Für Arbeitsmarktpolitik werden 2016
 deutlich mehr Mittel benötigt

 

erstellt am
18. 11. 15
11:00 MEZ

Budgetausschuss befasst sich mit Bereich Arbeit und Soziales
Wien (pk) – Die Entwicklungen am Arbeitsmarkt und geplante Maßnahmen zur Integration von Flüchtlingen standen am 17.11. im Mittelpunkt der Beratungen des Budgetausschusses des Nationalrats zum Bereich Arbeit und Soziales. Sozialminister Rudolf Hundstorfer informierte die Abgeordneten unter anderem über das geplante "Freiwillige Integrationsjahr" für Flüchtlinge, das pro Jahr rund 1.000 anerkannten Flüchtlingen und subsidiär Schutzberechtigten eine Perspektive bieten soll. Außerdem wies er auf die gestern vom Budgetausschuss beschlossene Aufstockung der Mittel für aktive Arbeitsmarktpolitik hin. Pläne zur Erhöhung der Arbeitslosenversicherungsbeiträge aufgrund der schlechten Arbeitsmarktlage gibt es Hundstorfer zufolge nicht. Unmut äußerte der Minister über den angebotenen "Golden Handshake" für ältere MitarbeiterInnen bei der Post, er wies aber darauf hin, dass er als Sozialminister keinen Einfluss auf eine Aktiengesellschaft habe.

In Bezug auf die Pensionsausgaben hob Hundstorfer hervor, dass es in den ersten drei Quartalen dieses Jahres um 11% weniger Pensionszuerkennungen gab als im Vergleichszeitraum des Vorjahres. Hält die Entwicklung im letzten Quartal an, werden die Pensionsausgaben heuer um 300 Mio. € unter dem Budgetvoranschlag liegen. Auch die Zahl der MindestpensionistInnen wird sinken.

Budget für den Bereich Soziales steigt leicht, jenes für den Bereich Arbeit stark
Insgesamt sieht der Voranschlagsentwurf für den Bereich Soziales und Konsumentenschutz Ausgaben für das Jahr 2016 in der Höhe von 3,05 Mrd. € vor. Das sind um 50,6 Mio. € bzw. 1,7% mehr als für 2015. Diese zusätzlichen Mittel werden unter anderem für den Pflegefonds, die 24-Stunden-Betreuung und für die mit 1. Jänner 2016 wirksam werdende Erhöhung des Pflegegelds um 2% benötigt. Die Ausgaben für die Kriegsopferversorgung und für Beschäftigungsinitiativen für behinderte Menschen sinken hingegen. Damit für die Arbeitsmarktintegration behinderter Menschen dennoch gleich viele Mittel zur Verfügung stehen, springt gemäß den Erläuterungen zum Budgetentwurf der Ausgleichstaxfonds ein. Der Pflegefonds ist im kommenden Jahr mit insgesamt 350 Mio. € dotiert, zwei Drittel davon steuert der Bund bei.

Für den Bereich Arbeit ist 2016 mit 8,09 Mrd. € fast eine Milliarde Euro, konkret 944 Mio. €, mehr budgetiert als im Budgetvoranschlag 2015. Hauptgrund für das Budgetplus sind erwartete Mehrausgaben aufgrund der hohen Arbeitslosigkeit, wobei der parlamentarische Budgetdienst davon ausgeht, dass auch die im Budget 2015 verankerten 7,15 Mrd. € nicht halten werden. Mit den verfügbaren Mitteln wird unter anderem die Beschäftigungsinitiative 50+ fortgeführt und zusätzliches Geld für die Wiedereingliederung gesundheitsbeeinträchtigter Personen und anderer Langzeitarbeitsloser in den Arbeitsmarkt bereitgestellt. Für die berufliche Integration von Asylberechtigten sind bis zu 70 Mio. € vorgesehen (siehe Parlamentskorrespondenz Nr. 1247/2015). Insgesamt hat das Sozialministerium laut erläuterndem Budgetbericht 2016 2,6 Mrd. € für aktive und aktivierende Arbeitsmarktpolitik reserviert.

Aufgrund der steigenden Beschäftigungsquote wachsen im nächsten Jahr aber nicht nur die Ausgaben im Bereich Arbeit, sondern auch die Einnahmen, und zwar um 195,4 Mio. € auf 6,48 Mrd. €. Sparen will das Sozialministerium unter anderem beim Verwaltungskostenersatz für das AMS.

Ausgaben für Pensionen steigen 2016 weniger stark als erwartet
Für staatliche Zuschüsse zu den Pensionen sind im Bundesfinanzgesetz im Jahr 2016 11,02 Mrd. € budgetiert. Damit wird die im Bundesfinanzrahmengesetz festgelegte Ausgabenobergrenze um 350 Mio. € unterschritten. Grund dafür ist, dass die bereits umgesetzten Maßnahmen zur Anhebung des faktischen Pensionsantrittsalters offenbar besser wirken als angenommen, wie der parlamentarische Budgetdienst in einer Analyse anmerkt. Das wurde heute auch von Sozialminister Rudolf Hundstorfer bestätigt. So haben etwa die Verschärfungen bei der "Hacklerregelung" deutliche budgetäre Auswirkungen. Dennoch steigt der Anteil der Pensionsausgaben am gesamten Bundeshaushalt weiter an. Für 2019 sieht der Bundesfinanzrahmen unter diesem Titel Auszahlungen in der Höhe von 13,32 Mrd. € vor. Im Vergleich zwischen den Bundesvoranschlägen 2015 und 2016 ergibt sich ein Plus von 338,9 Mio. €.

Um die Kosten für die Pensionen kalkulierbar zu halten, setzt die Regierung laut erläuterndem Budgetbericht auf ein transparentes und nachvollziehbares Pensionsmonitoring. Bei Bedarf soll eine interministerielle Arbeitsgruppe am 29. Februar 2016 Kostendämpfungsmaßnahmen vorschlagen. Als kurzfristiges Wirkungsziel nennt das Sozialministerium für 2016 eine Erhöhung des durchschnittlichen Pensionsantrittsalters auf 59,9 Jahre (2014: 59,6 Jahren). Bis zum Jahr 2018 werden laut Regierungsprogramm 60,1 Jahre angestrebt.

Grundsätzlich gelten auch für das Sozialministerium die restriktiven Personalvorgaben der Regierung, nur die halben Pensionsabgänge werden 2015 bis 2019 nachbesetzt. Ausgenommen davon ist allerdings die Arbeitsinspektion. Als Budget-Wirkungsziele für das Jahr 2016 nennt das Sozialministerium unter anderem eine allgemeine Arbeitslosenquote von maximal 9,4% – bzw. jeweils 9,8% bei älteren Beschäftigten über 50 und Jugendlichen unter 24 – sowie eine Erhöhung der Frauenbeschäftigungsquote von 63,5% im Jahr 2014 auf 64,5%. Im Bereich der 24-Stunden-Betreuung geht man von bis zu 24.000 Förderfällen (2014: 19.300) aus.

Arbeitsmarkt: Hundstorfer setzt auf Konjunkturpaket und Lohnsubventionen
Im Rahmen der Debatte wies Sozialminister Rudolf Hundstorfer darauf hin, dass die Ergebnisse des Arbeitsmarktgipfels der Regierung im Budgetentwurf noch nicht dargestellt sind. Er ist zuversichtlich, den Anstieg der Arbeitslosigkeit im kommenden Jahr durch konjunkturbelebende Maßnahmen wie das Wohnbauprogramm, die Förderung von Unternehmensgründungen und die Steuerreform "sehr, sehr dämpfen" zu können. Außerdem setzt er auf Lohnsubventionen und die Qualifizierung von schlecht ausgebildeten Arbeitslosen und verwies in diesem Zusammenhang auf die gestern im Budgetausschuss beschlossene Aufstockung der Mittel für aktive Arbeitsmarktpolitik.

Um ältere ArbeitnehmerInnen im Erwerbsprozess zu halten, hofft Hundstorfer außerdem auf einen Paradigmenwechsel bei den Unternehmen. Kritik von NEOS-Abgeordnetem Gerald Loacker am geplanten Bonus-Malus-System ließ er nicht gelten. Die Unternehmen hätten 24 Monate Vorbereitungszeit, bis der Malus greife, bekräftigte er.

Erste Lichtblicke, was die Entwicklung am Arbeitsmarkt betrifft, sieht Hundstorfer in den westlichen Bundesländern. So ist ihm zufolge die Arbeitslosigkeit in Tirol zuletzt nicht mehr gestiegen. Auch in Salzburg und Vorarlberg konnte der Anstieg der Arbeitslosenrate deutlich eingebremst werden. "Nicht unerfolgreich" sei man auch bei der beruflichen Wiedereingliederung älterer Arbeitsloser, demnach konnten heuer schon 83.000 Personen über 50 vom AMS wieder in den Arbeitsmarkt zurückgebracht worden.

Warum andere Länder wie Großbritannien, Deutschland oder Tschechien bei der Arbeitslosenquote besser dastehen als Österreich, begründete Hundstorfer gegenüber ÖVP-Sozialsprecher August Wöginger damit, dass dort das Arbeitskräftepotential, etwa wegen der demografischen Entwicklung, schrumpfe. Er machte darüber hinaus geltend, dass in Österreich nicht nur die Arbeitslosenrate sondern auch die Zahl der Beschäftigten gestiegen ist, und zwar um 32.000 zwischen Oktober 2014 und Oktober 2015. Für das Unternehmergründungsprogramm ist ihm zufolge im nächsten Jahr ein Fördervolumen von 30 Mio. € vorgesehen, auch das Programm zur Vergabe von Mikrokrediten wird fortgesetzt.

Verstärkte Anstrengungen zur Integration von Flüchtlingen
Die Integration von anerkannten Flüchtlingen in den Arbeitsmarkt wird nach Einschätzung von Hundstorfer "nicht einfach", er hält die Herausforderung aber für schaffbar. Schließlich benötige Österreich aufgrund der rückläufigen Bevölkerungszahl eine gewisse Zuwanderung, gab er zu bedenken. Neben dem Freiwilligen Integrationsjahr, einer Mischung aus Freiwilligentätigkeit und Ausbildung, setzt Hundstorfer unter anderem auf spezielle Deutschkurse und EDV-Kurse. Außerdem sind umfangreiche Kompetenzchecks geplant, und zwar, wie Hundstorfer betonte, so früh wie möglich. Der Minister rechnet damit, dass im Laufe des nächsten Jahres rund 28.000 bis 32.000 Flüchtlinge beim AMS landen, wobei die Zahl nicht zuletzt davon abhängt, wie lange die Asylverfahren dauern. Für das Freiwillige Integrationsjahr sind 1,7 Mio. € budgetiert, sie sollen insbesondere in Ausbildungskostenbeiträge für die Trägerorganisationen und die Unfallversicherung fließen.

Zur Feststellung von FPÖ-Abgeordnetem Herbert Kickl, dass vor allem Ausländer vom starken Anstieg der Arbeitslosigkeit betroffen sind, merkte Hundstorfer an, dass das AMS-Budget, abgesehen vom Sonderbudget für Asylberechtigte, nicht zwischen Inländern und Ausländern differenziere. Im Übrigen handle es sich vielfach um Menschen, die viele Jahre in Österreich beschäftigt waren und nun von Jüngeren vom Arbeitsmarkt verdrängt würden.

Gegenüber Team-Stronach-Sozialsprecherin Waltraud Dietrich hielt Hundstorfer fest, dass 15% der beim AMS gemeldeten Personen keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld haben. Dabei handelt es sich unter anderem um Flüchtlinge sowie Schul- und UniversitätsabsolventInnen. Die Zahl der MindestsicherungsbezieherInnen, die beim AMS vorgemerkt sind, bezifferte er mit rund 61.800, 23.500 davon erhalten volle Mindestsicherung.

Mindestsicherung soll weiter harmonisiert werden
Die Verhandlungen über eine weitere Harmonisierung der bedarfsorientieren Mindestsicherung sind laut Hundstorfer nach wie vor im Laufen. Der Sockel sei zwar in allen Bundesländern gleich, dennoch divergierten die Leistungen, etwa durch unterschiedliche Kinderzuschläge und Heizkostenzuschüsse, je nach Bundesland zum Teil erheblich. Zudem sieht der Sozialminister große Unterschiede in der Vollzugspraxis. Bei den Verhandlungen stehen ihm zufolge außerdem das Thema Sachleistungen, der Freibetrag für WiedereinsteigerInnen und die Verbesserung der Datenlage zur Diskussion.

Aus dem Europäischen Sozialfonds (ESF) stehen Österreich in der neuen Förderperiode 2014 bis 2020 442 Mio. € zur Verfügung, wie Hundstorfer SPÖ-Abgeordnetem Rainer Wimmer mitteilte. Hundstorfer will die Mittel unter anderem für Projekte zur Armutsbekämpfung, Maßnahmen gegen den vorzeitigen Schulabbruch, die Anpassung von Unternehmen an den Strukturwandel und Projekte zum lebenslangen Lernen verwenden. Das Budget für die Unterstützung benachteiligter Jugendlicher bleibt ihm zufolge im nächsten Jahr gleich, wobei 27 Mio. € für das Jugendcoaching und 18,6 Mio. € für Produktionsschulen zur Verfügung stehen.

Bei der Bekämpfung von Lohn- und Sozialdumping setzt Hundstorfer große Hoffnungen in die Durchführungsrichtlinie zur EU-Senderichtlinie. Damit soll die Kooperation der Kontrollbehörden in den EU-Staaten verbessert und die Vollstreckung von Verwaltungsstrafen erleichtert werden.

Kritik am "goldenen Handshake" bei der Post

Von ÖVP-Seniorensprecherin Gertrude Aubauer und Grün-Abgeordneter Birgit Schatz auf den "goldenen Handshake" für ältere ArbeitnehmerInnen bei der Post angesprochen, hielt Hundstorfer fest, er habe seinen Unmut sowohl gegenüber der Generaldirektion als auch gegenüber der Personalvertretung kundgetan. Er halte nichts von der Maßnahme und gehe davon aus, dass sie auch nur wenig in Anspruch genommen wird, erklärte er. Als Sozialminister habe er aber keine Einflussmöglichkeit auf eine Aktiengesellschaft, der es per se, wie der Name schon ausdrücke, vorrangig um die optimale Bedienung von Aktionären gehe.

Pensionsausgaben: Hundstorfer hofft auf Fortsetzung des positiven Trends
Was die Entwicklung bei den Pensionen betrifft, hofft Hundstorfer, dass der positive Trend anhält und das faktische Pensionsantrittsalter weiter steigen wird. Ihm zufolge ist dieses in den ersten drei Quartalen dieses Jahres um nahezu 9 Monate hinaufgeklettert. Im Vergleich zum selben Zeitraum 2014 wurden um 11 % weniger Pensionen zuerkannt. Auch wenn man den Bereich Invaliditätspensionen ausklammert, gibt es dem Minister zufolge eine signifikant positive Tendenz. NEOS-Abgeordneter Gerald Loacker äußerte in diesem Zusammenhang die Hoffnung, dass die 300 Mio. €, die heuer bei den Pensionen eingespart werden, "nicht anderweitig verbraten werden".

Hospiz- und Palliativversorgung Thema beim Finanzausgleich
Der Ausbau der Hospiz- und Palliativversorgung ist laut Hundstorfer Thema bei den Finanzausgleichsverhandlungen. Dort wird in einer eigenen Unter-Arbeitsgruppe auch über die zukünftige Finanzierung der Pflege beraten. Für Hundstorfer steht die Verlängerung des Pflegefonds über das Jahr 2018 hinaus grundsätzlich aber nicht in Frage. Schon bald geklärt sein soll die Einrichtung von Hospizbeauftragten.

Für den Bereich Pflegegeld rechnete der Sozialminister im kommenden Jahr mit Ausgaben von 2,5 Mrd. €. Eine weitere Reduktion der Verfahrensdauer für Pflegegeldanträge unter 58 Tage hält er bei den derzeit 200.000 jährlichen Verfahren für unrealistisch. 16.000 Personen erhalten ihm zufolge derzeit noch eine Unterstützung aus der Kriegsopferfürsorge, 18.000 eine Kriegsgefangenenentschädigung.

 

 

 

Allgemeine Informationen:
http://www.parlament.gv.at

 

 

 

 

 

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