Sparsame Budgets für die Obersten
 Organe der Republik

 

erstellt am
25. 11. 15
11:00 MEZ

Nationalrat debattiert außerdem über "Nachtragsbudget" für Sicherheit, Flüchtlingshilfe und Schulen
Wien (pk) - Nach der Generaldebatte zum Budget 2016 wandte sich der Nationalrat in seiner Sitzung vom 24.11. den einzelnen Budgetkapiteln des Bundesvoranschlags 2016 zu. Den Anfang machten die Mittel, die laut Bundesfinanzgesetz 2016 für die Tätigkeit der Obersten Organe der Republik und für das Bundeskanzleramt vorgesehen sind. Zu den Obersten Organen der Republik zählen die Präsidentschaftskanzlei, die Bundesgesetzgebung (Parlament), der Verfassungsgerichtshof (VfGH), der Verwaltungsgerichtshof (VwGH), die Volksanwaltschaft (VA) und der Rechnungshof (RH). Die Meinungen darüber, inwieweit die budgetäre Ausstattung für ihre vielfältigen Aufgaben ausreicht, waren geteilt. Während die Opposition vor allem eine zu geringe Ausstattung des Rechnungshofs und der Volksanwaltschaft sah, meinten die Regierungsparteien, dass die Mittel, nicht zuletzt aufgrund der effektiven Arbeit dieser Kontrollorgane des Parlaments, für diesmal gerade noch ausreichend seien.

Mit dem Bundesvoranschlag zusammen wird auch eine Budgetnovelle für das Jahr 2015 verhandelt. Dieses "Nachtragsbudget" ist aufgrund der Entwicklungen, die sich seit der Erstellung bzw. Verlautbarung der Budgetgesetze im Vorjahr ergeben haben, notwendig geworden. Vor allem die Sicherheitsoffensive, die Flüchtlingshilfe und die Offensivmaßnahmen im Bereich der Schulen erfordern Änderungen der Bundesfinanzrahmengesetze 2015 bzw. 2016 und zusätzlicher Überschreitungsermächtigungen im Bundesfinanzgesetz 2015.

Rechnungshof löst Rücklagen auf
FPÖ-Mandatar Harald Stefan (F) erinnerte daran, dass aufgrund von Gesetzesänderungen in den letzten Jahren sowohl der Verwaltungs- als auch der Verfassungsgerichtshof neue Aufgaben, wie etwa die Möglichkeit der Individualbeschwerde zur Normenkontrolle, erhalten haben. Da ein zusätzlicher Arbeitsaufwand durch die starke Zunahme an Asylverfahren entstehe, sollten die Mittel im Bereich der Obersten Organe umgeschichtet werden, um eine ausreichende personelle Ausstattung sicherzustellen, schlug Stefan vor. Sein Fraktionskollege Wolfgang Zanger setzte sich wiederum für eine bessere Ausstattung des Rechnungshofs ein, der unermüdlich aufzeige, wie man in der Republik sparsamer, effizienter und wirksamer arbeiten könne. Einen Entschließungsantrag dazu brachte seine Fraktionskollegin Carmen Schimanek ein. Sie meinte auch, die Auflösung von Rücklagen des Rechnungshofs und der Volksanwaltschaft stelle keine vorausschauende Budgetpolitik dar.

Auch die Grünen üben massive Kritik an der ihrer Ansicht nach unzureichenden Budgetierung des Rechnungshofs. Abgeordnete Gabriela Moser (G) zeigte sich etwa sehr enttäuscht darüber, dass diese Institution, die wichtige parlamentarische Kontrollfunktionen wahrnimmt, bereits seit vier Jahren gezwungen sei, die eigenen Rücklagen aufzulösen. Präsident Moser habe schon oft davor gewarnt, dass sein Haus dadurch bis zu zehn Prüfungen pro Jahr weniger durchführen könne. Diese Vorgangsweise sei absolut unverständlich, zumal durch die Umsetzung der Empfehlungen des Rechnungshofs Einsparungen in Milliardenhöhe erzielt werden könnten.

Mehr Mittel für den Verfassungsgerichtshof und für den Rechnungshof forderte seitens der NEOS Nikolaus Scherak. Er gab zu bedenken, dass die Verlängerung der Verfahrensdauer in Asylsachen um nur einen Tag bei der derzeitigen Anzahl an Fällen täglich Mehrkosten in der Höhe von etwa 28.000 € an Mehrkosten verursachen würde. In einem Entschließungsantrag forderte seine Fraktion daher den Finanzminister auf, den VfGH mit ausreichenden Mitteln auszustatten. Scherak gab zu meinte, es handle sich um eine vergleichsweise geringe Summe, VfGH-Präsident Gerhart Holzinger habe den zusätzlichen Finanzbedarf mit 700.000 € beziffert. NEOS-Vertreterin Claudia Angela Gamon unterstrich mit einem Entschließungsantrag die Sorge der NEOS, dass der Rechnungshof spätestens im Jahr 2017 nach Verbrauch der Rücklagen seine Prüftätigkeit massiv einschränken müsse.

Auch Martina Schenk (T) bedauerte, dass abermals verabsäumt worden sei, das Budget des Rechnungshofs nachhaltig zu sanieren. Gerade bei einem Kontrollorgan zu sparen, das mehr Mittel einbringt als es kostet, sei absolut nicht nachvollziehbar. Außerdem werde der Rechnungshof noch dafür bestraft, dass er sparsam gewirtschaftet und Rücklagen gebildet hat und diese auflösen müsse, um den Betrieb aufrechterhalten zu können.

Sowohl Rechnungshof als auch Volksanwaltschaft seien wichtige Hilfsorgane des Parlaments, betonte Werner Amon (V). Seiner Meinung nach ist das vorliegende Budget und setzt die richtigen Impulse. Peter Wittmann (S) und Johannes Jarolim räumten ein, dass der VfGH eventuell künftig besser ausgestattet werden müsse, wenn die Anzahl der Fälle stark ansteigen sollte. Beim Verwaltungsgerichtshof werde man seiner Meinung nach das Auslangen finden, zumal 42 neue Planstellen zur Abwicklung der Asylverfahren geschaffen wurden. Im Sinne der Transparenz sei es positiv zu bewerten, dass für die Sanierung des Parlamentsgebäudes ein eigener Budgetansatz geschaffen wurde, wobei für 2016 ein Betrag in der Höhe 32 Mio. € veranschlagt wurde.

Elmar Mayer (S) konzedierte, dass der Sparzwang auch vor dem Rechnungshof nicht Halt mache. Trotz der knappen Mittel leiste er gute Arbeit. Diese Sicht vertraten auch Hermann Gahr (V) und Johann Singer (V). Das Budget reiche auch deshalb aus, weil der Rechnungshof ein Vorbild an Sparsamkeit sei und weil Rücklagen aufgelöst werden können. Sicher werde man in weiteren Budget diskutieren müssen, wie man die Aufgaben weiter abdecken könne, meinte Gahr.

Johann Hechtl (S) und Norbert Sieber (V) unterstrichen, dass die Volksanwaltschaft durch Auflösung von Rücklagen ausreichend für ihre Aufgaben ausgestattet werden konnte. Sieber meinte aber, es werde notwendig sein, zu überlegen, wie die Volksanwaltschaft die durch die Flüchtlingswelle steigende Aufgabenlast bewältigt werden kann.

Der Bund sei auch ein wichtiger Arbeitgeber, hob Angela Lueger (S) hervor, per Stichtag 1.9.2015 waren allein 1.540 Lehrlinge in Beschäftigung. Ihr Fraktionskollege Otto Pendl nahm die Gelegenheit generell zum Anlass, um den MitarbeiterInnen im öffentlichen Dienst ausdrücklich zu danken.

   

RH-Präsident Moser: Rechnungshof hilft sparen und spart bei sich selbst
Mit 32,9 Mio. € sieht der Budgetentwurf 2016 für den Rechnungshof (Untergliederung 6) um knapp 0,5 Mio. € mehr Auszahlungen vor als im Budget für 2015. Rechnungshofpräsident Josef Moser unterstrich, dass der Rechnungshof seine Aufgabe beim Einsatz der öffentlichen Mittel stets bestmöglich wahrgenommen habe. Er habe eine Struktur- und Organisationsreform durchgeführt und damit trotz Budgetrestriktionen den Output erhöhen können. Das reale operative Budget habe sich allerdings in den letzten Jahren verringert, während nicht steuerbare Fixkosten steigen. Um diese Lücke zu schließen, muss nun eine Rücklage aufgelöst werden, die bis 2017 reichen wird.

Parlament erhält Mittel für Sanierung
Das Parlament wird im kommenden Jahr deutlich mehr Budgetmittel zur Verfügung haben als 2015. Konkret steigen die Ausgaben von 165,56 im Bundesvoranschlag 2015 auf 196,15 Mio. € an. Grund dafür sind anfallende Kosten für die Sanierung des Parlamentsgebäudes. Insgesamt wurden für Planung, Umbau und Übersiedlung im Budgetentwurf 2016 32,64 Mio. € budgetiert. Die Aufwendungen für die Parlamentsverwaltung sind dagegen rückläufig, unter anderem wird bei den Werkleistungen gespart.

Wolfgang Gerstl (V) will die direkte Demokratie weiter stärken und schlägt die Einrichtung einer Crowd-Sourcing-Plattform vor, wo sich BürgerInnen bereits am Beginn eines Gesetzwerdungsprozesses einbringen können, sowie die Schaffung einer Online-Teilnahmemöglichkeit im Rahmen von Begutachtungsverfahren. Dieter Brosz (G) sah Nachbesserungsbedarf beim Parlamentsbudget, da nicht nur die Aufgaben zugenommen haben, sondern auch für diverse Vorschläge (z.B. mehr Unterstützung für die Abgeordneten) keine Reserven vorhanden sind.

Lob von allen Seiten für die Volksanwaltschaft
Der Budgetvorschlag 2016 sieht für die Volksanwaltschaft (VA) Ausgaben in der Höhe von 10,56 Mio. € vor. Verglichen mit 2015 (10,48 Mio. €) erhöhen sich damit die verfügbaren Mittel der Kontrollinstanz um weniger als 1%, wobei etwas mehr als die Hälfte davon für Personalaufwendungen im Zusammenhang mit der nachprüfenden Verwaltungskontrolle und der präventiven Menschenrechtskontrolle anfallen.

Wolfgang Zinggl (G) sah es als eklatanten Mangel, dass seit den 1990er Jahren von der Volksanwaltschaft keine ausgegliederten Organisationen geprüft werden können. Dabei würde diese Kontrolle nach Auskunft der VA keine zusätzlichen Budgetmittel erfordern, daher falle das Kostenargument gegen diese Erweiterung der Transparenz weg. Die VA sollte zudem aus dem Informationsfreiheitsgesetz ausgenommen werden, fordert FPÖ-Mandatarin Carmen Schimanek, da sie sonst überlastet würde. Martina Schenk (T) beklagte, dass die von der VA aufgezeigten Missstände, wie z.B. im Bereich der Sachwalterschaft, nur sehr schleppend angegangen werden.

Gertrude Aubauer (V) lobte die Arbeit der Volksanwaltschaft, die nicht zuletzt Benachteiligungen von älteren Menschen aufzeige. Auch der präventive Schutz der Menschenrechte sei eine wichtige Aufgabe, der von ihr vorbildlich wahrgenommen wird. Das Thema Menschenrechte nahm ÖVP-Abgeordnete Maria Fekter die Debatte zum Anlass, um auf ein aktuelles Interview mit Murat Basar (Vorsitzender der Islamischen Religionsgemeinde in Linz) einzugehen. Dessen Position gegenüber Frauen sei nicht bloß verwerflich, sondern rechtswidrig, da in Österreich Männer und Frauen laut Verfassung gleichberechtigt sind, unterstrich Fekter. Die Würde der Frauen und Mädchen in Österreich seien weder verhandelbar noch relativierbar, auch nicht durch den Koran. "Nur wenn unser Verfassungsbogen, unsere Leitkultur auch von den Muslimen akzeptiert wird, ist ein friedliches Zusammenleben in Österreich möglich", so Fekter.

Petra Bayr (S) merkte an, mit der Kontrolle aller Einrichtungen, in denen Menschen angehalten werden, erfülle die Volksanwaltschaft auch eine wichtige präventive Aufgabe für die Einhaltung der Menschenrechte. Volksanwaltschaft und Rechnungshof würden zugleich über ihre internationalen Dachorganisationen eine wichtige entwicklungspolitische Rolle spielen. Johannes Jarolim (S) ergänzte, die Volksanwaltschaft greife wichtige Themen auf, etwa im Bereich des Tierschutzes und Auswüchsen der Jagd. Hier müssten Lösungen gefunden werden, etwa in Form des höheren Schadenersatzes für den Abschuss geschützter Tiere, forderte er.

Volksanwalt Peter Fichtenbauer merkte als Vorsitzender Volksanwaltschaft an, dass dieses Hilfsorgan des Parlaments die ihm gestellte Aufgaben sehr effizient erfülle. Die durchschnittliche Erledigungsdauer einer Beschwerde liege bei sechs Wochen. Zum Informationsfreiheitsgesetz gab er zu bedenken, dass die VA die auf sie zukommenden neuen Vorgaben nicht bewältigen können werde. Fichtenbauer appellierte daher an den Nationalrat, den Gesetzesvorschlag in diesem Punkt nochmals zu überdenken. Eine Prüflücke besteht seiner Ansicht nach bei ausgegliederten Organisationen, auch hier sollte man gewisse Änderungen überlegen.

Volksanwalt Günter Kräuter teilte den Abgeordneten mit, dass das in Wien ansässige Dachorganisation International Ombudsman Institute (IOI) zunehmend an Bedeutung gewinne, etwa durch den Aufbau von Ombudsstellen in Staaten, die noch Nachholbedarf haben. Die aktuellen Fluchtbewegungen habe auch Auswirkungen auf die Arbeit der VA. Nicht zuletzt gehe es hier um die Einhaltung von Menschenrechtsstandards und den Schutz besonders gefährdeter Gruppen.

Volksanwältin Gertrude Brinek hob hervor, dass die Menschenrechte und Barrierefreiheit aktuelle Schwerpunkte der VA darstellen. Auch sei es ein Ziel, dass sich künftig auch junge Menschen und Frauen, also Gruppen, die bisher unterrepräsentiert sind, an die VA wenden. Brinek unterstrich weiters die Notwendigkeit, bei der Neuregelung der Sachwalterschaft sicherzustellen, dass nur das Minimum an absolut notwendigen Eingriffen in die persönliche Autonomie erfolgt.

Bundeskanzleramt: Minderheiten- und Presseförderung, Datenschutz
Die Auszahlungen (Aufwendungen) des Bundeskanzleramts werden im Bundesvoranschlagsentwurf 2016 mit 401,7 Mio. € (406,5 Mio. €)beziffert. Dies entspricht einer Erhöhung um 1,0% (1,2%) gegenüber dem Vorjahr, die aus der Aufstockung des Budgets des Bundesverwaltungsgerichts aufgrund des Fremdenrechtsänderungsgesetzes 2015 und aus dem Vorfinanzierungsbedarf für die Umsetzung des Kontenregisters resultiert.

ÖVP-Mandatar Nikolaus Berlakovich kam vor allem auf die Rechte der Volksgruppen in Österreich zu sprechen. Auch wenn vieles in den letzten Jahrzehnten umgesetzt werden konnte, sei nicht alles eitel Wonne, gab er zu bedenken. Da die Sprache das identitätsstiftende Merkmal sei, plädierte der Redner für einen Ausbau der Fernsehsendungen in den jeweiligen Volkssprachen. Weiter forderte Berlakovich, dass bei allen Ämtern und Behörden volksgruppensprachliche Formulare aufliegen.

Albert Steinhauser (G) wies darauf hin, dass die Rolle der Datenschutzbehörde im Bundeskanzleramt immer wichtiger werde. Gleichzeitig fehlen aber personelle wie technische Ressourcen zur Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben. Für eine Kompensation durch Zukauf von Werkleistungen gebe es kein ausreichendes Budget. Dieser Kontrollmangel sei ein offensichtlicher Missstand der Budgetplanung, kritisierte er.

G-Mandatar Dieter Brosz meinte, die Presseförderung habe eine unerfreuliche Entwicklung genommen. In einem Entschließungsantrag trat er dafür ein, dass es beim Kuratorium für Journalistenausbildung zu keinen Kürzungen kommt, auch wenn andere Ausbildungseinrichtungen noch zusätzlich gefördert werden. Auch Harald Walser (G) thematisierte die Presseförderung und brachte einen weiteren Entschließungsantrag der Grünen ein, wonch Zeitschriften, die rassistische Inhalte verbreiten, keine Presseförderung erhalten sollen. Er nannte dabei explizit die Zeitschrift "Zur Zeit".

 

 

 

Allgemeine Informationen:
http://www.parlament.gv.at

 

 

 

 

 

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