundesregierung haben wir in diesem Jahr drei große Reformen auf Schiene gebracht: Mit der Steuerreform, die am 1. Jänner 2016 in Kraft tritt, bleibt jeder und jedem einzelnen mehr im Geldbörsel. Das Konjunktur- und Arbeitsmarktpaket bringt eine spürbare Lohnnebenkostensenkung und schafft Wachstum und Arbeitsplätze. Und die heutige Einigung auf die Bildungsreform stellt einen zentralen Schritt in Richtung
Schule der Zukunft dar. Wenn man 2015 mit anderen Jahren und Programmen vergleicht, kann man von einer intensiven Umsetzung und hohen Qualität sprechen."


 

Rosenkranz: Bildungsreform-Einigung ist Sammelsurium an Überschriften und Scheinaktivitäten ohne Substanz
„SPÖ und ÖVP ging es nur um den Machterhalt. Lehrer, Schüler und Eltern bleiben bei der sogenannten Bildungsreform genauso auf der Strecke wie die Bildung selbst“
Wien (fpd) - Als „Sammelsurium an Überschriften und Scheinaktivitäten ohne jedwede inhaltliche Substanz“ bezeichnete FPÖ-Bildungssprecher NAbg. Dr. Walter Rosenkranz die Einigung zur Bildungsreform. „Offenbar sind SPÖ und ÖVP in Hektik ausgebrochen und haben, nur um den Abgabetermin einzuhalten, ein Papier aus Absichtserklärungen und Alibi-Maßnahmen zusammengestellt. Reichlich wenig nach monatelangen Verhandlungen!“, kritisierte Rosenkranz.

„Die Schulautonomie ist eine Scheinautonomie, durch die Bildungsstiftung wird die Mängelwirtschaft lediglich ausgelagert. In der Verwaltung hat sich nichts geändert, sie ist nach wie vor eine unglücksselige Gemengelage an ineinander verschränkten Bund-Länder-Kompetenzen, nur die Türschilder werden ausgetauscht – der Landesschulratspräsident darf sich in Zukunft Bildungsdirektor nennen“, so der FPÖ-Bildungssprecher. Der einzig positive Ansatz sei, dass das Gymnasium – zumindest bis 2025 – erhalten bleiben solle und der Elementarpädagogik ein höherer Stellenwert eingeräumt werde, wobei allerdings nichts einzusehen sei, warum es für alle Kinder ein verpflichtendes 2. Kindergartenjahr geben müsse.

„Die angebliche Einigung ist das papiergewordene Sittenbild von SPÖ/ÖVP, sie spiegelt das wechselseitige Misstrauen der Verhandlungspartner wider und zeigt, dass es beiden nur um den Machterhalt geht. Lehrer, Schüler und Eltern bleiben dabei genauso auf der Strecke wie die Bildung selbst“, so Rosenkranz.


 

 Glawischnig/Walser: Bildungsreform ist deutlich verbesserungsbedürftig
Grüne schlagen baldige Gespräche mit Regierungsspitze vor
Wien (grüne) - "Die Ergebnisse der Bildungsreformkommission enthält Licht und Schatten. Völlig unverständlich ist etwa die Knebelung der Bundesländer Wien und Vorarlberg, was die Einführung einer Modellregion Gemeinsame Schule betrifft. Warum Innovation im Schulbereich auf 15 Prozent eines Bundeslandes reduziert werden soll, ist nicht nachvollziehbar", betont Eva Glawischnig, Bundessprecherin und Klubobfrau der Grünen. „Für einen Grünen Bildungssprecher, der aus Vorarlberg kommt, ist das mit Sicherheit ein No-Go“, ergänzt Harald Walser, Bildungssprecher der Grünen.

Im Schulorganisationspaket sind die heiklen Punkte nach wie vor offen. "So ist etwa die Einbindung der Eltern, SchülerInnen und LehrerInnen bei Direktorenbestellungen notwendig", betont Walser. Einige positive Ansätze sind im Autonomiepaket zu erkennen. Eine Stärkung des Kindergartens als Bildungseinrichtung ist zu begrüßen wie auch die in Zukunft notwendige Zusammenarbeit zwischen Kindergarten und Volksschule", so Glawischnig.

"Nachdem die Grünen die notwendige Zwei-Drittel-Mehrheit im Parlament ermöglichen können, schlagen wir ein baldiges Gespräch mit Kanzler und Vizekanzler vor, um die entsprechenden Verbesserungen zu verhandeln", so Glawischnig.


 

Lugar: Heinisch-Hosek zog gegen die Länder den Kürzeren
Wien (str) - „Bildungsministerin Heinisch-Hosek hat gegen die Länder wenig überraschend den Kürzeren gezogen. Die Bildungsreform ist ein typisch österreichischer Kompromiss geworden – zu Lasten der Schüler, ihrer Eltern und der Lehrer“, kritisiert Team Stronach Klubobmann und Bildungssprecher Robert Lugar. Die Länderchefs werden über die Bildungsdirektionen „endgültig die totale politische Kontrolle über die Bildung erhalten. Der Bund darf dann die Zeche für den Etikettenschwindel zahlen“, so Lugar.


 

Strolz: Statt umfassender Bildungsreform leider nur ein lauwarmer Kompromiss
Jetzt haben wir es schwarz auf weiß: Bildungspolitik ist für die Regierungsparteien vor allem Machtpolitik
Wien (neos) - „Wir sehen hier den typisch österreichischen Kompromiss der Mutlosigkeit“, kommentiert NEOS-Bildungssprecher Matthias Strolz die präsentierte Bildungsreform- Punktation. Auch wenn von der Bildungsministerin gerne anders dargestellt, zeigt sich erneut, dass die Fragen der Schulverwaltung und der damit verbundenen Möglichkeiten der Einflussnahme zentraler Knackpunkt der Bildungsreform waren und weiterhin bleiben. „Die Bundesregierung hat es wieder nicht geschafft, sich aus dem Würgegriff der Landeskaiser zu befreien. Damit verkam dieser Reformversuch einmal mehr zu einer machtpolitischen Tauschbörse“, kritisiert Strolz.

Entsprechend leiden auch die Inhalte dieser Reform. Eine umfassende Erneuerung unseres Schulsystems werde mit dieser verbremsten Reform-Ansage nicht möglich sein. „Zumindest wird es ein Mehr an pädagogischer Autonomie geben. Das ist ebenso erfreulich wie überfällig. Bei den wirklich großen und entscheidenden Brocken – wie einer umfassenden finanziellen und personellen Autonomie – hat dieser Reformversuch aber komplett ausgelassen. Allein den Landesschulrat in Bildungsdirektion umzubenennen, ist schlechtweg nicht genügend“, so Strolz.

Dieses Ergebnis war bereits zu Beginn der Verhandlungen absehbar. Aufgrund ihrer interessens- und parteipolitischen Verstrickungen war die Bundesregierung außer Stande oder nicht willens, einen transparenten und partizipativen Reformprozess im Bildungsbereich aufzusetzen. „Sowohl die Öffentlichkeit als auch die Schulpartner und die Oppositionsfraktionen im Parlament wurden systematisch aus den Beratungen der Bildungsreformkommission und des Bildungsministeriums ausgeschlossen. So können keine tragfähigen Lösungen erarbeitet werden. Ein gemeinsames Reformprojekt muss im Rahmen eines integrativen, parteiübergreifenden Dialogprozesses entwickelt werden“, reklamiert Strolz.

Für eine gelingende Bildungsreform brauche es eine breite Allianz der konstruktiven Kräfte, abseits von machtpolitischem Kalkül und parteipolitischer Taktik. „Für eine echte Bildungswende gilt es daher, Betroffene endlich zu Beteiligten zu machen. Versuchen wir zu retten, was noch zu retten ist! Ich erwarte mir, dass die Regierungsparteien nun zumindest für die Phase der parlamentarischen Konkretisierung einen partizipativen Prozess aufsetzen. Wir NEOS sind und waren stets zur konstruktiven Mitarbeit bereit“, so Strolz abschließend.

Die Verantwortung der Inhalte liegt bei den Aussendern. Die Redaktion.

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